Freitag, 31. Dezember 2010

Gern gespielt im Dezember 2010

Was landete am häufigsten auf meinem Spieletisch? Was machte besonders viel Spaß? Und welche alten Schätzchen wurden endlich mal wieder ausgepackt?

DAS 20. JAHRHUNDERT: Faszinierend. Und zu der Zeit habe ich tatsächlich schon gelebt!



NÜRNBERG: Was bringt man aus Nürnberg mit? Was zu ESSEN. Ha, ha, prächtiger Kalauer! Einer der besten.




BITS: Schluck! Meine Mitspielerinnen erreichen schon in ihrer ersten Partie die Stufe "Baumeister".
(Ich eher nicht.)


MEMOIR ´44 BREAKTHROUGH: Beruhigungspille für alle, die befürchtet hatten, ihnen könne bis zum Lebensende vielleicht doch noch irgendwann der Stoff ausgehen.


7 WONDERS: Schau an... Ein tolles Spiel muss also gar nicht innovativ sein. Hauptsache, es ist in sich schlüssig und rund und der Mechanismus noch genügend unverbraucht.



AGRICOLA GAMERS DECK: Sicher ist die Versuchung groß, immer stärkere Karten zu erfinden. Dieser Versuchung wurde hier widerstanden. Zum Glück.



Freitag, 24. Dezember 2010

Bananagrams

Weihnachtszeit, glückselige Zeit. Wie leicht lässt man sich da einlullen und glaubt, BANANAGRAMS stecke deshalb in einer Stoffbanane, weil das so nett aussieht.
Von wegen! REZENSIONEN VON MILLIONEN liegen vertrauliche Marketing-Dokumente vor, die den geheimen Plan hinter der Verpackung enthüllen.
Kommt nämlich nun ein dahergelaufener Kritiker dahergelaufen und mäkelt: „Och nö, Buchstabenspiele gibt es doch schon so viele...“, kann der Verlag kontern: „Ja, aber nicht in einer Stoffbanane!“ Und schon ist der Kritiker total widerlegt.

Wie geht BANANAGRAMS? BANANAGRAMS ist kein Buchstabenspiel wie viele andere. Es steckt in einer Stoffbanane. Außerdem spielen alle simultan und um die Wette.
Jeder bekommt eine Portion Buchstaben zugeteilt und baut daraus sein eigenes Wortgitter. Wer fertig ist, kann gerne „Gewonnen!“ schreien, hat aber trotzdem nicht gewonnen. Regelkonform und besser wäre der Ruf „Nehmen!“, woraufhin alle Spieler einen weiteren Buchstaben aus dem verdeckten Vorrat ziehen und in ihr Wortgitter einbauen müssen. Falls nötig, muss jemand dazu sein gesamtes Gebilde auseinanderreißen und neu beginnen. Pech gehabt. Ist der Vorrat aufgebraucht und ein Spieler hat ein korrektes Gitter, hat er gewonnen.

Was passiert? Jeder puzzelt vor sich hin. Was die anderen so treiben, bekommt man nicht mit, und muss darauf vertrauen, dass alles mit rechten Dingen zugeht, wenn mal wieder jemand „Nehmen!“ krakeelt.
Passt gar nichts zusammen, darf man einen Stein zurücklegen und drei neue vom Vorrat ziehen. Machen Spieler häufig von dieser Möglichkeit Gebrauch, sammelt sich im Pool ein unangenehmer Bodensatz aus Konsonanten (J, Q, V, X, Y, Z) und das Endspiel kann unbefriedigend werden.
Langfristig erfolgreicher als Wegtauschen ist aber eine andere Spielweise: am Anfang ein oder zwei möglichst lange Wörter bauen und sich nicht darum bemühen, schnell „Nehmen!“ rufen zu dürfen. Man hat ja eh nichts davon; es gibt keine Belohnung; einen weiteren Stein ziehen muss jeder. Doch in ein weitmaschiges Gitter mit langen Wörtern lassen sich im Finale wesentlich leichter noch neue Kurzwörter einflechten als in enge Aufbauten, die bereits mit „Ei“, „Ei“, „Ei“, „ja“, „du“, „du“, „da“, „da“ zugekleistert sind.

Was taugt es? BANANAGRAMS ist auf keinen Fall ein Buchstabenspiel wie jedes andere. Schließlich steckt es in einer Stoffbanane. Die Kombination aus Buchstaben plus Solitär plus Hektik gefällt nicht jedem. Manche Spieler wünschen sich auch eine Punktwertung, die über „gewonnen / nicht gewonnen“ hinausgeht.
Für mich ist BANANAGRAMS in Ordnung so, wie es ist. Ein schnell erklärtes Spiel, das einen die gesamte Spieldauer lang in Atem hält, Emotionen weckt und mehr als nur ein Mal Spaß macht.

BANANAGRAMS von Rena Nathanson für zwei bis sechs Spieler, Kosmos.

Montag, 20. Dezember 2010

Als ich noch kein Spieler war (13): Heiße Karten

Prolog:
Vor ungefähr zehn Jahren schlenderte ich mit einer Freundin über einen Flohmarkt und sah: es!!
HEISSE KARTEN! - „Spiel, Spannung, Schabernack“ versprach der Untertitel. Und genauso hatte ich es auch in Erinnerung. Lächerliche 50 Pfennig sollte das Exemplar kosten, und bei diesem Sonderangebot musste ich natürlich sofort zugreifen und mich den Rest des Tages nur noch an diesem herrlichen Fund berauschen.


Zum Abschied merke meine Freundin an, sie habe den Eindruck, ich hätte mich über das Spiel viel mehr gefreut als über ihren Besuch...
Ja, was war das denn jetzt für eine Äußerung?! Wir zwei konnten uns schließlich beliebig häufig verabreden, aber so ein tolles Spiel für 50 Pfennig: Das gab es nun wirklich nicht alle Tage!

Hinterher habe ich die Schachtel ausgepackt, die Kartengrafik betrachtet, die Regel gelesen und beschlossen... dass es wohl besser sei, HEISSE KARTEN nie wieder zu spielen und einfach nur in guter Erinnerung zu behalten.

HEISSE KARTEN ist ein Stichspiel mit hohem Ärgerfaktor. Alle geraden Zahlen zählen positiv, alle ungeraden negativ. Weil die geraden Zahlen stechen, können einem die anderen Spieler üble Minuspunkte andrehen.
Obwohl in der Anleitung statt von „Spielern“ konsequent von „Kindern“ die Rede ist, spielten wir HEISSE KARTEN sogar noch in fortgeschrittenen Jugendjahren, als wir bereits alt genug für alkoholische Experimente waren.

Ein Abend ist mir besonders in Erinnerung geblieben. Ich spielte mit meinem besten Freund und dessen älterem Bruder. Der Bruder brachte eine Flasche Wodka mit und lud uns zu stimmungsfördernden Mixgetränken ein. Es war zwar nicht so gedacht, dass am Ende des Abends neben dem Orangensaft auch der Wodka leer wurde; doch die Karten erwiesen sich als dermaßen heiß, da ergab es sich einfach.

Aufgrund einer architektonisch sehr fragwürdigen Raumaufteilung lag das Zimmer meines Freundes logistisch heikel. Um zur Toilette zu gelangen, musste man erst durchs Wohnzimmer gehen. Dort saßen die Eltern und sahen fern. Sich hier ein paar Sekunden lang zusammenzureißen, möglichst nicht zu schwanken und auch nicht unkontrolliert loszukichern, wurde zu einer zunehmend brenzligen Prüfung.

Ansonsten ist zu dem Abend noch anzumerken, dass ich haushoch verlor und dass ich nur geglaubt hatte, alt genug für alkoholische Experimente zu sein.

Mittwoch, 15. Dezember 2010

7 Wonders

18 Mal wählen wir eine Karte und legen sie aus. Wer am Schluss die Auslage mit den meisten Punkten hat, gewinnt.
Uuh, das klingt ja ganz schön unspektakulär, und wer in dieser großen quadratischen und nicht gerade preisgünstigen Schachtel ein abendfüllendes Epos erwartet hatte, dürfte sich um seine Abendfüllung betrogen sehen. Und um sein Geldbörsenfüllung ebenfalls, sofern er denn auf hochwertiges, strapazierfähiges Kartenmaterial Wert legt.

Wie geht 7 WONDERS? Manch einer wird sich erinnern: 18 Mal wählen wir eine Karte und legen sie aus. Wer am Schluss die Auslage mit den meisten Punkten hat, gewinnt.
Ein paar Zusatzregeln verfeinern die Sache: In jeder der drei Epochen bekommt jeder Spieler sieben Karten. Eine davon behält er und gibt den Rest seinem Nachbarn. Gleichzeitig bekommt er von seinem anderen Nachbarn dessen verschmähte Karten, behält davon wieder eine und gibt den Rest... und so weiter und so fort.
Die Karten zeigen Gebäude. Um sie auszuspielen, müssen die erforderlichen Rohstoffe im Reich vorhanden, d. h. auf anderen ausliegenden Karten zu sehen sein. Notfalls und solange das Bargeld reicht, darf man das Material auch beim Nachbarn kaufen.
Rohstoffkarten bringen keine Punkte. Fast alle anderen Karten tun dies. Blaue Karten zählen einen festen Wert, grüne werden wertvoller, je mehr man davon hat, und rote Karten stehen für Militär. Am Ende jeder Epoche vergleicht man seine Stärke mit den Nachbarn. Der Bessere kriegt Punkte.

Was passiert? 7 WONDERS spielt sich flott runter. Man hat fast im jedem Zug das Gefühl, etwas Wichtiges zu entscheiden: Noch mehr Rohstoffe sammeln oder auf Siegpunkte umschwenken? Um jeden Preis die beste Karte bauen oder sicherheitshalber liquide bleiben? Militärisch Zeichen setzen oder bloß nichts tun, was Gegenwehr provozieren könnte?
Wie unterschiedlich die Partien verlaufen können, erlebt derjenige, der auf bestimmte Rohstoffe keinen Zugriff hat, nun improvisieren muss und sich von Runde zu Runde hangelt. Dass jede der sieben Zivilisationen andere Eigenschaften besitzt, bringt zusätzliche Abwechslung.
7 WONDERS suggeriert, sehr unterschiedliche Strategien verfolgen zu können. Der eine hat am Schluss ganz viele grüne Karten, der andere ganz viele blaue. Und trotzdem haben beide ungefähr gleich viele Punkte. Toll. Auf den zweiten Blick aber stellt man fest: Es ergibt sich zwangsläufig so. Vorhandene Gebäude bringen oft einen Baubonus für weitere gleichfarbige. Wer mit Grün begonnen hat, macht fast automatisch mit Grün weiter.

Was taugt es? Kritische Spieler sind deshalb nicht selten von ihrer ersten Partie 7 WONDERS enttäuscht. Sie bemängeln, es sei nicht tiefschürfend, und sie haben Recht. Das vergleichbare FAIRY TALE ist sowohl raffinierter als auch taktischer. Es bietet mehr Möglichkeiten, um auf die anderen Spieler Einfluss zu nehmen.
Aber...
Auch im Spielerleben geht es nicht immer nur um die inneren Werte. Die Vorteile von 7 WONDERS liegen in seiner universellen Einsetzbarkeit. Die sattsam bekannte Themenwelt (good old Rohstoffe, good old Bauwerke) macht 7 WONDERS erheblich intuitiver als FAIRY TALE. Die Spieltiefe ist der Spieldauer angemessen. Zu dritt funktioniert es genauso gut wie zu siebt. Es sieht schön aus, es flutscht, keiner wehrt sich gegen noch eine Partie. 7 WONDERS ist ein super Konsens-Spiel, das perfekte Appetithäppchen.

7 WONDERS von Antoine Bauza für drei bis sieben Spieler, Repos.

Mittwoch, 8. Dezember 2010

Der Pate

Es ist mir eine Ehre.
Das auf der Schachtelrückseite von DER PATE abgedruckte Motto könnte genauso über REZENSIONEN FÜR MILLIONEN prangen: „Das ist Geschäft, nichts Persönliches!“



Wie geht DER PATE?
Bei DER PATE geht es um das meiste Geld. Aber bevor jemand die pädagogische Botschaft dabei vermisst: Geld allein kann natürlich niemals alles sein. Um zu gewinnen, muss ein Spieler auch Aktionen dafür aufwenden, um entweder seine gesamte Skala „Ansehen“ oder seine Skala „Einfluss“ zu durchlaufen. Welche von beiden, entscheidet sich erst während der Partie.
Des PATEN Herz ist ein Würfelmechanismus. Der Spieler am Zug würfelt mit allen vier Würfeln und legt einen davon in der obersten Zeile seiner Aktionstafel ab. Die restlichen drei Würfel werden neu geworfen, einer in Zeile zwei abgelegt und so weiter. Jedes Feld des Tableaus steht für eine Aktion. Die Zahl des Würfels bestimmt über die Qualität der Aktion, seine Farbe schränkt die Platzierungsmöglichkeiten ein.
Entsprechend dem Spielziel bewirken die Aktionen entweder Geldeinnahmen oder Fortschritte auf den Skalen. Oder entsprechend dem Spielthema bewirken sie eine Schädigung des Gegners. Mitunter heftige Schädigungen.

Was passiert? Nicht jeder Betroffene findet das amüsant und schwört nun Rache oder bereut seinen Beitritt zur Mafia und hasst fortan Literaturverspielungen. Man vermeidet Unmut, indem man potenzielle Mitspieler vorab informiert, was auf sie zukommt.
Jemand kann, bevor er überhaupt seinen ersten Zug ausführen darf, bereits mehrere seiner drei Start-Geschäfte verlieren. Und wenn die Gegner ihm weiter übel wollen, kriegt er auch keinen Fuß mehr in die Partie, sondern allenfalls in den frisch angerührten Beton. Mit Menschen, die ihre realen Konflikte am Spielbrett austragen, sowie mit Pärchen, die sich spielerisch ihre Liebe beweisen wollen, ist DER PATE die falsche Wahl.

Was taugt es? Die Einstiegshürde von DER PATE ist recht hoch. Die Würfeltafel bietet mehr als ein Dutzend verschiedene Aktionsmöglichkeiten. Trotz genauester Erklärung gibt es während der Partie Fragen, und die Sache läuft zäh an.
Haben alle den Mechanismus verstanden, reizt der Würfelmechanismus sehr. Mich jedenfalls. Ich habe den Ehrgeiz, aus den vier Würfeln das Beste herauszuholen und verschiedene Strategien durchzuprobieren. Dass die Würfel nicht immer wie gewollt fallen, zwingt mich, von meinen großen Plan wieder abzuweichen und taktisch zu entscheiden.
Alles, was jenseits des Würfeltableaus passiert (Ereigniskarten aufdecken, Mitspieler eliminieren, Läden übernehmen), ist für mich nicht das wirklich Spannende. Es bewegt sich in herkömmlicheren Bahnen und rundet den bemerkenswerten Kern thematisch gut ab. Macht nichts, ist schon okay so. Das größere Problem sehe ich woanders: Weil es so gemein ist, aber auch anspruchsvoll und trotzdem glücksabhängig, dürfte es das Spiel schwer haben, eine Zielgruppe zu finden.

DER PATE von Michael Rieneck für zwei bis vier Spieler, Kosmos.

Samstag, 4. Dezember 2010

Als ich noch kein Spieler war (12): Seeschlacht

Heimvorteil gibt es auch bei Brettspielen. Spielte ich bei meinem damals besten Freund seine Spiele, dann gewann fast immer er. Spielten wir bei mir zu Hause meine Spiele, gewann fast immer ich. Der Besitzer kannte seine Spiele nun mal besser. Das half selbst bei Spielen, die fast nur Glückssache waren. Das Wort „fast“ ist hier eben das Entscheidende: Obwohl bei ÖL-MAGNAT die Lochscheibe verborgen und in jeder Partie anders gedreht war, kannte mein Freund bestimmte Muster. Im Durchschnitt bohrte er erfolgreicher.

Ein Spiel, das ich meiner Erinnerung nach nie gewann, war SEESCHLACHT. Auf Dauer war das unmotivierend, zumal ich den Eindruck hatte, dass ich tun konnte, was ich wollte. - Mein Freund hatte sowieso immer das bessere Ende für sich: Die Windrichtung spielte ihm ständig in die Karten. Jedes Mal schaffte er es als Erster, seine Schiffe in den neutralen Hafen der Planmitte zu segeln. Und beim Kämpfen würfelte er wie ein Gott oder zumindest wie Admiral Nelson.

Aus heutiger Erfahrung weiß ich, dass der Glücksfaktor von Spielen oft gar nicht so hoch ist, wie von den Verlierern gerne angenommen wird. Man lamentiert über einen entscheidenden Würfelwurf, der alle Träume habe platzen lassen, bemerkt aber nicht, dass man sich durch seine undurchdachte Spielweise überhaupt erst in die fatale Situation gebracht hat, dass ein schlechter Wurf derartige Folgen haben kann.

Insofern räume ich gerne ein, dass ich meine Schiffe damals wohl nicht sonderlich klug navigiert habe. Aber bei den permanent ungünstigen Winden und dem übermenschlichen Gewürfel meines Gegenübers war das auch wirklich kein Wunder!!!

So sah SEESCHLACHT aus: http://www.boardgamegeek.com/image/48217/battle-at-sea?size=large

  • Was war: Als ich noch kein Spieler war (11): Schach
  • Was kommt: Als ich noch kein Spieler war (13): Heiße Karten
  • So ging es los: Als ich noch kein Spieler war (1): Jag und schlag

Dienstag, 30. November 2010

Gern gespielt im November 2010

Was landete am häufigsten auf meinem Spieletisch? Was machte besonders viel Spaß? Und welche alten Schätzchen wurden endlich mal wieder ausgepackt?

7 WONDERS: FAIRY TALE lässt grüßen. Aber die Zivilisations-Thematik macht 7 WONDERS wesentlich zugänglicher.




GEISTESBLITZ: Eins der Spiele, die man vorgeblich für seine Acht- bis Zehnjährigen kauft, um sie dann abends mit Freunden selber zu spielen.



NEUE WELTEN: „Was haben wir Menschen Wesentliches, was die Schimpansen nicht haben?“ Endlich 272 neue und tiefschürfende Ergänzungen zu 110 neuen und tiefschürfenden Gesprächsthemen!



LUNA: Priester, Priester, wie tief ist das Wasser?







FREEZE: Neulich an der Tankstelle: „Heh du...!“ - „Nee, ich bin kein Mensch.“





MORD IM AROSA: Arosa heißt ein messenahes Hotel in Essen. Steigen da eigentlich viele Spielekritiker ab? Wenn ja, dann würde ich den Titel als Warnung betrachten.



Montag, 29. November 2010

Schlag den Raab - Das Spiel

Einleitungen besitzen eine wichtige Funktion. Sie bieten Leuten, die gerne über sich selber reden, die schöne Gelegenheit über sich selber zu reden. Diesmal möchte ich das nutzen, um einmal mehr auf meine Bewertungsmaßstäbe hinzuweisen. Also aufgemerkt: „In diesem Blog ist mir eine Meinung die allerwichtigste: meine! Und das darf ich auch so machen, weil: ist ja mein Blog.“
Auf den konkreten Fall angewendet heißt dies: Mit Blick auf die Zielgruppe halte ich SCHLAG DEN RAAB zwar für sehr gelungen. Doch leider gehöre ich der Zielgruppe nicht an, und somit fällt das Urteil in den Maßstäben meines spielerischen Bedarfs etwas weniger euphorisch aus.

Wie geht SCHLAG DEN RAAB? Zu Beginn werden die Rollen verteilt: Einer der Spieler ist Stefan Raab, alle anderen sind nicht Stefan Raab und bilden ein Team. Abwechselnd versuchen sie Stefan in verschiedenen, per Drehkreisel ermittelten Disziplinen zu schlagen. Die Punktwertung entspricht der TV-Sendung. Die ersten Spiele zählen wenige Punkte, die späteren immer mehr. So bleibt das Duell lange Zeit offen.

Was passiert? Die Spieler bauen Papierflieger, raten Autokennzeichen, schnippen Chips auf eine Torwand, pusten einen Ball durch einen Slalom-Parcours, summen Lieder, schießen auf Dosen, fangen Flummi-Eier, beantworten Quizfragen und so weiter und so weiter. 36 verschiedene Spielchen decken ein breites Spektrum ab zwischen Geschicklichkeit, Wissen, Glück und Alberei.

Was taugt es? In einer Runde, die gerade so mit MACAO oder IM WANDEL DER ZEITEN zufrieden zu stellen ist, taugt SCHLAG DEN RAAB überhaupt nichts. Aber überrascht das irgendwen? Nein. Und deshalb spielt man dieses Spiel auch in anderen Runden.
Zwei Wermutstropfen gibt es auch dort: 1. Nur einer kann Stefan sein, alle anderen müssen sich abwechseln. In einer Sechser-Runde bedeutet dies längeres Aussetzen. 2. Nach einigen Partien gehen die Quizfragen zur Neige.
Ansonsten ist SCHLAG DEN RAAB eine sehr gut zusammengestellte Box, die das liefert, was sie verspricht: eine spielerische Umsetzung der Show. Für Fans genau das Richtige. Für sonstige Menschen ein Partyspiel, bei dem man das Mitmachen nicht bereuen muss.
Wären alle Lizenzspiele so wie dieses, finge ich vielleicht doch an zu glauben, dass sie eine Brücke sein können, um neues Publikum für das Brettspiel zu gewinnen.

SCHLAG DEN RAAB - DAS SPIEL von Max Kirps für zwei bis vier Spieler, Ravensburger.

Montag, 22. November 2010

Dominion - Die Alchemisten

REZENSIONEN FÜR MILLIONEN besitzt ein Herz für die Kleinen und Schwachen. Jetzt, wo nach dem Erscheinen der BLÜTEZEIT jeder DOMINION-Abhängige sowieso nur noch BLÜTEZEIT spielt (ich auch, aber stets in meiner Funktion als Therapiebegleiter), fragt keiner mehr nach dem hässlichen violetten ALCHEMISTEN-Entchen.
Dabei gab es bei Erscheinen dieser Erweiterung noch einiges an Geschrei, wie wenig Karten in der Schachtel steckten und wie viel Geld das koste. In der Tat lässt sich hier ein seltsames Missverhältnis nicht abstreiten und deshalb vermute ich, dass DIE ALCHEMISTEN die am schlechtesten verkaufte DOMINION-Box sein dürfte. Was schade ist für den Fachhandel, denn der durfte DIE ALCHEMISTEN exklusiv vertreiben.
Noch mehr schade für den Fachhandel ist allerdings, dass auch der Großhandel etwas exklusiv bekommt, nämlich die BLÜTEZEIT. Also: Die vollere Box. Die Box mit dem attraktiveren Preis-Leistungsverhältnis. Die Box mit dem besseren Inhalt. Die Box zur Weihnachtszeit statt mitten im Sommer...

Als Zeichen der Fairness bespricht REZENSIONEN FÜR MILLIONEN jetzt zur Weihnachtszeit exklusiv DIE ALCHEMISTEN, und eine Kritik zur BLÜTEZEIT bleibt meinem Millionenpublikum bis auf weiteres vorenthalten.

Wie geht DOMINION – DIE ALCHEMISTEN? Wie DOMINION, aber mit einer Ausnahme: Es gibt eine neue Geldkarte namens „Trank“. Der Trank ist eine zweite Währung neben den bekannten Münzen. Die meisten der neuen Königreichkarten kosten einen bestimmten Münzwert plus einen Trank, den man zusätzlich zum Geld ebenfalls in der Kaufphase vorweisen muss.

Was passiert? Die Spieler stehen vor der Frage: Trank kaufen oder nicht? Und: Trank sofort kaufen oder erst später? Spielt man mit vielen ALCHEMISTEN-Karten, lauten die Antworten fast immer: „kaufen“ und „sofort“. Einige der neuen Karten sind zu mächtig, als dass man sie links liegen lassen sollte.
Bei mehreren der neuen Karten fällt störend ein ungekannt hoher Verwaltungs- und Mischaufwand auf. „Apotheker“ und „Golem“ fräsen sich durch den Nachziehstapel, der „Stein der Weisen“ zwingt dazu, ständig das komplette Deck durchzuzählen. Das erhöht die Wartezeiten für die Mitspieler und hat, je häufiger es sich wiederholt, umso weniger mit Spielspaß zu tun.

Was taugt es? Schlussendlich habe ich mit DIE ALCHEMISTEN dieselbe Erfahrung gemacht wie mit der SEASIDE-Erweiterung: Eine geballte Ladung dieser Karten mag für den Einstieg gut sein, um schnell viele Funktionen kennen zu lernen. Auf Dauer aber sind Monokultur-Szenarien – selbst die vorgegebenen aus dem Regelheft – viel weniger reizvoll als komplett ausgeloste Spielaufbauten. Sind nur eine oder zwei Karten im Spiel, die einen Trank erfordern, ist die Entscheidung für oder gegen den Kauf von Tränken endlich eine echte Entscheidung.
DOMINION – DIE ALCHEMISTEN ist keine herausragende Erweiterung und ganz bestimmt kein Muss. Als Fan bin ich trotzdem froh über alles, was mein Lieblingsspiel bereichert. Und zusätzliche Karten bereichern ein Spiel wie DOMINION nun mal ganz enorm.

DOMINION – DIE ALCHEMISTEN von Donald X. Vaccarino für zwei bis vier Spieler, Hans im Glück.

Donnerstag, 18. November 2010

Als ich noch kein Spieler war (11): Schach

Als Mittelstufenschüler war ich ein Schachgenie. Zu dieser Auffassung konnte ich gelangen, a) weil ich meinen Schachcomputer gelegentlich sogar auf den höheren Stufen besiegte, b) weil keiner meiner Klassenkameraden gegen mich bestand. Täglich nahm ich Figuren und ein Brett mit in die Schule, und wenn ich ein Opfer fand, dann spielten wir. Ich spielte gegen jeden, selbst wenn meine überforderten Gegner gerade mal rudimentär die Regeln beherrschten. Völlig egal. Ich war ein Genie, und das sollten ruhig alle am eigenen Leibe erfahren.

Mit großem Interesse verfolgte ich damals im Fernsehen die Schach-Sendungen von Helmut Pfleger. Beim „Turnier der Großmeister“ spielten Cracks gegeneinander und kommentierten ihre Züge. Brennend interessant; man konnte sich fürs Tagesgeschäft so einiges abgucken: Ich wusste, wie eine Springergabel funktioniert, was ein Abzugsschach ist, warum man eine Rochade macht und dass Türme sich in freien Linien besonders wohl fühlen. Um unbedarfte Spieler niederzuhalten, reichte dieses Wissen völlig aus.

Doch wie man wirklich SCHACH spielt, wusste ich nicht. Ich kannte zwar die Namen einiger Eröffnungen, aber nicht ihren Sinn, ja, ich hatte nicht einmal begriffen, worum es beim SCHACH insgesamt ging: SCHACH ist ein Angriffsspiel mit dem Ziel, den gegnerischen König matt zu setzen. Ich aber spielte es wie ein Buchhalter. Ich machte irgendwelche risikolosen Züge und wartete auf die Fehler meines Gegenübers. Jeden Figurenvorteil nahm ich mit, und irgendwann war die entstandene Übermacht groß genug, dass selbst ich ein Matt fertig brachte.

Dass andere Menschen tatsächlich noch besser SCHACH spielen konnten als ich, wurde mir erst deutlich, als ich an Könner geriet. In weniger als 30 Zügen hauten die einen vom Brett, ohne dass man sich erklären konnte, was da eigentlich schief gelaufen war. - Ich begann zu ahnen, dass eine vertiefende Beschäftigung mit SCHACH in Arbeit ausarten würde. Und prompt verlor ich die Lust an diesem Spiel.
Genie arbeitet nicht.

Sonntag, 14. November 2010

EinSATZ - bitte!

Nach einer Spielemesse interessieren natürlich niemanden mehr die Spiele von vor der Spielemesse. Schon gar nicht im schnellen Medium Internet. Ein Blogbetreiber, der nach der Messe allen Ernstes noch Spiele von vor der Messe bespricht, hat entweder den Kontakt zur Realität oder zu seinen Lesern verloren. Oder er hat seine erste Million beisammen, und jetzt kann ihm alles egal sein.
Hupps... verplappert!

Wie geht EINSATZ BITTE? Einer erklärt einen Begriff. Der Rest des Teams rät. Der Begriff könnte zum Beispiel „Löffelchen“ lauten; folglich wäre nun ein Vortrag über... ähm, kleine Häschen und ihre Öhrchen angebracht. Doch es gibt zwei fiese Bedingungen: 1. Zur Erklärung darf nur ein einziger Satz verwendet werden. 2. Eine gezogene Karte gibt den Satzanfang vor. „Es riecht garantiert nach...“ Oder: „Meine Eltern haben mich davor gewarnt, weil...“ Oder: „Schließt man es an den Strom an, dann...“

Was passiert? Eine Partie EINSATZ BITTE provoziert innerhalb kürzester Zeit faszinierend dummes Geschwafel, viel Gestotter und Gelächter. Wer sich Spielen dieser Art nicht generell verschließt, hat Spaß.
Am besten funktioniert EINSATZ BITTE mit Menschen, denen sowohl das Gewinnen als auch die Spielregeln weitgehend schnuppe sind. Denn die Einhaltung der Regeln fällt ausgesprochen schwer. Im Eifer des Gefechts passiert es immer wieder, dass der Erklärer schnell noch einen zweiten Satz nachlegt. Oder den ersten Satz zu einem von der Grammatik nicht mehr abgedeckten Bandwurm ausdehnt. Viele Mitspieler neigen in ihrer Formulierungsnot auch dazu, den gesuchten Begriff in den Satz einzubauen und durch ein gesprochenes „Pünktchen, Pünktchen, Pünktchen“ zu ersetzen.
Und die Spielregel sieht es eigentlich streng. Eine nicht korrekte Umschreibung für den Begriff „Eifelturm“ wäre beispielsweise: „Es riecht garantiert nach... einem Stahlmonstrum, das im Jahr 1899 für die Weltausstellung gebaut wurde.“ Begründung: Der Hinweis auf die Weltausstellung hat nichts mit „Riechen“ zu tun. Na gut, stimmt. Aber die meisten Mitspieler wären glücklich, unter Zeitdruck überhaupt einen derart prägnanten und beinahe logischen Satz hinzubekommen!

Was taugt es? „Letztlich gilt immer“, sagt die Spielregel ganz zum Schluss versöhnlich, „das Spiel soll Spaß machen! Nur echte Fehler werden geahndet, ansonsten wird im Zweifel zugunsten des Hinweisgebers entschieden.“ Das ist weise gesprochen, denn anders ist EINSATZ BITTE ohne Sprach-Trainingslager kaum spielbar.

EINSATZ - BITTE! von Reinhard Staupe für vier bis viel mehr Spieler, Heidelberger Spieleverlag.

Samstag, 6. November 2010

Don Quixote

Einmal im Leben leistet man sich einen Bock, und hinterher wird einem dieselbe Geschichte wieder und wieder aufs Brot geschmiert. Nehmen wir zum Beispiel mich und die alte Sache mit... ach nein, lieber nicht. Nehmen wir besser Don Quixote. Einmal im Leben hat die arme Wurst sich mit Windmühlen angelegt. Jetzt gilt er für immer und ewig als Inbegriff von Dummheit, Verwirrtheit und Verblendung, und wenn irgendwo Windmühlen zu sehen sind, schreit das Volk reflexartig: „Don Quixote“!
Der neueste Beweis: dieses Spiel. Windmühlen kommen darin vor, gepaart mit dummen und wirren Wegführungen, und das allein genügt dem Verlag, um das Ganze mit DON QUIXOTE zu betiteln, obwohl der tragikomische Ritter in dem Spiel selbst gar nicht auftritt.

Wie geht DON QUIXOTE? Wie zu lesen war, entstand DON QUIXOTE aus dem Versuch, TAKE IT EASY thematisch einzukleiden. Ähnlichkeiten zum Vorbild sind deshalb kaum zu übersehen und vollauf beabsichtigt.
In jeder Runde muss jeder Spieler ein Plättchen auf seinem Tableau ablegen. In zwei Zwischenwertungen und bei Spielende punkten Mühlen und Kirchen, sofern Wege sie miteinander verbinden. Ritter sollten am Spielplanrand liegen, über die Wege Burgen erreichen und zudem eine möglichst lange Kette bilden.
In allen drei Durchgängen steht den Spielern eine begrenzte Anzahl Plättchen zur Verfügung. Anders als bei TAKE IT EASY bekommt nicht jeder dasselbe Teil zugelost, sondern – ähnlich FINITO – nur dasselbe Feld auf seinem Raster. Dorthin legt jeder ein Plättchen nach Wahl aus seinem Vorrat.

Was passiert? „Nach Wahl“... haha, das klingt so nett. Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall. Nichts passt! Schnell fällt auf, dass die Wege gar nicht so leicht miteinander zu verbinden sind. DON QUIXOTE ist eine Puzzleaufgabe, die Chancenabwägung und Perspektivplanung erfordert und dazu jede Menge Glück.

Was taugt es? Am Ende hat zwar irgendwer die meisten Punkte und somit gewonnen, doch die Ergebnisse sind nur bedingt miteinander vergleichbar. Zu unterschiedlich ist die individuelle Plättchenauswahl.
DON QUIXOTE fühlt sich innerhalb der Solitär-Familie (TAKE IT EASY, FITS, FINITO) am solitärsten an. Je häufiger ich es gespielt habe, desto weniger interessierte mich mein Ergebnis im Vergleich zum Ergebnis der anderen, sondern nur noch im Vergleich zum eigenen Highscore.
Positiv gewendet bedeutet dies aber, dass DON QUIXOTE solitär gespielt für mich reizvoller ist als seine engste Verwandtschaft. Um das Foto für diese Rezension zu erstellen, wollte ich eigentlich nur schnell die Plättchen hinlegen. Und prompt kitzelte es doch wieder in den Fingern und ich musste mal eben ausprobieren, wie viele Punkte ich diesmal schaffe.
Deshalb vergebe ich für DON QUIXOTE zwei Noten. Die höhere gilt fürs Solitär-Spiel.

DON QUIXOTE von Reinhard Staupe für einen bis vier Spieler, Pegasus.

Dienstag, 2. November 2010

Als ich noch kein Spieler war (10): Öl für uns alle

Taktisches Spielen bedeutete in meiner Jugendzeit oft, den eigenen Informationsvorsprung brutal auszunutzen. ÖL FÜR UNS ALLE habe ich dermaßen häufig gespielt, dass ich aufgrund der Kaufpreise bereits wusste, ob ein angebotenes Ölfeld ein großes Vorkommen sein konnte oder nicht. Um zu gewinnen, musste man die großen haben - also war es nicht klug, das Wissen zu teilen. Kinder und blutigen Anfängern hätte ich vielleicht noch geholfen, niemals aber meinen Freunden.

Die handhabten das übrigens genauso. Ich erinnere mich an meine erste Partie JOCKEY. Wie ich mein Geld beim Wetten verjubele, hatte man mir erklärt. Alles Weitere mit den Karten würde sich ergeben, hieß es. Steht ja alles drauf. Und schon ging´s los...
Mein Kumpel startete und zog das braune Pferd. Und sein Bruder zog ebenfalls das braune Pferd. – Na, was soll´s, dachte ich mir, machte den Gag mit und zog ebenfalls das braune Pferd. Als jetzt wieder Spieler eins an die Reihe kam, lernte ich die „x3“-Karte kennen. Braun ging ab wie eine Rakete. Die anderen beiden Spaßvögel hatten auf Braun gesetzt, ich nicht. Haha.

Schaute ich damals in Kaufhäusern nach Spielen, schaute ich fast nur nach dem blauen Dreieck. Auch einen weiteren Ravensburger-Klassiker, DAS BÖRSENSPIEL, haben wir in dieser Zeit rauf und runter gespielt. Ich liebte vor allem die großen Aktienpapiere. Da hatte man richtig schön was in der Hand. Ein anderer Freund besaß ALASKA. Das spielten wir auch; aber eher, weil wir nicht viel anderes hatten. Auf Dauer fanden wir es zu simpel und lehnten den hohen Glücksfaktor ab - was eigentlich paradox ist, denn unser damaliger Liebling ÖL FÜR UNS ALLE war ebenfalls kein strategisches Wunderwerk.

Würfelte man bei einer neuen Bohrung eine Drei, gab´s sang- und klanglos Gestängebruch. Bestenfalls konnte man sein Risiko etwas streuen, indem man mehrere Bohrungen gleichzeitig durchführte und im Zweifelsfall die schlechtere scheitern ließ. Aber mehr Taktik war nicht, abgesehen vielleicht von der unglaublichen Gewitztheit, mit seinen Schiffen diejenigen Häfen anzusteuern, wo es höhere Preise gab.

Doch wichtiger als Taktik war Opulenz. Und ÖL FÜR UNS ALLE war über alle Maßen opulent: Plastiktanker, zwei Sorten Ereigniskarten, eine Weltkarte und vor allem die beiden grandiosen Stecktafeln. Je mehr Materialverwaltung (Geld zahlen, Geld bekommen, Tanker mit einem farbigen Stecker versehen, Ölpreise ändern...), desto mehr Spielreiz. Damals war Spielebeurteilung noch viel einfacher als heute und zudem wunderbar objektiv.

  • Was war: Als ich noch kein Spieler war (9): Geister
  • Was kommt: Als ich noch kein Spieler war (11): Schach
  • So ging es los: Als ich noch kein Spieler war (1): Jag und schlag

Sonntag, 31. Oktober 2010

Gern gespielt im Oktober 2010

Was landete am häufigsten auf meinem Spieletisch? Was machte besonders viel Spaß? Und welche alten Schätzchen wurden endlich mal wieder ausgepackt?

DOMINION - BLÜTEZEIT: Gern gespielt, stimmt schon. Aber mit strikter Ausnahme der traumatischen Partie am Messe-Freitag.




ASARA: Besser als die Lektüre der Spielregeln erahnen lässt.





IM JAHR DES DRACHEN: In China möchte ich nicht die Bevölkerung sein. Jedenfalls nicht, wenn ich die Regierung bin.




OLYMPUS: Windmühlengetestet.






7 WONDERS: Ob es auf lange Sicht genügend Tiefe hat, weiß ich nicht. Aber heute ist heute und lange Sicht kommt später.




STICH-MEISTER: Das Party-Spiel unter den Stichspielen.




Freitag, 29. Oktober 2010

Priests of Ra

RA spielt in der Antike. Die Antike ist lange her. Ebenfalls ganz schön lange her ist es schon, dass wir fast jede Woche RA als Absacker spielten. Es war die Zeit vor DOMINION.


Wie geht nun aber PRIESTS OF RA? Ziemlich wie RA. Der Versteigerungsmechsnismus ist exakt derselbe und ihn zu erklären wäre wahrscheinlich wie Eulen nach Athen zu tragen. Mit anderen Worten: Es wäre überflüssig. Denn wir wollen ja nach Ägypten.
Neu im Vergleich zu RA sind die Teile, die wir ersteigern. Zumeist handelt es sich um Plättchen mit unterschiedlichen Vorder- und Rückseiten. Wer das Plättchen in die Angebots-Reihe legt, entscheidet, welche Seite oben liegen soll. Die Art des Plättchens ist vorne und hinten identisch, nur die Farbe variiert. Und das kann entscheidend sein, weil viele Wertungen bei PRIESTS OF RA darauf hinauslaufen, Dinge entweder mit gleicher oder verschiedener Farbe zu sammeln.

Was passiert? Die neue Wertung ist nicht gerade intuitiv. Sie zu erlernen, gestaltet sich mühsam. Aber das Neue fühlt sich nicht nur deshalb seltsam an, weil es neu ist. Die Bedingungen, um bei PRIESTS OF RA Punkte zu machen, sind auch tatsächlich weniger interessant: viele Teile haben, viele gleiche haben, viele verschiedene haben. Hm. Es fehlen die Plättchen, auf die man so richtig heiß ist, nach denen man giert, die man herbeisehnt. Wie etwa eine Überschwemmung für den langen, langen Nil.
Auch die Entscheidung, welche Plättchenseite oben liegen soll, bringt nicht den erhofften Reiz, sondern liegt meistens klar auf der Hand. So bleibt als das beste Element von PRIESTS OF RA der Versteigerungsmechanismus inklusive der Zockerei, wie lange die Epoche wohl noch dauert. Aber genau das kennen wir ja schon.

Was taugt es? RA ist für mich ein 10-Punkte-Spiel. Oder zumindest war es das zu seiner Zeit. Da viel Gutes von RA auch in PRIESTS OF RA steckt, ist die neue Version gewiss nicht schlecht. Ginge ja gar nicht.
Doch wenn eine zweite Ausgabe erscheint, erwarte ich, dass das neue Ägypten dem alten Ägypten andere Seiten abgewinnt, es in einem anderen Licht erscheinen lässt oder auf interessante Weise das Spielgefühl variiert. All das ist bei PRIESTS OF RA nicht der Fall.

PRIESTS OF RA von Reiner Knizia für zwei bis fünf Spieler, Rio Grande Games.

Sonntag, 24. Oktober 2010

Was ich aus Essen mitgebracht habe


Jede Menge Dreckwäsche.

Mittwoch, 20. Oktober 2010

Asara

Ist das Thema „Turmbau“ wirklich gut gewählt? Da es bei ASARA nicht so viel zu meckern gibt, muss ich schon Kleinigkeiten hervorzerren. Also: Ist das Thema gut gewählt? Turmbau ist weder sonderlich originell, noch dürfte es in Strömen die Zielgruppe Familien an den Spieletisch locken. Und drittens geht Turmbau ja eigentlich anders als in ASARA (von wegen Dach runter, Etage einfügen, Dach wieder rauf). Aber einen besseren Themenvorschlag habe ich natürlich nicht. Ich bin Kritiker!

Wie geht ASARA? Wir bauen Türme. Punkte gibt es immer mal wieder zwischendurch für früh gebaute Türme und Zierelemente. Am Schluss punkten in jeder Farbe die zwei höchsten Türme sowie die höchsten Türme insgesamt und die meisten. Klassische Mehrheiten-Wertung also.
Wie bekommt man die Teile und wie baut man Türme? Jeder Spieler besitzt Handkarten. Mit diesen Karten plus Geld werden die Aktionen bezahlt. An verschiedenen Plätzen des Spielplans gibt es Turmspitzen, -sockel oder –mittelteile zu kaufen. An einem weiteren Ort fügt man all diese Teile zusammen und erhält Punkte dafür. Klassisches Worker Placement also.
Neu aber ist, dass die Worker farbige Karten sind und dass die erste an einem Ort abgelegte Karte für den gesamten Durchgang die hier zu spielende Farbe vorgibt. Benutzt der erste Spieler für den Kauf einer Turmspitze eine rote Karte und ich habe keine rote, kann ich entweder keine Turmspitze kaufen oder ich muss zwei beliebige Karten dafür opfern. Was bedeutet, dass ich eine Aktion weniger durchführen kann.

Was passiert? Der Mechanismus bringt interessante Überlegungen mit sich: Ist es wichtiger, irgendwo den letzten freien Platz zu besetzen oder woanders eine für die Mitspieler unangenehme Farbe zu definieren? Welche Farbe könnte den anderen denn wohl ungelegen kommen? Und welche Karte spiele ich sofort, welche spare ich auf?

Was taugt es? Vielspieler sind schnell geneigt, ASARA abzutun. Kennt man ja alles schon. Sie haben nicht ganz Unrecht damit. Ohnehin vermute ich, dass über Sieg und Niederlage letztlich mehr entscheidet, wer welche Turmfarben relativ konkurrenzlos sammelt und wem die anderen dauernd dazwischenfunken. Dass also der Kartenmechanismus weniger bedeutsam ist als er sich anfühlt.
Doch wichtig ist: Er fühlt sich bedeutsam an! Dank dieses einfachen und dennoch raffinierten Mechanismus macht ASARA Spaß, ist spannend, geht flott von der Hand.
ASARA variiert Bekanntes. Aber nicht, indem es Bekanntes aufbläht und komplizierter macht. ASARA spielt sich schlank und schnell. Und gut.

ASARA von Wolfgang Kramer und Michael Kiesling für zwei bis vier Spieler, Ravensburger.

Sonntag, 17. Oktober 2010

Als ich noch kein Spieler war (9): Geister

Wenn irgendwo irgendwer irgendwas mit mir spielte, war ich schwer von dort wieder wegzukriegen. So hatte ich es auch geschafft, mich als Zwölfdreiviertel-Jähriger beim 17. Geburtstag meiner Cousine einzuschmuggeln. Außer ihrem Freund war ich der einzige Junge. Bei den Gesprächen der Älteren kam ich nicht mit, und von dem, was sonst so um mich herum passierte, verstand ich auch nicht viel.

Der Freund meiner Cousine neckte eine der Anwesenden, indem er sie dauernd „Stift“ nannte. Und sie sagte dann, sie heiße nicht „Stift“. Auch dieser Dialog war mir ein Rätsel, insbesondere weil ich nicht wusste, dass „Stift“ auch „Azubi“ bedeutet.
Für mich war ein Stift ein Stift. Aber ich sah, dass die Sprüche gut ankamen. Der Freund meiner Cousine war witzig und cool.

Doch vielleicht fühlte er sich als einziger Mann, umgeben von einer Übermacht kichernder Frauen, gar nicht so wohl, weshalb er ohne zu murren viele, viele Runden GEISTER mit mir spielte. Fast immer gewann er. Und das war wirklich teuflisch: Dachte man, der Geist sei ein guter, dann war´s ein böser. Und dachte man, auf so einen blöden Trick falle ich kein zweites Mal herein, dann spazierte ein guter Geist unbehelligt durch den Ausgang. Ich erinnere mich, dass ich einige großmäulige Sprüche auf meine Kosten ertragen musste. Aber das war es mir wert: Ich spielte! Und umso größer war der Triumph, wenn ich auch mal eine Runde gewann.

Irgendwann wurde ich nach Hause abkommandiert. Ich selber fand es nicht besonders stichhaltig, dass die angehenden Erwachsenen womöglich lieber ohne mich weiterfeiern wollten. Aber meine anrufende Mutter vertrat diesen Standpunkt sehr vehement.

Schade. Ich hätte gerne noch weitergespielt. Und wenigstens zum Abschied wollte ich auch einmal cool und witzig sein. Aber wie war das Wort noch mal? Ich erinnerte mich nicht mehr richtig und sagte zu der so häufig getriezten Freundin: „Tschüss... Stecker!“
Ich hatte mein Ziel erreicht.
Alle fanden mich witzig.
Sogar zum Brüllen.

Mittwoch, 13. Oktober 2010

Bring mich nicht mit (16): UFO Attack

Sommerferien sind klassischerweise die Zeit für kleine Mitbringspiele. Aber mittlerweile sind ja gar keine Sommerferien mehr. Völlig folgerichtig wendet sich REZENSIONEN FÜR MILLIONEN deshalb nun solchen Spielen zu, die man besser nicht mitbringt.

Um als Spielekritiker von der Bedeutsamkeit des eigenen Tuns überzeugt zu sein, ist die Kunst des Verdrängens unerlässlich: Der Erfolg von MONOPOLY? Ein bedauerlicher Unfall. Der Erfolg von UNO? Ein bedauerlicher Unfall. Der Erfolg von TRIVIAL PURSUIT? Ein bedauerlicher Unfall.

Für eine ganze Unfallserie sorgt in jüngster Zeit die Spiele-Reihe von Lego. Dass es gelingt, mit derart simplen, rein würfelgesteuerten Spielideen erfolgreich zu sein, ist allein schon schmerzlich. Aber wie Lego das Ganze auch noch als weltbewegende Innovation vermarktet, ist schier zum Haare-Raufen.

Da verspricht die Anleitung: „Mit dem Lego-Würfel hast du unglaublich viele Möglichkeiten, das Spiel immer wieder zu verändern.“ - Und was ist? Einige Spiele enthalten Würfelflächen zum Austauschen, was glatt so aufregend ist, als würde man bei einem normalen Würfel die Eins durch eine weitere Sechs ersetzen. Andere Spiele (wie zum Beispiel UFO ATTACK) bieten überhaupt kein Zusatzmaterial. Hier könnte man allenfalls die vorhandenen Würfelflächen auswechseln, was glatt so aufregend ist, als wäre bei einem normalen Würfel die Eins fortan die Sechs, und die Sechs wäre die Eins.

UFO ATTACK greift die Idee der beliebten Kleinkinder-Farbwürfelspiele auf: Rolle einen Würfel und nimm dir einen entsprechenden Stein. Weil UFO ATTACK aber für Schulkinder sein soll, gibt es zwei wichtige Änderungen: 1. mehr Taktik: Jede Würfelseite zeigt zwei Farben und man darf eine davon auswählen. 2. mehr Story: Böse UFOs greifen an. Bei einem bestimmten Würfelsymbol darf man den Laser auf die Rakete eines Mitspielers richten und ihm die Steine einer Farbe klauen.

Was herkömmliche Kleinkinder-Farbwürfelspiele dennoch UFO ATTACK voraushaben: Die Materialien lassen sich gut greifen. Nichts kippt um. Nichts bricht ab. Kleinkinder-Farbwürfelspiele enthalten zwar weder UFOs, noch einen patentierten Würfel, aber sie lassen sich reibungslos spielen.

UFO ATTACK von unbekannten Aliens für zwei bis vier Spieler, Lego.

Samstag, 9. Oktober 2010

Bring mich nicht mit (15): Undercover in Europa

Sommerferien sind klassischerweise die Zeit für kleine Mitbringspiele. Aber mittlerweile sind ja gar keine Sommerferien mehr. Völlig folgerichtig wendet sich REZENSIONEN FÜR MILLIONEN deshalb nun solchen Spielen zu, die man besser nicht mitbringt.

Es sieht aus wie ein Ratespiel. Tatsächlich aber kann UNDERCOVER IN EUROPA noch viel mehr. Es bereichert auch unsere sprachliche Ausdrucksweise. Man lernt unheimlich viele Phrasen für immer dasselbe: „Vielleicht.“ „Keine Ahnung.“ „Weiß der Geier..."

Reihum wechselnd tauchen die Mitspieler in einem europäischen Land unter. 16 ausgeloste und offen liegende Länderkarten geben die Auswahl vor. Ich wähle - sagen wir - Weißrussland. Meine Mitspieler ziehen Fragekarten vom Talon und versuchen, mir auf die Schliche zu kommen. Das klingt dann so:

„Warst du schon mal auf einer Internetseite dieses Landes?“ – „Würde ich nicht auszuschließen wollen.“
“Besitzt du einen Gegenstand, der in diesem Land hergestellt wurde oder der aus diesem Land stammt?“ – „Könnte schon sein.“
„Wäre der Vorname von Mitspieler X eine Besonderheit in diesem Land?“ – „Häh?!“

Die spannende Befragung zieht sich zwölf Fragekarten lang hin, und die Mitspieler dürfen Tippsteine einsetzen. Zwischendurch kommen auch Fragen wie „Liegt das Land am Meer?“ oder „Befindet sich auf der Nationalflagge ein Zierelement?“, wodurch dann mehrere der 16 Länder ausscheiden.
So wechselt UNDERCOVER IN EUROPA munter zwischen klaren Fakten und Stochern im Nebel. Das spielerische Potenzial würde ich irgendwo in der Grauzone zwischen diesen beiden Extremen vermuten. Nur eben diese Grauzone gibt es bei UNDERCOVER IN EUROPA nicht.

Meine Lieblingsfrage lautet übrigens: „Kann Mitspieler X die Hauptstadt dieses Landes nennen?“ - Soll das ein Intelligenztest sein?! Die Hauptstädte lassen sich auf den ausgebreiteten Länderkarten ganz einfach ablesen.

UNDERCOVER IN EUROPA von Claude Weber für drei bis sechs Spieler, Huch & friends.