Montag, 21. März 2022

Fort

Tja, so läuft das auf REZENSIONEN FÜR MILLIONEN. Ist der Mechanismus gut, wird am Thema herumgemäkelt. Gibt es beim Thema nichts zu meckern, findet sich das Haar in der Suppe beim Mechanismus. FORT hat übrigens ein ganz tolles Thema, womit der Rest eigentlich schon verraten wäre.

Wie geht FORT? Wir sind Kinderbanden und bauen Forts. Die Fertigstellung des Forts ist eine der Möglichkeiten, das Spiel zu beenden, und bringt für die Schlusswertung einen schönen Batzen Punkte. Zusätzliche Punkte sammeln wir durch Aktionen während der Partie, und am Ende besitzen wir höchstwahrscheinlich noch eine „Erfundene Regel“, also eine geheime individuelle Schlusswertung.
Die Abschnitte des Forts bauen wir mit stets größer werdenden Kombinationen aus Spielzeug und Pizza. Weshalb man dieses „Zeugs“ (im Spiel tatsächlich so schön benannt) also stets ansammelt und wieder ausgibt.

FORT ist darüber hinaus ein Deckbuilding-Spiel. Mit fünf oder weniger Handkarten beginne ich meinen Zug. Sie zeigen meine Freund:innen, und mit einigen von ihnen darf ich nun „spielen“: Ich lege eine meiner Karten und führe ihre bis zu zwei Aktionen aus. Beispielsweise bekomme ich nun Pizza oder tausche Pizza gegen Spielzeug. Einige Aktionen können verstärkt werden, indem ich als Multiplikator weitere Karten mit demselben Symbol spiele.
Bevor mein Zug endet, dürfen andere Banden eine meiner Aktionen kopieren, indem sie eine Karte mit demselben Symbol spielen. Und nun muss ich alle diesmal nicht zum Einsatz gekommenen Freund:innen in meinen „Garten“ legen. Das ist eine Zone vor meinem Spielbereich. Am Ende meines Zuges ziehe ich nicht nur auf fünf Karten hoch, sondern werbe vorher noch ein neues Bandenmitglied an. Entweder aus der Bank oder aus den Gärten anderer Banden.


Was passiert? Das Thema erklärt diesen Mechanismus sehr gut. Freund:innen, mit denen ich nicht spiele, sind natürlich enttäuscht und schauen, ob sie in anderen Banden unterkommen können. Manchmal gelingt das, zum Beispiel weil jemand oft Skateboard-Aktionen multipliziert und deswegen weitere Skateboard-Symbole gebrauchen kann. Manchmal gelingt es nicht, weil ich natürlich mit meinen wertvollsten Freund:innen spiele und die tendenziell verzichtbaren im Garten versauern lasse.
Weil das Fort nicht nur Punkte zählt, sondern dessen Stufen auch Vergünstigungen freischalten, hat FORT Wettlauf-Charakter. Schnelle Baufortschritte sind oft eine gute Idee, auch um das Lager zu räumen und später wieder befüllen zu können. Dessen Plätze sind nämlich begrenzt. Ein leeres Lager macht Züge, in denen ich Zeugs raffe, effektiver, weil ich mehr Zeugs auf einmal raffen kann.


Was taugt es? Was in FORT passiert, ist herkömmlich: Zeugs sammeln, Sachen bauen. Verfeinert wird es durch Nebenschauplätze wie das Baumhaus (in dem man Multiplikator-Karten ansparen kann) oder den Rucksack (ein zweites Lager für Zeugs, das etwas anderen Regeln folgt). Und viel Charme gewinnt FORT durch die Grafik und die Spielgeschichte. Karten heißen hier „Hüpfburg“ oder „Raufen“ oder „Klebrige Finger“ und sind eine ganze Ecke witziger als das, was uns in Mittelalter- oder Architektur-Spielen begegnet.
Der Charme von FORT wird spielerisch allerdings zu teuer bezahlt. FORT ist mühsam mit seinen Kleinregeln und vielen Symbolen, die man erst mal erarbeiten und verstehen muss. Spielfluss kommt nur langsam auf, mit Neulingen am Tisch sehr langsam. Und letztlich macht man doch nicht viel anderes als in herkömmlichen Bauspielen, es wird nur anders verkauft und komplizierter dargeboten. Daran hat auch die knapp gehaltene Anleitung ihren Anteil, die ein paar mehr Beispiele gut hätte gebrauchen können.
Die in der Theorie faszinierende Idee fluktuierender Decks (Freund:innen wandern ab und kehren zurück) verursacht mehr Aufwand, als spielerischer Ertrag daraus gewonnen wird. Der neuartige Mechanismus bleibt weitgehend wirkungslos. Letztendlich ist mir nicht mal klar geworden, wo generell der spielerische Reiz von FORT stecken soll. Mit jeder Partie verschwindet ein Stück der anfanglichen Themenbegeisterung, zum Vorschein kommt ein spannungsarmes Spiel, das nichts hat, worauf man weiter neugierig wäre.


** misslungen

FORT von Grant Rodiek für zwei bis vier Spieler*innen, Leder Games.

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