In IMAGINARIUM produzieren wir Träume und das finde ich großartig! Tatsächlich träume ich recht häufig von Spielen, was wohl daran liegt, dass ich auch sehr häufig an Spiele denke. IMAGINARIUM allerdings war noch nie mein Traumgegenstand. Was läuft da schief?
Wie geht IMAGINARIUM? IMAGINARIUM ist eins der vielen Spiele, in denen man Rohstoffe produziert, um mit Rohstoffen etwas zu bauen, das dann noch mehr Rohstoffe produziert. In der Wertung spielen die Rohstoffe aber nur eine kleine Rolle. Punkte gibt es beim Erreichen bestimmter Spielziele, die in jeder Partie etwas anders gemixt sind.
Maschinen stellen die Rohstoffe her. Jeder Spieler hat nur für vier Maschinen Platz, doch glücklicherweise lassen sich manche Maschinen zusammenschrauben. Sie zählen dann nur als eine und werden außerdem produktiver. Logischerweise strebt man solche Verbindungen an.
Zweite Besonderheit von IMAGINARIUM ist die Aktionsauswahl. Jeder Spieler führt pro Durchgang zwei von sechs möglichen Aktionen aus. Deren Kombination ist nicht beliebig. Jede Aktion darf nur mit zwei anderen kombiniert werden: das Zusammenschrauben mehrerer Maschinenteile beispielsweise nur mit dem Anwerben eines Assistenten oder dem Verschrotten einer Karte. Wer kein Geld für einen Assistenten hat oder keine Karte zum Verschrotten lässt das Zusammenschrauben vielleicht bleiben, weil er sonst eine Aktion verfallen lassen müsste.
Die Spielziele bringen drei bis fünf Punkte für denjenigen, der sie als Erster erreicht. Alle, die das später schaffen, erhalten einen Punkt weniger. Ziele können sein: zwei Angriffsmaschinen besitzen, eine kombinierte Maschine aus drei Maschinenteilen besitzen, drei Assistenten besitzen, 15 Geld besitzen usw. Das Spiel endet, wenn jemand 20 Punkte hat. Am Schluss gibt es noch Mehrheitswertungen in jeder der vier Ressourcen-Arten.
Was passiert? Obwohl IMAGINARIUM nur über etwa zehn Durchgänge geht, fühlt sich das Spiel langsam an. Das liegt erstens am Einstieg. Welche Maschinenteile wie kombiniert werden dürfen und mit welchem Effekt, muss trotz eindeutiger grafischer Hilfestellung sehr gründlich erklärt werden und sorgt dennoch für Nachfragen. Dies ist aber nur ein Problem der ersten Partie.
Dass IMAGINARIUM auch in späteren Partien lange dauert, liegt am Spielrhythmus. Erst entscheiden sich die Spieler, welche Maschinenkarte sie kaufen möchten, was im Nebeneffekt die zukünftige Spielerreihenfolge definiert. Anschließend und in der neuen Reihenfolge produziert jeder, kauft die gewählte Karte und führt seine zwei Aktionen durch. Alles passiert also nacheinander, nichts gleichzeitig. Und weil man von den Entscheidungen anderer abhängt, kann man nicht komplett vorausplanen.
In den ersten Durchgängen sind die Ziele noch weit entfernt, die Spieler kommen scheinbar kaum voran. Im Finale erreicht man die Ziele Schlag auf Schlag und oft auch mehrere gleichzeitig. Nach behäbigem Beginn stürmt IMAGINARIUM plötzlich seinem Ende entgegen – was gewiss besser ist als der behäbige Beginn. Doch erscheint mir IMAGINARIUM recht mühsam für das, was es letztendlich bietet.
IMAGINARIUM könnte ein Strategiespiel sein, denn die Partie-Ziele stehen von Beginn an fest. An welche Maschinenteile ich herankomme, ob ich gute Kombinationen bilden und Synergien herstellen kann, hängt jedoch davon ab, welche Karte wann in den Markt gelangt, an welcher Position ich dann sitze und wie sich die Spieler vor mir entscheiden. Es geht darum, Gelegenheiten zu erkennen und zu ergreifen. Aber es sind nur Gelegenheiten, die sich ergeben ... oder eben nicht ergeben.
Oft sind die Assistenten (sie verleihen bestimmte Fähigkeiten) spielentscheidend. Auch wenn ich einige Assistenten für arg schwach halte, finde ich dieses von Cathala schon häufiger verwendete Element in IMAGINARIUM generell gelungen, denn mittlerweile habe ich etliche Assistenten-Kombinationen als siegbringend erlebt. Und nach jeder Partie sind die Verlierer sofort der Meinung, die Kombination des Siegers sei die ultimativ beste. Tatsächlich lässt sich die angeblich unschlagbare Kombination schon deshalb nicht so leicht reproduzieren, weil die Verfügbarkeit der Assistenten genauso zufällig ist wie die Verfügbarkeit der Maschinenteile.
Was taugt es? IMAGINARIUM ist ein Spiel der Nöte: zu wenig Platz für die Maschinen, keine freie Aktionswahl, immer zu wenig Geld. Auch wenn im Detail neue Ideen enthalten sind, fühlt sich das Spiel insgesamt herkömmlich an. Und sogar etwas zäh.
Eine eingeschlagene Richtung lässt sich nicht mehr wesentlich korrigieren. Die Zwänge sind wie ein Korsett; außerdem geht das Spiel über zu wenige Durchgänge, um viel Bewegung zuzulassen.
IMAGINARIUM bindet das vollkommen aufgesetzte Thema an keiner Stelle des Spiels ein. Es erzählt keine Geschichte und hat auch kein logisches Ende, sondern bricht mitten im Prozess des Maschinenpark-Aufbaus ab – dürfte aber auch kaum länger dauern, weil das System vermutlich gar nicht länger tragen würde: Hinter den Sichtschirmen der Spieler häufen sich Ressourcen an, die sich nicht mehr verarbeiten oder eintauschen lassen. Um der unvermeidlichen Überproduktion künstlich Sinn zu verleihen, gibt es die Mehrheitswertungen.
Um es ganz kurz zu sagen: IMAGINARIUM ist taktisch interessant und deshalb nicht „misslungen“, aber weit entfernt von gut, originell oder elegant und für mich deshalb nicht mehr als „mäßig“.
*** mäßig
IMAGINARIUM von Bruno Cathala und Florian Sirieix für zwei bis fünf Spieler, Bombyx.
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