Dienstag, 31. Dezember 2024

Gern gespielt im Dezember 2024

DER HERR DER RINGE – DUELL UM MITTELERDE: Gut und Böse spielen sich kein bisschen asymmetrisch. Könnte philosophisch gemeint sein.

AGENT AVENUE: Wo die Kuchenregel zur Hundekuchenregel wird.

NEULAND: „Wir saufen den Met / Bis keiner mehr steht“, sangen Torfrock. Deswegen müssen Wikingerfiguren auch umfallen.

BOMB BUSTERS: Dass es so viele Verrückte gibt, die die Welt bedrohen, münzt BOMB BUSTERS in einen tollen Vorteil um: 66 verschiedene Missionen!

DUNGEON DESIGNER: Hach, befreiend, mal selber einer dieser Verrückten zu sein!







UND AM LIEBSTEN GESPIELT IM DEZEMBER:

SETI: Wenn wir intelligente Lebensformen finden wollen, halte ich es für einen vielversprechenden Ansatz, nicht auf der Erde zu suchen.



Freitag, 27. Dezember 2024

Wunder der Welt

Wunder der Welt: Cover

Nachdem in WUNDER DER WELT bereits 21 Wunder verbraten wurden, wäre eine Einleitung zu viel des Unfassbaren gewesen.

Wie geht WUNDER DER WELT? WUNDER DER WELT ist ein Legespiel. Wir platzieren Monumente. Und wir platzieren unterschiedlich geformte Stadtteile: weiße Wohnviertel, blaue Bildungsviertel, orangefarbene Handelsviertel und so weiter. Jeder Stadtteil führt (wegen seiner Symbole) zu Fortschritten auf einer oder mehrerer meiner Skalen. Auf lange Sicht bedeutet das: Punkte. Insbesondere, wenn ich alle Bereiche gleichmäßig entwickle.
Pro Runde liegt ein Teilevorrat aus. Alle Teile kosten Geld; je größer die Grundfläche, desto teurer. Bin ich am Zug, wähle ich ein Teil und baue es entweder angrenzend an ein farblich identisches Legeteil oder angrenzend an eine Straße ein.
Alternativ darf ich eines der ausliegenden Monumente kaufen. Jedes hat unterschiedliche Bedingungen, wie es platziert werden muss. Machu Picchu soll an grüne Stadtteile angrenzen, das Trojanische Pferd an einen weißen und eine Straße. Wunder kosten grundsätzlich mein restliches vorhandenes Geld. Für Wunder will ich also nicht nur einen passenden Bauplatz vorbereiten. Ich will obendrein erst dann kaufen, wenn ich nahezu pleite bin.

Wunder der Welt: Tableau

Eine Runde endet, wenn alle ihr Geld ausgegeben haben. Wir spielen maximal zehn. Am Ende punkten die Skalen, die Monumente, alle Stadtteile, die komplett umschlossen sind, sowie obendrein bestimmte Felder (die seltsamerweise „Rohstoffe“ heißen), sofern man sie nicht überbaut hat.

Was passiert? Wie in vielen anderen Legespielen auch will ich also kompakt bauen. Obwohl Straßen manchmal die Voraussetzungen für Monumente sind und obwohl sie hilfreich sind, um Lücken zu schließen, will ich mit Straßen eher geizen, denn Geld, das ich für Straßen ausgebe, fehlt mir für Stadtteile. Und schließlich sollen die Stadtteile nicht nur von ihrer Form her gut passen, sie sollen auch die gewünschten Symbole mitbringen, damit ich auf den Skalen gleichmäßig vorankomme.

Wunder der Welt: Wunder

Ob das alles so funktionieren kann, hängt von der Auslage ab. Von jeder Form kommt pro Runde ein Teil ins Spiel; welche Farben und Symbole es mitbringt, ist aber Zufall. Noch mehr Zufall herrscht bei den Monumenten. Sie haben sehr unterschiedliche Grundrisse und Baubedingungen. Für manche:n passt es, für andere nicht. Oft entsteht gar kein wirklicher Wettlauf auf diese Bauten, weil klar ist, wer sie überhaupt nehmen kann und wer nicht.

Was taugt es? Die Puzzleaufgabe in WUNDER DER WELT ist durchaus knifflig, wenn auch unspektakulär. Am außergewöhnlichsten sind die Miniaturen aus Holz. Jedes Monument kommt als modellierte 3D-Figur daher. Die Gestaltung des Pappmaterials fällt dagegen sehr ab.
Die originelle Kostenregel für Monumente könnte der Kniff des Spiels sein – wären die Monumente planbarer und wertvoller. Meiner Erfahrung nach lohnt es sich nicht, den Monumenten hinterherzujagen und für ihre Errichtung große Umstände zu machen. Besser baut man sein Territorium solide auf und wartet auf dazu passende Monumente, die (hoffentlich) kommen werden.

Wunder der Welt: Modelle

Außer den Holzmodellen könnte ich kein Alleinstellungsmerkmal des Spiels nennen. Offenbar geht es schlichtweg um die Optik der Figuren, nicht um ihre Geschichte, Bedeutung oder Funktion. Ein thematisch überzeugender Grund, warum wir eine Stadt mit zig Monumenten aus verschiedenen Zeitaltern bauen, hat sich mir nicht erschlossen. Die meisten Platzierungsregeln der Monumente sind komplett aus der Luft gegriffen. Mal halt neben Lila, mal halt neben Grün. WUNDER DER WELT wirkt wie um die Holzmodelle herumkonstruiert.



*** mäßg

WUNDER DER WELT von Zé Mendes für eine:n bis fünf Spieler:innen, Kobold Spieleverlag / meeplebr / Mundus.

Donnerstag, 19. Dezember 2024

Endeavor – Die Tiefsee

Endeavor - Die Tiefsee: Cover

Stille Einleitungen sind tief.

Wie geht ENDEAVOR – DIE TIEFSEE? Wir erforschen das Meer. Ein paar Zonen der oberen Ebenen sind von Beginn an bekannt. Die tieferen Ebenen sind komplett unbekannt.
Ich kann nur in den Zonen agieren, in dem sich aktuell eins meiner U-Boote befindet. Am Anfang habe ich nur ein Boot, es können bis zu drei werden.
Vier Skalen auf meinem Tableau geben meine Fähigkeiten an. In jeder der sechs Runden rekrutiere ich zuerst ein zusätzliches Crew-Mitglied, und meine Skala „Ansehen“ bestimmt, ob ich (wie bei Spielbeginn) nur ein Mitglied der Stufe 1 oder (später) auch eines der Stufen 2 bis 5 wählen darf, die stärker sind.

Endeavor - Die Tiefsee: Crew

Die meisten Crewmitglieder bringen ein Figuren-Einsetzfeld mit. In der Aktionsphase setze ich Scheiben auf diese Felder, um die zugehörigen Aktionen zu aktivieren. Wie viele Scheiben ich pro Runde neu bekomme und wie viele ich von den Crewmitgliedern zurückholen darf (um damit auch das Feld wieder freizuräumen) hängt von meinen Skalen „Motivation“ und „Organisation“ ab. Die vierte Skala schließlich („Genialität“) besagt, wie weit mein U-Boot fahren und wie tief es tauchen darf.
Es gibt nur fünf mögliche Aktionen. Eine lässt mich mein U-Boot bewegen, eine ein neues Spielplanteil entdecken, und allen Aktionen ist gemeinsam, dass sie mir Ressourcen wie etwa zusätzliche Scheiben und / oder Fortschritte auf den Skalen bringen.
Für viele Aktionen muss ich Scheiben in den Ozean einsetzen, was einerseits nachteilig ist, weil ich sie von dort nie mehr zurückbekomme, andererseits und überwiegend aber vorteilhaft, denn diese Scheiben können später noch ein Einkommen bringen und vor allem zählen sie bei der Schlusswertung oft Punkte.

Was passiert? ENDEAVOR – DIE TIEFSEE fängt recht unspektakulär an. In der ersten Runde besitze ich nur drei Scheiben; damit komme ich nicht weit. Die erste Runde ist also schnell vorbei. Zumal alle Aktionen schnell abgewickelt sind.

Endeavor - Die Tiefsee: Tableau

Bald aber besitze ich mehr Scheiben und mehr Crewmitglieder und somit mehr Einsetzfelder. Meine Möglichkeiten wachsen, es kommt zunehmend auf das Timing und auf die Reihenfolge an, in der ich meine Aktionen abwickle. Weil es Wettrennen um Schätze („Tauchplättchen“) und ein Gerangel um Mehrheiten der Ozeanscheiben gibt, reagiere ich auf die Aktionen meiner Mitspieler:innen.
Falls ich reagieren kann. Das hängt natürlich davon ab, ob meine Crewmitglieder mir die Aktionen ermöglichen, auf die es nun ankommt. Weil man das vielleicht nicht im Voraus durchblickt, kann sich herausstellen, dass man eine unpassende Crew ausgewählt oder die falschen Einsetzfelder freigeräumt hat.

Endeavor - Die Tiefsee: Spielplan

ENDEAVOR – DIE TIEFSEE ist ein Spiel ohne große Zufallsfaktoren. Obwohl das Spiel konstruktiv angelegt ist und jede:r sich eine Engine aufbaut, die irgendwie ins Laufen kommt, gibt es eben doch bedeutsame Unterschiede, wie gut und wie schnell das funktioniert. Ich habe es mehr als nur einmal erlebt, dass sich eine Schere zwischen Arm und Reich auftat und auch absehbar war, dass sie sich nicht mehr schließen würde.
Also muss ich mich korrigieren: ENDEAVOR – DIE TIEFSEE fängt nur scheinbar unspektakulär an. Tatsächlich zählt jede Entscheidung. Es gilt, die passende Crew auszuwählen, das Meer und seine Möglichkeiten im Blick zu behalten, schneller zu sein und anderen Spieler:innen Dinge wegzuschnappen und Aktionen so zu optimieren, dass es auf den Skalen effektiv vorangeht. Dort verbessere ich mich nicht mit jedem Schritt, sondern abschnittsweise beim Überschreiten bestimmter Marken. Also will ich nicht wahllos irgendwo vorwärtslaufen, sondern gezielt dort, wo ich realistischerweise noch in derselben Runde etwas freizuschalten hoffe.


Endeavor - Die Tiefsee: Szenario

Was taugt es? ENDEAVOR – DIE TIEFSEE beruht auf MAGISTER NAVIS. Die Grundstruktur beider Spiele ist gleich. ENDEAVOR – DIE TIEFSEE hat das deutlich schönere Thema (Meeresforschung statt Kolonialismus), alle aggressiven Elemente des Originals wurden entfernt. ENDEAVOR – DIE TIEFSEE legt mehr Fokus auf Entdeckungen und auf Variabilität. Viele Meereszonen bringen kleine Mini-Regeln mit, das Spiel enthält acht unterschiedliche Szenarios mit Varianten für Aufbau und Endwertung. Alles lässt sich als Alternative auch kooperativ spielen.
Die Szenarios ändern das Spiel nicht von Grund auf, müssen sie aber auch nicht. Für den Wiederspielreiz macht es tatsächlich einen Unterschied, zu wissen: Da ist noch was, das wir noch nicht ausprobiert haben.
Redaktionell finde ich das Spiel sehr gut gemacht. Es entstehen keine Fragen, die Anleitung und die Symbolsprache sind klar, alles sieht ansprechend aus und ist trotzdem funktionell.
In Relation zur Spieltiefe kommt ENDEAVOR – DIE TIEFSEE mit relativ wenigen Regeln und Spielprinzipien aus. Es ist komplex, ohne kompliziert zu sein. Dadurch fühlt es sich sehr elegant an.
Es ist also ein rundum gelungenes Spiel, und ich habe über die Vergabe des Labels „außerordentlich“ nachgedacht, mich aber, wie man sieht, dagegen entschieden. Dafür empfinde ich beim Spielen dann doch nicht genug Spannung oder Reibung. Das Spiel fließt, alles ist schön und stimmig und klar. Aber eben auch gut berechenbar und erwartbar. Bei mir weckt das nicht die ganz besondere Emotion, auf deren Wiedererleben ich ständig hinfiebere.


***** reizvoll

ENDEAVOR – DIE TIEFSEE von Carl de Visser und Jarratt Gray für eine:n bis vier Spieler:innen, Frosted Games / Board Game Circus.

Montag, 16. Dezember 2024

Kronologic – Paris 1920

Kronologic: Cover

Mord ohne Aussicht. (Ohne Aussicht auf Einleitung.)

Wie geht KRONOLOGIC? Ein Mord ist geschehen. Wer ihn zuerst aufklärt, gewinnt.
KRONOLOGIC – PARIS 1920 spielt auf dem „Grundriss der Pariser Oper“. Die Oper hat sechs Räume. Jeder ist durch Türen mit mindestens zwei anderen Räumen verbunden. Auf diesem Grundriss bewegen sich die sechs möglichen Täter:innen. Es gibt keine Spielfiguren. Die Bewegungen geschehen in unserer Vorstellung.
Wir kennen die Standorte der sechs Verdächtigen zum Zeitpunkt 1, dem Spielstart. Für weitere fünf Zeitpunkte, die einfach nur von 2 bis 6 durchnummeriert sind, müssen wir die Laufwege der Personen rekonstruieren. Wir wissen: Niemand bleibt stehen. Jede Person bewegt sich von einem Zeitpunkt zum nächsten von ihrem Ort weg zu einem verbundenen Nachbarort.
In Szenario 1 (es gibt drei Szenarios mit je fünf Fällen) wurde eine der sechs Personen vergiftet, nämlich der Detektiv. Täter:in ist, wer zu irgendeinem Zeitpunkt mit dem Detektiv allein in einem Raum war.

Kronologic: Lochpappen

Bin ich am Zug, frage ich eine Information ab, indem ich eine Raumkarte und eine Zeitpunkt-Lochpappe übereinanderlege. So erfahre ich, wie viele Charaktere sich zu diesem Zeitpunkt in diesem Raum aufgehalten haben. Oder ich kombiniere Raumkarte und Personen-Lochpappe und erfahre, wie häufig diese Person diesen Raum aufgesucht hat.
Das Ergebnis teile ich auch den anderen Spieler:innen mit. Aber ich bekomme noch eine geheime Zusatzinformation: Beispielsweise muss ich bekannt geben, dass zum Zeitpunkt 4 zwei Personen im Tanzsaal waren. Dass eine davon die Abenteurerin war, darf ich für mich behalten.
Wer meint, die Lösung gefunden zu haben (Täter:in, Ort, Zeitpunkt), darf im Lösungsheft nachschlagen und hat nun entweder gewonnen oder scheidet aus.

Was passiert? Anfangs tappen wir völlig im Dunklen und kombinieren mehr oder weniger auf gut Glück irgendwelche Lochpappen mit irgendwelchen Karten. Nach ein paar Runden verdichten sich hier und da Informationen, Möglichkeiten scheiden aus, andere werden wahrscheinlicher.

Kronologic: Notizen

Weiß ich, dass die Baronin zum Zeitpunkt 1 auf der Großen Treppe und zum Zeitpunkt 4 im Musiksaal war, kenne ich auch ihre Aufenthaltsorte dazwischen, denn es gibt nur einen möglichen Laufweg. Weiß ich, dass der Chauffeur insgesamt dreimal auf der Bühne war, scheiden die mehrere Schritte entfernten Räume für ihn aus. An den anderen drei Zeitpunkten kann er nur direkte Nachbarorte der Bühne aufgesucht haben.
Ich mache also Notizen. Ich versuche, aus den gesamten Informationen schlau zu werden. Ich versuche, Rückschlüsse zu ziehen, um mir Abfragen zu ersparen. Und natürlich beachte ich, welche Fährten die Konkurrenz verfolgt. Auch aus dem Verhalten der anderen lassen sich Dinge ableiten.

Was taugt es? KRONOLOGIC bricht das klassische Deduktionsspiel auf seinen Kern herunter. Wir müssen nicht mit Figuren durch die Gegend laufen oder lange Kartentexte lesen: Jeder Spielzug ist schnell abgewickelt – und beteiligt alle Spieler:innen an den Informationen. Das ist ein schlauer Dreh. So wird Leerlauf vermieden. Nicht jede:r muss jede Information noch mal abfragen.
Aber so einfach KRONOLOGIC von den Regeln her auch ist: Die Fälle zu lösen, erfordert Kombinationsgabe. (Und sicherlich auch Glück, entscheidende Informationen zu bekommen.)
Ein typischer Stolperstein in meinen Runden war immer wieder die Benennung der Räume. Auf dem Spielplan sind sie nur mit Symbolen gekennzeichnet. Und nicht alle Symbole sind eindeutig. Wenn nun jemand sagt: „Ich untersuche das Große Foyer zum Zeitpunkt 4“, ist die klassische Erwiderung: „Welcher Raum ist noch mal das Große Foyer?“ (Ja, alle Symbole werden auf den Sichtschirmen erläutert. Aber die Erfahrung zeigt: Man guckt nicht auf den Sichtschirm, sondern auf den Spielplan.)

Kronologic: Lochpappen

Dass immer alle Spieler:innen an den Informationen partizipieren, führt dazu, dass auch unsere Wissensstände nicht allzu weit auseinanderliegen. Im Finale muss ich befürchten, dass andere auch unmittelbar vor der Lösung stehen. Das ist spannend, hat aber – insbesondere in Runden zu viert – in meinen Partien dazu geführt, dass lieber auf Grundlage von 80-prozentigem Wissen geraten wurde, als den Fall absolut wasserdicht aufzuklären. Klar, man kann ausscheiden und verliert dann. Aber man verliert ja auch, wenn andere schneller sind.
Manchmal hat auch jemand geraten, ohne sich dessen bewusst zu sein. Jemand dachte, die Ermittlungen seien wasserdicht. Bei der Nachbesprechung zeigte sich dann: mitnichten. Trotzdem wird oft richtig geraten. Denn anders als in irgendwelchen Detektivromanen werden wir nicht auf falsche Spuren gelenkt. Sondern wir werden auf richtige Spuren gelenkt; das Gruppenwissen tendiert mehr und mehr in eine identische Richtung.
Oder jemand rät, weil der Überblick über die Notizen verloren gegangen ist. Werden Informationen und Schlussfolgerungen auf dieselbe Weise notiert, und sind die Schlussfolgerungen falsch, kann man die Fehlerkette nachträglich nicht mehr auflösen.
Geheimnisse zu haben, macht Spaß. Ich freue mich, wenn ich etwas herausfinde, was die anderen vielleicht noch nicht wissen. Allerdings ähneln sich die Fälle und ihre Lösungswege systembedingt. In KRONOLOGIC geht es um Logik und Struktur, nicht um eine Geschichte dahinter. Deswegen bin ich inhaltlich auch nicht neugierig auf weitere Fälle. Ich weiß ja recht genau, was mich erwartet. Der Wiederspielreiz entsteht durch den Wettlaufcharakter. Ich hoffe, bei diesem Logikrätsel den einen Schritt schneller zu sein.


**** solide

KRONOLOGIC – PARIS 1920 von Fabien Gridel und Yoann Levet für eine:n bis vier Spieler:innen, Pegasus Spiele.

Mittwoch, 11. Dezember 2024

Black Forest

Black Forest: Cover

Wie sagt man? Die Einleitung vor lauter Bäumen nicht sehen?

Wie geht BLACK FOREST? Wir bauen mit Rohstoffen Gebäude und erhalten Punkte dafür. Und meistens auch Sofort- oder Dauereffekte. Punkte bekommen wir zusätzlich auch für andere Dinge, für Tiere etwa oder für Vorräte.
Auch wenn Uwe Rosenberg nicht der alleinige Autor von BLACK FOREST ist (Tido Lorenz ist der andere): Vielen typischen Rosenberg-Elementen begegnen wir hier wieder: einer großen Auslage von rund 40 verschiedenen Gebäuden; Gutshof-Tableaus, auf denen sich die Gebäude den Platz mit Wäldern, Äckern, Teichen und Weiden teilen müssen; Erweiterungs-Tableaus für den bald zu eng werdenden Hof. Und am auffälligsten: den Ressourcenrädern aus DIE GLASSTRASSE.

Black Forest: Rad

Eins der beiden Räder zeigt meinen Bestand an Sand, Wasser, Holz und Kohle. Sobald ich von jedem dieser Rohstoffe mindestens einen besitze, dreht sich das Rad weiter. Von jedem Rohstoff wird nun einer weniger angezeigt, dafür jedoch zusätzlich ein Glas. Mit anderen Worten: Ich habe aus den vier Bestandteilen Glas produziert. Diese Produktion geschieht – sofern die Voraussetzungen erfüllt sind – automatisch, ob es mir gerade passt oder nicht.
Neues Material erhalte ich durch meine Züge auf dem Spielplan. Der zeigt fünf Dörfer mit jeweils drei bis vier Feldern. Zu jedem Feld sind zwei Aktionsplättchen („Handwerker“) benachbart. Bin ich am Zug, muss ich meine Figur auf ein freies Feld versetzen, dann darf ich beide benachbarten Aktionsplättchen ausführen: Ich zahle eine Kohle und erhalte vier Ziegel. Ich rode ein Waldstück und erhalte vier Holz. Ich erhalte pro eigenen Teich ein Wasser. Ich lege einen Acker an. Ich erhalte eine Kuh ... Drei der 17 Aktionsplättchen erlauben mir, ein Gebäude zu bauen.

Was passiert? BLACK FOREST ist erst mal sehr überwältigend. Man muss sich auf dem eigenen Gutshof-Tableau und mit den Ressourcenrädern zurechtfinden. Zweitens muss man die Optionen und die Positionen der 17 Aktionsplättchen auf dem Spielplan abchecken. Und drittens liegen von Beginn an sehr viele Bauvorhaben mit Texten und Symbolen aus (wenn auch gruppiert nach einem sinnvollen Ordnungssystem). Man kann nur hoffen, in einer Gruppe zu sein, die einfach losspielt und schaut, was sich so ergibt.

Black Forest: Spielplan

Aber selbst Spieler:innen, die schnell spielen wollen, geraten immer wieder ins Stocken. Etwa ist das angepeilte Ortsfeld besetzt. Oder jemand hat zwei Aktionsplättchen miteinander vertauscht. Oder jemand hat genau das Gebäude gebaut, auf das man hingearbeitet hat. Oder den angepeilten Auftrag weggeschnappt. Oder droht es im nächsten Zug zu tun und man kann nicht mehr kontern. In solchen Situationen überlegt man ganz von vorn. Und weil es in BLACK FOREST viel zu optimieren gibt und immer mal wieder was verfällt oder nicht den besten Nutzen bringt, wenn man nicht gründlich genug plant, ist ein befriedigender Alternativzug selten schnell gefunden.
Eine Quelle für viele Planungsfehler, die dann ebenfalls den gedachten Zug verhindern und zum Neuüberlegen zwingen, ist das Ressourcenrad. Da produziert das Rad mal wieder Glas, was man grundsätzlich ja toll findet, aber prompt hat man nur noch eins von zwei Holz, die man für das Gebäude ebenfalls bezahlen müsste. Es kann mehrere Partien dauern, bis man das Rad in den Griff kriegt. Bis dahin heißt es: „Oh, äh … geht gar nicht. Sorry, ich fange mit meinem Zug noch mal neu an.“
Die Herausforderung ist von den Autoren so gewollt. BLACK FOREST ist ein anspruchsvolles Spiel. Und Planungsfehler sind nun mal keine unglücklichen Zufälle, sondern es sind Fehler. Man brockt es sich selbst ein. Im Extremfall sogar durch Annahme eines Rohstoff-Geschenks, das man hätte ablehnen dürfen – aber wer lehnt schon Geschenke ab? Tja, und der neue Rohstoff führt nun dazu, dass sich das Rad weiterdreht. Und dass das nachteilig war, kapiert man einen oder zwei Züge später.
BLACK FOREST empfinde ich an dieser Stelle als streng und restriktiv. Gut dagegen gefällt mir, welche Freiheiten die Gebäude eröffnen. Da kann man sich schöne Kombinationen aufbauen. Niemand muss die Strategie der anderen nachspielen, es sind genügend verschiedene Wege angelegt. Zumal in jeder Partie immer andere Gebäude mitspielen.


Black Forest: Gutshof

Was taugt es? BLACK FOREST ist ein Strategiespiel. Aus dem Gebäudeangebot kann ich mehrere Marschrouten für die Partie ableiten. Der Weg zum Ziel ist dann allerdings sehr taktisch, da ich viel zu optimieren habe und öfter umplanen muss; und weil ich zudem gut haushalten muss, denn Bewegungen von Dorf zu Dorf kosten Proviant, und ist der verbraucht, muss ich einen Zug aussetzen und betteln.
Das Spiel ist redaktionell sehr gut gemacht. Mir gefällt auch die gesamte Anmutung; BLACK FOREST sieht toll aus. Mir gefällt, wie ich mein Gut entwickle und konstruktiv etwas aufbaue. Und mir gefällt, wie thematisch alles auf sehr einleuchtende Weise zusammenhängt.
Allerdings finde ich diese Vorzüge auch in anderen Spielen, die leichter von der Hand gehen. Das Alleinstellungsmerkmal von BLACK FOREST ist das Ressourcenrad. Und zum zweiten Mal nach DIE GLASSTRASSE (das mechanisch und vom Spielgefühl her ein deutlich anderes Spiel ist) hadere ich mit der Art, wie dieses Rad ins Spiel integriert ist. Der Zusatzreiz, den das Rad offenbar bringen soll, erschließt sich mir nicht.
Wegen der tollen Ausstattung und Optik und weil ich auch neugierig wäre, welche Möglichkeiten sich noch in BLACK FOREST verbergen, wäre mein Interesse an weiteren Partien durchaus vorhanden. Allerdings möchte ich nicht mehr zu viert spielen und selbst zu dritt lieber nur mit Bauchspieler:innen. Und sogar dann wäre die Frage, warum wir nicht einfach eins der vielen ähnlich gelagerten Spiele mit besserem Flow spielen.


**** solide

BLACK FOREST von Uwe Rosenberg und Tido Lorenz für eine:n bis vier Spieler:innen, Feuerland.

Freitag, 6. Dezember 2024

Vor 20 Jahren (144): Akaba

Akaba Cover

Vor 20 Jahren stellte ich hin und wieder auch Kinderspiele in meinen diversen Printmedien vor. Weshalb ich hin und wieder auch Kinderspiele spielte. Mit Kindern logischerweise. Mangels eigener war das aber gar nicht so einfach zu bewerkstelligen. Ich musste die Kinder von Freunden rekrutieren, während ich so tat, als würde ich jene Freunde besuchen.

Insgeheim hatte ich natürlich nur die spielerische Verwertbarkeit des Treffens im Sinn. Aber ich brauchte gar kein allzu schlechtes Gewissen zu haben. Denn die Kinder fanden das toll. Und die Eltern fanden das auch toll. Und dann noch ich. Es stimmt schon, wenn man sagt: Beim Spielen gewinnen alle.

Einer unserer absoluten Favoriten damals war AKABA von Guido Hoffmann, ein Spiel mit Blasebalg. Den setzte man unter der eigenen Flugfigur an und pustete sie Stück für Stück weiter, um am Markt verschiedene Stände anzufliegen und dort Besorgungen zu machen. Man musste sich ganz schön geschickt anstellen mit dem Pusteding, denn die fliegenden Teppiche waren sehr leicht. Schnell flog man zu weit oder legte eine Bruchlandung hin.

Ich war dann reichlich überrascht, AKABA nicht wenigstens auf der sehr, sehr, sehr langen 2005er Empfehlungsliste „Kinderspiel des Jahres“ zu finden. Eigentlich hatte ich sogar mit einer Nominierung gerechnet.

Die mögliche Erklärung, so würde ich aus heutiger Sicht vermuten, steht schon in meinem Text. Hier noch mal: „Man musste sich ganz schön geschickt anstellen mit dem Pusteding, denn die fliegenden Teppiche waren sehr leicht. Schnell flog man zu weit oder legte eine Bruchlandung hin.“

Zweifellos verschiebt es die Ansprüche und Wahrnehmungen, wenn man – wie ich – in einer gemischten Runde mit Kindern und Erwachsenen spielt. Zudem mit Kindern, die für ihr Alter schon sehr geübt waren. In AKABA ging es auch nicht bloß um Geschicklichkeit. Das Spiel hatte zudem eine erhebliche Hektikkomponente und obendrein ein Memory-Element.

Im Nachhinein wundere ich mich also gar nicht mehr so sehr, dass AKABA von der Kinderspiel-Jury nicht empfohlen wurde. Und ich schreibe bewusst nicht „dass es übersehen wurde“ oder „dass es ignoriert wurde“. Ich bin mir sehr sicher, ein Spiel von dieser Originalität und mit diesem Aufforderungscharakter wurde weder übersehen noch ignoriert. Sondern lediglich nicht gewählt.

Dass ich auf der richtigen Fährte sein könnte, zeigt mir der Titelträger 2006. Das war DER SCHWARZE PIRAT. Ebenfalls ein Spiel von Guido Hoffmann, ebenfalls mit Blasebalg. Aber einfacher. Und für Kinder noch längst nicht leicht. Noch immer musste man sich mit dem Pusteding geschickt anstellen. Und gar nicht mal alle Kinder kriegten das gut hin.

Trotzdem war es zu spät, um mich in dieses Spiel zu verlieben. All die grandiosen Erlebnisse hatte ich mit AKABA gehabt, DER SCHWARZE PIRAT war da wie ein zweiter Aufguss. Und obwohl ich heute gar nicht mehr mit Kindern spiele, besitze ich AKABA noch immer. Wegen damals.


Dienstag, 3. Dezember 2024

Faraway

Faraway Cover

Ende.

Wie geht FARAWAY? Wir legen nacheinander acht Karten ab. Der Prozess ist immer gleich: Drei Karten haben wir auf der Hand, eine legen wir. Wer die niedrigste Zahl gelegt hat, wählt zuerst eine neue Karte aus einem kleinen Vorrat. Dann die anderen. So haben wir wieder drei Karten, legen wieder eine und so fort.
Am Ende des Spiels soll die Auslage viele Punkte zählen. Abgerechnet wird aber in einer vorgegebenen Reihenfolge, nämlich von hinten nach vorn: Wir verdecken die ersten sieben Karten wieder und werten zunächst die achte.

Faraway Karten

Die ersten sieben Karten sind – obwohl sie bereits feststehen – für die Wertung der achten noch nicht existent. Das ist aus zweierlei Gründen ein Problem: 1. Viele Karten haben Bedingungen, um überhaupt gewertet zu werden, beispielsweise sollen dafür in meiner Auslage zwei Symbole „Chimäre“ und ein Symbol „Distel“ vorhanden sein. Und je weniger Karten offenliegen, desto weniger Symbole liegen offen. 2. Die meisten Karten zählen einen variablen Punktwert, zum Beispiel drei Punkte für jede gelbe oder grüne Karte. Und solange sieben Karten zugedeckt sind, habe ich sicherlich nicht ganz so viele sichtbare gelbe oder grüne.

Faraway Wertung

Nach Wertung der achten Karte decken wir zusätzlich die siebte Karte auf, werten auch sie, dann die sechste … und so weiter bis zur ersten.

Was passiert? Da die hohen Karten üblicherweise fette Wertungen mit schwierigen Bedingungen verknüpfen, während niedrige Karten Symbole mitbringen, jedoch gar keine oder mickrige Wertungen, wäre es ziemlich logisch, die Karten in absteigender Reihenfolge zu legen, um im Finale erst die Symbole und dann die Wertungen aufzudecken. Bei nur drei Handkarten habe ich jedoch nicht immer die tollste Auswahl und vor allem …
Ich werde belohnt, wenn ich aufsteigend lege! Immer wenn meine aktuell gelegte Karte höher ist als meine Karte davor, erhalte ich eine Bonuskarte („Heiligtum“). Diese Kartensorte wird bei der Wertung niemals zugedeckt und zählt immer mit. Bonuskarten liefern Symbole, Bonuskarten können farbig sein und punkten dann bei Farbwertungen, Bonuskarten können selbst kleine Wertungen auslösen. Bonuskarten ziehe ich einfach vom Stapel. Je mehr Symbole „Hinweis“ in meiner Auslage sind, desto mehr Bonuskarten bekomme ich pro Ziehvorgang zur Auswahl.
Die Logik von FARAWAY ist ohnehin verkehrt herum, die Bonuskarten stellen die Sache nochmals auf den Kopf. Weil Bonuskarten sehr wertvoll sind, versuche ich, möglichst oft aufsteigend zu legen. Damit wächst das Risiko, dass Karten ihre Wertungsbedingungen nicht erfüllen. Was ich aber wiederum durch die Bonuskarten auszugleichen hoffe.
FARAWAY ist ein Zockspiel. Jede Karte, die ich nur deshalb lege, damit sie andere Karten unterstützt, ist eine Karte, die nicht wertet. Ich will aber viele Karten, die werten. Wenn ich noch zwei Symbole „Stein“ benötige, lege ich meistens trotzdem etwas anderes und hoffe darauf, die beiden Steine über Bonuskarten hereinzubekommen. Das kann klappen – oder auch nicht. Entsprechend krass können Spiele durch die Decke oder in die Hose gehen.


Faraway Heiligtümer

Was taugt es? Vielen Mitspieler:innen gefällt FARAWAY. Mir auch. Ich sehe es als schnell runtergespieltes Zwischendurchspiel, dessen Reiz darin besteht, aus wenigen Karten eine kleine Maschine aufzubauen, die einerseits Punkte abwirft und andererseits auch alle dafür nötigen Voraussetzungen mitbringt. Die Schicksalshaftigkeit ist aus meiner Sicht kein Problem, zumal FARAWAY in einer geübten Runde nur 20 Minuten dauert.
Wer die Zielgruppe für FARAWAY sein könnte, kann ich jedoch nicht so klar definieren. Spieldauer und Zufallsanteil sprächen eher für ein Spiel für alle. Die Originalität von FARAWAY baut allerdings Hürden auf. Ich habe Mitspieler:innen beobachtet, denen selbst nach einer vollen Partie inklusive Wertung noch kein Licht aufgegangen war, was in FARAWAY sinnvollerweise zu tun wäre was daran auch nur annähernd Spaß machen könnte.
Zweifellos nutzt sich die Originalität auch ab. Hat man sich eingefunden und die Fallen und auch die Chancen kennengelernt, spielt man schematischer. Man hat erfahren, was geht und was nicht geht, und macht natürlich das, was geht. Und hofft, dass es wieder funktioniert.
Im Rahmen eines derart kurzen Spiels empfinde ich dieses gewohnheitsmäßige Runterdreschen aber nicht als Manko. Denn trotz allem bringt jede Partie Ungewissheit und deshalb immer wieder Spannung: Welche Karten bekomme ich? Kriege ich die nötigen Symbole zusammen? Schaffe ich einen guten Score, womöglich einen neuen Highscore?


***** reizvoll

FARAWAY von Johannes Goupy und Corentin Lebrat für zwei bis sechs Spieler:innen, Kosmos.

Samstag, 30. November 2024

Gern gespielt im November 2024

ENDEAVOR – DIE TIEFSEE: Ich mag die Tiefe.

FISCHEN: Legacykartenspiel mit Stichen als schwerem Erbe.

AGENT AVENUE: Agent, Agent, ein Spielstein rennt.

PUERTO BANANA: Wenn du für 31 Bananen 74 Bananen bietest, obwohl du nur 26 Bananen besitzt.

FARAWAY: Da muss man erst mal den Rückwärtsgang reinkriegen.






UND AM LIEBSTEN GESPIELT IM NOVEMBER:

MEDICAL MYSTERIES – NEW YORK EMERGENCY ROOM: Es fühlt sich unmoralisch an: Trotzdem bin ich froh über die Gewissheit, dass es auch in MIAMI noch ein paar hilfsbedürftige Kranke gibt.




Montag, 25. November 2024

Shake That City

Shake That City: Cover

Ich kann auch nicht jedes Mal eine Einleitung aus dem Ärmel schütteln.

Wie geht SHAKE THAT CITY? Wir bauen auf sechs mal sechs Felder großen Tableaus Städte mit Wohnvierteln, Geschäften, Parks, Fabriken und Straßen. Jede Plättchensorte punktet auf andere Weise. Parks sollten neben Wohnvierteln oder Fabriken liegen, Geschäfte möglichst im Stadtzentrum, aber sie benötigen einen Straßenanschluss, Wohnhäuser sollen keinesfalls an Fabriken angrenzen ...
Ein mechanischer Pappapparat (der „Shaker“) spuckt jede Runde zufällige neun Holzsteine aus, fein geordnet als Raster der Größe drei mal drei. Steine gibt es in fünf unterschiedlichen Farben, manche häufiger, andere seltener. Jede Farbe steht für einen der fünf Bebauungstypen.

Shake That City: Shaker

Die Startperson wählt zuerst eine der Farben und muss entsprechend viele zugehörige Gebäudeplättchen in die eigene Stadt legen – und zwar in exakt derselben Anordnung, wie die Klötze aus dem Shaker herausgekommen sind. Wählte ich im Bildbeispiel Blau, müsste ich vier blaue Geschäfte in jeweils zwei parallelen Zweiergruppen bauen. Wählte ich Grau, dürfte ich ein graues Straßenplättchen auf irgendein freies Feld meiner Stadt legen.
Alle anderen Spieler:innen wählen nun ebenfalls eine Farbe und legen die Plättchen. Die Wahl der Startperson ist für alle Nachfolgenden tabu.
Das spielen wir 15 Runden lang und rechnen am Ende die Punkte aus. Neben den fünf Gebäudearten punkte ich auch für korrekt gefüllte Reihen und Spalten. Welche Vorgaben da jeweils gelten, losen wir zu Spielbeginn aus. Beispielsweise sollen in die erste Spalte sechs beliebige Gebäude, in die zweite sollen mindestens vier schwarze Fabriken. Und so weiter.

Was passiert? SHAKE THAT CITY ist ein Mehrpersonen-Solitärspiel. Bin ich nicht selber Startspieler, warte ich ab, welche Farbe zuerst genommen wird, und analysiere dann, welche der übrigen mir am besten in den Kram passt. Wir spielen gleichzeitig, und was die anderen tun, beeinflusst mich nicht.

Shake That City: Stadt

Auf welche Gebäudesorten ich abziele, ist teilweise Geschmackssache. Man kann mit jeder Farbe ordentlich punkten. Je weiter das Spiel fortschreitet, desto mehr Zwänge und Notwendigkeiten ergeben sich allerdings: Geschäften fehlt noch eine Straßenanbindung, Wohnblocks laufen Gefahr, dass nebenan Fabriken entstehen.
Solche Legeunfälle passieren, weil ich gezwungen bin, eine Farbe zu wählen, und zwar eine, von der ich sämtliche Plättchen wie vorgegeben verbauen kann. Und weil mein Tableau immer voller wird, passt von den hingeschüttelten Farben vielleicht nur noch eine einzige – die muss ich nun nehmen. Und womöglich an einen idiotischen Ort legen.
Diese Zuspitzung macht das Spiel im Finale spannend. Wer will, kann Risiko vermeiden und – um am Ende flexibler zu sein – anfangs lieber Farben mit wenig Plättchen wählen. Weil man aber nicht weiß, was der Automat ausspuckt, kann Vorsicht auch nach hinten losgehen. Womöglich kriege ich im Finale wenig Material und meine Stadt bleibt zu leer.

Was taugt es? SHAKE THAT CITY ist ein strukturiertes Spiel mit sehr klaren Abläufen. Die Übersichtstafeln klären alle Fragen. Die Punktwertungen und Wechselbeziehungen der Plättchen sind thematisch schlüssig.

Shake That City: Übersicht

Wie gut der Shaker funktioniert, hat mich überrascht. Klar, es bleibt auch mal ein Klötzchen stecken, und dann muss man die Maschine noch einmal bedienen. Aber im Regelfall bekommt man neun zufällige und sehr akkurat aufgereihte Holzsteine. Müsste man die Farbvorgabe mit gemischten Karten herstellen oder indem man Würfel aus einem Beutel zieht: Man verlöre bald die Lust.
Im Grunde trägt der Shaker das komplette Spiel. Er ist sogar faszinierender als die Legeaufgabe – die völlig in Ordnung ist, vor allem dank ihrer Reduziertheit aufs Nötigste. Aber sie folgt Ideen, die auch schon in anderen Stadtbauspielen beackert wurden.
Mechanisch originell finde ich, dass man anders als in anderen Legespielen nicht nur jeweils ein Plättchen bekommt, sondern oft gleich mehrere und die in einer vorgegebenen Anordnung. Das verleiht SHAKE THAT CITY auch Puzzle-Charakter. Die Idee ist interessant, aber trotzdem nicht so umwerfend, dass SHAKE THAT CITY im Vergleich zu den vielen anderen Legespielen herausragt.
Daran ändern auch das alternative Tableau (Stadt am Meer) und das enthaltene Modul nichts, obwohl ich es natürlich sehr begrüße, dass die Autoren Varianten mitliefern. SHAKE THAT CITY ist für mich ein typisch solides Spiel. Mit einem tollen mechanischen Gerät.


**** solide

SHAKE THAT CITY von Mads Fløe und Kåre Torndahl Kjær für eine:n bis vier Spieler:innen, Board Game Circus / AEG.

Donnerstag, 21. November 2024

Rebel Princess

Rebel Princess: Cover

Schade, in der Einleitung habe ich diesmal nichts Stichhaltiges zu bieten.

Wie geht REBEL PRINCESS? Es ist ein Stichspiel, bei dem wir Stiche meistens vermeiden wollen, denn alle blauen Karten im Stich (die Prinzen) zählen Minuspunkte. Und noch mehr Minuspunkte zählt die grüne Acht (der Frosch).
Eingekleidet ist das in eine schöne und auch sehr einleuchtende Geschichte. Wir sind Prinzessinnen, wollen in Ruhe eine Tanzparty veranstalten, aber typisch Typ: Die übergriffigen Prinzen schleichen sich ein und nerven mit ihren Heiratsanträgen.
Eigentlich folgt das Spiel sehr einfachen Regeln, nämlich die höchste Karte der angespielten Farbe gewinnt den Stich. Allerdings wird diese Einfachheit doppelt durchbrochen. Erstens besitzen wir jeweils eine Sonderfähigkeit, die einmal pro Runde auf irgendeinen Stich angewendet werden darf. Zweitens gilt für jede Runde eine andere zufällig bestimmte Zusatzregel.

Rebel Princess: Regelkarten

Beispielsweise müssen wir unsere Blätter vorab in zwei Hälften teilen und spielen erst die eine und dann die andere. Oder die roten Karten sind Trumpf. Oder nach jedem Stich wird eine Karte nach rechts weitergegeben. Oder jede gespielte Sechs kehrt die Reihenfolge der Zahlen im Stich um. Und so weiter.

Was passiert? Die raschen Regeländerungen bewirken einerseits, dass REBEL PRINCESS nicht so ganz einfach ist. Man muss sich ständig auf etwas Neues einstellen. Bei manchen Regeln geht erst hinterher ein Licht auf, wie man cleverer damit umgegangen wäre. Und bei manchen Regeln verstehen ohnehin nicht alle auf Anhieb, was gemeint ist, und man muss gemeinsam den Wortlaut deuten.
Gleichzeitig machen die garantierte Abwechslung und das Erfordernis, die Spielweise stets flexibel anzupassen, REBEL PRINCESS sehr unterhaltsam. Man freut sich darauf, dass die nächste Runde anders sein wird. Man ist gespannt darauf.


Rebel Princess: Karten

Was taugt es? Manchmal sind die Gestaltungsmöglichkeiten gering. Denn zweifellos gibt es – trotz Kartenweitergabe zu Beginn – bessere und schlechtere Blätter. Wer Stichspiele gut beherrscht und die Karten mitzählt, wird zwar auch bei REBEL PRINCESS erfolgreicher abschneiden, ist aber nicht unverwundbar. Die Sonderfähigkeiten lassen sich teilweise bestens nutzen, um jemand eins auszuwischen oder den Spielverlauf erheblich zu verändern.
Die Sonderfähigkeiten halte ich übrigens für nicht gleichermaßen stark. Oder zumindest haben sich in meinen Runden manche als deutlich leichter nutzbar erwiesen als andere. Bei einem ohnehin auf Chaos und Witz angelegten Spiel fällt das vielleicht nicht ganz so sehr ins Gewicht.
Das Konzept, immer wieder anders sein zu wollen, löst Spielreiz aus, begrenzt ihn in gewisser Weise aber auch. Angesichts der vielen Stichspiele auf dem Markt würde ich dauerhaft dann doch lieber eins spielen wollen, das verlässlich durchkomponiert ist, und eher keins, bei dem manche Regelmodifikationen gelungener und manche weniger gelungen sind.
Ab und zu oder wenn’s speziell gewünscht ist, wäre ich aber auch bei REBEL PRINCESS dabei. REBEL PRINCESS ist eine sichere Bank, um eine Stichspielrunde gut zu unterhalten, Aufmachung und Spielgeschichte sind sympathisch.


**** solide

REBEL PRINCESS von Daniel Byrne, Gerardo Guerrero, Kevin Peláez und Tirso Virgós für drei bis sechs Spieler:innen, Wonderbow / Zombi Paella.

Sonntag, 17. November 2024

Lumicora

Lumicora Cover

Meinen Einleitungen geht es wie den Korallenriffen: Einst strahlten sie in Farben, mittlerweile herrscht nur noch graue Tristesse.

Wie geht LUMICORA? LUMICORA ist ein Legespiel, bei dem die Legeteile auch gestapelt werden. Mit Dominos bauen wir Korallenriffe. Alle Dominos zeigen eine Zahl zwischen eins und sechs. Auf ihrer anderen Hälfte zeigen die Einser-, Zweier- und Dreier-Dominos ein Tier, die höheren Dominos nichts.
Wenn ich in die Höhe baue, komme ich nicht umhin, Dominos teilweise zu überdecken. Tendenziell möchte ich, dass große Zahlen und Tiere sichtbar bleiben. Um kleine Zahlen ist es meistens nicht schade. Oft stören sie sogar. Jede der vier Korallenfarben darf ich einmal während der Partie werten. Dann zählt in jeder Ebene diejenige sichtbare Zahl mit dem niedrigsten Wert.

Lumicora Korallen

Je höher mein Riff wächst, desto mehr Ebenen kann ich also werten. Im Widerspruch dazu belohnt die Schlusswertung Ausbreitung in der Fläche. (Und die Tiere zählen am Ende auch noch Punkte.)
Ungewöhnlich sind die Regeln, nach denen wir unsere Bauteile bekommen. Bin ich am Zug, spiele ich eins meiner Teile in die Mitte (wo schon andere Teile liegen) und wähle dann (üblicherweise) von dort bis zu drei Teile einer anderen Farbe. Diese muss ich nun verbauen. Ich baue also (üblicherweise) kein Teil aus meinem Vorrat, sondern hoffe auf ein schönes Angebot in der Mitte.

Was passiert? Ich muss mein Riff genau planen, damit ich nichts überbaue, was nicht überbaut werden soll. Ich muss gut haushalten, denn ab einer gewissen Riffgröße muss ich jede weitere Ausbreitung mit Kalksteinen bezahlen. Ich muss abwägen, was ich in die Mitte spiele. Ein Geschenk für die Konkurrenz soll es möglichst nicht sein. Und ich muss meine Wertungen gut timen und abschätzen, wann ich eine Farbe als abgeschlossen betrachte, um mich in meinen restlichen Zügen auf anderen Farben zu konzentrieren.

Lumicora Legeteile

Es gibt also einiges zu bedenken, allerdings verheddern sich viele meiner Mitspieler:innen schon an anderer Stelle. Sowohl das Nehmen als auch das Legen der Teile folgt gekünstelten Regeln, was während der Partie immer wieder zu Nachfragen führt. Und auch mehrmals zu denselben Fragen, obwohl sie schon beantwortet waren. LUMICORA geht nicht in Fleisch und Blut über. Vielfach musste ich korrigierend eingreifen.
Normalerweise müssen gleiche Korallenfarben zueinander benachbart oder aufeinander gelegt werden. Manchmal geht das aber nicht, und dann muss man es auch nicht. Und wiederholt wird dabei vergessen, dass nur Plättchen auf derselben Ebene als benachbart gelten. Intuitiv wird Sichtbarkeit als Kriterium für Nachbarschaft angenommen und eine gelbe Koralle in Ebene eins neben eine gelbe Koralle in Ebene zwei gelegt. Manche Spieler:innen verwirrt auch, dass man trotz der Pflicht, ein Teil in die Mitte zu legen, keins von dort nehmen muss, sondern durchaus auch eins aus dem eigenen Vorrat verbauen darf.
Dass ich meine Bauteile (üblicherweise) aus der Mitte bekomme, führt zu einer hohen Abhängigkeit von Mitspieler:innen und Nachfüllsack. Mit Glück bekomme ich eine Vorlage serviert und kann drei Plättchen auf einmal ergattern. Oder ich sehe schon vorher: Oh, da liegt mal wieder nichts Brauchbares für mich. Ab und zu gibt es die Möglichkeit, den Vorrat auszutauschen. Trotzdem fühlt sich der Erwerb der Spielsteine bei LUMICORA oft ungerecht an.

Lumicora Wertungsplan

Im Finale steigt die Schicksalshaftigkeit noch, weil ich zwei oder drei Farben schon gewertet habe und dringend auf Teile der anderen Sorten hoffe. Perfekt ist es dann, wenn ich es so gedeichselt habe oder es sich so ergeben hat, dass ich nun Farben brauche, die die anderen Spieler:innen nicht mehr brauchen.

Was taugt es? Die grundlegende Bau- und Puzzleaufgabe in LUMICORA empfinde ich als reizvoll. Sie ist jedoch mit weiteren Mechanismen verknüpft, die erstens unintuitiv sind und zweitens nichts Wesentliches zum Spielreiz beitragen.
Das sehr schön gestaltete und sehr schön ausgestattete LUMICORA will gewiss kein Spiel für Einsteiger:innen sein; es richtet sich an ein geübteres Publikum. Insofern darf es ein paar Regeln mehr haben – wenn sie das Spiel verbessern. Bei LUMICORA habe ich jedoch den Eindruck, die Regularien ergeben sich nicht aus einer Folgerichtigkeit, sondern aus der Hoffnung, ein paar Ecken und Kanten erhöhten den Spielreiz.


*** mäßig

LUMICORA von Rita Modl für zwei bis vier Spieler:innen, Deep Print Games / Pegasus Spiele.