Obwohl – wie berichtet – ziemlicher Fan von ATTIKA, hatte ich niemals angenommen, es könne Spiel des Jahres werden. Was das anging, hatte ich einen anderen Favoriten. Die Sache war 2004 nämlich vorhersehbar: EINFACH GENIAL würde es werden. Ganz offensichtlich. Denn EINFACH GENIAL war ein richtig gutes Spiel, es passte wunderbar zur Zielgruppe von Spiel des Jahres, und Reiner Knizia war, so dachte ich, schlichtweg mal an der Reihe. Wenn nicht mit diesem Spiel, wann denn sonst?
Dass das wenige Wochen nach EINFACH GENIAL erschienene ZUG UM ZUG ebenfalls ein richtig gutes Spiel war und wunderbar zur Zielgruppe passte (genau genommen sammelte ich mit ZUG UM ZUG sogar noch etwas bessere Spielerfahrungen als mit EINFACH GENIAL), erschütterte meine Prognose keineswegs, auch nicht nach dessen Nominierung für die Wahl zum Spiel des Jahres, denn Days of Wonder stufte ich als Außenseiterverlag ein. Sie waren neu und hatten noch nicht viel publiziert. Und sowieso war Reiner Knizia ja mal dran.
Muss ich erwähnen, dass ich im Sommer 2004 ziemlich überrascht wurde? Das Spiel des Jahres hieß nämlich ZUG UM ZUG. Und mittlerweile habe ich sogar verstanden, warum. Weil es ein richtig gutes Spiel ist und hervorragend zur Zielgruppe passt. Mehr Gründe braucht es nicht.
Autor? Egal! Verlag? Egal! Außenstehende interpretieren bis heute immer wieder andere Faktoren in die Entscheidungen hinein, ich ja damals auch. Aber diese Faktoren existieren nicht. Seit Oktober 2007 gehöre ich selber der Kritiker:innenjury an, und in all diesen Jahren habe ich nicht einmal eine Diskussion darüber erlebt, ob ein:e Autor:in oder ein Verlag „an der Reihe“ sei.
Wenn ich heute sehe, welchen weltweiten Siegeszug ZUG UM ZUG angetreten hat, glaube ich inzwischen auch, dass es nicht nur eine gleichwertige, sondern sogar die bessere Wahl war. So leid es mir für EINFACH GENIAL tut, das in vielen, vielen Jahrgängen ein glasklares Spiel des Jahres gewesen wäre: Ausgerechnet 2004 gab es ein anderes Spiel, das sich noch etwas besser eignete.
In Sportturnieren ist von „Todesgruppen“ die Rede, wenn die Auslosung ergibt, dass Favorit:innen aufeinandertreffen. Sie alle hätten eigentlich das Potenzial, um mehr zu erreichen. Doch aufgrund der Konstellation muss jemand ausscheiden. Analog dazu war der 2004er ein Todesjahrgang. Gleich mehrere Spiele konnten aufgrund der starken Konkurrenz nicht die Auszeichnungen erreichen, die sie unter glücklicheren Umständen erreicht hätten. Gleich mehrere Spiele hatten Klassikerpotenzial. Im Falle von EINFACH GENIAL sieht man das daran, dass es sich auch ohne die Spiel-des-Jahres-Auszeichnung als sehr erfolgreiche Marke etablierte.
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