Freitag, 31. Dezember 2010

Gern gespielt im Dezember 2010

Was landete am häufigsten auf meinem Spieletisch? Was machte besonders viel Spaß? Und welche alten Schätzchen wurden endlich mal wieder ausgepackt?

DAS 20. JAHRHUNDERT: Faszinierend. Und zu der Zeit habe ich tatsächlich schon gelebt!



NÜRNBERG: Was bringt man aus Nürnberg mit? Was zu ESSEN. Ha, ha, prächtiger Kalauer! Einer der besten.




BITS: Schluck! Meine Mitspielerinnen erreichen schon in ihrer ersten Partie die Stufe "Baumeister".
(Ich eher nicht.)


MEMOIR ´44 BREAKTHROUGH: Beruhigungspille für alle, die befürchtet hatten, ihnen könne bis zum Lebensende vielleicht doch noch irgendwann der Stoff ausgehen.


7 WONDERS: Schau an... Ein tolles Spiel muss also gar nicht innovativ sein. Hauptsache, es ist in sich schlüssig und rund und der Mechanismus noch genügend unverbraucht.



AGRICOLA GAMERS DECK: Sicher ist die Versuchung groß, immer stärkere Karten zu erfinden. Dieser Versuchung wurde hier widerstanden. Zum Glück.



Freitag, 24. Dezember 2010

Bananagrams

Weihnachtszeit, glückselige Zeit. Wie leicht lässt man sich da einlullen und glaubt, BANANAGRAMS stecke deshalb in einer Stoffbanane, weil das so nett aussieht.
Von wegen! REZENSIONEN VON MILLIONEN liegen vertrauliche Marketing-Dokumente vor, die den geheimen Plan hinter der Verpackung enthüllen.
Kommt nämlich nun ein dahergelaufener Kritiker dahergelaufen und mäkelt: „Och nö, Buchstabenspiele gibt es doch schon so viele...“, kann der Verlag kontern: „Ja, aber nicht in einer Stoffbanane!“ Und schon ist der Kritiker total widerlegt.

Wie geht BANANAGRAMS? BANANAGRAMS ist kein Buchstabenspiel wie viele andere. Es steckt in einer Stoffbanane. Außerdem spielen alle simultan und um die Wette.
Jeder bekommt eine Portion Buchstaben zugeteilt und baut daraus sein eigenes Wortgitter. Wer fertig ist, kann gerne „Gewonnen!“ schreien, hat aber trotzdem nicht gewonnen. Regelkonform und besser wäre der Ruf „Nehmen!“, woraufhin alle Spieler einen weiteren Buchstaben aus dem verdeckten Vorrat ziehen und in ihr Wortgitter einbauen müssen. Falls nötig, muss jemand dazu sein gesamtes Gebilde auseinanderreißen und neu beginnen. Pech gehabt. Ist der Vorrat aufgebraucht und ein Spieler hat ein korrektes Gitter, hat er gewonnen.

Was passiert? Jeder puzzelt vor sich hin. Was die anderen so treiben, bekommt man nicht mit, und muss darauf vertrauen, dass alles mit rechten Dingen zugeht, wenn mal wieder jemand „Nehmen!“ krakeelt.
Passt gar nichts zusammen, darf man einen Stein zurücklegen und drei neue vom Vorrat ziehen. Machen Spieler häufig von dieser Möglichkeit Gebrauch, sammelt sich im Pool ein unangenehmer Bodensatz aus Konsonanten (J, Q, V, X, Y, Z) und das Endspiel kann unbefriedigend werden.
Langfristig erfolgreicher als Wegtauschen ist aber eine andere Spielweise: am Anfang ein oder zwei möglichst lange Wörter bauen und sich nicht darum bemühen, schnell „Nehmen!“ rufen zu dürfen. Man hat ja eh nichts davon; es gibt keine Belohnung; einen weiteren Stein ziehen muss jeder. Doch in ein weitmaschiges Gitter mit langen Wörtern lassen sich im Finale wesentlich leichter noch neue Kurzwörter einflechten als in enge Aufbauten, die bereits mit „Ei“, „Ei“, „Ei“, „ja“, „du“, „du“, „da“, „da“ zugekleistert sind.

Was taugt es? BANANAGRAMS ist auf keinen Fall ein Buchstabenspiel wie jedes andere. Schließlich steckt es in einer Stoffbanane. Die Kombination aus Buchstaben plus Solitär plus Hektik gefällt nicht jedem. Manche Spieler wünschen sich auch eine Punktwertung, die über „gewonnen / nicht gewonnen“ hinausgeht.
Für mich ist BANANAGRAMS in Ordnung so, wie es ist. Ein schnell erklärtes Spiel, das einen die gesamte Spieldauer lang in Atem hält, Emotionen weckt und mehr als nur ein Mal Spaß macht.

BANANAGRAMS von Rena Nathanson für zwei bis sechs Spieler, Kosmos.

Montag, 20. Dezember 2010

Als ich noch kein Spieler war (13): Heiße Karten

Prolog:
Vor ungefähr zehn Jahren schlenderte ich mit einer Freundin über einen Flohmarkt und sah: es!!
HEISSE KARTEN! - „Spiel, Spannung, Schabernack“ versprach der Untertitel. Und genauso hatte ich es auch in Erinnerung. Lächerliche 50 Pfennig sollte das Exemplar kosten, und bei diesem Sonderangebot musste ich natürlich sofort zugreifen und mich den Rest des Tages nur noch an diesem herrlichen Fund berauschen.


Zum Abschied merke meine Freundin an, sie habe den Eindruck, ich hätte mich über das Spiel viel mehr gefreut als über ihren Besuch...
Ja, was war das denn jetzt für eine Äußerung?! Wir zwei konnten uns schließlich beliebig häufig verabreden, aber so ein tolles Spiel für 50 Pfennig: Das gab es nun wirklich nicht alle Tage!

Hinterher habe ich die Schachtel ausgepackt, die Kartengrafik betrachtet, die Regel gelesen und beschlossen... dass es wohl besser sei, HEISSE KARTEN nie wieder zu spielen und einfach nur in guter Erinnerung zu behalten.

HEISSE KARTEN ist ein Stichspiel mit hohem Ärgerfaktor. Alle geraden Zahlen zählen positiv, alle ungeraden negativ. Weil die geraden Zahlen stechen, können einem die anderen Spieler üble Minuspunkte andrehen.
Obwohl in der Anleitung statt von „Spielern“ konsequent von „Kindern“ die Rede ist, spielten wir HEISSE KARTEN sogar noch in fortgeschrittenen Jugendjahren, als wir bereits alt genug für alkoholische Experimente waren.

Ein Abend ist mir besonders in Erinnerung geblieben. Ich spielte mit meinem besten Freund und dessen älterem Bruder. Der Bruder brachte eine Flasche Wodka mit und lud uns zu stimmungsfördernden Mixgetränken ein. Es war zwar nicht so gedacht, dass am Ende des Abends neben dem Orangensaft auch der Wodka leer wurde; doch die Karten erwiesen sich als dermaßen heiß, da ergab es sich einfach.

Aufgrund einer architektonisch sehr fragwürdigen Raumaufteilung lag das Zimmer meines Freundes logistisch heikel. Um zur Toilette zu gelangen, musste man erst durchs Wohnzimmer gehen. Dort saßen die Eltern und sahen fern. Sich hier ein paar Sekunden lang zusammenzureißen, möglichst nicht zu schwanken und auch nicht unkontrolliert loszukichern, wurde zu einer zunehmend brenzligen Prüfung.

Ansonsten ist zu dem Abend noch anzumerken, dass ich haushoch verlor und dass ich nur geglaubt hatte, alt genug für alkoholische Experimente zu sein.

Mittwoch, 15. Dezember 2010

7 Wonders

18 Mal wählen wir eine Karte und legen sie aus. Wer am Schluss die Auslage mit den meisten Punkten hat, gewinnt.
Uuh, das klingt ja ganz schön unspektakulär, und wer in dieser großen quadratischen und nicht gerade preisgünstigen Schachtel ein abendfüllendes Epos erwartet hatte, dürfte sich um seine Abendfüllung betrogen sehen. Und um sein Geldbörsenfüllung ebenfalls, sofern er denn auf hochwertiges, strapazierfähiges Kartenmaterial Wert legt.

Wie geht 7 WONDERS? Manch einer wird sich erinnern: 18 Mal wählen wir eine Karte und legen sie aus. Wer am Schluss die Auslage mit den meisten Punkten hat, gewinnt.
Ein paar Zusatzregeln verfeinern die Sache: In jeder der drei Epochen bekommt jeder Spieler sieben Karten. Eine davon behält er und gibt den Rest seinem Nachbarn. Gleichzeitig bekommt er von seinem anderen Nachbarn dessen verschmähte Karten, behält davon wieder eine und gibt den Rest... und so weiter und so fort.
Die Karten zeigen Gebäude. Um sie auszuspielen, müssen die erforderlichen Rohstoffe im Reich vorhanden, d. h. auf anderen ausliegenden Karten zu sehen sein. Notfalls und solange das Bargeld reicht, darf man das Material auch beim Nachbarn kaufen.
Rohstoffkarten bringen keine Punkte. Fast alle anderen Karten tun dies. Blaue Karten zählen einen festen Wert, grüne werden wertvoller, je mehr man davon hat, und rote Karten stehen für Militär. Am Ende jeder Epoche vergleicht man seine Stärke mit den Nachbarn. Der Bessere kriegt Punkte.

Was passiert? 7 WONDERS spielt sich flott runter. Man hat fast im jedem Zug das Gefühl, etwas Wichtiges zu entscheiden: Noch mehr Rohstoffe sammeln oder auf Siegpunkte umschwenken? Um jeden Preis die beste Karte bauen oder sicherheitshalber liquide bleiben? Militärisch Zeichen setzen oder bloß nichts tun, was Gegenwehr provozieren könnte?
Wie unterschiedlich die Partien verlaufen können, erlebt derjenige, der auf bestimmte Rohstoffe keinen Zugriff hat, nun improvisieren muss und sich von Runde zu Runde hangelt. Dass jede der sieben Zivilisationen andere Eigenschaften besitzt, bringt zusätzliche Abwechslung.
7 WONDERS suggeriert, sehr unterschiedliche Strategien verfolgen zu können. Der eine hat am Schluss ganz viele grüne Karten, der andere ganz viele blaue. Und trotzdem haben beide ungefähr gleich viele Punkte. Toll. Auf den zweiten Blick aber stellt man fest: Es ergibt sich zwangsläufig so. Vorhandene Gebäude bringen oft einen Baubonus für weitere gleichfarbige. Wer mit Grün begonnen hat, macht fast automatisch mit Grün weiter.

Was taugt es? Kritische Spieler sind deshalb nicht selten von ihrer ersten Partie 7 WONDERS enttäuscht. Sie bemängeln, es sei nicht tiefschürfend, und sie haben Recht. Das vergleichbare FAIRY TALE ist sowohl raffinierter als auch taktischer. Es bietet mehr Möglichkeiten, um auf die anderen Spieler Einfluss zu nehmen.
Aber...
Auch im Spielerleben geht es nicht immer nur um die inneren Werte. Die Vorteile von 7 WONDERS liegen in seiner universellen Einsetzbarkeit. Die sattsam bekannte Themenwelt (good old Rohstoffe, good old Bauwerke) macht 7 WONDERS erheblich intuitiver als FAIRY TALE. Die Spieltiefe ist der Spieldauer angemessen. Zu dritt funktioniert es genauso gut wie zu siebt. Es sieht schön aus, es flutscht, keiner wehrt sich gegen noch eine Partie. 7 WONDERS ist ein super Konsens-Spiel, das perfekte Appetithäppchen.

7 WONDERS von Antoine Bauza für drei bis sieben Spieler, Repos.

Mittwoch, 8. Dezember 2010

Der Pate

Es ist mir eine Ehre.
Das auf der Schachtelrückseite von DER PATE abgedruckte Motto könnte genauso über REZENSIONEN FÜR MILLIONEN prangen: „Das ist Geschäft, nichts Persönliches!“



Wie geht DER PATE?
Bei DER PATE geht es um das meiste Geld. Aber bevor jemand die pädagogische Botschaft dabei vermisst: Geld allein kann natürlich niemals alles sein. Um zu gewinnen, muss ein Spieler auch Aktionen dafür aufwenden, um entweder seine gesamte Skala „Ansehen“ oder seine Skala „Einfluss“ zu durchlaufen. Welche von beiden, entscheidet sich erst während der Partie.
Des PATEN Herz ist ein Würfelmechanismus. Der Spieler am Zug würfelt mit allen vier Würfeln und legt einen davon in der obersten Zeile seiner Aktionstafel ab. Die restlichen drei Würfel werden neu geworfen, einer in Zeile zwei abgelegt und so weiter. Jedes Feld des Tableaus steht für eine Aktion. Die Zahl des Würfels bestimmt über die Qualität der Aktion, seine Farbe schränkt die Platzierungsmöglichkeiten ein.
Entsprechend dem Spielziel bewirken die Aktionen entweder Geldeinnahmen oder Fortschritte auf den Skalen. Oder entsprechend dem Spielthema bewirken sie eine Schädigung des Gegners. Mitunter heftige Schädigungen.

Was passiert? Nicht jeder Betroffene findet das amüsant und schwört nun Rache oder bereut seinen Beitritt zur Mafia und hasst fortan Literaturverspielungen. Man vermeidet Unmut, indem man potenzielle Mitspieler vorab informiert, was auf sie zukommt.
Jemand kann, bevor er überhaupt seinen ersten Zug ausführen darf, bereits mehrere seiner drei Start-Geschäfte verlieren. Und wenn die Gegner ihm weiter übel wollen, kriegt er auch keinen Fuß mehr in die Partie, sondern allenfalls in den frisch angerührten Beton. Mit Menschen, die ihre realen Konflikte am Spielbrett austragen, sowie mit Pärchen, die sich spielerisch ihre Liebe beweisen wollen, ist DER PATE die falsche Wahl.

Was taugt es? Die Einstiegshürde von DER PATE ist recht hoch. Die Würfeltafel bietet mehr als ein Dutzend verschiedene Aktionsmöglichkeiten. Trotz genauester Erklärung gibt es während der Partie Fragen, und die Sache läuft zäh an.
Haben alle den Mechanismus verstanden, reizt der Würfelmechanismus sehr. Mich jedenfalls. Ich habe den Ehrgeiz, aus den vier Würfeln das Beste herauszuholen und verschiedene Strategien durchzuprobieren. Dass die Würfel nicht immer wie gewollt fallen, zwingt mich, von meinen großen Plan wieder abzuweichen und taktisch zu entscheiden.
Alles, was jenseits des Würfeltableaus passiert (Ereigniskarten aufdecken, Mitspieler eliminieren, Läden übernehmen), ist für mich nicht das wirklich Spannende. Es bewegt sich in herkömmlicheren Bahnen und rundet den bemerkenswerten Kern thematisch gut ab. Macht nichts, ist schon okay so. Das größere Problem sehe ich woanders: Weil es so gemein ist, aber auch anspruchsvoll und trotzdem glücksabhängig, dürfte es das Spiel schwer haben, eine Zielgruppe zu finden.

DER PATE von Michael Rieneck für zwei bis vier Spieler, Kosmos.

Samstag, 4. Dezember 2010

Als ich noch kein Spieler war (12): Seeschlacht

Heimvorteil gibt es auch bei Brettspielen. Spielte ich bei meinem damals besten Freund seine Spiele, dann gewann fast immer er. Spielten wir bei mir zu Hause meine Spiele, gewann fast immer ich. Der Besitzer kannte seine Spiele nun mal besser. Das half selbst bei Spielen, die fast nur Glückssache waren. Das Wort „fast“ ist hier eben das Entscheidende: Obwohl bei ÖL-MAGNAT die Lochscheibe verborgen und in jeder Partie anders gedreht war, kannte mein Freund bestimmte Muster. Im Durchschnitt bohrte er erfolgreicher.

Ein Spiel, das ich meiner Erinnerung nach nie gewann, war SEESCHLACHT. Auf Dauer war das unmotivierend, zumal ich den Eindruck hatte, dass ich tun konnte, was ich wollte. - Mein Freund hatte sowieso immer das bessere Ende für sich: Die Windrichtung spielte ihm ständig in die Karten. Jedes Mal schaffte er es als Erster, seine Schiffe in den neutralen Hafen der Planmitte zu segeln. Und beim Kämpfen würfelte er wie ein Gott oder zumindest wie Admiral Nelson.

Aus heutiger Erfahrung weiß ich, dass der Glücksfaktor von Spielen oft gar nicht so hoch ist, wie von den Verlierern gerne angenommen wird. Man lamentiert über einen entscheidenden Würfelwurf, der alle Träume habe platzen lassen, bemerkt aber nicht, dass man sich durch seine undurchdachte Spielweise überhaupt erst in die fatale Situation gebracht hat, dass ein schlechter Wurf derartige Folgen haben kann.

Insofern räume ich gerne ein, dass ich meine Schiffe damals wohl nicht sonderlich klug navigiert habe. Aber bei den permanent ungünstigen Winden und dem übermenschlichen Gewürfel meines Gegenübers war das auch wirklich kein Wunder!!!

So sah SEESCHLACHT aus: http://www.boardgamegeek.com/image/48217/battle-at-sea?size=large

  • Was war: Als ich noch kein Spieler war (11): Schach
  • Was kommt: Als ich noch kein Spieler war (13): Heiße Karten
  • So ging es los: Als ich noch kein Spieler war (1): Jag und schlag