Freitag, 8. März 2019

Bastille

Wer sind wir hier eigentlich: Bauern, Soldaten, Adlige? Also verschiedene Fraktionen während der Französischen Revolution? Offenbar nein, denn jeder Spieler sammelt Bauern, Soldaten, Adlige gleichermaßen.
Sind wir also spontane Zusammenrottungen Aufständischer, egal welchen Standes? Nö, auch das trifft es nicht, denn die Revolution an sich interessiert uns gar nicht. Wir folgen eigenen Machtinteressen, ziehen Beteiligte auf unsere Seite und statten sie mit Waffen aus.
Ich glaube deshalb, in diesem Spiel „rund um die Französische Revolution“ sind wir so was wie der CIA. Dass dies weder auf der Schachtel noch in der Anleitung offen ausgesprochen wird, ist förmlich der Beweis.

Wie geht BASTILLE? Hätten wir Arbeiter, wäre es ein Arbeiter-Einsetzspiel. Wir haben aber Schilde, um sie einzusetzen. Zunächst nur mit Werten von eins bis zwei. Höhere Werte sind besser, denn sie genießen an den verschiedenen Orten Vorrechte. Einer der Orte ist dazu da, um den eingesetzten Schild eine Stufe aufzuwerten. Dieses Prinzip, Einsetzsteine zu verbessern, ähnelt LANCASTER.
An den anderen Orten gewinnt man Geld oder darf Revolutionäre kaufen oder Aufträge ziehen oder Waffen nehmen oder erhält Punkte oder dies oder das. Letztendlich ist alles erstrebenswert. Erfüllte Aufträge zählen Punkte. Und um Aufträge zu erfüllen, brauche ich vorgegebene Kombinationen von Revolutionären. Deren Kartensymbole verhelfen mir wiederum zu Belohnungen in diversen Zwischenwertungen und punkten obendrein am Schluss. Jeden meiner Schergen sollte ich allerdings bewaffnen, sonst zählt das Minuspunkte.
Reihum setzt man seine Schilde ein, wickelt Ort für Ort ab, wertet und beginnt von vorn. Acht Durchgänge lang.


Was passiert? BASTILLE ist auffallend leicht zu erfassen. Das liegt an der Strukturiertheit des Spiels und der klaren Symbolik. Einmal erlernt, gibt es keine Fragen mehr. So lässt sich BASTILLE auch wunderbar flott spielen, zumal keine Entscheidung so komplex ist, dass sie aufwändige Analysen erfordert.
Der Reiz ähnelt dem anderer Einsetzspiele. Ich habe eine verzahnte Aufgabe zu meistern und benötige dafür diverse Komponenten. Manche früher, manche später. Manche zwingend, manche als schönen Luxus. Also: Wo setze ich meine Schilde ein? Und wann?
Auch wenn meine Aufträge sich von denen meiner Mitspieler unterscheiden, streben wir alle nach etwa demselben: Revolutionäre rekrutieren, Geld einnehmen, Schilde aufwerten, weitere Aufträge ziehen.
Um da besser abzuschneiden als die Konkurrenz, kommt es darauf an, die Spielsituation richtig zu deuten. Bloß nicht knapp überboten werden, sondern selber knapp überbieten, ist die Kunst. Die Plätze an den Orten sind begrenzt. Wer irgendwo das letzte Feld belegt, hat mehr Planungssicherheit als jemand, der noch fürchten muss, dass ein Stärkerer kommt. Auch mit niedrigen Schilden kann man gute Erträge bekommen, wenn es gelingt, sie antizyklisch einzusetzen.

Was taugt es? BASTILLE ist auch deswegen leicht zu erfassen, weil der erfahrene Spieler die Komponenten schon kennt. Bewährte Mechanismen werden hier ein bisschen anders komponiert.
Atmosphärisch ist das aber nicht. Der Spielplan, so strukturiert er auch ist, versprüht keinerlei Charme. Das Thema trägt in BASTILLE nur mäßig. Und betrachtet man die Mechanismen, ähnelt es einem Rummelplatz. Der Motor ist der Schild-Einsatz und rundherum locken viele Attraktionen, ohne dass BASTILLE einen neuartigen Schwerpunkt herausarbeitet.
An einem Einsetz-Ort dürfen die Spieler Klötzchen in einen Beutel werfen. Zweimal im Spiel findet daraus eine Lotterie statt. Und aufgrund der attraktiven Belohnungen hofft man, dass der eigene Klotz gezogen wird. Je mehr eigene Steinchen im Sack sind, desto höher die Chance. Ich kritisiere nicht das Glückselement. Im Gegenteil: Solche Mechanismen emotionalisieren, und das ist oft gut so. Nur: Warum dieser Beutel? Er erscheint mir weder thematisch motiviert noch leitet er sich irgendwie anders her.
Er ist offenbar just for fun. Gegen Fun will ich gar nichts einwenden. Der Beutel ist für mich ein Beispiel, um zu begründen, warum BASTILLE, obwohl es taktisch herausfordert, gut unterhält und ein angenehmes Spielgefühl erzeugt, am Ende dann doch nichts Besonderes, Außergewöhnliches, Bemerkenswertes ist, sondern nur eine solide, gut funktionierende Verknüpfung diverser Einzelmechanismen.


**** solide

BASTILLE von Christoph Behre für drei bis vier Spieler, Queen Games.

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