Samstag, 31. Dezember 2011

Gern gespielt im Dezember 2011

Was landete am häufigsten auf meinem Spieletisch? Was machte besonders viel Spaß? Und welche alten Schätzchen wurden endlich mal wieder ausgepackt?

ORA ET LABORA: Nachdem ich neulich an einem Nachmittag drei Solo-Partien in Folge und abends noch zwei Partien mit meinen Mitspielern absolviert habe, kann ich vor dem Suchtpotenzial nur warnen! Für mich aber kommt jede Hilfe zu spät. Deshalb kann ich jetzt auch vollkommen unbelastet weiterspielen.

STONE AGE - MIT STIL ZUM ZIEL: Ringe und Zähne, schön und gut. Als wirklich zivilisiert werde ich die Steinzeit aber erst nach der Erfindung des Sugaring ansehen.



FREITAG: Ein harter Job: Ich Freitag, du Robinson! Ich Trainer, du Tollpatsch! Ich Lehrer, du 7c!




KINGDOM BUILDER: Schau an, Donald X. Vaccarino kann also nicht nur DOMINION.





MEMOIR’44 - WINTER WARS: Ich plädiere für einen Waffenstillstand – an der Spielefront! Von den Verlage keine Neuheiten, von mir keine Kritiken. Und endlich Zeit, um ausgiebig alle MEMOIR-Szenarien, alle Erweiterungen, alle Kampagnen zu spielen. Lechz.

PICTOMANIA: Ich sage nur: „Linker Arm“.






Und gern gelesen:

HEIRATE NIEMALS EINEN UDO: Mein lehrreichstes Weihnachtsgeschenk. Endlich weiß ich, was mich so unausstehlich macht: Es ist mein Vorname!



Dienstag, 27. Dezember 2011

Mondo

Was ein Blogger an Feedback erhält: Alle paar Tage „gefällt“ jemandem ein Link von REZENSIONEN FÜR MILLIONEN auf Facebook. Alle paar Wochen verfasst jemand im Blog einen Kommentar. Alle paar Monate schreibt ein Leser eine Mail. Und alle paar Jahrzehnte wird man in einer deutschen Tageszeitung als „so etwas wie Marcel Reich-Ranicki in der Welt der Brettspiele“ tituliert.
Neulich erreichte mich Post von einem Leser, der genau aufgepasst hatte, dass ich in einem Artikel vom Juni 2011 eine MONDO-Rezension in Aussicht gestellt, jedoch noch nicht eingelöst hatte. – Uiuiui. Was tun? Obwohl es heutzutage oberste Sitte ist, erst mal alles abzustreiten und die Aufklärung zu verschleppen, müsste ich mich auf lange Sicht wohl doch dem Druck der Straße beugen. Um das Amt des Bloggers nicht weiter zu beschädigen, mache ich zum Jahresende reinen Tisch: Hier kommt MONDO!

Wie geht MONDO? Kurz gesagt: Nahezu wie die Bauphase von GALAXY TRUCKER. Länger gesagt: In der Tischmitte liegt ein Haufen beidseitig bedruckter Legeteile. Sie zeigen eine oder mehrere Landschaften, teilweise auch Tiere, teilweise auch Vulkane. Während die Uhr läuft, greifen alle Spieler gleichzeitig nach den Teilen und bauen los. Jeder will auf seinem Tableau eine Welt mit möglichst vielen abgeschlossenen Landschaften konstruieren, mit möglichst vielen Tieren darin, und das auch noch möglichst schnell. Vulkane sind eher zu vermeiden, denn bei dem Spieler, der die meisten hat, zählen sie negativ.

Was passiert? Trotz Vorwarnung lassen sich Vulkane aber nur sehr schlecht vermeiden. Sicher nicht zufällig sind sie oft ausgerechnet auf den attraktivsten Teilen mit bis zu drei Landschaften abgebildet. Ein guter MONDO-Spieler wird deshalb ab und zu auf die Tableaus der Mitspieler schielen, wie viele Vulkane dort schon Feuer speien und ob er sich demzufolge noch welche erlauben kann. Ein guter MONDO-Spieler (der Führende) sieht sich nach der ersten Runde auch einer Behinderung ausgesetzt: Die inaktiven Vulkane, die man normalerweise ignorieren darf, zählen bei ihm mit.
Im Normalfall hindert dies den Könner trotzdem nicht am Gewinnen. Manche Spieler sehen auf einen Blick, ob ein Teil wie gewünscht passen wird. Andere besitzen diese räumliche Vorstellungsgabe nicht und können ein Teil erst beurteilen, nachdem sie es auf ihrem Tableau neben die anderen gelegt haben. Jammern die Verlierer deshalb rum? Eher nicht. Vielfach habe ich erlebt, dass die Punktwertung als motivierend empfunden wurde. Meist lässt sich bei jedem innerhalb der drei Durchgänge ein klarer Lernfortschritt erkennen. Am besten und spannendsten ist MONDO dennoch mit ungefähr gleich talentierten Weltenbauern.

Was taugt es? Legespiele sind oft sehr intuitiv, und deshalb kommen einem die Regeln von MONDO geradezu logisch vor. Auch Grafik, Anleitung und Symbolik sind absolut klar. Obwohl jeder etwas Eigenes baut, ist das Spiel nicht solitär. Für Fortgeschrittene enthält es noch zwei Zusatz-Module, es gibt alternative Tableaus und mehrere Vorschläge für Variationen. Alles prima.
Was mich von einer noch höheren Wertung abhält, liegt auf der emotionalen Ebene, die für den langfristigen Spielreiz oft den Ausschlag gibt; und sei es unterbewusst. Gewiss entstehen bei MONDO Emotionen, weil man ins Schleudern kommt oder einem tolle Teile vor der Nase weggeschnappt werden. Diese hektische Betriebsamkeit macht Spaß. Zu dem, was ich baue, entwickle ich allerdings keine Emotion. Es bleibt ein abstraktes Puzzle. Als meine „Welt“ empfinde ich es nicht. Ich achte und schätze MONDO, aber Liebe fühlt sich anders an. Vielleicht können wir ja einfach gute Freunde sein...?

MONDO von Michael Schacht für zwei bis vier Spieler, Pegasus.

Freitag, 23. Dezember 2011

Spielejahrgang 2010/11: Meine Lieblingsspiele

Im Sommer bat ich meine Mitspieler, mir ihre Lieblingsspiele aus dem Spielejahrgang 2010/11 zu nennen. Und mit lediglich ein paar Monaten Verspätung liste ich nun die aus meiner Sicht allerwichtigsten Spiele auf. Eine Zählung ergab: Es waren rund 20, die ich in der Spielbox mit mindestens 7 Punkten oder hier im Blog mit mindestens „reizvoll“ bewertet habe. Und weil ich mit 7 Punkten oder „reizvoll“ nicht nur „ganz nett“ meine, sondern durchaus mehr, komme ich zu dem Schluss, dass es wohl noch nie einen Jahrgang gab, den ich in seiner Bandbreite so gut fand.
Nun will ich aber nicht alle diese 20 Spiele noch einmal aufwärmen. Das wäre auch gegenüber meinen Mitspielern nicht fair, die ich seinerzeit zu einer Beschränkung auf möglichst wenige Titel gezwungen habe. Hart gegen mich selbst und aus Gründen der Gleichberechtigung nenne ich deshalb nur drei... na, sagen wir bis zu vier oder fünf, maximal jedoch sieben und vielleicht noch eins, zwei Erweiterungen dazu, also elf!

Wichtigstes Kriterium ist für mich die Aussicht, das Spiel voraussichtlich auch 2012 noch mit Spaß zu spielen. Insofern hängt die Liste auch mit meinen Mitspielern zusammen: Ich spiele wenig mit Kindern, also kommen Kinderspiele nicht vor. Ich spiele tendenziell immer mehr mit Spielern, die ich zwar als sehr interessiert, nicht aber als Insider bezeichnen würde; deshalb ist der Anteil der Freak-Spiele gering. Ohnehin haben es Freak-Spiele schwer, sich in meinen Runden nachhaltig zu etablieren. Gerade die informierten Spieler wollen weiterhin informiert bleiben, und das bedeutet: Sie wollen Neues.

Die Burgen von Burgund
In der aktuellen Fairplay lese ich, erste Rezensionen zu diesem Spiel seien positiv gewesen, spätere sogar hymnisch. Zu welcher Kategorie meine gehört, steht da leider nicht. Von mir aus darf es gerne hymnisch sein. Für mich spielt DIE BURGEN VON BURGUND in der Lieblingspiel-Liga.

Dominion Blütezeit
Vielleicht hat es sich schon herumgesprochen. Falls nicht: Ich halte DOMINION für die größte Erfindung seit... äh, sehr, sehr langer Zeit, also mindestens seit AGRICOLA. Und die BLÜTEZEIT hebt DOMINION auf eine neue Stufe der Genialität, die man nicht mehr missen möchte, nachdem man sie einmal kennen lernen durfte.

Memoir ’44 Breakthrough
Auch MEMOIR ’44 ist ohne die BREAKTHROUGH-Erweiterung kaum mehr vorstellbar. Seit Jahren schon rede ich mir ein, keine Erweiterung mehr zu benötigen, da mein MEMOIR-Kontingent gewiss bis ans Lebensende ausreicht. Doch ich fürchte, auf der BREAKTHROUGH-Basis könnten noch ein paar Sachen kommen, die mich dann doch dringend interessieren. (Rezension: spielbox 1/2011)

Stich-Meister
Diesem Kartenspiel hätte ich in Spielerkreisen mehr Beachtung gewünscht. Wenn ich allein schon bei der Festlegung der Bedingungen für die folgende Spielrunde lachen muss, dann weiß ich wieder, warum ich Spieler bin: Hey, Leute, weil es nämlich lustig ist! (Rezension: spielbox 7/2010)

Uluru
UBONGO war gut, ULURU ist besser, da origineller. Ich mag immer mehr solche Spiele, die das Schema aufbrechen, dass Spieler hübsch der Reihe nach ihre Aktionen machen; und dies ist wieder so eins. (Rezension: spielbox 5/2011)

Geistesblitz
Und dies ist noch so eins. Aus der Masse der Verwirrspiele hebt GEISTESBLITZ die Klarheit des Designs heraus. Es gibt nur zwei Regeln. Es gibt nur fünf Gegenstände. Dass man da trotzdem Fehler macht, ist ein bisschen wie Zauberei.

7 Wonders
Und noch eins. Der Zauber von 7 WONDERS ist vermutlich die große Bandbreite der Mitspielerzahl. Wann kann man schon zu sechst oder siebt ein vollwertiges Taktikspiel spielen, das trotzdem kürzer als eine Stunde dauert? Das Spielsystem ist so elegant, dass ein paar Erweiterungen es wohl noch nicht überstrapazieren werden.

Qwirkle
QWIRKLE wird für meine Begriffe in Spielerkreisen noch immer unterschätzt. Es ist ein Spiel, das ich nahezu mit jedem spielen kann – ohne mich dabei unterfordert zu fühlen! Es ist längst nicht so banal, wie oft behauptet wird.

Eselsbrücke
Durch ESELSBRÜCKE habe ich einige meiner Mitspieler besser kennen gelernt, und zwar nicht nur als Taktiker oder Strategen, sondern weil sie in ihren Geschichten einen Teil ihrer Lebenswirklichkeit offenbarten: In dieser Hinsicht das beste Spiel seit GIFT TRAP.

Lancaster
An LANCASTER überzeugt mich die innere Geschlossenheit. Das Spiel kommt mit vergleichsweise wenigen Regeln aus, die Aktionen sind kurz und klar, alles ist sinnvoll verwoben, nichts zu viel. Und trotzdem sind die Partien abwechslungsreich genug, dass noch ein Anreiz für Folgepartien bleibt.

Skull & Roses
Ein erstaunliches Beispiel für Reduzierung. Also was sollte ich da jetzt noch viele Worte machen?

Montag, 19. Dezember 2011

Der Letzte Wille

Liebe Millionäre unter meinen Lesern, sicherlich habt ihr euch für 2012 vorgenommen, Gutes zu tun. Und das ist gar nicht so schwer, wie man denkt: Nehmt einfach ein Blatt Papier und einen Stift und setzt ein kurzes, nettes Testament auf, in dem ihr mich zu eurem Universalerben bestimmt.
Aber wehe, ihr verknüpft das mit irgendwelchen idiotischen Bedingungen! Ich will weder eure 101 Dalmatiner in Pflege nehmen, noch mit anderen potenziellen Erben einen Wettbewerb austragen. Einfach Geld her und keine weiteren Fragen. Danke!

Wie geht DER LETZTE WILLE? Nicht so, wie eben beschrieben. Man muss nämlich doch mit anderen potenziellen Erben in einen Wettbewerb treten. Jeder bekommt dasselbe Startkapital, und wer es am schnellsten verjubelt, ist der wahre Erbe und Gewinner des Spiels.
Entsetzlicherweise darf man das Geld nicht einfach verbrennen, vergraben oder verschenken. Es muss mit Stil ausgegeben werden, und dafür gelten Regeln. Die Vorgaben finden sich auf Karten wieder. Es gibt Einmal-Karten wie etwa die „Bootsfahrt“, die beim Ausspielen Geld kostet und dann verbraucht ist. Es gibt Permanent-Karten, die Platz auf dem eigenen Spieltableau benötigen, in der Folge aber jedes Mal wieder zum Geldverprassen zur Verfügung stehen. Es gibt Immobilien-Karten, die man kauft, verrotten lässt und mit Verlust wieder abstößt. Und es gibt Gefährten-Karten, mit denen man andere Ausgabeposten kombinieren und so die Kosten in die Höhe treiben kann. Eine Bootstour mit der Herzdame ist ruinöser als eine Bootstour allein. Ein Restaurant-Abo kostet extra, wenn der Leibkoch mitkommen soll.
Karten zu nutzen oder aufs eigene Tableau zu legen kostet Aktionen. Und Aktionen muss man sich erst verdienen. Wie viele man bekommt, stellt sich zu Beginn jeder Runde heraus. Die Spieler legen mit einem einzigen Spielstein fest: in welcher Reihenfolge sie agieren, wie viele Karten sie verdeckt vom Stapel ziehen, wie viele sie aus der offenen Auslage bekommen und wie viele Aktionen ihnen zur Verfügung stehen.

Was passiert? DER LETZTE WILLE ist ein Optimier-Spiel. Es geht darum, mit möglichst wenig Aktions-Aufwand möglichst viel Geld zu verprassen. Der Aufbau der eigenen Auslage kann langfristig angelegt sein und zunächst vor allem viele Aktionen verbrauchen, um schließlich, wenn die Maschine läuft, umso mehr Verlust zu erwirtschaften. Entscheidend ist, dass die Karten auf dem eigenen Tableau harmonieren und ihre Effekte einander verstärken.
Zwei Dinge gefallen mir dabei nicht: 1. Ich bin generell kein Fan davon, dass sich verschiedenste Aspekte in einem einzigen Spielzug verdichten. Im ersten Zug soll ich mich hier auf die Zahl meiner Aktionen festlegen, obwohl ich noch gar nicht weiß, welche Karten mir später zur Verfügung stehen werden. Das provoziert unnötige Grübelei und unnötige Fehlplanung. 2. Das Spiel enthält zu viele Details. Die Symbolik ist extrem umfangreich und ich bezweifle, dass sämtliche der vorhandenen Effekte entscheidend für den Spielspaß sind. Weil es so viele Elemente gibt, kann man viele Karten gerade nicht gebrauchen. Damit man dennoch Brauchbares erhält, setzt DER LETZTE WILLE einen hohen Kartendurchsatz in Gang. Es wird viel gezogen und viel wieder abgeworfen, und das ist unnötig unelegant.

Was taugt es? Bei der Regelerklärung müssen Mitspieler noch lachen. Die Karten sind toll gestaltet und die möglichen Kombinationen von Gefährten mit Aktivitäten sind amüsant. Beim Spielen lacht dann aber keiner mehr. Das Thema verliert sich in den Mechanismen, und man könnte mit denselben Regeln auch ein Wirtschaftsspiel spielen, bei dem das Geld nicht ausgegeben, sondern eingenommen wird. Übrig bleiben das Karten-Kombinieren und das Spielzüge-Optimieren, aber beides gibt es in anderen Spielen interessanter und besser.
Oft vereinfachen Spiele die Realität. Hier ist es umgekehrt, und das fühlt sich seltsam an. Wäre Geld-Ausgeben in Wirklichkeit so kompliziert wie in diesem Spiel, fiele Sparen viel leichter.

DER LETZTE WILLE von Vladimir Suchy für zwei bis fünf Spieler, Heidelberger Spieleverlag / Czech Games Edition.

Sonntag, 11. Dezember 2011

Avanti

Oh! Auf dem Hunderter-Geldschein in AVANTI ist tatsächlich Klopapier abgebildet. Das finde ich innovativ, und es erinnert mich an das, was ich vorhabe, sobald meine Million beisammen ist. Haha, das wird super. Aber es ist natürlich streng geheim.
Und auf dem Gästeklo wird’s auch nur Zwanziger geben.

Wie geht AVANTI? Wir wollen auf die Trauminsel. Die ist zwölf Schritte entfernt. Um voranzukommen, fahren wir Autorennen. Der Gewinner darf drei Schritte vorwärts, der Zweite und Dritte je einen weniger. Wer unterwegs viel Geld verdient, kann Schritte hinzukaufen. Wer seine Außenstände nicht zahlen kann, muss wieder zurück.
Zahlenkarten bestimmen, wie weit das eigene Auto fährt. Die Karten sind dreieckig. In jeder Ecke steht eine Zahl. Pro Runde wählen alle gleichzeitig und geheim eine ihrer Karten und legen sie vor sich ab. Die Zahl, die zum Spielplan zeigt, ist die gewählte Zugweite. Nur wer Zahlen von eins bis drei spielt, darf eine Karte nachziehen.
Immer das hinterste Auto fährt zuerst. Landet ein Spieler auf einem besetzten Feld, bekommt er solange Bonuszüge mit derselben Zugweite, bis sein Auto auf ein freies Feld gelangt. Der Vorderste fährt zuletzt und hat deshalb die geringste Planungssicherheit.

Was passiert? Die Bonuszug-Regel lässt auf dem Parcours gleichmäßige Fahrzeug-Ketten entstehen. Beispielsweise stehen mehrere Autos im Abstand von zwei Feldern zueinander. Für den Hintersten wäre es jetzt nahe liegend, eine Zwei zu spielen, um mit mehreren Bocksprüngen nach vorne zu hoppeln. Wenn sich der Zweithinterste darauf verlässt, spielt er ebenfalls eine Zwei und hoppelt direkt hinterher. – Nur ist ja leider nicht immer Verlass. Vielleicht hat der Hinterste gar keine Zwei? Oder vielleicht findet er es gewitzter, etwas anderes zu spielen?
Abzuschätzen, was die anderen machen werden, um dann davon zu profitieren, ist der Hauptreiz bei AVANTI. Spekulieren lässt sich beispielsweise auf die Sparsamkeit der Konkurrenten. Sicher werden sie zu Anfang doch so fahren, dass sie eine Karte nachziehen dürfen? Und spekulieren lässt sich auch auf die Feldgebühren. Nach jeder Runde müssen alle Fahrer so viel Geld an den Führenden zahlen, wie neben ihrem Standort angegeben ist. Und vermutlich wird doch niemand eins der Felder mit Kosten von 500 oder gar 1000 anpeilen?
Reizvoll ist schließlich die Einschätzung, ab wann man den Sprint anziehen und seine Karten verplempern darf. Die Karten müssen nur bis zum Ziel reichen. Im Folgerennen beginnt jeder mit einem neuen Blatt.

Was taugt es? Der schreiend bunte Spielplan flößte mir wenig Vertrauen ein. Die wirre Flowerpower-Spielstory rund um den seltsamen Mechanismus, ein Rennen zu fahren und unterwegs ständig Geld hin- und herzuschieben, wirkte aufgesetzt und zusammengestoppelt. AVANTI schien mal wieder eins dieser Spiele zu sein, bei dem die Niedlichkeit der Figuren den schwachen Rest überdecken soll.
Jedoch: Nicht immer sind Spiele, wie sie scheinen. Zwar empfinde ich sowohl die Rennen als auch das Spiel insgesamt als einen Tick zu lang, dennoch unterhält mich AVANTI gut. Es gibt spannende Momente, man wägt Möglichkeiten ab, man trifft Entscheidungen. Natürlich: Wenn man gerade ganz, ganz offensichtlich eine Fünf benötigt und leider keine hat, dann gibt’s nicht mehr viel zu entscheiden. Bei einem locker-leichten Spiel wie AVANTI sehe ich dies aber als verzeihlich an.

AVANTI von Heinz Meister für drei bis fünf Spieler, Zoch.

Donnerstag, 8. Dezember 2011

Rückblick 2011: Klickzahlen-Top 10

Jahresrückblicke interessieren nur sentimentale alte Knochen. Aber ich bin ein sentimentaler alter Knochen, und das hat mich bewogen, einen Blick in die Statistik zu werfen, welche Blog-Einträge mich auf meinem unaufhaltsamen Weg zur Million am meisten vorangebracht haben.
Und hier sind sie, die zehn Artikel mit den höchsten Klickzahlen 2011:

1. Die Burgen von Burgund
Hier vereinigen sich zwei positive Faktoren: 1. Das Spiel ist (jedenfalls wenn man mich fragt) das beste des Jahrgangs. Und weil grad sonst niemand zum Fragen da ist, gilt dies hiermit als einstimmig beschlossen. 2. Ich war mit meiner Rezension ausnahmsweise mal schnell. Und schnell zu sein, ist im Internet schlau.



2. Eine Million Interviews (1): Stefan Feld
Zunächst sah es so aus, als würde dieser Beitrag relativ unbemerkt versickern, und so hätte die weite Welt nie erfahren, ob es „Bubu“ oder „Burbur“ heißt und in welchem Look der modebewusste Spieler 2011 beim Spieleabend erscheint. Rund einen Monat nach Veröffentlichung des Interviews und mitten im Sommerloch setzte jedoch ein netter Mensch einen Link im Spielbox-Forum, ein paar andere hängten belustigte Kommentare dahinter – und der Leserzähler explodierte. Danke schön!


3. 7 Wonders
7 WONDERS ist ein Dauerbrenner. Nicht nur in meinen Spielerunden, wo es immer noch seinen gigantischen Vorteil ausspielt, dass es problemlos zu sechst oder zu siebt geht, nicht lange dauert und trotzdem kein Partyspiel ist. Auch in meinem Blog beweist 7 WONDERS Dauerbrenner-Qualitäten. Luding und Google spülen Woche für Woche eine konstante Leserbasis an. Schon längst hatte ich die LEADERS-Erweiterung rezensieren wollen, um auch als Blogger die Erweiterungs-Kuh mitzumelken, aber bislang habe ich das natürlich verpennt.


4. Pantheon
PANTHEON gehört gewiss zu den umstrittensten Spielen dieses Jahres. Mein Daumen ging nach oben. Doch die bemerkenswert vielen Klicks kommen vermutlich nicht dadurch zustande, dass die Leute meinen Daumen sehen wollen. Auch bei PANTHEON war es schlichtweg so, dass ich meine Rezension vergleichsweise schnell veröffentlichte. Und schnell ist im Internet bekanntlich schlau.



5. Lancaster
Die LANCASTER-Rezension habe ich erst im August 2011 geschrieben, also alles andere als schnell... und, okay, so langsam wissen wir’s: Alles anderes als schnell ist im Internet alles andere als schlau. Normalerweise. Doch zu LANCASTER gibt es kaum Online-Rezensionen, und so ist in diesem Fall langsam doch immerhin noch besser als gar nichts. Irgendjemand hat die Rezension auch auf Boardgamegeek verlinkt, und anders als sonst kamen über diese Quelle tatsächlich mal nennenswert Besucher. Die Verzweiflung scheint groß zu sein.


6. Editionen für Millionen: Die verbotene Insel
Genau derselbe Ablauf wie beim Interview mit Stefan Feld: Zunächst – nichts! Dann, mehr als einen Monat später, verlinkte jemand den Artikel im Spielbox-Forum und – wooom! Da ich selber nicht der Urheber der Editionen für Millionen bin, kann ich nahezu unparteiisch sagen: Der Beitrag hätte sogar noch viel mehr Klicks verdient gehabt! Und allen, die sich freuen, von 7 WONDERS die CATAN-Mini-Erweiterung zu besitzen, rufe ich zu: „Ätsch, ich hab von 7 WONDERS schon viel länger die AGRICOLA-Mini-Erweiterung!“


7. Die verbotene Insel
Das einzige Spiel innerhalb dieser Top 10, das nicht in den Bereich „Kennerspiel“ gehört. Warum wurde ausgerechnet dieses so oft angeklickt? Hm, schwer zu deuten. Möglicherweise habe ich mit meinem schaurigen Teaser unheimlich viel Spannung erzeugt. Leichter zu deuten ist hingegen, warum die Kennerspiele so sehr überwiegen: Luding ist nach wie vor eine ganz wichtige Besucherquelle. Und die Nutzer von Luding sind offenbar an genau dieser Art Spiel besonders interessiert...



8. Strasbourg
...womit auch die Platzierung von STRASBOURG bereits fertig erklärt wäre. Platz 10 beim Deutschen Spielepreis entspricht ungefähr Platz 8 in meinem Klick-Ranking. Passt. Aber bislang ist das Blabla zu STRASBOURG viel kürzer als bei den anderen Spielen, und damit kein Gefühl von Benachteiligung entsteht, schreibe ich noch diesen vollkommen überflüssigen Satz, und schon ist das Blabla nicht mehr ganz so kurz.



9. Im Wandel der Zeiten
Das hingegen passt nun gar nicht. Eine Uralt-Rezension aus dem Jahr 2009 wird immer noch so oft angeschaut? Es wundert mich selbst jede Woche wieder. Ungewöhnlicherweise kommen die meisten Besucher hier über Google. Beim Suchbegriff „Im Wandel der Zeiten“ ist REZENSIONEN FÜR MILLIONEN sehr hoch gerankt. Und die zweitmeisten Zugriffe kamen aus einem Pokerforum. Dort wurde über Strategiespiele diskutiert und irgendjemand empfahl IM WANDEL DER ZEITEN (guter Tipp) und meine Rezension dazu (noch besserer Tipp).


10. Troyes
Platz 3 beim Deutschen Spielepreis – aber nur die zehntmeisten Klicks bei REZENSIONEN FÜR MILLIONEN? Passt gar nicht. Aber wie wir wissen, ist schnell im Internet schlau, und der hiesige Blog-Betreiber ist nun mal gar nicht schlau und meint, er könne den Messerenner vom Oktober 2010 durchaus erst im Juli 2011 besprechen. Nennen wir es „menschliches Versagen“. Mit ein bisschen mehr Raffinesse wäre die Million sicher längst voll. Unter den gegebenen Umständen dürfte sich die Sache allerdings weiter hinziehen.

Samstag, 3. Dezember 2011

Funkenschlag - Die ersten Funken

Es gibt immer welche, die aus der Art schlagen. Das seltsame rosafarbene Nutztier auf der Acker-Karte 39 zum Beispiel. Oder der seltsame Unnutz-Kritiker, der nicht verstehen kann oder will, was andere an der FUNKENSCHLAG–Steinzeit so fortschrittlich finden.

Wie geht FUNKENSCHLAG – DIE ERSTEN FUNKEN? Jeder startet mit einem Clanmitglied. 13 sollen es mindestens werden. Der mit den meisten Figuren gewinnt; bei Gleichstand zählen Nahrungsmittel. So ähnlich war es auch bei FUNKENSCHLAG, und das ist kein Wunder, denn DIE ERSTEN FUNKEN versteht sich als Light-Version.
Zwei wesentliche Dinge aus FUNKENSCHLAG sind geblieben:
1. Es gibt einen acht Karten umfassenden Technologie-Markt. Die vier schwächsten Karten sind das aktuelle Angebot, vier stärkere sind das potenzielle zukünftige Angebot. Nach Kauf einer Technologie wird eine neue vom Kartenstapel entsprechend ihrer Ordnungsziffer im Markt einsortiert. Dieses schöne und bewährte System bewirkt, dass Technologien nicht immer in derselben Reihenfolge erhältlich sind, die Reihenfolge aber trotzdem nicht rein zufällig ist: Tendenziell werden die erhältlichen Karten wertvoller.
2. Der Führende (der mit den aktuell meisten Stammesmitgliedern) wird systematisch benachteiligt. Zum Beispiel muss er in jeder Runde als Erster eine Technologie zum Kauf vorschlagen und bei Nichtinteresse der anderen Spieler auch kaufen. Im Regelfall ist seine Auswahl nicht die attraktivste, und falls doch, nützt das nicht viel, denn alle hinter ihm Platzierten besitzen ein Vorkaufsrecht. Im Gegensatz zu FUNKENSCHLAG werden die Karten nicht mehr versteigert, sondern haben einen Festpreis.
Gravierend anders als bei FUNKENSCHLAG ist dies: Was ehemals Geld und Rohstoffe waren, ist nun in einer einzigen Ressource (Nahrung) zusammengefasst: Mit Nahrung kauft man Technologien und ernährt und vermehrt seine Leute. Manche Technologien verleihen dem Stamm besondere Vorrechte. Größtenteils aber dienen sie der Nahrungsbeschaffung. Frühe Fehler in einer Partie bewirken Versorgungs-Engpässe. Falls der Betroffene keine Technologie mehr kaufen kann, fällt es aussichtslos zurück.

Wie fühlt es sich an? Ein Partie DIE ERSTEN FUNKEN dauert nach meiner Erfahrung sechs Runden. Ich kaufe also bis zu sechs Mal eine Technologie und breite mich sechs Mal auf dem Spielplan aus. Nebenher fällt viel Verwaltung an: Nahrung nehmen, Nahrung zahlen, Nahrung anteilig abgeben, weil sie verschimmelt. Insbesondere das Ermitteln der Nahrungszufuhr empfinde ich als umständlich.
Durch die Verkürzung der Spieldauer und das Wegrasieren der Versteigerungen ist ausgerechnet das Spielerische auf der Strecke geblieben. Die Light-Version wirkt mechanischer als das sehr organische Original. Zwischen Geld und Rohstoffen zu trennen war intuitiver. Ich hatte bei FUNKENSCHLAG auch das Gefühl, ein Führender konnte sich besser auf das Spielende vorbereiten und war nicht so wehrlos wie bei DIE ERSTEN FUNKEN, wo der finale Technologiekauf eines Dritten bewirken kann, dass der Primus einen Fisch oder ein Mammut weniger bekommt als gedacht und dadurch noch vom Vize überholt wird.

Was taugt es? Das Interessanteste an DIE NEUEN FUNKEN sind die Technologien, die nicht der Nahrungsbeschaffung dienen, sondern dem Stamm eine besondere Eigenschaft verleihen. Hiermit lässt sich fein experimentieren, und der überraschende Wert mancher Karte zeigt sich nicht sofort. Ansonsten sehe ich gegenüber FUNKENSCHLAG nur Nachteile.

FUNKENSCHLAG – DIE ERSTEN FUNKEN von Friedemann Friese für zwei bis sechs Spieler, 2F-Spiele.