Sonntag, 29. September 2019

Bring mich nicht mit (29): Railroad Ink

Sommerferien sind klassischerweise die Zeit für kleine Mitbringspiele. Aber mittlerweile sind ja gar keine Sommerferien mehr. Völlig folgerichtig wendet sich REZENSIONEN FÜR MILLIONEN jetzt kleinen Spielen zu, die man besser nicht mitbringt.

Es ist ziemlich leicht, sich Spiele wie GO5 oder SUMO SLAM! nicht mitbringen zu lassen, weil sie sowieso niemand mitbringen würde. Doch REZENSIONEN FÜR MILLIONEN macht es sich selbst in den Sommerferien nicht leicht. Ach, und außerdem sind ja gar keine Sommerferien mehr. Egal aus welchem Anlass, heute lasse ich mir ein Spiel nicht mitbringen, das mancher vielleicht mitbringen würde.

Roll & Write ist in aller Munde und in Form von Schmierflecken an aller Hände. Eine weitere Spielart ist nun Railroad & Write. Oder eher Railroad & Draw. Wie bei einem Legespiel soll ein sieben mal sieben Felder großes Raster so bebaut werden, dass sich möglichst lange Strecken, ein möglichst großes Netzwerk, ein möglichst dicht bebautes Zentrum und möglichst wenige lose Enden ergeben. Pro Runde werden vier Würfel geworfen und sie zeigen, welche Legeteile von allen Spielern jetzt verbaut werden müssen.

Die Legeteile gibt es aber nicht wirklich. Sondern jeder Spieler malt mit einem Filzstift Felder in seinem Raster so aus, als hätte er die gewählten Teile dort hingelegt. Und an dieser Stelle zeigt sich der riesengroße Vorteil, wenn Illustratoren die Spiele gestalten und nicht die Spieler selbst.

RAILROAD INK hat natürlich auch eine Illustratorin. Und Marta Tranquilli hat ihre Sache wirklich gut gemacht. Die Schachtel ist schick, die Spielkomponenten sind schick, alle Übersichten sind sinnvoll und hilfreich. Aber jetzt kommen eben die Spieler ins Spiel und je länger sie am Werk sind, desto grauenvoller das Geschmiere. Entweder sind die Stifte zu dick oder die Spielplanfelder zu klein, möglicherweise auch beides, und am elegantesten wären sowieso Legeteile gewesen.

Mir ist durchaus klar, dass Legeteile das Spiel größer und teurer machen. Und dass sie begrenzt sein müssen, während die Würfel eine viele größere Streuung und damit Variation zulassen. Hätte man mich gefragt, hätte ich das Spiel also auch nicht mit Legeteilen veröffentlicht. Ich hätte es gar nicht veröffentlicht.

Denn ich erkenne schlichtweg nicht den Reiz, den es mutmaßlich ausüben soll. Das Konzept, Orte zu verbinden, ist mir geläufig, und ich mag es. TAKE IT EASY oder KARUBA spiele ich gerne. In RAILRAOD INK verbinden wir auch. Zu diesem Zweck gibt es zwei Sorten Linien, von denen sich eine „Straße“ und die andere „Gleis“ nennt. Es könnten aber auch einfach verschiedene Farben oder Muster sein, denn weder „Straße“ noch „Gleis“ haben die Eigenschaft von Wegen, so wie beispielsweise die Wege in KARUBA, die man zur Fortbewegung nutzt.

„Straße“ und „Gleis“ dürfen sich nur an bestimmten Knotenpunkten („Bahnhof“) treffen, was das Bauen komplex macht. Und zum reinen Verbinden kommen noch einige weitere Spielziele hinzu, was auch die Entscheidungen komplexer macht. Doch Komplexität an sich ist kein Reiz. Komplexität ist Komplexität. Ich weiß, da wiederhole ich mich. Aber Greta Thunberg sagt auch immer dasselbe. Und offenbar ist das nötig.

Gute Spiele haben einen Leitgedanken. Das kann eine Spielgeschichte sein, ein besonderer Mechanismus oder auch nur ein abstraktes Ziel wie „sammle Sets“ oder „kreuze alle Felder an“, oder „bringe Dinge in die richtige Reihenfolge“. RAILROAD INK verspricht als Leitgedanken irgendwas mit Eisenbahnen. Doch die Eisenbahn ist nur der schöne äußere Anstrich. Innen ist Mechanismus A plus B plus C plus D, was aber zusammen keine Summe ergibt, sondern ein Nebeneinander von vielen Elementen bleibt.

** misslungen

RAILROAD INK von Hjalmar Hach und Lorenzo Silva, für einen bis sechs Spieler, Horrible Games.


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