Schöne Themen sind … schön. Manchmal aber auch ein schönes Eigentor. FAIRY TILE erweckt mit der Werbung auf seiner Schachtelrückseite den Eindruck, ein Erzählspiel zu sein. Mehrere meiner Mitspieler wollten es daraufhin kaum noch ausprobieren.
Okay, wer sich so einschränkt, ist natürlich auch selber schuld. Aber Eigentor bleibt dennoch Eigentor. Weil FAIRY TALE unbedingt so tun will, als sei es ein Märchenbuch und kein Spiel, nutzt die Anleitung verwirrende Begrifflichkeiten. Die möglichen Aktionen heißen „Geschichte erschaffen“, „Abenteuer erleben“, „Abenteuer erzählen“ oder „Seite aufschlagen“. Tatsächlich legt man Landschaftsplättchen an, bewegt Figuren, erfüllt Aufträge oder wirft Aufträge ab.
Wie geht FAIRY TILE? Prinzessin, Ritter und Drache bewegen sich in einer wachsenden Plättchenlandschaft. Jede Figur folgt anderen Bewegungsregeln und darf von jedem Spieler gezogen werden. Das Ziel ist, alle eigenen Auftragskarten zu erfüllen, zum Beispiel den Ritter auf eine mindestens drei Felder große Ebene zu ziehen oder ein Treffen von Prinzessin und Drache im Wald zu arrangieren. Immer einen Auftrag hat man in Arbeit. Ist der geschafft, zieht man den nächsten vom eigenen Stapel.
Wer am Zug ist, bewegt entweder eine Figur oder legt ein neues Landschaftsteil an. Und wenn es geht, erfüllt er seinen Auftrag. Alternative: Man darf seinen Auftrag auch unter den Stapel zurücklegen, setzt dann aus, schaltet sich aber für später die Möglichkeit eines Doppelzugs frei.
Was passiert? Jeder knobelt, wie er seinen aktuellen Auftrag abarbeiten kann. Manchmal klappt das in einem einzigen Zug, manchmal gelingt nur ein vorbereitender Zug. Je mehr das Spielfeld wächst, desto kniffliger wird die Manövrierung des Drachen. Ansonsten sehen erfahrene Spieler die notwendigen Züge recht schnell.
Und da kommen wir zum frustrierenden Teil des Spiels: Manche Aufträge lassen sich leicht erfüllen, manche nicht so leicht. Einige sind grundsätzlich komplexer, andere situativ: Wenn mein Vordermann den Ritter am oberen Rand des Spielplans braucht und ich ihn am unteren Rand, können wir rundenlang hin- und herziehen. Erlösung bringt nur, dass einer irgendwann nachgibt. Erlösung brächte auch ein Doppelzug. Will ich mir aber einen generieren, bedeutet dies, dass ich meinen Auftrag unter den Stapel stopfe. Und wer weiß schon, was der nachgezogene Auftrag bringt?
Gewiss: Einen Doppelzug wird man schon irgendwann gebrauchen können; es ist nicht grundsätzlich falsch, sich diese Möglichkeit zu eröffnen. Doch gleichzeitig ist es unbefriedigend, es völlig auf blassen Dunst zu tun und den Auftrag, den man jetzt vielleicht erledigen könnte, aus der Hand zu geben.
Was taugt es? Die märchenhafte Grafik und die modellierten Figuren in FAIRY TILE sind wunderschön. Allein mit diesem Material zu spielen, ist schon toll. Dass jede Figur anders zieht, ist ein interessanter Ansatz für nette Knobeleien.
Doch die negativen Gefühle überwiegen. Es ist frustrierend, wenn zwei Spieler sich gegenseitig blockieren. Es ist frustrierend, wenn man lauter problematische Aufträge zieht. Es ist frustrierend, wenn Schlösser erst spät ins Spiel kommen und die Prinzessin dadurch extrem immobil bleibt.
Dass die Plättchen nicht beidseitig verwendet werden dürfen, kann man sich nur indirekt aus einem „Tipp“ in der Spielregel erschließen. Und auch die Grafik ist nicht frei von Macken: Einige Bergfelder zeigen zwei Flussabschnitte, und es bleibt Interpretationssache, ob es sich dabei um denselben Fluss handelt (der durch eine Höhle fließt) oder zwei Quellen verschiedener Flüsse – was für einige Aufträge einen entscheidenden Unterschied macht.
*** mäßig
FAIRY TILE von Matthew Dunstan und Brett J. Gilbert für zwei bis vier Spieler, iello.
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