Donnerstag, 31. Oktober 2013

Gern gespielt im Oktober 2013

Was landete am häufigsten auf meinem Spieletisch? Was machte besonders viel Spaß? Und welche alten Schätzchen wurden endlich mal wieder ausgepackt?

RUSSIAN RAILROADS: „RR“ steht in diesem Fall auch für „riesiger Reiz“, in der nächsten Partie eine ganz andere Schiene zu fahren.

ROKOKO: Da ich die Messe-Goodies geschenkt bekommen habe, behaupte ich natürlich: Ätsch, nur mit den Messe-Goodies ist es am allerbesten!

NAUTICUS: Ich hatte gedacht, einen Viermaster und einen Dreimaster zugleich schafft man in einer Viererpartie nicht. Aber: Schafft man.

SPYRIUM: Endlich entdeckt: der Stoff, aus dem die Siegpunkte sind.

LOVE LETTER: Im Grunde sind meine Rezensionen ja auch nichts anderes als Liebesbriefe, bisweilen nur etwas verklausuliert. Folglich halte ich mich bei diesem Spielthema für enorm kompetent.

DOMINION – DIE GILDEN: Muss das sein? Oh ja, das muss sein.





    Dienstag, 29. Oktober 2013

    Guildhall

    Bauern, Händler, Meuchler: Puh, das ist so dermaßen Mittelalter, dass ich als Spieler nahezu täglich mit irgendeinem dieser Typen konfrontiert bin. Nur Tänzerinnen sind nicht allzu häufig dabei. Und mittlerweile verstehe ich auch den Grund: Sie passen kaum aufs Cover.

    Wie geht GUILDHALL? In unserem Zunfthaus sammeln wir Personenkarten. Sechs Berufe sind im Spiel, jeweils in fünf Farben. Ziel ist es, Sets derselben Berufskarten in allen fünf Farben zusammenzustellen. Diese Sets darf man im weiteren Spielverlauf gegen Siegpunktkarten eintauschen. Wer Karten im Wert von 20 besitzt, gewinnt.
    Ein Spielzug besteht aus zwei Aktionen. Drei stehen zur Auswahl: 1) Set gegen Siegpunktkarte tauschen. 2) Auf sechs Handkarten hochziehen (vorher dürfen Karten abgeworfen werden). 3) Personenkarte ausspielen. Die neue Person zieht am Ende des Zuges ins Zunfthaus ein. Vorher löst sie eine Aktion aus. Je mehr Personen derselben Sorte bereits im Zunfthaus wohnen, desto stärker der Effekt: Der Händler tauscht Karten des eigenen mit denen eines fremden Zunfthauses. Der Meuchler wirft Karten aus Mitspieler-Zunfthäusern auf den Ablagestapel. Der Historiker sucht Karten aus dem Ablagestapel wieder heraus und fügt sie dem eigenen Zunfthaus hinzu. Und so weiter.

    Was passiert? GUILDHALL ist ein gemeines Spiel. Am Ende des Zuges weiß man nicht, was zu Beginn des nächsten Zuges noch im eigenen Haus liegen wird. Gewisse Fiesheiten müssen die Spieler aushalten können. Außerdem verlängern Überraschungen naturgemäß die Spieldauer: Pläne werden über den Haufen geworfen, bei Zugbeginn findet man eine neue Situation vor und muss mit seinen Überlegungen von vorn beginnen.
    Und es hat Folgen für die Taktik. Die wichtigste Frage lautet stets: Wie kann ich mit meinen zwei Aktionen Sets abschließen? Denn Sets sind vor Übergriffen sicher. Außerdem bringen sie ja Siegpunkte, und weil auch die Siegpunktkarten Effekte auslösen (umso mächtiger, je weniger Punkte die Karte zählt), kann ein zum richtigen Zeitpunkt eingetauschtes Set gleich das nächste Set bringen.
    Das Nachziehen von Karten ist natürlich Glückssache. Ansonsten sind die Entscheidungen bei GUILDHALL keineswegs trivial. Nach mehreren Partien bekommt man zunehmend einen Blick dafür, wie sich die Kartenfunktionen clever kombinieren lassen.

    Was taugt es? Nur eine geübte Runde bleibt tatsächlich im angegebenen Zeitrahmen von 30 bis 45 Minuten. Erreicht man diese Geschwindigkeit, stimmt die Balance aus Unwägbarkeit und Planung, und man erhält ein gut ausgedachtes, gradliniges, klares Kartenspiel mit ausgeprägtem Ärgerfaktor. Nichts für Grübler, nichts für Wehleidige. (Aber welches Spiel ist das schon?)

    GUILDHALL von Hope S. Hwang für zwei bis vier Spieler, Pegasus Spiele.

    Sonntag, 27. Oktober 2013

    Huhnis Abenteuer (5): SPIEL ’13, Sonntag

    Hallo, hier spricht Huhni. Ich gehe jetzt in die zweite Reporterklasse. Gestern habe ich ganz allein ein Interview geführt. Mit Matthias. Der war lustig. Der isst zum Frühstück Nutellabrot mit Salami. Das will ich jetzt auch immer essen. Aber Udo sagt, Salami gibt’s bei uns nicht. Wir müssen den ganzen Tag lang immer nur Kartoffeln essen, weil das gut ist für unsere Haut.



    Ich habe mit einem echten Spieleautor sein Spiel gespielt, das der ganz allein erfunden hat. Das Spiel ging mit Karten und war gar nicht so einfach, weil es zwei Stapel gab und man auch die Zahlen beachten musste. Das war bestimmt dieser fiese Autor, von dem mir Udo mal erzählt hat. Der sich immer nur Gemeinheiten ausdenkt, aber alle finden das toll. Ich merke immer sofort, wenn Udo wieder Spiele von dem gespielt hat. Weil dann hat er hinterher Angst und lässt nachts am Bett das Licht brennen. Aber das darf ich eigentlich gar nicht verraten.


    Udo hat heute ein Spiel von der russischen Eisenbahn gespielt. Das war komisch, denn da fuhr überhaupt keine Eisenbahn. Ich durfte die Punktezähler versetzen, aber das war langweilig, das machen nur Erstklässler. Dann habe ich einen anderen Stand gesehen, an dem es bunte Bälle zum Spielen gab. Mit denen habe ich gespielt. Dann habe ich leckere Pfannkuchen gerochen und habe mich an der Bude angestellt. Aber ich hatte gar kein Geld. Und dann musste ich plötzlich Pipi. Ich bin ganz schnell auf den Hof gelaufen und habe mich in eine Ecke gehockt, wo es keiner sieht. Und dann bin ich zurückgegangen zu dem Stand mit dem Eisenbahnspiel – aber Udo war nicht mehr da!

    So ein Doofmann! Die ganze Zeit erzählt er, ich soll aufpassen, dass ich nicht verloren gehe. Und dann geht er selber verloren!
    Zum Glück hatte ich eine tolle Idee: Ich habe Udo übers Mikrofon ausrufen lassen: „Achtung, Achtung! Udo hat sich verlaufen. Wer ihn findet, soll ihn zu Huhni bringen. Besondere Kennzeichen: Udo guckt immer mürrisch, und er hat eine Kaka-Tasche.“ Und siehste: Es ging ganz schnell, und schon kam Udo angelaufen. Natürlich hat er rumgemeckert, dabei war er doch ganz alleine selber schuld.
    Zum Trost habe ich Udo mit aufs Bild gelassen, als wieder diese lustigen Leute in den hellblauen T-Shirts kamen und mich fotografieren wollten. Das machen sie jedes Jahr, seit ich Nachwuchsreporter bin. Das sind meine besten Fans.


    Und dann sind wir schon mit dem Zug nach Hause gefahren. In Dortmund ist was passiert. Da ist nämlich Schorse eingestiegen. Schorse spricht ganz komisch, und Udo hat gesagt, das ist ein britischer Akzent.
    Schorse kann einen tollen Trick. Wenn man ihn ganz doll am Kopf zieht und dann loslässt, fliegt Schorse quer durch das Zugabteil und kräht richtig laut: „Kikeriki! Kikeriki! Kikeriki!“ Aber Schorse durfte das nur zwei Mal machen, weil die Leute alle gemeckert haben.


    Schorse und ich haben beschlossen, dass wir ab jetzt Freunde sind. Ich habe Schorse gesagt, er kann bei uns wohnen, aber dass Udo das bestimmt nicht erlaubt. Deshalb hat Schorse so getan, als würde er in Bielefeld aussteigen. Aber heimlich hat er sich in unserer Reisetasche versteckt. Hihi, das gibt beim Auspacken eine tolle Überraschung!
    Viele Grüße
    Euer Huhni

    Samstag, 26. Oktober 2013

    Huhnis Abenteuer (4): SPIEL ’13, Samstag

    Huhni ist stolz wie Oskar! Er hat sein zweites Interview geführt, und es war nicht so ein Desaster wie im Vorjahr. Huhni hat sich diesmal richtig ausgebuffte Fragen überlegt, ganz wie ein echter Reporter, darunter sogar eine hochkomplizierte Fachfrage. Wer weiß: Vielleicht kann Huhni eines Tages doch in  meine Fußstapfen treten und dieses marode Blog in neue Sphären führen? Insgeheim muss ich Huhni sogar ein bisschen Respekt zollen. Bei seinem Interview mit Matthias von What´s your Game ist weit mehr Substanzielles herausgekommen als bei einem typischen Interview von mir.


    Huhni: Ich bin jetzt in der zweiten Reporterklasse. In welcher Klasse bist du?
    Matthias: Ich bin in der dritten Klasse für Leute, die viel rumstehen und Interviews geben müssen.
    Huhni (liest vom Zettel ab): Wie beurteilst du den spielerischen Zusammenhang zwischen A und B?
    Matthias: Der Zusammenhang ist relativ einfach. Der ist nämlich gradliniger als der zwischen B und A.
    Huhni: Und was ist dein Lieblingsfrühstück?
    Matthias: (lacht) Ich habe ein Herz für Hühner und esse nie Eier. Sondern nur Nutellabrot mit Salami.
    Huhni: Kennst du Hahni?
    Matthias: Ich habe bislang nur von ihr gehört. Ist Hahni lieb? Und warum hast du dann statt Hahni den Udo mitgebracht?
    Huhni: Möchtest du Hahni grüßen?
    Matthias: Ja! Gruß an Hahni und alle Huhni-Fans!
    Huhni: Das war mein zweites Interview. Wie hat es dir gefallen?
    Matthias: Man hat gemerkt, du bist deutlich gereift. Mach weiter so!

    „Deutlich gereift“ - Was für ein Kompliment! Den Rest des Tages schwebte Huhni wie auf Wolken durch die Messehallen. Und es kam noch besser. Bei Zoch bekam Huhni von einem Schwein namens Helmut einen supercoolen Button mit der Aufschrift „Kühnes Hühnchen“ überreicht. - Kühnes Hühnchen! Noch ein tolles Kompliment. Wow!


    Und es kam noch mal besser. Denn dieser Tag hat gezeigt: Huhni ist im Kreis der Journalisten-Kollegen angekommen und voll integriert. Es macht mich stolz, dass mein Huhni das geschafft hat, was mir selber in all den Jahren nie gelungen ist: Man mag ihn.


    Und es kam immer noch besser! Dass Messebesucher sich mit Huhni fotografieren lassen wollen, ist ja mittlerweile ein alter Hut. Aber neuerdings drängeln sich sogar noch echte A-Promis mit ins Bild.


    Ach, apropos alter Hut... und das ist jetzt eine typische Situation, in der Huhni wirklich noch professioneller werden könnte. Als Huhni am Ende eines langen, aufregenden und sehr erfüllten Tages seinen alten Freund Frank wiedertraf, hatte er leider seine Körperfunktionen nicht mehr so ganz im Griff. Erst rief er nur „Kaka-Hut! Kaka-Hut“, was vielleicht noch einigermaßen witzig war. Aber als es dann blöderweise so ein bisschen zu stinken anfing, war es echt nicht mehr lustig. Fand übrigens auch Frank.


    Freitag, 25. Oktober 2013

    Huhnis Abenteuer (3): SPIEL ’13, Freitag

    Puh, dieser Messetag ist nun auch vorüber. Den Weg zum Hotel schafft Huhni nicht mehr allein und legt sich lieber schon mal in meiner Tasche schlafen. Kein Wort mehr davon, dass sie angeblich oll oder stinkig ist. Solange Huhni getragen wird, ist alles okay.

    Huhni scheint außerdem ein neues Wort aufgeschnappt zu haben. Den ganzen Rückweg lang singt er immer dieselbe Melodie: „Krautpfannendiiing, Krautpfannendiiing, Krautpfannendiiing, Krautpfannendiiing.“ Irgendwann halte ich es nicht mehr aus: „Huhni? Was soll das sein: Krautpfannending? Hast du dir das ausgedacht?“ - Huhni rollt die Augen, so als wäre nicht er das dumme Plüschtier in der zweiten Reporterklasse, sondern ich. Krautpfannending, erklärt er mir, ist das Ding, um heute als Reporter richtig groß rauszukommen und eine Million Euro zu verdienen. Wie ich erfahre, macht Huhni demnächst Huhni TV. Und das ist dann sein Krautpfannending.

    Ach so. Wenn man mir es so erklärt, dann verstehe sogar ich es. „Geht es um diese berühmte Vogelschwarmfinanzierung auf Pickstarter?“ frage ich, und Huhni nickt ganz wissend. Ich kichere ein bisschen, verkneife es mir aber schnell wieder. Es wäre einfach gemein, sich über die dummen Träume meines kleinen Hühnchens lustig zu machen.
    Als vernunftbegabtes Wesen ist mir natürlich vollkommen klar, wie illusorisch es ist, mit Spielrezensionen im Internet eine Million verdienen zu wollen. Wer sich so etwas erhofft, hat schlichtweg den Bezug zur Realität verloren. Oder nie besessen. So wie Huhni eben. Aber Huhni verspricht, mir von seinem Geld neue Vorhänge zu kaufen, und das finde ich nun wieder rührend.

    Ach so, was war eigentlich auf der Messe los? Beinahe hätten Huhni und ich an einem Stand mal was zusammen gespielt, aber die erste Karte, zu der Huhni bei STORIES! eine Geschichte erzählen sollte, war ausgerechnet „Als wir neulich in einem chinesischen Restaurant waren...“, und innerhalb einer Sekunde wechselte Huhni von süß auf sauer und hatte keine Lust mehr. Spielverderber!


    Huhni ist schon eine ziemliche Diva und deshalb sehr leicht beleidigt. Den Rest des Tages hat er dann eigentlich nur noch Mist gebaut, so als sei er noch in der ersten Reporterklasse und nicht in der zweiten. Huhni ist vom Katapult abgesprungen...


    … und hat sich mit seltsamen akrobatische Übungen lächerlich gemacht.



    Aber wie nicht anders zu erwarten, hat er trotzdem wieder neue Freunde gefunden. Hier die ersten Förderer von Huhnis Krautpfannending:



    Donnerstag, 24. Oktober 2013

    Huhnis Abenteuer (2): SPIEL ’13, Donnerstag

    Da wären wir also wieder, direkt vor den heiligen Hallen. Während Huhni mir wortreich erklärt, dass Reporter niemals die Hühnerleiter benutzen (das hat er nämlich voriges Jahr hier gelernt), versuche ich wiederum, Huhni zu erklären, dass seine Pressekarte, die er seit einem Jahr stolz um den Hals trägt, leider nicht mehr gültig ist. Man braucht jedes Jahr eine neue.

    Es dauert eine Weile, bis ich mit der Information durchdringe. Huhni ist erschüttert! Er hatte gehofft, man werde ihn am Eingang erkennen und per Handschlag begrüßen, und nun soll er sich wie im Vorjahr in meiner ollen Tasche verstecken?! Ich sage zu Huhni, meine Tasche ist gar nicht oll. Aber Huhni sagt: Doch! Und stinkig sei sie auch! – Stinkig? Also, das ist ja wohl... Ich sage: Das ist eine Tasche, die ganz viel Geld gekostet hat, weil ich damit jugendlicher aussehe. Und stinkig ist sie höchstens, wenn Huhni da Kaka reinmacht. Und wehe, er tut das! Huhni ruft: „Kaka-Tasche! Kaka-Tasche!“ Und schon drehen sich die ersten Leute nach uns um.

    Ich halte Huhni den Schnabel zu und schärfe ihm etwas Wichtiges ein: In diesem Jahr muss er immer ganz dicht bei mir bleiben. Die Messe findet in anderen Hallen statt. Wir kennen uns noch nicht aus, und wenn wir nicht beide ganz doll aufpassen, geht Huhni verloren.
    Damit stelle ich ihn erst mal ruhig. Die Vorstellung, ganz allein in einer der riesigen Hallen herumzuirren, flößt Huhni so viel Angst ein, dass er sich ohne weitere Widerworte in meiner Tasche verkriecht.

    Nachdem wir die Kontrollen passiert haben, muss ich kichern. Vielleicht weil der Schmuggel wieder geklappt hat, vielleicht weil der Ordner mir ein so lustiges Loch in die Karte geknipst hat. Oder vielleicht auch, weil es schön ist, wieder da zu sein. Von einer versöhnlichen Stimmung ergriffen, nehme ich mir vor, nicht immer so streng mit Huhni zu sein. Schließlich ist er nur ein Plüschtier und weiß es nicht besser.

    Und deshalb gönne ich es Huhni auch ein kleines bisschen, dass er schon am ersten Tag der Star aller Frauen ist. Wie macht er das bloß? Verstehen werde ich die Begeisterung nie. Zur Erinnerung: Huhni leistet hier im Blog nichts. WIRKLICH GAR NICHTS!


    Mittwoch, 23. Oktober 2013

    Huhnis Abenteuer (1): Es geht los


    Huhni ist begeistert! Zum ersten Mal in seinem Leben fährt er mit dem Taxi! Ich bin seltsamerweise gar nicht so begeistert, denn wir hätten auch prima mit der Straßenbahn zum Bahnhof fahren können, und das wäre nicht nur viel entspannter, sondern auch viel billiger gewesen. Immer vorausgesetzt natürlich, man erwischt die Straßenbahn. Und genau das ist heute das Problem.

    Denn gerade als wir aufbrechen wollen, überrascht mich Huhni mit der Meldung, dass er sein Gepäck nicht alleine tragen kann. Dabei hatten wir das doch am Vortag extra lang und breit besprochen. Huhni wollte allen Ernstes seine gesamten Spielsachen mit nach Essen nehmen!
    Dass er die auf der Messe gar nicht gebrauchen kann, fand Huhni wenig stichhaltig, schließlich sei es abends im Hotel, wenn ich zum Saufen Spielen gehe, immer so langweilig. Gleichfalls abgeschmettert wurde mein Appell an Huhnis soziales Gewissen, dass Hahni, Pingi und Wursti zu Hause doch sicher auch was zum Spielen da behalten wollen. – „Neee!“ krakeelte Huhni. Das seien ganz allein seine Spielsachen, und die anderen dürften sowieso nicht damit spielen. Höchstens Hahni. Wenn sie lieb ist.

    Oh, Mann! Als die anderen Plüschtiere das mitbekamen, entstand natürlich ein riesiger Tumult. Alles krähte und schnatterte durcheinander, und um die Sache abzukürzen und weil es abends im Hotel vielleicht tatsächlich langweilig ist, wenn ich zum Sa Spielen gehe, sprach ich folgendes Machtwort: Huhni darf genau ein Spielzeug mitnehmen. Ein einziges. Und keines mehr. Punkt und Ende der Diskussion!

    Ich war nur dummerweise nicht auf die Idee gekommen, dass sich Huhni ausgerechnet für LOOPING HUHNI entscheiden würde, ein Spiel, das nicht nur besonders sperrig, sondern obendrein besonders bescheuert ist. Kenn das jemand?
    Jeder Spieler hat einen Rezensenten-Stall, auf dem drei Kritiker-Chips sitzen. In einem Plastikflieger kommt ein durchgeknalltes Huhn angedüst und schießt – sofern man es nicht mit einer Wippe abwehrt – die armen Kritiker von ihrem Podest herunter.
    Ich glaube, das ist wohl irgendwie symbolisch gemeint, aber ich versteh’s nicht. Außerdem nervt, dass mir die abgebildeten Kritiker ziemlich ähnlich sehen.

    Die Mitbewohner in meinem Hotel können sich jedenfalls schon mal freuen. LOOPING HUHNI ist nämlich nicht nur sperrig und bescheuert, sondern macht vor allem einen Höllenlärm. Und Huhni geht beim Spielen üblicherweise voll aus sich heraus. Ich sage mal, das werden keine entspannten Abende. So ist das eben, wenn man einen Promi im Hotel hat. Mich betrifft das glücklicherweise nicht. Denn ich gehe ja jede Nacht spielen... oder vielleicht sogar besser saufen?

    Montag, 21. Oktober 2013

    Nauticus

    „Messetitel vorab rezensiert“ war in diesem Monat mein Lieblings-Thread* im spielbox-Forum. Da habe ich gelernt, wie man sein Blog aus dem Schattendasein mal so richtig ins Gespräch bringt.
    Zur Nachahmung besitze ich allerdings nicht das nötige Selbstbewusstsein und hoffe jetzt inständig, dass es keine Verwechslungen gibt. Ein Blog im Schattendasein besitze ich nämlich auch, und mit NAUTICUS habe ich leichtsinnigerweise sogar einen Messetitel vorab rezensiert...

    Wie geht NAUTICUS? Wir bauen Schiffe. Je größer das Schiff (Optimum: Viermaster), desto mehr Punkte zählt es am Schluss. Weitere Schlusspunkte zählen transportierte Waren. Wer anstrebt, Waren in nennenswertem Umfang zu verschiffen, sollte möglichst früh seine ersten Schiffe vollendet haben, denn halbfertige Schiffe transportieren überraschenderweise nichts. Wesentlicher Punktelieferant schon während der Partie sind Kronen-Symbole. Dazu weiter unten mehr.
    In jedem der fünf Durchgänge (zu zweit nur vier) stehen acht Aktionen zur Auswahl. Ähnlich PUERTO RICO wird reihum eine Aktion ausgelöst. Alle führen die Aktion aus; der Initiator erhält einen Bonus. Nach sieben Aktionen verfällt die achte und ein neuer Durchgang beginnt. Die Aktionsscheiben werden neu gelost, so dass die Aktionen nun an andere Boni gekoppelt sind.
    Aktionen sind zum Beispiel: Rumpfteile kaufen, Segel kaufen, Waren kaufen, Waren löschen etc. Sämtlich kosten sie Arbeiter. Darüber hinaus kosten einige der Aktionen Geld. Perfiderweise wird es umso teurer, je mehr gleiche Teile man gleichzeitig erwirbt. Und weil ein Schiff stets Masten und Segel derselben Sorte benötigt, ist der Bau eines Viermasters somit eine langfristige und teure Angelegenheit.
    Neuartig ist die Idee, dass Spieler am Ende eines Durchgangs Minuspunkte erhalten, sofern sie nicht bei mindestens drei der Aktionen gepasst haben. Passen ist eigentlich unschön, weil man ja etwas verpasst. Andererseits fehlen einem ohnehin manchmal Geld und Arbeiter, um die Aktionen zu bezahlen. Und das Passen schaltet Kronen-Symbole frei. Und die wiederum lassen sich bei einer der acht Aktionen werten.

    Was passiert? Je nach Auslage der Aktionsscheiben sind den Aktionen nicht nur unterschiedliche Boni, sondern auch unterschiedliche Warenpreise und unterschiedliche Frei-Arbeiter zugeordnet. Diese Informationen gilt es bei der Aktionsauswahl zu analysieren. Auch wenn ich eigentlich Masten brauche, kann es manchmal besser sein, das weniger dringende Warenlöschen zu initiieren, weil dort der Bonus attraktiver ist... natürlich in der Hoffnung, dass der nachfolgende Spieler dann die Masten wählt. Wählt er Segel und habe ich noch keine Masten, um die Segel daran zu befestigen, muss ich entweder passen oder die Segel ins Lager verfrachten, was ein aufwändiger Umweg ist.
    Lagerlogistik ist in NAUTICUS sehr wichtig. Ohnehin verlangt das Spiel Planung und Optimierung: Geld und Arbeiter sind knapp, tolle Schnäppchen verführen trotzdem zum Kauf. Und spätestens sobald man merkt, dass einer der Mitspieler auf Kronenwertungen abzielt, sollte man sich selber auch um Kronen bemühen, um nicht komplett leer auszugehen.
    Timing ist wichtig, Tempo ist wichtig: Jedes fertig gestellte Schiff bringt sofort eine Belohnung mit Schubwirkung. Manchmal ergeben sich Kettenreaktionen, und ein zweites Schiff wird mit dem Belohnungsmaterial auch gleich noch fertig. Und nur über die Belohnungen erhält man die wertvollen Masten und Segel mit Kronensymbolen, die erstens wie Joker fungieren und zweitens bei den Kronenwertungen mitpunkten.

    Was taugt es? Bei NAUTICUS kommt keine Langeweile auf, zumindest in den ersten vier Durchgängen nicht. Man rechnet, tüftelt, muss Entscheidungen treffen und hofft, dass der Mitspieler diese, aber nicht jene Aktion auswählt. In Durchgang fünf habe ich nun allerdings schon mehrfach erlebt, dass jemand seine wesentlichen Projekte beendet hatte und sich für ihn nichts anderes mehr lohnte, als den Rest des Spiels nur noch auf Kronenwertungen hin zu optimieren. Die Kronenstrategie kann ohnehin sehr stark sein, wohingegen ich bislang noch keinen Sieg über eine Warenstrategie erlebt habe.
    In Sachen Spielbarkeit offenbart die Grafik von NAUTICUS einige Macken. Die Aktionstafeln „Mastkauf“ und „Segelkauf“ werden oft verwechselt, ebenso „Warenkauf“ und „Warenlöschen“. Auch die Symbolik des Doppelzugplättchens stiftet Verwirrung.
    Ich fühle mich von NAUTICUS positiv herausgefordert und würde auch nach inzwischen zehn Partien weiter mitspielen. Über mehrere Partien hinweg zeigt sich eine deutliche Lernkurve, die Punktestände steigen. Allerdings besitzt das Spiel wenig Flair und wenig Spielerisches, und die enthaltenen Neuerungen sind rein intellektueller Natur. NAUTICUS sortiert sich letztendlich im Kanon des Bekannten ein.

    NAUTICUS von Wolfgang Kramer und Michael Kiesling für zwei bis vier Spieler, Kosmos.

    *Huhnis Lieblings-Thread war natürlich „Huhni kommt :-)“ im Spielertreffen-Forum.

    Donnerstag, 17. Oktober 2013

    Huhni kommt!

    Ich hätte es wirklich besser wissen müssen... Als Huhni mich fragte, wo Druckerpapier ist, dachte ich tatsächlich, er will endlich seinen ersten richtigen Artikel schreiben. Wurde ja auch langsam Zeit, nachdem ich ihn schon seit fast einem Jahr als unbezahlten Praktikanten durchschleppe. (Und ganz nebenbei auch seine Freundin Hahni... die ebenfalls rein gar nichts leistet und obendrein noch nicht einmal unbezahlte Praktikantin ist!)

    Spätestens als Huhni einige Minuten danach schon wieder ankam und noch mehr Druckerpapier wollte, hätten bei mir die Alarmglocken schrillen müssen, aber ich war wohl irgendwie abgelenkt. Tja, und jetzt sind meine gesamten Vorräte futsch und ich sitze auf einem Berg von 1500 Blättern mit der vierfachen Aufschrift „Huhni kommt!“ – Ganz toll, Huhni! Wirklich gut gemacht!

    Gefragt, was er sich dabei gedacht habe, erzählt er mir fröhlich, das seien doch seine Presse-Mitteilungen. – Ach so!? Seine Presse-Mitteilungen!? Und an wen will er die schicken? Und hat er sich überlegt, wie viel Porto das kostet? Und wen zum Geier soll es eigentlich interessieren, ob Nachwuchsreporter Huhni zur Messe kommt oder nicht? Und weshalb ist er sich überhaupt so sicher, dass er wieder zur Messe mitfahren darf? Ich könnte ja schließlich auch alleine reisen – und je länger ich darüber nachdenke, desto mehr Lust hätte ich dazu! Oder ich nehme diesmal einfach Pingi mit, verdammt noch mal!!!


    Da kullerten bei Huhni natürlich sofort die Tränen. Er fängt nämlich immer gleich zu flennen an, wenn er wieder mal Bockmist gebaut hat. Und aus irgendeinem bescheuerten Grund kommt er jedes Mal damit durch. Einem weinenden Huhni kann man unmöglich böse sein. Nicht einmal ich.

    Also: Liebe Pressevertreter, aufgepasst, ganz wichtige Eilmeldung: HUHNI KOMMT! Und er geht jetzt in die zweite Reporterklasse und kann – was steht hier? – schon ganz viele Sachen alleine machen...?!
    Oh nein, oh nein, diese Ankündigung versetzt mich jetzt schon in Panik...

    Sonntag, 13. Oktober 2013

    Via Appia

    Fakten über die Via Appia: Sie wurde nach ihrem Erbauer Appius Claudius Caecus benannt. Sie begann am Circus Maximus in Rom und führte nach Brindisi. Sie war doppelreihig von Gräbern gesäumt und sehr huckelig. An die Radfahrer hat mal wieder keiner gedacht.

    Wie geht VIA APPIA? Wir bauen die Via Appia von Rom nach Brindisi. Wer Platten verlegt, bekommt Punkte. Je größer die Platte, desto mehr zählt sie. Außerdem erfolgt in jedem der drei Straßenabschnitte eine Mehrheitswertung, und es punktet, wer dort die meisten Platten gebaut hat. Drittens laufen die Spielfiguren auf der neu gebauten Straße um die Wette, und es geht darum, die angeschlossenen Orte möglichst schnell zu erreichen.
    Auffälligstes Spielelement ist der „Steinbruch“, eine nach hinten breiter werdende Bahn, durch welche die Spieler Holzscheiben schieben mit der Absicht, möglichst viel Material am Ende der Rampe herunterfallen zu lassen. Schiebematerial gibt es in drei Größen: Beim Einschieben einer kleinen Scheibe passiert oft nichts, bei einer großen Scheibe fällt meist einiges. Was natürlich von der Bestückung der Rampe abhängt, vom geschickten Einsatz der Steine und vom Schiebeverhalten.
    Alles, was herunterfällt, wird gegen Platten oder Geld eingetauscht. Platten lagern die Spieler auf ihrem Transportkarren, der nur über eine begrenzte Ladekapazität verfügt. Geld braucht man, um mit seiner Spielfigur zu reisen. Je mehr Schritte in einem Spielzug gemacht werden sollen, desto teurer ist das.

    Was passiert? Die Regel sieht vor, dass die Scheiben im Steinbruch „vorsichtig“ geschoben werden sollen. Die Mitspieler interpretieren diese Anweisung recht unterschiedlich. Wer etwas Schwung gibt, verschafft sich einen großen Vorteil. Aber selbst wenn alle die Regeln streng auslegen, ergibt sich immer wieder die Situation, dass einer groß abräumt und den Nachfolgenden einen Steinbruch hinterlässt, in dem über längere Zeit nichts zu holen ist. Zwar gibt es bei total erfolglosem Schieben eine kleine Kompensation, aber das Grundproblem bleibt: Wer einen gut gefüllten Karren besitzt, hat das Spiel in der Hand, weil er manche Dinge aussitzen und warten kann, bis eine schöne Vorlage kommt.
    Und VIA APPIA hat gleich mehrere Stellen, an denen man zum unfreiwilligen Vorlagengeber wird. Wer nicht für andere Spieler den geleerten Steinbruch auffüllen will, kann sich alternativ neues Schiebematerial besorgen. Alles, was attraktiv sein könnte, ist allerdings schnell weg, und wer aus Verzweiflung das siebte und letzte Nachschub-Plättchen nimmt, sorgt dafür, dass für den nächsten Spieler wieder sieben neue Plättchen ausgelegt werden. Wer es sich leisten konnte zu warten, erhält somit Zugriff auf die begehrten großen Scheiben.
    Will man auch diese Vorlage nicht geben, könnte man bauen. Besitzt man nur wenige Platten, spielt man allerdings nicht um die Mehrheiten mit und macht durch das Anfüllen des Abschnitts das Erreichen der Mehrheiten für die Konkurrenz billiger. Also auch wieder schlecht.
    Und diese geschilderten Zwangslagen sind keine Ausnahmen. Immer wieder habe ich erlebt, dass Spieler (und dann immer dieselben) in die Situation gerieten, eine offensichtlich schlechte Option wählen zu müssen.

    Was taugt es? VIA APPIA hat einige leicht zu übersehende Detailregeln, die vermutlich diesen Härten entgegenwirken sollen. Das gelingt aber nicht. Mit unbedarften Spielern mag vielleicht nicht einmal auffallen, in welche Zwickmühlen man hier geraten kann. Dennoch muss es ein Spiel auch aushalten, wenn Taktiker am Brett sind.
    Bleibt vielleicht wenigstens ein Pluspunkt für Originalität? Eher nein. Einen ähnlichen Schiebemechanismus gab es schon in anderen Spielen (aus eigener Anschauung kenne ich FLUSSPIRATEN, Ravensburger 2004), nur war er dort so eingesetzt, dass die Scheiben möglichst nicht fallen sollten. Diskussionen um zu schwungvolles Schieben konnten da gar nicht aufkommen. Und dass ich Holzsteine aus der Bank bekomme, die ich über eine Rutsche in andere Holzsteine umtausche, die ich wiederum in der Bank gegen Pappsteine umtausche, finde ich nicht einmal thematisch schlüssig.

    VIA APPIA von Michael Feldkötter für zwei bis vier Spieler, Queen Games.