CALICO und CASCADIA haben einige Gemeinsamkeiten. Die Anfangsbuchstaben sind da nur der Anfang.
Wie geht CALICO? Wir legen sechseckige Plättchen auf unsere Spielbretter. Punkte zählt es, wenn sowohl Plättchenmuster als auch Plättchenfarben passend aneinandergrenzen. Bei den Farben benötige ich mindestens eine Dreierfläche, bei den Mustern hängt es vom Szenario ab. Obendrein befinden sich auf meinem Brett drei Aufgabenplättchen. Sie definieren, wie die sechs umgebenden Felder belegt sein sollen. Beispielsweise sollen dort (für 15 Punkte) sechs verschiedene Farben und sechs verschiedene Muster liegen oder zumindest eins von beidem (zehn Punkte).
Zwei Plättchen besitze ich auf meiner Hand. Eins davon muss ich auf mein Tableau legen. Dann ziehe ich eins der drei im Markt offen ausliegenden Plättchen nach. Nach 22 Spielzügen sind alle Bretter vollgepuzzelt und wir rechnen ab.
Was passiert? Es wird sehr bald sehr knobelig. Mein Farn-Muster soll größer werden, aber an der einen möglichen Anlegestelle sollte optimalerweise ein grünes Plättchen liegen, an der anderen ein hellblaues. Und ich will möglichst nicht gleichermaßen in Grün und Hellblau weiterbauen, weil das den Anforderungen eines benachbarten Aufgabenplättchens widerspräche. Besser wäre, an den erhofften grünen Farn noch einen weiteren grünen Farn zu legen oder an den hellblauen noch einen weiteren hellblauen. Soweit die Theorie. Praktisch liegt im Markt jedoch überhaupt kein einziger Farn, und weil ein:e Mitspieler:in ebenfalls Farne sammelt, sieht es auch gar nicht so gut aus, dass ich einen bekomme.
Auf ähnliche Weise kann es auch an anderen Ecken und Enden meines Spielbretts brennen, und ich muss sehr konzentriert sein und zunehmend Wenns und Abers bedenken, damit ich nicht versehentlich irgendwelche Felder mit Teilen bebaue, die da gar nicht hinsollen.
Allerdings: Irgendwann wird sich das kaum noch vermeiden lassen. Nicht alle Pläne gehen auf, nicht alle Plättchen passen. Und so verabschiede ich mich nach und nach von Hoffnungen und Projekten. Im extremsten Fall kann der Unterschied zwischen einem idealen letzten Plättchen (Farbfläche vollendet plus Muster vollendet plus Aufgabe vollendet) und einem desaströsen (alles zerstört) mehr als 20 Punkte ausmachen – zirka ein Drittel der Punkte, die man am Schluss üblicherweise hat.
Was taugt es? CALICO ist ein herausforderndes Puzzle in zwei Ebenen. Farben und Muster sind gleichermaßen zu bedenken und zu optimieren. Alle denken und puzzeln weitestgehend für sich. Die Interaktion beschränkt sich darauf, dass ich eher vermeide, auf dieselben Muster abzuzielen wie die Konkurrenz.
Sehr elegant finde ich, dass die Tableauränder bereits als gelegte Plättchen zählen. Weil die Ränder auf allen Tableaus anders sind, sind wir vom Start weg an unterschiedlichen Teilen interessiert statt alle an denselben. Und die Spannungskurve steigt deutlich schneller an als bei anderen Legespielen, die üblicherweise bei Null beginnen.
CALICO fühlt sich schicksalshaft an, insbesondere im Finale. Wenn ich Blümchen sammle, und es kommen einfach keine, kann ich das für eine Weile überbrücken, indem ich andere Felder mit anderen Plättchen bebaue. Aber irgendwann muss ich auch die Felder belegen, auf denen Blümchen geplant waren. Und im Regelfall gibt es dann keinen Plan B mehr. Es gibt nur Zerstörung.
Die erforderliche Frusttoleranz passt nicht unbedingt zu der Menge Kopfarbeit, die ich zuvor in meinen Aufbau gesteckt habe. Mich hat dies allerdings nie so sehr gestört. Denn CALICO dauert gerade mal 45 Minuten. Trotz Grübelpotenzial sind die 22 Teile einigermaßen schnell gelegt. Über das Platzieren des nächsten Plättchens kann man sich Gedanken machen, während andere am Zug sind. Eher schon kann das Nehmen etwas dauern; vor allem, wenn nur die Wahl zwischen Müll, Crap und Bullshit besteht.
Alles in allem spiele ich CALICO ungefähr genauso gern wie CASCADIA. Allerdings findet CASCADIA allgemein offensichtlich mehr Anklang. Wegen der Ähnlichkeit beider Spiele erstaunt mich das etwas. Offenbar entscheiden Details über die Gesamtwirkung.
CASCADIA ist weniger bestrafend. Zwar können unpassende Teile in die Quere kommen, aber die meisten Wertungen sind – anders als in CALICO – keine Ganz-oder-gar-nicht-Entscheidungen. Ich habe, wenn es mies läuft, eben einen Lachs oder einen Wald weniger und entsprechend weniger Punkte, trotzdem kriege ich für meine Lachse und Wälder überhaupt was.
CASCADIA ist auch weniger anstrengend. Auch hier muss ich bestimmte Felder oder auch Stellen außerhalb meiner bereits gelegten Fläche gedanklich vorreservieren und mir merken, dass da ein Bär hinsoll oder tunlichst kein Bussard. Aber ich muss mir nicht mehrere Variablen merken, und wenn ein Plättchen erst mal liegt, dienen mir die aufgedruckten Tiersymbole als Merkhilfe.
Möglicherweise spielt auch noch eine Rolle, dass CASCADIA den Spieler:innen mehr das Gefühl gibt, selbst zu gestalten und zu bestimmen. Ich puzzle keinen Rahmen voll. Wie sich meine Landschaft ausdehnt, bestimme ich. Und mit Tannenzapfen kann ich ausliegende Tierchips austauschen, bevor ich einen wähle. Was dennoch nicht heißt, dass ich immer etwas Brauchbares kriege. So gern man auch mal Landschaftsplättchen austauschen würde: Man darf es nicht.
Der größte Trumpf von CASCADIA aber scheint mir die Trennung von Landschaftsplättchen und Tierchip zu sein. Die Zweidimensionalität des Puzzles wird dadurch besser veranschaulicht. Obendrein trägt es dazu bei, dass sich das Spiel freundlicher anfühlt.
In CALICO liefert jedes Plättchen Farbe und Muster zugleich. Und damit passt es an der Stelle, wo ich es hinlege, oder es passt nur halb oder gar nicht. In CASCADIA bekomme ich pro Zug zwar auch die Kombination aus Landschaft und Tier, also ebenfalls beide Ebenen des Puzzles gleichzeitig. Aber ich darf beides an getrennten Stellen ablegen. Ich habe eine Pufferzone von drei Plättchen, die ohne Tier bleiben werden. CASCADIA schafft weniger schnell vollendete Tatsachen; ich darf länger hoffen, dass meine Legekompromisse am Ende doch noch ein geschlossenes Ganzes ergeben.
**** solide
CALICO von Kevin Russ für eine:n bis vier Spieler:innen, Ravensburger.
1 Kommentare:
Aus irgend einem Grund fangen Plättchenlegesiele gefühlt sehr oft mit den gleichen Anfangsbuchstaben an: Siehe auch Carcassone, Cacao, oder Castellion.
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