Man denkt, es sei ein Trend des heutigen Hochkapitalismus. Doch denselben Vorgang gab es auch schon vor 20 Jahren: Firmen kaufen andere Firmen und verkünden voller Stolz, den übernommenen Firmennamen selbstverständlich als prägnante Marke mit unverkennbarer Identität weiterlaufen zu lassen. Tja, und manchmal überlebt der Name tatsächlich, manchmal versickert er irgendwo ganz rätselhaft.
Wir befinden uns in einer Zeit, in der FX eine Marke von Ravensburger war. FX stand damals für schön ausgestattete Erwachsenenspiele mit auffallender Optik und hatte einen sehr guten Start … sollte man meinen. TORRES (Marke FX) wurde im Jahr 2000 Spiel des Jahres. Trotzdem war nur wenige Jahre später Schluss.
Das FX-Spiel, dem ich am meisten hinterhertrauere, ist GAMBLER, ein Würfel-Zockerspiel voller Leid und Schadenfreude, bei dem man auf unbeabsichtigte Vorlagen der Mitspieler hofft – und dann selber eine serviert, nur weil man mit vier Würfeln tatsächlich keine Zwei erreicht.
Oder man spart ganz clever seine Würfel auf, um am Schluss so richtig abzusahnen. Doch schneller als gedacht sahnen die Mitspieler ab, und plötzlich geht es nur noch darum, tunlichst keine Sechs zu würfeln. Und mit den aufgesparten fünf Würfeln ist man leider der Favorit dafür.
Okay, mir kann es wurscht sein, dass es GAMBLER nicht mehr gibt. Ich besitze ein Exemplar, und spiele es, ehrlich gesagt, inzwischen auch nur noch alle Jubeljahre. Aber es ist mir nicht wurscht. Mehr Menschen sollten ein GAMBLER besitzen. Da schafft auch ENGEL & BENGEL keine Abhilfe, obwohl es dasselbe Spiel ist, nur materialmäßig abgespeckt.
Aber genau diese Abspeckung ist das Problem. Obwohl die Chips in GAMBLER auch nur aus billigem Plastik sind und die Tableaus vermutlich aus derselben Pappe, sieht GAMBLER wertiger aus und hinterlässt so beim Spielen einen wertigeren Eindruck. Obwohl es dasselbe Spiel ist, verleiht die Casino-Optik GAMBLER etwas Klassisch-Gediegenes, während die Engelchen und Teufelchen in ENGEL & BENGEL nur gewollt lustig daherkommen und den Spieler befürchten lassen, das Spiel als solches sei ähnlich uncool.
Mir ist schon klar, dass sich Spiele für die Allgemeinheit zu 10 Euro besser verkaufen lassen als zu 25 Euro und zu 25 Euro besser als zu 50 Euro. Um psychologische Preisschwellen nicht zu überschreiten, nutzen die Verlage nicht sämtliche Gestaltungsmöglichkeiten aus. Oft entstehen dadurch aber austauschbare und charakterlose Einheitsprodukte. Und einmal mehr verkauft sich das Kulturgut Spiel unter Wert …
Was aber bitte nicht als Plädoyer für generell mehr Protz zu verstehen ist. Spiele, die ihre Schmalbrüstigkeit mit gigantischer Ausstattung übertünchen wollen, finde ich noch viel ärgerlicher.
- Vor 20 Jahren (58): Die Macher
- Vor 20 Jahren (60): Fireside Football
Ich hatte das Spiel schon verkauft doch meine Frau legte ein Veto ein. Zum Glück.
AntwortenLöschenWenn GAMBLER schon so gut ankommt dann sollte man 'mal einen Blick auf SHARP SHOOTERS, das Original, werfen ...
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