Donnerstag, 11. Dezember 2014

Mauna Kea

Manche entkommen...

Im Laufe eines Jahres spiele ich leider auch diverse Graupen und nehme mir vor, ihnen in meinem Blog ordentlich eins überzubügeln. Aus zwei Gründen unterbleibt es am Ende oft doch:
1. Selbst wenn ich mir in meinem Urteil eigentlich sicher bin, denke ich: „Ach, ein allerletztes Mal könnte man es noch spielen, nur um noch sicherer zu sein.“ Und weil Graupen nun mal nicht sehr attraktiv sind, lässt die hypothetische allerletzte Partie auf sich warten, die Zeit vergeht, und irgendwann ist das Spiel veraltet.
2. Die meisten Leute wollen ohnehin nichts über Graupen lesen. Das sehe ich an den Klickzahlen. Nur wenn ich ein Spiel bespreche, das der typische Freak aktuell auf seinem Radar hat, springt der normalerweise unaufgeregt dahin schleichende Leserzähler merklich an.
MAUNA KEA allerdings wollte ich auf keinen Fall entkommen lassen. Trotz Veralterung. Trotz Leserverdruss. MAUNA KEA rangiert für meine Begriffe noch unterhalb der Graupe.

Wie geht MAUNA KEA? Unsere Figuren sollen von einer Vulkaninsel auf Boote entkommen und dabei möglichst viele Artefakte mitnehmen. Gerettete Forscher und Artefakte zählen Punkte.
Landschaftsplättchen zeigen leicht passierbaren Wald, schwer passierbares Wasser und unpassierbaren Fels. Wer am Zug ist, platziert Plättchen aus seinem Vorrat auf dem Spielplan oder wirft einige oder alle in den Beutel zurück, wofür er Bewegungspunkte erhält, um sie auf seine Figuren zu verteilen. Anschließend zieht man Plättchen nach. Erwischt man dabei Lava, wird sie an vorgegebenen Stellen angelegt. Stehen dort Figuren, sind sie futsch.

Was passiert? Schnell tauchen Probleme auf. Und damit meine ich am allerwenigsten, dass der Stoffbeutel kurioserweise zu klein ist, um (wie eigentlich vorgesehen) die Plättchen darin zu mischen.
Durch entweder Willkür der Lava oder Bosheit der Mitspieler beim Platzieren der Plättchen können Figuren komplett eingeschlossen und somit handlungsunfähig werden. Im schlimmsten Fall hängt sich MAUNA KEA auf, denn eine Partie endet erst, sobald ein Spieler keine Figur mehr auf der Insel besitzt.
Wendet man das vom Verlag nachgestrickte Regel-Update an, endet das Spiel auch, sobald alle Figuren festgefahren sind. Das ändert aber nichts am Grundübel: Es ist absolut ätzend, mit seiner letzten Figur eingemauert zu sein, nichts mehr tun zu können und den anderen rundenlang zusehen zu müssen. Einziger Fortschritt des Updates: Sobald es für alle ätzend ist, endet die Partie nun auch offiziell.
Eine thematisch groteske, aber leider trotzdem aussichtsreiche Taktik zur Verteidigung einer einmal erzielten Führung besteht darin, den auf der Insel verbliebenen Rest seiner Leute absichtlich der Lava in den Weg zu stellen und auf schnelle Verkokelung zu hoffen. Das klappt im Fortgeschrittenen-Spiel besonders effektiv in Kombination mit der „Helikopter“-Karte, die den ohnehin schon unausgegorenen Karten die Krone aufsetzt.
Klar: Es muss und wird nicht in jeder Partie so derbe kommen. Doch selbst in Partien ohne Totalschaden missfällt mir der Spannungsverlauf: Am Anfang raubt die Lava hart, schnell und überraschend einige Figuren. Je länger MAUNA KEA dauert, desto harmloser und berechenbarer wälzt sich der Feuerschlamm dahin. Die ersten paar Züge und Zufälle bewirken schon eine Vorentscheidung für das gesamte Spiel.

Was taugt es? Man kann einwenden, dass MAUNA KEA häufiger funktioniert als dass es nicht funktioniert. Bei anderen Produkten würde mich dieses Argument allerdings nicht gerade trösten: Warum also bei einem Spiel?
MAUNA KEA ist unausgereift und gehört in die Werkstatt, aber nicht auf den Markt.

MAUNA KEA von Touko Tahkokallio für zwei bis vier Spieler, HUCH! & friends.

5 Kommentare:

Blendi hat gesagt…

Also ich lese Berichte über Gurken (bzw Graupen) genauso gerne wie über Spitzenspiele. Nur dass das mal gesagt wurde.

Michel hat gesagt…

... und mein Beitrag zur Klickzahl dürfte immer identisch sein, egal was Udo Bartsch veröffentlicht.
Außerdem oute ich mich als jemand, der lieber fundierte Verrisse als Lobhudeleien liest (teils aus heimlicher Faszination am Horror und taktloser Schadenfreude, teils, weil es hilft, die Sammlung kleiner zu halten).
Damit auch das mal gesagt wurde.

Anonym hat gesagt…

...außerdem weiß man durch die Verrisse, wenn diese denn gut geschrieben sind, die Perlen umso mehr zu schätzen!

Konrad D.

Anonym hat gesagt…

Stimme dir in allen Punkten zu. Und auch wenn man sogar noch mehr Fehler aufzählen könnte, musste ich neulich einen Kind erklären, dass ich das gefragte "Lava-Spiel" nicht mehr mitbringen kann, da ich es einem Neffen meiner Freundin geschenkt hatte, weil er es so toll fand... "Schlimm" finde ich deshalb doch etwas zu tief bewertet - das Spiel kann Kindern zwischen 6 und 9 durchaus tagelang viel Spaß bereiten - der Lavamechanismus machts möglich. Stellt mich vor die Frage: Gibts den in ähnlicher Form in einem anderen Spiel? (ich würde nämlich auch gerne Spaß haben...)
Jan

Knilchi hat gesagt…

@Jan
Ja gibt es: Der Untergang von Pompeij von Klaus Jürgen Wrede (Mr Carcassonne).
Die erste Hälfte des Spieles bevölkert man die Stadt mit seinen Figuren, dann bricht der Vulkan aus und man versucht so viele Personen wie möglich zu retten.

Das Spiel spielt sich wesentich taktischer, ist aber sicherlich auch kein Überflieger. Wird nur schwer zu bekommen sein, da es bereits 10 Jahre alt ist.

Gruß
Knilchi

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