Noch mal Tiere. Anscheinend ist das hier gerade eine Tier-Trilogie. Die KUHFSTEIN-Kühe unterscheiden sich von den hilfebedürftigen Kreaturen in COMET und TUCANA BUILDERS jedoch fundamental: Sie sind laut Anleitung „glücklich“. Wir müssen also nichts mehr für sie tun, juhu! Das Spiel wäre an dieser Stelle beendet, käme da nicht doch noch etwas ans Tageslicht, was im Argen liegt: unser Punktekonto.
Wie geht KUHFSTEIN? Es ist ein Legespiel und ein Wettrennen. Erreicht jemand 65 Punkte, wird nur noch die laufende Runde beendet, und trotz kleiner Schlusswertung gewinnt diese Person oft auch.
Wir erschaffen mit quadratischen Teilen ein idyllisches Alpenvorland. Fünf Plättchensorten gibt es. Prinzipiell darf ich jede Landschaft an jede andere legen. Allerdings sollte ich mich schon an meinen Bauaufträgen orientieren.
Als Nebenverdienst fungieren Holzbäume. Bilde ich ein Quadrat aus vier gleichen oder vier komplett unterschiedlichen Landschaften, wächst in deren Mitte ein solcher Baum und zählt Extrapunkte.
Ein Auftrag kann zum Beispiel besagen (siehe Foto), dass vier Plättchen innerhalb meines Gebietes T-förmig aneinandergrenzen sein sollen. Und zwei ganz bestimmte dieser vier Plättchen sollen Heu zeigen, das dritte See, und das vierte ist egal, Hauptsache, es ist vorhanden.
Erfülle ich den Auftrag – was eine von vier Aktionsmöglichkeiten ist und wozu ich die Auftragskarte von meiner Hand ausspielen muss –, verpflichtet mich das, Kühe aus meinem Vorrat auf die beiden Heu- und auf das Seefeld zu stellen. Habe ich nicht so viele Kühe oder ist mindestens eins der Felder schon von einer Kuh besetzt, kann ich den Auftrag vorläufig nicht erfüllen.
Zum Glück darf ich Kühe aus meiner Landschaft wieder zurückholen. Auch das ist eine Aktion. Und pro Aktion darf eine ganze Kuhgruppe nach Hause, also alle Kühe, die aneinandergrenzen.
Weitere Aktionsmöglichkeiten sind: Auftragskarte aus dem Markt auf die Hand nehmen. Oder Landschaftsplättchen aus dem Markt nehmen und sofort einbauen. Bin ich am Zug, führe ich zwei gleiche oder verschiedene Aktionen aus.
Was passiert? Durch die Kühe erhält KUHFSTEIN eine zweite Lege-Ebene: Ich plane den Landschaftsaufbau und die Auftragsabwicklung inklusive Kuh-Management. Denn ich möchte möglichst selten Aktionen aufwenden, um Kühe nach Hause zu holen. Ich versuche, möglichst alle meine Kühe auszunutzen und Herden von aneinandergrenzenden Figuren zu bilden.
Originell ist auch, dass ich – passende Aufträge vorausgesetzt – dieselben Landschaftsplättchen mehrfach werten kann. Ich sollte mich darum bemühen, denn es geht im Erfolgsfall viel schneller, als die Landschaft immer größer zu bauen. Und Tempo ist in einem Wettrennen nun mal entscheidend.
KUHFSTEIN erfordert unerwartet viel Optimierung. Während viele Legespiele von der Überraschung leben, welches Teil ich zum Einbauen bekomme, und ich anschließend das Beste aus der Situation herauszuholen versuche, erlaubt mir KUHFSTEIN eine vielschrittige Vorausplanung. Ich kann Aufträge für mehrere Züge in Folge auf meiner Hand sammeln. Mit genügend räumlicher Vorstellungskraft ersinne ich eine perfekte Bau- und Ausspielreihenfolge, die mit wenigen Plättchen und seltenem Viehabtrieb auskommt.
Klar, ich bin immer noch vom Glück abhängig, passende Aufträge zu ergattern. Immer wieder hakt es auch bei den Plättchen. Da benötige ich dringend Heu – angeblich sogar die häufigste Landschaftsart –, aber sie will und will nicht auftauchen. Und endlich wird Heu aufgedeckt – da schnappt es sich die Konkurrenz. Bei einem auf Effizienz angelegten Spiel fühlen sich solche Zufälle, die mich hindern, effizient zu spielen, besonders hart an.
Was taugt es? KUHFSTEIN sieht sehr ansprechend aus. Gerade auch der Kitsch hat durchaus etwas Verlockendes. Spielen alle aufs Geratewohl aus dem Bauch heraus, fällt die Strenge der Legeaufgabe gar nicht so auf. Sobald aber Rechner:innen mitwirken, die ihre Landschaft mit langfristigen Plan konzipieren, wird der Charakter von KUHFSTEIN offenbar. Wer weit vorausdenkt, schneidet im Regelfall besser ab.
Die Optimierungsaufgabe ist sehr schön eingekleidet. Puzzles mit zwei Ebenen gab es in jüngster Zeit häufiger; mir fallen sofort CALICO und CASCADIA ein. Dass es Kuhfiguren sind, die die zweite Ebene bilden, lässt KUHFSTEIN besonders knuffig erscheinen. Wirklich neu ist der Kniff, dass diese zweite Ebene immer wieder abgeräumt und neu formiert wird.
Rechnen ist nicht das Erlebnis, das ich in Spielen primär suche. Mich spricht es mehr an, mit Unerwartetem umzugehen, als viele Schritte im Voraus auszutüfteln. Aber das ist eindeutig Geschmackssache; meine Denkfaulheit kann ich schwerlich dem Spiel anlasten. Auch wenn ich selber nicht auf eine Partie brenne, halte ich KUHFSTEIN für ein gelungenes Spiel. In meinen öffentlichen Runden hat es Fans.
**** solide
KUHFSTEIN von Rita Modl für zwei bis vier Spieler:innen, Schmidt.
Kleiner Lapsus in dieser höchst interessanten Rezension ist, dass eine wichtige Frage offen bleibt:
AntwortenLöschenWenn ich eine Kuh auf ein Seefeld lege, ist das dann eine Seekuh?