Roland Kaiser gelangte mit „Santa Maria“ in die Charts, Christoph Kolumbus nach Amerika. Auf eine dieser beiden Begebenheiten nimmt SANTA MARIA Bezug. Rein spielerisch würde man kaum erraten, auf welche.
Wie geht SANTA MARIA? Wir optimieren mal wieder. Jeder Spieler besitzt ein sechs mal sechs Felder großes Gebiet mit zunächst viel Leerfläche und wenig Land. In die Zeilen und Spalten dieses Rasters lässt man entsprechend ihrer Augenzahlen Würfel hineinlaufen, Fünfen also beispielsweise in Zeile oder Spalte 5. Alle Felder, die der Würfel dabei überquert oder erreicht, werden aktiviert. Auf dem letzten aktivierten Feld bleibt der Würfel liegen und versperrt dieses für den Rest des Durchgangs.
Je mehr Plättchen ich erwerbe, um mein Raster mit Landfeldern zu füllen, desto mehr Aktivierungen bringen mir die Würfel. Weil wir uns aber aus einem gemeinsamen Würfelpool bedienen, könnten die für mich besten Würfel vergriffen sein, wenn ich zu viele andere Aktionen vorschalte. Zwar darf ich unpassende Augenzahlen auf passende drehen, aber das kostet Geld, und Geld ist wie alle Ressourcen knapp. Zudem darf man mit Geld gezielt einzelne Felder des eigenen Rasters aktivieren, weshalb man für diesen Zweck seine Münzen gerne beisammen hält.
Aktivierungen bringen vor allem Rohstoffe. Oder sie bringen Schritte auf zwei Skalen. Oder sie erlauben den Schiffskauf. Schiffe kosten Rohstoffe. Je mehr Schiffe ich besitze, desto mehr Ressourcen und Spielfortschritte bekomme ich, wenn ich passe und damit aus einem der drei Durchgänge aussteige.
Was passiert? Pro Durchgang stehen mir mindestens vier, im späteren Spielverlauf üblicherweise sechs Würfel zur Verfügung. Aus diesen Würfeln will ich das Maximum herauspressen. Die Würfelzahlen stehen schon zu Beginn des Durchganges fest. Die Planung kann beginnen.
Ist nur eine Eins im Pool und keine Zwei und könnte ich diese Eins gut gebrauchen, sollte ich mir überlegen, sie sofort zu nehmen. Sonst bleibt mir nur eine suboptimale Drei, die ich mit zwei Geld zur Eins umrüsten müsste. Liegen hingegen vier Einsen da, besteht noch kein Handlungsbedarf. Da offenbar mindestens eine Eins an mich gehen wird, kann ich erst mal Spalte eins ausbauen.
Also: In SANTA MARIA muss man durchaus beachten, was die Mitspieler gerade tun oder tun könnten. Außer um Würfel konkurrieren wir auch um die knappen Landschaftsplättchen und um Schiffe; zudem liefern wir uns auf einer der beiden Skalen ein Wettrennen um ziemlich viele Punkte.
Mehr noch aber tüftele ich für mich allein. In welcher Reihenfolge setze ich die Würfel ein, damit sie viel bringen, sich aber gegenseitig nicht behindern und ich obendrein möglichst wenig an den Zahlen herumdrehen muss? Will ich mir bevorzugt Holz / Getreide holen, um Landschaftsplättchen zu erwerben? Oder gehe ich auf viele Schiffe? Wir schnell schalte ich mir zusätzliche Eigenschaften frei (und welche?) und hole mir meine Zusatzwürfel?
Nebenbei: Da es ein Würfelspiel ist, gibt es natürlich auch einen Glücksfaktor. Die Zahlen können besser oder schlechter für mich fallen.
Was taugt es? Die anzustellenden Überlegungen in SANTA MARIA sind spannend und interessant. Das Spiel fühlt sich dicht an, etliches ist miteinander verwoben. SANTA MARIA hat verschiedene Stellschrauben, um variabel zu bleiben. Und es gibt mehr als nur eine erfolgreiche Vorgehensweise. Die Spielregeln sind schnell erlernt; wir befinden uns hier noch auf Kenner-, nicht auf Expertenniveau.
Eine Spielgeschichte erzählt SANTA MARIA nicht. Es ist einfach nur mal wieder was mit Rohstoffen und Skalen; typisch Eurogame also, zumal am Ende auch mal wieder Punkte für dieses und jenes ausgeschüttet werden.
Die Art und Weise, wie Würfel Felder aktivieren (nämlich reihenweise), ist trotzdem ein frischer und herausfordernder Dreh, der über mehrere Partien hinaus fasziniert und Spaß macht. Mein Daumen ginge deutlicher nach oben, störten mich nicht zwei Dinge: Erstens halte ich SANTA MARIA in Teilbereichen für überladen.
Für meine Begriffe genügte es für ein gutes Spielgefühl völlig, die Plättchen so anordnen zu müssen, dass sie optimale Rohstofferträge und Spielfortschritte erwirtschaften. In SANTA MARIA aber können Aufgaben ins Spiel kommen, die bestimmte Landschafts-Konstellationen in den Reihen und Spalten honorieren; nur so der abstrakten Konstellation wegen. Für das Spiel bringt das wenig, verlängert aber massiv die Grübelzeiten.
Obendrein sind diese Aufgaben grafisch schlecht unterstützt. Was man da auf welche Weise kombinieren soll, ist nicht so leicht zu erkennen. Womit ich beim zweiten Punkt bin: SANTA MARIA ist grafisch nicht auf der Höhe der Zeit. Die Illustrationen finde ich störend hässlich, und sie sind nicht einmal funktional: Die Landschaftsplättchen greifen die Symbolik der Aufgabenkarten nicht auf, Rohstoff- und Aktionssymbole gehen in den Landschaften unter, Anschlüsse auf den Plättchen deuten Verbindungen an, obwohl dort ganz im Gegenteil Wege unterbrochen werden.
Wir leben in einer glücklichen Zeit vieler guter herausfordernder Eurogames. Um da noch über dem Durchschnitt zu sein, muss alles stimmen, nicht nur vieles. In SANTA MARIA stimmt vieles.
**** solide
SANTA MARIA von Kristian A. Østby und Eilif Svensson für einen bis vier Spieler, Pegasus Spiele.
Stimme (wie so häufig, lieber Udo) voll zu:
AntwortenLöschenNach einer gründliche graphischen Überarbeitung könnte dies ein Kauf-Kandidat sein. So wie es vorliegt, hat Pegasus bei seiner Übernahme diese Chance vertan. Schade eigentlich.
BTW: Dies könnte mal ein Anreiz für eine Sonderbetrachtung sein: Wie viel Überarbeitung vertragen Spiele bei einer Übersetzung oder Neu-Herausgabe? Ich erinnere da nur mal an die Carcassonne-Bauern-Regel o. ä...
Liebe Grüße,
Maddin = : - )
Bei unserem Pegasus-Spieleabend vom Spieletreff Tecklenburger Land hatte ich die Gelegenheit Santa Maria zu viert zu spielen. Ich kann die Rezi nur bestätigen. Die Mechanismen, vor allem mit den Würfeln finde ich gut gelungen. Die Grafik gefällt mir weniger, stört mich aber auch nicht sehr. Die Downtime ist mir zu viert zu lange, gerade durch die komplizierten Aufträge. Manchmal ist eben eher weniger mehr.
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