2004 – das war übrigens vor 20 Jahren – schrieb ich noch mehr Artikel für noch mehr Zeitungen als 2003. Es nahm langsam die Ausmaße einer Vollzeitbeschäftigung an, auch wenn ich diesen Schritt erst 2010 wagte, nachdem es tatsächlich noch mehr Artikel bei noch mehr Zeitungen geworden waren.
Die Presseverantwortlichen einiger Verlage flüsterten mir, ich sei „der Fleißigste“, womit gemeint war, dass ich besonders viele Belege schickte. In Tageszeitungen schrieb ich meistens Positivkritiken. Wenn ich monatlich eine Kolumne hatte oder dreimal im Jahr eine halbe Seite, wäre es aus meiner Sicht unklug, kostbaren Platz dafür herzugeben, ein Spiel erst vorzustellen, um dann zu resümieren, dass es doof sei. Ausnahme: irgendwelche seltenen Hype-Titel mit Lizenzthemen und Fernsehwerbung. Titel, von denen die Leute potenziell schon gehört haben könnten und besser gewarnt werden sollten.
Obwohl in der Fairplay hin und wieder ein Spiel von mir was auf den Deckel bekam, empfand ich meinen Beliebtheitswert bei den Pressestellen in Summe als recht hoch. Jedenfalls legte man mir vor der Spielwarenmesse von mehreren Seiten nahe, es könne doch auch Sinn machen, sich mal separat zu treffen, nicht nur mit den Fairplayern. Mir war der Sinn nicht so ganz klar. Und ich wollte das sowieso nicht. In mündlicher Kommunikation bin ich deutlich weniger fleißig als in schriftlicher Kommunikation. Gerne überließ ich den anderen Fairplayern das Wort und stellte mich daneben.
Einige Tageszeitungen traten mit Vorschlägen für Spielthemen jenseits von Rezensionen an mich heran. Ich sagte fast nie nein, auch wenn ich manche Themen nicht gut gewählt fand. Üblicherweise verrieten die Vorschläge, dass der Redakteur oder die Redakteurin von Spielen keine Ahnung hatte und sich von den üblichen Klischees leiten ließ. In der Folge bot ich also lieber selber Themen an, wenn mir welche einfielen.
Und ich fing auch an, für die Fairplay größere Berichte zu schreiben. Der erste im Jahr 2004 war fünf Heftseiten lang und handelte vom Nachwuchsautor:innen-Stipendium der Jury Spiel des Jahres. Während der Recherche wurde mir klar, dass ich trotz Fleißkärtchen in der Branche noch nicht wirklich bekannt war. Einem Verlagsredakteur, den ich interviewte und von dem ich gemeint hätte, dass jemand in seiner Position meinen Namen doch vielleicht schon mal gehört haben sollte, war offenbar ein Zettel hingelegt worden: „Udo Bartsch wegen Stipendium“. Als ich anrief, dachte er, ich sei der neue Stipendiat.
P.S. NAH DRAN! ist ein Schätzspiel von Franz-Benno Delonge aus dem Jahr 2004 (erschienen bei Piatnik), dessen Titel ich mir für die Überschrift ausgeborgt habe. In einem knappen Ausscheidungsrennen erschien mir das passender als GROSSE GESCHÄFTE, YES, GESCHENKT oder DER UNTERGANG VON POMPEJI. Das Foto zeigt verwirrenderweise CABANGA! (Michael Modler bei Amigo).
- Vor 20 Jahren (133): Einfach genial
- Vor 20 Jahren (135): San Juan
Und jetzt auch noch krasse P.S. statt der Einleitungen - Udo, Du bist mein Held!
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