Freitag, 18. Juni 2021

Kräutergarten

Gegen fehlende Einleitungen ist einfach kein Kraut gewachsen.

Wie geht KRÄUTERGARTEN? Wir sammeln Karten, die Kräuter zeigen: sehr schön von Beth Sobel illustriert. Bin ich am Zug, decke ich zwei Karten vom Stapel auf. Zunächst die erste, und ich muss entscheiden, ob ich sie in die Tischmitte lege, wo alle Beteiligten Zugriff haben. Oder ob ich sie vor mir auslege, wo nur ich Zugriff habe. Dann kommt die zweite Karte, und die muss an genau den anderen Ort.
Bevor ich aufdecke, darf ich „eintopfen“: Ich nehme Karten aus der Mitte und aus meinem Privatbeet und erfülle damit einen meiner Pflanzaufträge. Viermal im Spiel darf ich das tun. Einmal müssen es lauter gleiche Kräuter sein, einmal lauter verschiedene, einmal Paare und einmal seltene Spezialkräuter. Je mehr Karten ich dabei ergattere, desto mehr Punkte zählt das.


Was passiert? Ich will nicht zu früh die Karten nehmen; fünf verschiedene Kräuter wären schließlich besser als nur vier verschiedene. Ich darf aber auch nicht zu lange zögern, sonst werden mir die Karten aus der Mitte weggeschnappt.
Dieses Dilemma ist bekannt und bewährt. Beispielsweise COLORETTO oder ZOOLORETTO nutzen einen ähnlichen Mechanismus. Neu ist die Unterscheidung zwischen allgemeiner und privater Auslage und neu ist auch der Kampf ums „Kräuterbrötchen“. Das Brötchen bringt einen Bonus von nicht selten entscheidenden fünf Punkten. Ich gewinne ihn, wenn ich als Erster die drei Spezialkräuter Thymian, Schnittlauch und Minze eintopfe.


Was taugt es? So eingängig das Spiel ist und so schön es aussieht, es hat zwei Probleme. Erstens: Es gibt wenig Anlass zu zocken. Wer in COLORETTO nimmt, ist für den Rest der Runde raus. Früh zu nehmen, kann bedeuten, etwas zu verpassen. Nehme ich in KRÄUTERGARTEN, bin ich nicht raus.
Ich habe wohl einen von vier Aufträgen erledigt, vielleicht brauche ich nun keine Pärchen mehr, doch schon ab meinem nächsten Zug könnte ich wieder in der Mitte zugreifen. Ich bin weiterhin kaum eingeschränkt und dadurch für die Mitspielenden kaum kalkulierbar. Irgendwer wird das in der Mitte schon für irgendwas gebrauchen können, weshalb sich dort auch nicht so viel ansammelt.
In KRÄUTERGARTEN macht man nicht den großen Coup, indem man die Nerven bewahrt und ausharrt. Die Sammlungen pendeln sich bei gewissen Mittelwerten ein. Das Sammelgeschehen wird schematisch.
Genau deshalb rückt – zweitens – das Brötchen in den Fokus. Die Brötchenzutaten Thymian, Schnittlauch und Minze sind die Karten, deren Wert sich am klarsten einschätzen lässt. Im Regelfall bunkere ich sie also, wodurch nun auch das Wettrennen ums Brötchen schematisch wird. Das Bonusbrötchen zu gewinnen, beruht auch nicht auf einem Verdienst. Man hat eben früher als die anderen die nötigen Karten gezogen oder hatte das Glück, sie in der Mitte vorzufinden.
Trotz allem ist das Spielgefühl in KRÄUTERGARTEN angenehm, was das Spiel seinen schnellen Abläufen und der schönen Gestaltung verdankt. Innerhalb seiner 20 Minuten unterhält KRÄUTERGARTEN gut. Doch gibt es eben Spiele, die mit ähnlich schlanken Regeln und vergleichbaren Abläufen nebenher mehr Tiefe erreichen.


*** mäßig

KRÄUTERGARTEN von Steve Finn und Eduardo Baraf für 1 bis 4 Spieler:innen, Quality Beast.

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