Montag, 7. September 2020

Vor 20 Jahren (93): Klondike

Wenn ich mir heute ansehe, was ich im Jahr 2000 in Tageszeitungen rezensiert habe, fürchte ich, es war teilweise am Publikum vorbei. Eine Spieleseite im Mai enthielt zum Beispiel den beeindruckend ausgewogenen Mix aus VINO, PUTSCH, STEPHENSON’S ROCKET und UNION PACIFIC. (Und sonst nichts.)

Ich muss den Skandalfund aber etwas relativieren: Die Zusammenstellung stammt nicht von mir. Sondern vom zuständigen Redakteur, der aus Teilen des vorliegenden Materials einfach was gebastelt hat. Es hätte auch andere Spiele gegeben. Aber es gab eben auch reichlich Kenner- und Expertenkrams.

Immerhin dämmerte mir schon damals, dass ich mich ein wenig mehr in Richtung Familienspiel und anspruchsvolles Kinderspiel orientieren sollte. Folglich suchte ich nach Spielgelegenheiten außerhalb meiner üblichen Runden. Zum Glück hatte ich Freunde mit brettspielerisch unterversorgten Kindern. Und sowohl die Freunde als auch die Kinder freuten sich, wenn ich mit neuem Futter anrückte. Die Kinder, weil sie dachten, ich komme zu ihrer Unterhaltung. Die Eltern, weil sie dachten, ich komme zu ihrer Entlastung. Tatsächlich kam ich natürlich nur, um Erfahrungen abzusaugen. Aber wenn alle den Deal als Gewinn ansahen, war es ja gut.

Von Haba nahm ich in Essen ein Kinderspiel mit, das eigentlich gar nicht für meine normalen Runden gedacht war, dort aber unerwartet für Furore sorgte: KLONDIKE.


KLONDIKES Hauptattraktion ist ein Blechteller mit Rand: die Goldwaschpfanne. Wer am Zug ist, zieht drei Kugeln aus dem Beutel und legt sie in die Pfanne. Die meisten Kugeln symbolisieren Gold, die anderen Steine. Die Aufgabe besteht darin, die Pfanne so zu schwenken, dass die Steine herausfallen. Alles Gold, das in der Pfanne bleibt, darf man behalten.

Und das ist gar nicht so leicht. Anfänger*innen kippen in der Regel alles aus. Ihnen beim Scheitern zuzusehen, ist wirklich unterhaltsam. Mit etwas Übung kriegt man es endlich hin. Sehr bedauerlich jetzt: Die anderen wetten zuvor geheim auf den Ausgang. Und ich muss alle ausbezahlen, die richtig liegen. Womöglich mache ich statt Gewinn Verlust, obwohl ich total gut gesiebt habe.

Dieser Dreh macht aus dem Geschicklichkeitsspiel KLONDIKE auch ein Psychospiel. Vielleicht schütte ich das Gold absichtlich aus, weil doch bestimmt alle geglaubt haben, dass zwei Kugeln drinbleiben. Oder ich siebe erst mal los und lasse Kugeln nur beinahe über den Rand hüpfen, um zu schauen, ob sich die Konkurrenz mit emotionalen Zwischenrufen verrät. Und natürlich: Prompt geht es schief. Statt das Gold nur beinahe über den Rand kugeln zu lassen, flutscht es drüber. Und noch schlimmer: Alle jubeln, weil sie genau darauf gewettet hatten ... Wenn ich es recht bedenke, ist KLONDIKE sogar ein Partyspiel. So ziemlich das erste, das ich mochte.


1 Kommentare:

Unknown hat gesagt…

Danke für diesen Spielrückblick, habe mir das Spiel sofort gekauft und zur Zeit wird es richtig oft gezockt bei uns. Dieses Geschicklichkeits- gepaart mit dem Bluffelement, zusammen mit einer kurzen Spielzeit machen dieses Spiel gerade bei uns zum Dauerbrenner.
Danke für diese Rubrik.
Thomas H.

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