Mittwoch, 24. Juli 2024

Surfosaurus Max

Surfosaurus Max: Cover

Haha, den Surfosaurus Max gibt’s ja gar nicht. Also gibt’s auch keine Einleitung.

Wie geht SURFOSAURUS MAX? Wir spielen reihum Karten aus. Bei zum Beispiel vier Spieler:innen geht das zwei Runden lang so, bis am Schluss acht Karten daliegen. Nun schauen wir, welche vier dieser acht Karten gemeinsam die höchste Pokerkombination bilden. Für jede meiner Karten, die Teil dieser Kombination ist, gewinne ich Punkte.

Was passiert? Beim Ausspielen versuche ich zu erahnen, welche Gewinnkombination sich ergeben könnte, um mich erfolgreich einzuklinken. Schaffe ich das absehbar nicht, kann ich auch probieren, die Auslage in eine andere Richtung zu lenken. Selbst wenn die vier erforderlichen Karten für die Kombination „gleiche Farbe“ schon beisammen sind, könnte man das mit viermal „gleiche Zahl“ noch übertrumpfen. Und es kann sein, dass eine „einfarbige Straße“ das dann nochmals kippt.

Surfosaurus Max: ein Straight Flush

Falls andere mitziehen. Ob sie das tun, hängt grundsätzlich von ihren Kartenmöglichkeiten ab. Obendrein entstehen am Tisch verschiedene Lager. Wer bereits gewichtig in der Farbkombination vertreten ist, hat sicher kein Interesse an einem Machtwechsel. Wer beim Sieg gleicher Zahlen mehr Punkte kassieren würde, steigt jedoch gerne ein.
Weil nicht alle sofort alle Kombinationsmöglichkeiten überblicken, profitiert SURFOSAURUS MAX von Kommunikation am Tisch. Von Anwerbeversuchen und Überredungskunst.
Spielt man schweigend, ist dagegen eine stärkere Tendenz da, die sich zuerst abzeichnende Kombination zu unterstützen. Und kann ich das nicht, bleibt mir nur die Hoffnung, passendere Karten nachzuziehen.
Aber auch in stilleren Runden schürt eine schöne Regelfeinheit Konflikte. Karten mit niedrigen Zahlen zählen mehr Punkte. Die Gewinnkombination bilden aber grundsätzlich die höchstmöglichen Karten. Sind also zu viele von derselben Farbe da, wird die niedrigste aus der Kombination gekickt. Wähnte ich mich bis eben als geschätzter Bündnispartner, wirft man mich mit der letzten Karte noch raus.


Surfosaurus Max: Karten

Was taugt es? Semikooperativ Poker zu spielen, ist originell und hat Pfiff. Es macht Spaß, mit der letzten gespielten Karte für eine Überraschung sorgen zu können. Andererseits macht es weniger Spaß, einem ungünstigen Blatt ausgeliefert zu sein und den anderen beim Punktescheffeln zuzuschauen. Solche Zufallsabhängigkeit ist letztendlich das Wesen von Kartenspielen.
Ich habe SURFOSAURUS MAX gerne ein paar Mal gespielt. Es hat am Tisch gefallen. Warum ich für weitere Partie dann doch andere Kartenspiele vorziehen würde, kann ich schwer an einem bestimmten Merkmal festmachen. Es ist eher das Gesamtgefühl. Die Emotionen, die ich in SURFOSAURUS MAX erlebe, sind nicht so stark, um mich immer wieder zu einer Partie zu verlocken.
Um den Versuch einer Annäherung zu machen: Ich glaube, es liegt daran, dass ich in der gesamten Partie ohnehin wenig Karten spiele (zu fünft sind es beispielsweise insgesamt zehn), und nicht jede bringt spannende Entscheidungen und Abwägungen mit sich. Häufiger ergibt sich einfach, was ich auslege. Deshalb ist die Spannungskurve selten ganz hoch.
Gut gelungen sind die Übersichten, die für verschiedene Personenzahlen auflisten, wie viele Karten vorab aussortiert und wie viele gespielt werden und wie überhaupt die Wertigkeit der Pokerkombinationen ist. Nicht gelungen ist die Farbgestaltung. Die hat schon so manche fatale Verwechslung ausgelöst, weil gelbe und die rote Karten im oberen Viertel gleich aussehen.


**** solide

SURFOSAURUS MAX von Ikhwan Kwon für zwei bis sechs Spieler:innen, Loosey Goosey.

Freitag, 19. Juli 2024

Djinn

Djinn: Cover

Dschinn Tonic, Dschinngis Khan oder Dschinn des Lebens? Die Einleitung scheitert diesmal daran, dass ich mich zwischen mehreren überragenden Wortspielen für keins entscheiden kann.

Wie geht DJINN? Wir fangen Dschinns. Um das tun zu können, benötige ich eine Flasche in der Farbe des Dschinns und einen Korken als Verschluss. Und ich muss auf meinem Weg über den Spielplan einem Dschinn begegnen (was meistens kein Problem ist, denn an jedem zweiten Feld lungern welche herum) und die erforderliche Magiestärke besitzen, um ihn zu überwältigen.
Der Spielplan zeigt ein Netz aus Orten und Wegen. An jedem Ort habe ich die Wahl zwischen zwei oder drei Richtungen, in die ich gehen kann (rückwärts darf ich nicht). In jedem Zug entscheide ich mich für einen Weg und führe anschließend die Aktionen des erreichten Ortes aus.

Djinn: Spielplan

Es gibt sechs Orts-Typen, jeder ist zweimal auf dem Spielplan vorhanden, einmal in einer stärkeren und einmal in einer schwächeren Version. Grundsätzlich erreiche ich von schwachen Orten nur starke und von starken nur schwache, so dass meine Züge abwechselnd einträglicher und weniger einträglich sind. An den starken Orten begegne ich außerdem Dschinns. Fange ich nicht mindestens einen von ihnen, kassiere ich eine Strafe.
Ohne ins Detail gehen zu wollen, bringen mir die Orte unter anderem die benötigten Flaschen oder Korken oder ich kann meine Magiestärke ausbauen. Vieles muss ich mit Geld oder Schriftrollen bezahlen, weshalb mir manche Ortsaktionen Geld oder Schriftrollen verschaffen. Manche Orte bringen mir langfristige Verbesserungen: „Ausrüstung“ verleiht mir Fähigkeiten, die andere Spieler:innen nicht haben. „Geheimgänge“ werten schwache Orte für mich auf.


Djinn: Dschinns

Was passiert? An der Dschinnjagd hängt ein erstaunlicher mechanischer Rattenschwanz, wenn man bedenkt, dass man eigentlich nur Flasche und Korken benötigt. Das eine kriege ich hier, das andere da, und zwischen diesen Aktions-Orten liegen noch andere, die mich aktuell vielleicht gar nicht so interessieren, aber an denen ich trotzdem erst mal anhalten und irgendwas tun muss.
In DJINN kommt es also darauf an, nicht nur meine Ressourcen, sondern auch meine Route zu optimieren. Ein dynamisches Element sind dabei die Dschinns. Oft bin ich auf ganz bestimmte Farben aus (wegen der Wertung oder weil ich nicht für jede Farbe die passende Flasche besitze), und wenn die nicht auf meiner Lieblingsroute zu bekommen sind, gerate ich ins Grübeln.
Sobald eine Dschinngruppe erst mal auf zwei Exemplare geschrumpft ist, lassen sich mit vergleichsweise geringem Magieaufwand zwei Dschinns gleichzeitig fangen. Ein derartiges Schnäppchen könnte mich ebenfalls veranlassen, von meiner eigentlich geplanten Route abzuweichen.


Djinn: Tableau

Was taugt es? In DJINN baue ich mir einen großen Apparat auf. Das Spielsystem leitet mich dahin. Erstens weil parallel diverse Währungen (Geld, Schriftrollen, Magie, Schlüssel) benötigt werden und ich meine Vorräte immer wieder aufstocken muss. Zweitens weil ich nun mal den Wegen folge, zwangsläufig alle Orts-Typen irgendwann mal besuche und so auch in allen Töpfen rühre, die es so gibt. Wenn auch unterschiedlich erfolgreich, haben in meinen Partien alle Spieler:innen ungefähr dasselbe gemacht.
Wegen der vielen Elemente enthält DJINN viele Kleinregeln. Zwar werden sie grafisch so gut wie möglich unterstützt, dennoch wirkt vieles auf mich unnötig verkomplizierend. Die vielen Elemente erfordern auch viel Material. Es dauert, bis bei Spielbeginn alles an seinem Ort ist.
Und zumindest mir ging es so, dass ich nach etwas Spielpause einige Regeln bald wieder vergaß und mir DJINN tatsächlich mehrfach neu erarbeiten musste. Das ist sicher auch der Anzahl verschiedener Spiele geschuldet, die ich im Laufe eines Jahres so spiele. Aber nicht nur. Es gibt Spiele mit klaren Leitideen, aus denen sich die weiteren Regeln logisch ergeben. DJINN gehört nicht dazu. Es wirkt auf mich mechanisch aufgebauscht.
Gestört hat mich überdies ein Regeldetail, das sicherlich mit Hintergedanken und vielleicht deshalb im Spiel ist, um die Interaktion zu erhöhen: Ziehe ich zu einem besetzen Ort, darf ich den Ort überspringen.
Gerade in Partien mit vier Personen führt das zu unangenehmen Abstaubesituationen. Es kann passieren, dass ich direkt vor dem Ort stehe, an dem ich den ersehnten blauen Dschinn einsacke. Ich habe alles vorbereitet, um ihn zu besiegen. Und dann ergibt es sich zufällig, dass irgendwer über andere Spielsteine auch genau dorthin hüpfen kann und mir meine Beute ungeplant wegschnappt.
Ähnliches habe ich auch umgekehrt erlebt: Der Zug eines Mitspielers entschied kurz vor Spielende darüber, ob ich in einer toten Ecke hängenbleibe und nichts Entscheidendes mehr bewirke. Oder ob ich mich doch noch mitten ins Geschehen teleportiere und mir zwei Dschinns auf einmal in den Schoß fallen. Es geschah übrigens Letzteres. Vielen Dank dafür!
DJINN sieht schön aus, hat ein interessantes Thema, ist hochwertig ausgestattet und in vielen Details sehr durchdacht. Doch einen Charakter oder ein Alleinstellungsmerkmal vermag ich nicht zu erkennen. Mir fehlen in dem gleichförmigen Getüftel und Gerechne auch Höhepunkte und Spannung. Außer natürlich, man findet Tüfteln und Rechnen an sich spannend.


*** mäßig

DJINN von Benjamin Schwer für eine:n bis vier Spieler:innen, Hall Games / Pegasus Spiele.

Freitag, 12. Juli 2024

Cuzco

Cuzco: Cover

Wenn man aus BORA BORA einfach so CUZCO machen kann, kann man doch sicherlich auch aus einer Einleitung etwas Faszinierendes machen. Ganz bestimmt. Ich jedoch war es nicht, der aus BORA BORA CUZCO gemacht hat. Insofern sehe ich mich auch nicht in der Verantwortung, was das Aufpimpen dieser Einleitung angeht.

Wie geht CUZCO? CUZCO ist die Neufassung von BORA BORA und somit ein Würfel-Einsetzspiel. Pro Runde werfe ich drei Würfel und setze sie ein, um Aktionen auszulösen. Auf ein Aktionsfeld passen mehrere Würfel auch unterschiedlicher Spieler:innen, allerdings muss jede dort eingesetzte Augenzahl niedriger als alle vorherigen sein. Niedrige Würfelzahlen machen mich also flexibler. Höhere Würfelzahlen bringen stärkere Aktionen.

Cuzco: Spielplan

Ein merkliches Thema, das über „irgendwas mit Inkas“ hinausgeht, hat CUZCO nicht, genauso wie BORA BORA kein Thema hatte, das über „irgendwas mit Atoll“ hinausging. Wir wollen im Laufe der Partie mit unserer Figur über den Spielplan laufen, um in den erreichten Orten Federn einzusammeln. Die wiederum benötige ich in bestimmter Kombination, um eine schöne Ladung Punkte einzustreichen. Und: Mit jedem Ort, den meine Figur erreicht, schalte ich einen Platz auf meinem Tableau frei. Diese Plätze brauche ich für rote und blaue Personen-Plättchen, die mir zusätzlich zu meinen drei Würfelaktionen bis zu zwei Bonusaktionen (eine rote und eine blaue) einbringen.
Alle möglichen Teilerfolge werden mit Punkten honoriert. Am Ende des Spiels zählt es Extrapunkte, bestimmte Bereiche komplettiert zu haben, zum Beispiel das Maximum von zwölf Federn zu besitzen. Und regelmäßig am Ende jeder Runde punkte ich, wenn ich eine meiner drei Aufgaben erfülle (wofür ich bestimmte Personen-Plättchen besitzen muss oder bestimmte Karten, oder ich muss bestimmte Orte bereist haben etc.).
Erfülle ich keine Aufgabe, muss ich eine abschmeißen. In jedem Fall bekomme ich eine neue. Und hier ist die Spielreihenfolge sehr wichtig, denn wer zuerst dran ist, wählt zuerst und bevorzugt natürlich solche Aufgaben, die leichter zu erfüllen sind. Die Spielreihenfolge ergibt sich nicht zufällig, sondern wir konkurrieren darum.


Cuzco: Würfel

Was passiert? Auch wenn CUZCO keine wirkliche thematische Klammer hat, ist mechanisch alles dicht miteinander verwoben und logisch aufgebaut. Sehr gelungen ist die Spieler:innen-Fokussierung: Ich will einerseits am Ende jeder Runde eine Aufgabe erledigen. Denn lasse ich auch nur einmal eine aus, geht mir der Schlussbonus für komplette Aufgabenerfüllung durch die Lappen. Und genau diese Schlussboni sind es, die mir auch langfristig und spielübergreifend einen Plan geben: Ich will bestimmte Bereiche komplettieren. Das werde ich nicht in allen sechs Kategorien schaffen. Aber möglichst viele sollen es schon sein.
Gleichzeitig sind die Handlungsmöglichkeiten von Anfang bis Ende sehr knapp kalkuliert. Nur drei Würfelaktionen pro Runde sind fast schon eine Zumutung, insbesondere wenn man nicht immer die Wunschaktionen abbekommt. Oft erreiche ich meine Ziele nur haarscharf oder muss dafür Kompromisse eingehen oder Götterkarten verplempern. Doch genau diese Haarscharf-Entscheidungen machen CUZCO sehr spannend.

Was taugt es? CUZCO ist ein Punktesalat-Spiel. Die Kernidee ist die Würfelmechanik. Um diese Mechanik herum sind verschiedene Schauplätze, die jeweils eigenen Regeln folgen, eng mit einander verwoben. Wir werden in Wettläufe verstrickt, wir konkurrieren um Schritte auf Skalen, wir schnappen uns Boni auf dem Spielplan weg – originellerweise nicht, indem den Bonus abgreift, wer zuerst kommt. Sondern umgekehrt: Wer einen Ort zuletzt bereist, bekommt am Ende Punkte dafür.

Cuzco: Tableau

Die ständigen Aufgaben empfinde ich neben dem trickreichen Würfelmechanismus als die reizvollste Idee in CUZCO. Anstatt nur am Schluss Punkte aufzuaddieren, erhalte ich so schon häppchenweise Belohnungen und bin orientiert, wie gut ich dastehe und wo es hakt. Und ich werde in einen ständigen Kampf um die Reihenfolge verstrickt, um machbare Aufgaben abzubekommen.
Der Würfelmechanismus macht CUZCO interaktiv und konfrontativ. Kleine Zahlen finde ich zwar eher doof, aber immerhin kann ich mit einer eingesetzten Eins andere von einer Aktion ausschließen. Oder zumindest besteht diese Drohung. Wahrscheinlich habe ich Wichtigeres zu tun, als plump destruktiv zu spielen. Aber können sich meine Mitspieler:innen darauf verlassen? Die Würfel in einer vorteilhaften Reihenfolge einzusetzen, erfordert gutes Timing.
Zum Glück ist auch Glück im Spiel. Dafür sorgen schon die Würfel. Und auch was jeweils an Plättchen und Aufgaben im Angebot ist, kann mir fein in die Hände spielen oder auch nicht.
Gegenüber BORA BORA empfinde ich die Endwertung als etwas gerechter und die Götterkarten als etwas ausgeklügelter. Statt fünf Sorten gibt es nun 15. Die richtigen Karten zu erwischen und zum richtigen Zeitpunkt einzusetzen, ist jetzt noch entscheidender.

Cuzco: Material

Aber braucht man CUZCO, wenn man BORA BORA hat? In meinem Fall: nein. Ich bleibe trotz der Verfeinerungen bei BORA BORA. Das liegt daran, dass ich es – offenbar gegen den Trend unserer Zeit – als Nachteil von Spielen empfinde, wenn sie jede Menge Platz verschlingen. Ich brauche keine Unterleg-Tableaus aus dicker Pappe, um darauf den Plättchennachschub aufzustapeln (zumal der dafür vorgesehene Raum seltsam knapp bemessen ist). Ich staple so etwas seit Jahrzehnten sehr erfolgreich auf meiner Tischplatte.
BORA BORA passt problemlos auf meinen Spieltisch, und man kann sogar noch Getränke hinstellen. Und ich habe BORA BORA – im Gegensatz zu manch anderem alea-Spiel – nie als zu gedrängt empfunden. CUZCO benötigt ungefähr die doppelte Fläche. Ich sehe ein, dass dieser Monumentalismus das Konzept der gesamten „City Collection“-Reihe ist und seine Fans hat; meine Bedürfnisse erfüllt das nicht. Nebenbei: Ich finde auch die Materialaufbewahrung in der Box unnötig platzraubend, unübersichtlich und frickelig. Hans im Glück hat da – ebenfalls plastikfrei – ein praktikableres System gefunden.
Auch thematisch hat CUZCO im Vergleich zu BORA BORA nicht gewonnen. Die Materialien heißen jetzt „Khipu-Plättchen“, „Chasqui-Läufer“ oder „Inti-Medaillons“, und der Spielablauf hilft mir nicht, mir darunter etwas vorzustellen. So sind es einfach nur besonders komplizierte Wörter.


***** reizvoll

CUZCO von Stefan Feld für zwei bis vier Spieler:innen, Queen Games.

Sonntag, 7. Juli 2024

Vor 20 Jahren (139): Dino Booom

Dino Booom

Beim Spielen lachen zu können, ist das Schönste am Spielen. Deswegen war WIE ICH DIE WELT SEHE so ein Volltreffer bei uns. Und deswegen erinnere ich mich auch noch bestens an ein weiteres Spiel aus derselben Zeit, bei dem wir Tränen gelacht haben, weil es einfach zu gut war. Allerdings lachten wir über das Spiel. Schadenfreudig.

Das ging schon vor der Partie los. Beim unschuldigen Ausprobieren der Mechanik. DINO BOOOM (von Dominique Ehrhard und Pierre-Nicolas Lapointe bei Goldsieber) enthielt Plastikstäbe mit Saugnäpfen. Die sollte man auf Pappplättchen rammen; die wiederum sollten an den Saugnäpfen haften bleiben.

Das allerdings funktionierte bestenfalls zwei Sekunden lang. Denn DINO BOOOM kam schon in unbrauchbarem Zustand an. Das habe ich mir natürlich nicht 20 Jahre lang gemerkt; ich entnehme es meiner damaligen Rezension in der Fairplay. Die Plastikstäbe sahen aus, als seien sie das Billigste vom Billigsten. Und ich würde wetten: Sie waren das Billigste vom Billigsten. Die Saugnäpfe waren von Beginn an deformiert und ließen sich auch nicht richten.

Tatsächlich 20 Jahre lang gemerkt habe ich mir aber den Lachflash, der einen meiner Mitspieler überkam, als er seinen Saugstab, nur so zur Probe, auf ein Plättchen poppte. Und zack: Das dünne Stäbchen knickte ab und war hinüber. Tja, fortan konnten nur noch fünf Personen mitspielen, und ich verrate: Bei diesem einen Unfall blieb es nicht.

Übrigens habe ich mir ebenfalls 20 Jahre lang gemerkt, dass ich meine Rezension seinerzeit mit dem Fragesatz eingeleitet hatte: „Warum müssen Spiele idiotensicher sein?“ Und hier ist der Beweis; ich zitiere mich mal selbst: „Warum müssen Spiele idiotensicher sein? Na, ganz klar: Weil ab und zu Idioten mitspielen. In meiner Mittwochs-Runde zum Beispiel. Dort hatten übereifrige Halbstarke schon nach wenigen Minuten die langen Plastikstiele ihrer Saugnapf-Speere zerknickt. Na toll, Jungs!“

„Jungs“, haha. Wir spielen heute immer noch in fast derselben Konstellation. Allerdings sind wir alle seitdem … äh, bis zu zehn Jahre älter geworden. Weiter im Text: „Schicksalsschläge dieser Art hindern den aufrechten Kritiker natürlich nicht an seinen fundierten Testreihen. Wohl reduziert der Materialverschleiß von Partie zu Partie die Zahl der möglichen Teilnehmer, aber da sich gleichzeitig auch die Zahl der Freiwilligen lichtet, entsteht letztlich kein Nachteil.

Wie ungefähr alle Goldsieber-Spiele funktioniert DINO BOOOM ein bisschen anders, als man uns auf der Messe glauben machen wollte. „Ist doch wurscht“, scheinen sich die Verantwortlichen zu denken und haben sogar noch recht damit. (…) Vermutlich sollen die Saugnäpfe DINO BOOOM von ähnlichen Spielen abheben. Und zugegebenermaßen bringt das Material tatsächlich den besonderen Pfiff: Wir hatten eindeutig am meisten Spaß, wenn wieder etwas kaputtging.“

Mehr ist nicht zu sagen. Ich schlage eine Schweigeminute für die einst glänzende, aber damals schon sichtbar im Niedergang begriffenen Marke Goldsieber vor.


Donnerstag, 4. Juli 2024

Ritual

Ritual: Cover

Einleitungen sind, wenn man mich fragt, ein ziemlich ausgedientes Ritual.

Wie geht RITUAL? Wir spielen kooperativ und dürfen dabei nicht reden. Unabhängig von der Zahl der Mitspieler:innen müssen drei Personen eine geheime persönliche Aufgabe erfüllen, anschließend muss die Gruppe eine Gemeinschaftsaufgabe (oder mehrere) erledigen. Sollte die Zeit dann noch nicht abgelaufen sein, haben wir gewonnen.
Jede:r startet mit zugelosten vier farbigen Steinen. Die persönlichen Aufgaben bestehen darin, entweder fünf oder sechs ganz bestimmte Steine zu besitzen. Weil wir als Gruppe insgesamt nie mehr Steine haben werden als zu Beginn, bedeutet dies: Einige von uns müssen welche hergeben, damit andere ihre Aufgaben schaffen. Und: Nicht alle gleichzeitig können ihre Aufgabe erledigen, wir sollten es der Reihe nach tun.
Bin ich am Zug, führe ich eine der folgenden Aktionen aus: Ich verschenke einen meiner Steine (außer ich habe nur noch zwei; weniger als zwei darf ich nie besitzen). Oder ich nehme einen Stein der Person links von mir. Oder ich lege einen Stein auf mein Austauschfeld. Oder ich nehme den Stein von meinem Austauschfeld herunter. Oder ich tausche den Stein vom Austauschfeld einer Mitspieler:in mit einem Stein des Vorrats. Dies ist die einzige Möglichkeit, wie die Gruppe an andere Farben herankommt als die ursprünglich zugelosten.

Ritual: Situation

Habe ich meine Aufgabe erledigt, gebe ich das bekannt. Auch das ist eine Aktion. Bin ich gar als Erster fertig, darf ich mir schon mal die Gruppenaufgabe ansehen. Für alle anderen bleibt die Karte geheim. Sie könnte zum Beispiel besagen: Nur eine:r von uns darf blaue Steine besitzen, und es müssen mindestens drei sein. Ist die Aufgabe an der Reihe, muss ich dafür sorgen, dass die anderen aus meinen Handlungen schlau werden und bei der Erfüllung mithelfen.

Was passiert? Wir kommunizieren nicht verbal, wir kommunizieren durch unsere Spielzüge. Nehme ich meinem linken Nachbarn einen grünen Stein weg, bedeutet das wohl, ich brauche Grün. Lege ich einen Stein auf mein Austauschfeld, signalisiere ich: Tauscht ihn bitte aus! Und gebe ich einen gelben Stein meiner rechten Nachbarin, heißt das vielleicht: Gelb brauche ich nicht. Oder: Ich glaube, sie braucht Gelb. Oder: Ich habe leider gar keine Peilung, ich mache nur irgendwas, um nicht den Laden aufzuhalten.

Ritual: Aufgaben

Beim ersten Mal verliert man recht häufig. Ob man auch in weiteren Anläufen verliert und wie oft, hängt maßgeblich von den Beteiligten ab. Die persönlichen Aufgaben folgen Mustern (fünf von einer Farbe / je drei von zwei Farben / je zwei von drei Farben). Wenn man das verinnerlicht und aufpasst, was die anderen tun, wird man es – normalerweise – irgendwann hinkriegen.
Allerdings ist da der Zeitdruck, der einige Leute stresst oder gar überfordert, und da ist das Kommunikationsverbot, das viel Konzentration und Mitdenken erfordert – für manche Gruppen eine tödliche Mischung. Ich habe hin und wieder Mitspieler:innen von einer Seite kennengelernt, die ich nicht unbedingt hätte kennenlernen wollen.
Zum Beispiel gibt es den Typus „Ich zuerst“. A nimmt von B einen blauen Stein, und alle wüssten nun: Gebt blaue Steine an A. Aber noch bevor A damit eine Aufgabe erledigen kann, nimmt C einen blauen Stein von A. Weil: C braucht ihn ja auch! Oder den Typus „Alle doof außer ich“. D ist megabeleidigt, weil A, B und C, wenn sie sich noch erinnerten, was D fünf Züge zuvor gemacht hat, doch längst wissen müssten, welche Farbe D noch fehlt.
Ich habe auch Frust erlebt. Denn es kommt immer mal vor, dass irgendwer mit nur noch zwei Steinen dasitzt und über Runden nichts Sinnvolles beitragen und schon gar nicht die eigene Aufgabe erfüllen kann. Auch wenn wir instinktiv gerne aktiver wären: Das Spielprinzip verlangt, dass einige sich mit der Rolle des Helferleins abfinden.
Unschön ist auch, als Neuling in eine eingespielte Gruppe hineinzukommen. Selbst wenn gar keine Vorwürfe ausgesprochen werden: Die eigene Planlosigkeit löst erst mal schlechte Gefühle aus.


Ritual: Material

Was taugt es? RITUAL ist ein sehr spezielles Spiel. Es ist nicht für alle Runden geeignet, und es spielt sich auch nicht fehlerfrei. Ungezählt, wie häufig ich unerlaubte Spielzüge korrigieren musste: Nein, Klauen nur links! Nein, nicht den eigenen Stein mit der Bank tauschen! Nein, nicht in einem Zug den Stein von Austauschfeld wegnehmen und gleich den nächsten hinlegen!
Aber sobald man sich hineingearbeitet und aufeinander eingegroovt hat, kann sich RITUAL für die Gruppe sehr belohnend anfühlen. Weil man den Schwierigkeiten getrotzt hat. Weil man eine gemeinsame Sprache gefunden hat. Weil man einander verstanden hat.
Dieser Moment des gemeinsamen Durchbruchs ist für mich der schönste Moment des Spiels. Ist man gut eingespielt, lässt sich RITUAL mit anderen Gemeinschaftsaufgaben und noch mehr Zeitdruck vielfach variieren. Den schönsten Moment hat man dann aber schon hinter sich. Um weiter erfolgreich zu sein, verfestigt sich die gemeinsame Sprache. Spielzüge werden zu Codes. Man interpretiert nicht mehr, sondern arbeitet ab.
RITUAL zu spielen, ist sehr interessant. Es ist ein Erlebnis. Das Label „solide“ passt begrifflich mal wieder nicht gut, RITUAL ist zu außergewöhnlich dafür. „Solide“ soll in diesem Fall bedeuten: Ich würde mitspielen, bin aber nicht direkt heiß darauf. RITUAL ist für mich kein Wohlfühl-Spiel. Ich möchte nicht noch mal mit einer Gruppe durch all die Schwierigkeiten gehen und auch nicht mit einer geübten Gruppe solange weiterspielen, bis wir restlos alle Aufgaben durchhaben.
Die Anleitung empfinde ich übrigens als schlecht strukturiert. Und dass dem Spiel eine esoterische Sprache aufgepfropft wird („Elementarsteine“, „Inspirationsmarker“, „mystische Ebene“ etc.), macht es nicht leichter.


**** solide

RITUAL von Tomás Tarragón für zwei bis sechs Spieler:innen, Strohmann Games.

Sonntag, 30. Juni 2024

Gern gespielt im Juni 2024

KUTNÁ HORA: Silberne Stadt mit Golddruck.

MOJO: Ein Mojo ist ja eigentlich ein Glücksbringer. Warum hat das meinem Exemplar noch niemand gesagt?

REBEL PRINCESS: Single bells statt Hochzeitsglocken.

BOTANICUS: Blumfeld mit gelegentlichen Fehlfarben.

SKY TEAM: Inzwischen sind wir auch auf den gefährlichen Flughäfen gelandet und das Spiel auf der Nominierungsliste von Spiel des Jahres.





UND AM LIEBSTEN GESPIELT IM JUNI:

GREAT WESTERN TRAIL NEUSEELAND: Trail and error (und Spaß dabei).






Mittwoch, 26. Juni 2024

Bücher der Zeit

Bücher der Zeit: Cover

Mein Blog braucht keine eigenen Einleitungen, denn oft bringen die besprochenen Spiele die allerschönsten Einleitungen mit, indem sie versuchen, ihre Themenlosigkeit mit bedeutungsvoll klingenden Phrasen zu übertünchen.
Zum Beispiel BÜCHER DER ZEIT: „Seit Jahrtausenden wird die Geschichte der Menschheit niedergeschrieben. Unsere technologischen Errungenschaften, geografischen Entdeckungen und das Streben nach Fortschritt ziehen sich wie ein roter Faden durch unsere Geschichtsbücher. Nun liegt es an euch, den Lauf dieser Geschichte zu gestalten. In diesem Spiel für 1 - 4 Bücherfans wartet die Menschheitsgeschichte darauf, von euch geschrieben zu werden.“
Ich finde es schön, mir die Menschheitsgeschichte vorzustellen, wie sie da irgendwo sitzt und auf ihre Niederschrift wartet. Und ich klatsche freudig in die Hände, wie „Errungenschaften“ und „Entdeckungen“ hervorgehoben werden, die im Spiel lediglich als austauschbare Illustrationen auftauchen.
Worum es wirklich geht, verrät der nächste Satz: „Füllt im Laufe der Partie eure Bücher mit neuen Seiten und erstellt dabei einzigartige Fähigkeitskombinationen.“ Es geht um Währungen, Symbole, Aufstiege auf Skalen und am Ende um Punkte. Um geschichtliche Ereignisse geht es überhaupt nicht, auch wenn ein sechsseitiger Anhang Hintergrundinformationen zu den Illustrationen gibt.
Und die Bücher, die wir zusammenheften, ergeben keine Geschichte. Wenn ich möchte, kann ich Marie Curie vor Archimedes einheften, ich kann auch zweimal Marie Curie einheften. Damit erzähle ich nichts und erst recht schreibe ich keine Menschheitsgeschichte. Ich sortiere bloß meine Karteneffekte.


Bücher der Zeit: Hefter

Wie geht BÜCHER DER ZEIT? Auffälligstes Spielmaterial sind pro Person drei Hefter mit Buchdeckeln. In den grünen Hefter gehören grüne Seiten, in den gelben gelbe, in den roten rote. In der Schlusswertung kommt es beim gelben Hefter darauf an, dass Seiten mit bestimmten Symbolen in einer vorgegebenen Reihenfolge abgeheftet sind. Bei den anderen beiden Büchern ist die Reihenfolge egal. Dort geht es nur darum, geforderte Symbole zu sammeln.
Die Buch-Schlusswertung ist aber nur ein Teil des Punktekuchens. Wir sammeln auch viele Punkte im Spielverlauf, entweder durch Effekte unserer Buchseiten oder auf den drei Skalen des „Zivilisationsplans“. Und auch dort können wir Schlusswertungen freischalten, welche die bloße Menge der eingehefteten grünen, gelben oder roten Seiten belohnen.
Als Rundenzähler fungiert die „Chronik“. Das ist ein Hefter, der niemandem gehört und schon zu Beginn komplett bestückt ist. Mit welchen Seiten und in welcher Reihenfolge, ist in jeder Partie anders. Pro Runde wird die Chronik um eine Seite weitergeblättert. Die nun offen liegende Doppelseite zeigt zwei mögliche Aktionen. Eine davon führe ich aus sowie zusätzlich eine von sechs Standardaktionen.
Beispielsweise: Ich nehme entweder zwei Seiten aus der Auslage in meinen Vorrat. Oder ich hefte beliebig viele Seiten aus meinem Vorrat in meine Bücher ein. (Das kostet Ressourcen.) Oder ich nutze die in einem meiner Bücher aktuell aufgeblätterten Aktionen und blättere anschließend weiter.


Bücher der Zeit: Karten

Was passiert? Ich will an die richtigen Seiten herankommen, und ich will sie zumindest teilweise in einer bestimmten Reihenfolge anordnen. Und ich will das in möglichst wenigen Zügen schaffen. Falls ich also abhefte, dann am besten gleich meinen kompletten Vorrat. Um das bezahlen zu können, muss ich zuvor einige Ressourcen horten. Und ich muss eine kluge Abfolge austüfteln, denn jedes Abheften bringt Sofortbelohnungen, teils Ressourcen, teils Seiten. Damit kann ich meinen Kettenzug gezielt verlängern.
Meine Hefter baue ich zu drei Aktions-Maschinen aus. Denn Seiten will ich nicht nur wegen ihrer Symbole und somit wegen ihrer Punkte. Einige der Seiten will ich obendrein für die darauf abgebildeten Aktionen. Und so kann es sinnvoll sein, zwei bestimmte Seiten gezielt hintereinander anzuordnen. Wenn ich nach der Aktion umblättere, kommt dahinter eine Doppelseite, die mit dem soeben erworbenen Material weiterarbeitet.
Oder umgekehrt: Ich war genötigt, eine Seite einzuheften, deren Aktion mich nicht interessiert. Dann werde ich möglichst bald eine Seite draufheften, die verwendbarer erscheint.
Diese gesamten Planungen führen dazu, dass wir alle ständig in unseren Heftern herumblättern, um zu sehen, welche Symbole schon drin sind und welche noch fehlen, welche Aktionen möglich sind und was zwei Seiten später geschehen könnte. Das ist einerseits originell, andererseits aufwendig und unelegant.

Was taugt es? BÜCHER DER ZEIT ist ein weitgehend interaktionsloses Optimierungsspiel, bei dem wir Ressourcen sammeln und tauschen und aus Effizienzgründen möglichst lange Aktionsketten auslösen wollen. Je nach Grübelbedarf der Spielerunde kann sich das Durchrechnen der Möglichkeiten in die Länge ziehen. Die auf der Schachtel versprochenen „45 bis 60 Minuten“ sind bei drei oder vier Spieler:innen illusorisch. Zumal viele Entscheidungen taktisch und situativ geprägt sind. Welche Optionen die Chronik bietet, lässt sich nicht vorhersehen. Welche Seiten im Markt liegen, ändert sich rasch.

Bücher der Zeit: Skalen

Wir nehmen also Ressourcen, wir tauschen und bezahlen sie, wir steigen auf Skalen auf, wir sammeln Karten-Sets. Rein mechanisch ist das wenig spektakulär. Einen coolen Dreh bekommt das herkömmliche Geflecht erst durch das Einheften. Allerdings: Aus dem Buchthema holt BÜCHER DER ZEIT wenig heraus. Thematisch nicht und auch mechanisch nicht. Im Laufe der Partie nutzen wir nur wenige Aktionen zum Umblättern. Die Bücher treten in ihrer Eigenschaft als Bücher wenig in Erscheinung. Überwiegend sind sie eben doch nur Hefter.
BÜCHER DER ZEIT benutzt eine gut verständliche Symbolsprache. Und weil es nur sechs Grundaktionen gibt, die auf einer Übersicht klar dargestellt sind, muss – sofern eine:r die Regeln kennt – nicht allzu viel erklärt werden, bevor es losgehen kann.
Die unterschiedlichen Punktequellen führen dazu, dass es glücklicherweise nicht nur einen Weg zum Ziel gibt. Man kann brav die Buchwertungen befolgen und perfekte Symbolsammlungen zusammenstellen. Ich habe aber auch Strategien als erfolgreich erlebt, die vorrangig auf Masse setzten. Indem ich einfach nur sehr viel einhefte, setze ich die Sammler:innen unter Druck, die dann nicht mehr die erhofften Symbole bekommen. Gerade im Spiel zu viert werden die Buchseiten sehr knapp.


**** solide

BÜCHER DER ZEIT von Filip Glowacz für eine:n bis vier Spieler:innen, Giant Roc.

Samstag, 22. Juni 2024

Block and Key

Block and Key: Cover

Blog und KI: Die Kombination verspräche herrliche Einleitungen. Aber bitte auf dem Teppich bleiben. Hier geht es um BLOCK AND KEY.

Wie geht BLOCK AND KEY? Wir bauen mit dreidimensionalen Tetris-Steinen. Bin ich am Zug, nehme ich entweder neue Steine oder baue einen ins Gemeinschaftskonstrukt ein. Es gibt Steine in vier Farben. Sie sind nicht einer Person zugeordnet, sondern jede:r könnte jede Farbe im Vorrat haben.
Mein Ziel: So zu bauen, dass (aus meiner Perspektive) Farben ein Muster gemäß meiner Auftragskarten bilden, beispielsweise eine fünf Segmente große T-Form, bei der drei Felder weiß und die anderen beiden Felder braun sind. Diese fünf Segmente müssen aber nicht gleichweit von meinem Spielplanrand entfernt sein. Es muss für mich lediglich der Blick auf alle fünf frei sein. Ich baue dreidimensional – werte aber zweidimensional.


Block and Key: Bau

Was passiert? Wenn ich an der Reihe bin, gehe ich meine Steine und meine Auftragskarten durch und überlege, welchen Auftrag ich erledigen könnte und wie. In seltenen Fällen kann ich sogar zwei Aufträge gleichzeitig schaffen. Und klappt gar nichts, nehme ich mir neue Steine in den Vorrat.
Gewiss kann ich auch schon vor meinem Spielzug nachdenken, aber es besteht die Gefahr, dass die Bauaktionen anderer Spieler:innen meinen geplanten Zug unmöglich machen und ich von vorn überlegen muss. Die Planungssicherheit ist nicht sonderlich hoch. Deswegen bringen mich auch Vorbereitungszüge kaum weiter. Ob ich im nächsten Zug das Vorbereitete vollenden kann, ist ungewiss. BLOCK AND KEY spielt sich sehr situativ.
Auffallend oft musste ich in meinen Partien an die Bauregeln erinnern oder sie noch einmal erklären oder Züge bemängeln, die nicht korrekt waren. Die Bauvorschriften sind unintuitiv, und ein damit verbundener spielerischer oder taktischer Mehrwert ist für mich nicht zu erkennen.


Block and Key: Aufträge

Was taugt es? Dass wir das dreidimensionale Gebilde zweidimensional auswerten, empfinde ich als interessanten Kniff. Das Baumaterial ist schön schwer und liegt gut in der Hand. Aber …
BLOCK AND KEY langweilt mich: Wenn ich dran bin, rechne ich nacheinander meine Möglichkeiten durch. Dazwischen fühle ich mich kaum am Spiel beteiligt. Aus meiner Sitzposition kann ich nicht nachvollziehen, was die anderen bauen und ob sie Ziele erreichen. Es ist für mein Spiel letztlich auch irrelevant. Wenn jemand mir etwas verbaut, dann aus Versehen. Man weiß ja gar nicht, was die Konkurrenz vorhat.
Für jeden erledigten Auftrag ziehe ich einen neuen nach und habe die Wahl zwischen „normalen“ und „schwierigen“ Mustern, die mehr Punkte bringen. Ein „normaler“ Auftrag kann allerdings schwierig sein, wenn er Farben verlangt, die auf meiner Seite kaum zu sehen sind. Umgekehrt können vermeintlich „schwierige“ Muster leicht sein.

Block and Key: Steine

In der Endwertung gewinne ich weitere Punkte für eine der vier Farben. Zu Spielbeginn wurde geheim zugeteilt, welche es ist. Je mehr Segmente dieser Farbe am Schluss aus meiner Perspektive zu sehen sind, desto besser. Ob meine Auftragskarten diese Farbe auch verlangen, ist aber komplett zufällig. Falls nein, bin ich gezwungen, immer wieder Farben zu bauen, die zu meiner Endwertung nichts beitragen. Die Farbwertung suggeriert eine übergeordnete strategische Aufgabe, die das Spiel aber nicht einlöst.
Wenig elegant finde ich schließlich, wie schnell insbesondere im Vier-Personen-Spiel die Steinvorräte schwinden. Normalerweise darf man pro Zug drei Steine nehmen, rasch gibt der Markt das nicht mehr her, und man bekommt weniger als drei. Was Personen benachteiligt, die mangels erfüllbarerer Aufträge ohnehin schon in der Not sind, häufiger Steine zu nehmen.
Schlimmer noch: Mehrfach haben, als der Markt nicht mehr aufgefüllt werden konnte, Mitspieler:innen die Partie abgehakt. Mit ihren Steinen konnten sie nichts mehr beschicken. Und der kleine Restmarkt versprach keine Besserung. Theoretisch könnte BLOCK AND KEY sich sogar komplett aufhängen, indem niemand die für das Spielende erforderliche Anzahl Aufträge schafft. Das ist in meinen Partien allerdings nie vorgekommen.
BLOCK AND KEY spielt sich unrund. Es schleppt etliche Probleme mit sich herum, an deren Lösung man vor der Veröffentlichung noch hätte arbeiten sollen.


** misslungen

BLOCK AND KEY von David Van Drunen für eine:n bis vier Spieler:innen, Skellig Games.

Dienstag, 18. Juni 2024

Darwin’s Journey

Darwin´s Journey: Cover

Im Detail ist es widersprüchlich: Nach AUF DEN WEGEN VON DARWIN dachte ich, Darwin sei immer nur im Kreis gesegelt. Jetzt heißt es: Er fuhr eher geradeaus. Immerhin in einem Punkt sind sich beide Spiele einig: Die gefundenen Tiere gehören definitiv in ein Raster.

Wie geht DARWIN’S JOURNEY? Es ist ein Figureneinsatz-Spiel. Die besondere Idee dabei: Wir bilden die Figuren im Laufe des Spiels aus, wir spezialisieren sie. Angezeigt wird das durch Farbmarkierungen an den Figuren. Manche Felder dürfen nur von Figuren mit (beispielsweise) grünen Siegeln betreten werden. Sollte meine Figur sogar zwei grüne Siegel besitzen, darf ich die Feldaktion auf ihrer höheren Stufe verwenden – sofern sie a) denn schon freigeschaltet und b) noch nicht von einer anderen Figur besetzt ist.
Für Grundaktionen benötigen Figuren nur eine oder gar keine Siegelfarbe. Spezielle Aktionen erfordern Farbkombinationen, vielleicht zwei rote und zwei blaue Siegel. Nebenbei bekommen Figuren mit mindestens drei Siegeln auf den meisten Feldern noch einen Bonus. Und mit vorgegebenen Farbkombinationen aktiviere ich „Besatzungskarten“ (und damit einen starken Einmal-Effekt). Und Punkte bei Spielende zählen die Siegel außerdem.

Darwin´s Journey: Einsetzfelder

Figuren mit Siegeln auszurüsten, ist also eine gute Idee, und das ist auch eine der Grundaktionen. Andere Grundaktionen sind: mit meinem Schiff weitersegeln oder mit meiner Landfigur weiterlaufen. Mit dem Schiff segle ich, um zusätzlich zur Startinsel noch zwei weitere Inseln zu erreichen und dort Landfiguren abzusetzen. Mit der Schiffsreise verbessere ich außerdem meine Konditionen für die fünf Rundenwertungen. Und ab und zu entdecke ich auch ein Exemplar (Tier, Pflanze, Fossil) oder erreiche andere spezielle Felder.
Die meisten Exemplare entdecke ich mit meinen Landfiguren. Einfach indem ich das entsprechende Feld betrete. Auch alle andere Felder sind für Landfiguren sehr attraktiv. Es locken Geldeinnahmen, ich darf mir einen Auftrag auswählen, ich bekomme Ressourcen oder darf Aktionen ausführen, auf die ich nicht näher eingehe, um mich nicht in Details zu verlieren.

Darwin´s Journey: Insel

Entdeckungen darf ich ins Museum bringen, sofern sie dort noch nicht sind. Auch das ist eine Standardaktion, und ich werde dafür belohnt. Exemplare sollte ich zudem auch deshalb entdecken – sogar wenn sie schon im Museum sind –, weil das sowohl bei Rundenwertungen als auch bei Aufträgen gefragt ist. Erledigte Aufträge bringen übrigens nicht nur einfach Punkte, sondern schalten Dauereffekte auf meinem Tableau frei.

Was passiert? Figureneinsatz-Spiele sind immer interaktiv, weil wir uns Felder wegnehmen und typische Überlegungen deshalb lauten: Wohin zuerst, was wollen wohl die anderen? In DARWIN’S JOURNEY ist das Ganze noch etwas konfrontativer und vor allem verwickelter. Die Basisfelder der Grundaktionen nehmen zwar mehrere Figuren auf. Aber es kostet Geld, dorthin zu gehen, wo schon andere Figuren sind. Und Geld kann je nach Szenario sehr knapp sein.
Obendrein sind die Züge reichlich verzwickt. Oft stellt sich gar nicht die Frage, wohin ich mit meiner Figur will, sondern (mangels Ressourcen) wohin ich überhaupt kann. Mag ja sein, dass ich die Eintrittskosten eines Feldes noch berappen kann. Aber durch meine Aktion initiiere ich einen Zusatzeffekt, der wiederum einen weiteren Zusatzeffekt auslöst. Und für diesen zweiten Zusatzeffekt brauche ich weiteres Geld – und das fehlt mir. Oder mein Zug führt dazu, dass ich einen Auftrag erfüllen kann. Was ja schön ist. Aber ich möchte mit dem Auftrag einen besonders guten Dauereffekt freischalten, und das kostet noch mal extra.

Darwin´s Journey: Spieler:innentableau

Und so rechne ich meine Möglichkeiten durch. Und irgendwann komme ich vielleicht darauf, dass mir gar nichts gefällt und dass ich einen bestenfalls mittelmäßigen Zug hinkriege. Aber auch den muss ich noch mal gut durchplanen. Denn er soll mich ja befähigen, wenigstens mit der nächsten Figur einen besseren Zug machen zu können.

Was taugt es? Man sollte sich darauf einstellen, dass DARWIN’S JOURNEY hart und bestrafend sein kann. Mehrfach hatten Personen, die in der Zugreihenfolge hinten saßen, das Gefühl, von Beginn an hinterherzurennen. Die beliebtesten Aktionen sind sofort belegt. Man muss auf etwas anderes ausweichen oder für eine Aktion bezahlen, die andere kostenlos bekommen haben. Das fühlt sich nicht gut an. Erst recht nicht, wenn man im Spielverlauf pleitegeht und Notzüge ausführen muss, um überhaupt wieder ein bisschen Geld zusammenzukratzen.
Durch die extreme Verknappung, die starke Verzahnung und obendrein diverse Ketteneffekte wird DARWIN’S JOURNEY im Spielverlauf immer grübeliger. Das nehme ich hier aber gern in Kauf, weil das System bei aller Komplexität sehr logisch und dicht ist, und es deshalb Spaß macht, in diesem System zu agieren und gute Lösungen zu finden. Die Denkarbeit mündet in befriedigende Spielfortschritte und Belohnungen.
Das könnte man natürlich über jedes komplexe Spiel sagen, auch über solche, bei denen ich den Eindruck habe, sie seien vor allem der Komplexität wegen komplex. DARWIN’S JOURNEY ist da schon hart an der Grenze – aber noch nicht drüber, weil wesentliche Kernkonzepte (Wettläufe auf Inseln, auf hoher See und um freie Plätze im Museum) sehr konkret sind.

Darwin´s Journey: Exemplare

Trotz detailreicher Mechanik empfinde ich DARWIN’S JOURNEY nicht als überladen. Die vielen Elemente tragen dazu bei, um verschiedene Strategien zu ermöglichen und den Spielaufbau variabel zu halten. Die Idee, Figuren zu spezialisieren, ist obendrein mechanisch ungewöhnlich und trägt als Basis das gesamte Spiel.
DARWIN’S JOURNEY ist sehr schön gestaltet, die Symbole sind gut verständlich. Manche sind allerdings zu klein.


***** reizvoll

DARWIN’S JOURNEY von Simone Luciani und Nestore Mangone für eine:n bis vier Spieler:innen, Skellig Games / Thundergryph Games.

Montag, 10. Juni 2024

Spellbook

Spellbook: Cover

Zaubern zu können, hat große Vorteile. Zum Beispiel muss man keine Gebäude mehr bauen, um Punkte zu bekommen. Man zaubert sich die Punkte einfach. Luxus!

Wie geht SPELLBOOK? Wir zaubern. Dreimal täglich morgens, mittags und abends. Die Tageszeiten stehen für die drei Aktionen, die ich in meinem Spielzug in vorgegebener Reihenfolge ausführe.
Morgens erhalte ich Ressourcen: standardmäßig entweder zwei zufällige aus dem Sack oder eine nach Wahl vom Bank-Tableau. Mittags darf ich eine meiner Ressourcen einlagern. Damit steht sie mir nicht mehr zur Verfügung, zählt aber bei Spielende Punkte und belastet nicht mehr mein Limit. Denn nur neun Ressourcen darf ich vorrätig haben, und wegschmeißen darf ich keine.

Spellbook: Zauber

Abends schließlich darf ich einen Zauber erlernen. Für drei, vier oder fünf rote Ressourcen, die ich abgebe, erlerne ich etwa den roten Zauber auf der schwächsten, mittleren oder stärksten Stufe. Höhere Stufen bringen nicht nur mehr Punkte in der Schlusswertung, der Effekt des Zaubers ist auch stärker.
Die meisten Zauber sind einer der Tageszeiten zugeordnet. Statt der Standard-Aktion kann ich nun alternativ die Zauber-Aktion ausführen. Beispielsweise ziehe ich morgens nicht mehr zwei Steine aus dem Sack, sondern so viele, bis ich sechs habe.
Mein Tagesablauf wird während des Spiels also immer effektiver. Ich konstruiere mir eine Zauber-Engine. SPELLBOOK ist ein Wettrennen. Hat jemand die Zauber in allen sieben Farben erlernt, endet die Partie.


Spellbook: Tableau

Was passiert? Man hofft natürlich, gleichfarbige Steine zu bekommen in Farben, deren Zauber man noch nicht erlernt hat. Und ärgert sich, wenn es nicht geschieht. Die Möglichkeit, gezielt einen Stein vom Bank-Tableau zu wählen, gleicht den Glücksfaktor etwas aus. Aber auf Kosten des Tempos. Im Regelfall ist es besser, zwei Steine zu bekommen statt einem. Außer sie sind beide unbrauchbar. Was man vor dem Ziehen aber nicht weiß.
Neben den Farben zeigen die Steine auch Symbole. Drei gleiche Symbole darf ich als Farbjoker nutzen. Das bietet eine weitere Chance, schlechtem Ziehen entgegenzuwirken. Aber auch das wieder auf Kosten von Tempo.
SPELLBOOK ist glücksbetont. Ich habe nicht den Eindruck, dass man mit cleverem Spielen schlechtes Ziehen ausgleichen kann. Gutes Ziehen ist wichtiger als gutes Taktieren.
Es geht dabei nicht nur um gleichfarbige Steine. Sondern um die richtigen gleichfarbigen Steine: Zauber, die einfach nur Punkte bringen, erlerne ich lieber gegen Ende der Partie. Zauber mit einem wuchtigen Einmal-Effekt am besten ganz schnell. Und lieber habe ich einen Zauber für den Morgen und einen für den Mittag statt gleich zwei für morgens, von denen ich pro Tag nur einen ausführen kann.

Spellbook: Situation

Es ist offensichtlich, in welcher Reihenfolge ich die Zauber erlernen sollte – doch mein Einfluss darauf ist nicht gerade hoch. Schon wegen meines Ressourcen-Limits muss ich mich nach den Farben richten, die ich nun mal ziehe.
Gleichwohl ist SPELLBOOK glücklicherweise nicht ausschließlich Glückssache. Durchaus treffe ich Entscheidungen aufgrund von Wahrscheinlichkeiten oder Risikoabwägung. Und ich taktiere (wenn auch vermehrt erst in der zweiten Spielhälfte): Erwerbe ich einen Zauber sofort auf der schwächeren Stufe oder lohnt es sich, noch eine Runde zu warten? Welchen Zauber wende ich an, welchen nicht? Lagere ich Ressourcen ein oder kann ich sie später doch noch gebrauchen?

Was taugt es? SPELLBOOK kann, wenn man Pech beim Ziehen hat, frustrierend sein. Das muss man aushalten können und sitzt dann hoffentlich in keiner Runde, die das Spiel durch unnötiges Grübeln in die Länge zieht. Denn eigentlich ist SPELLBOOK als flottes Wettrennen konzipiert.
Mir gefällt die klare Gliederung des Spiels. Und mir gefällt die Variabilität. Pro Farbe ist immer einer von drei möglichen Zaubern im Spiel, entweder in einer vorgegebenen Kombination oder zufällig ausgelost. So können immer wieder andere Wechselbeziehungen entstehen. Bei aller Einfachheit lässt sich in SPELLBOOK manches entdecken.
Redaktionell ist SPELLBOOK auffallend gut gemacht. Das Material sieht gut aus, die Symbolik leitet gut durch das Spiel, die Übersichten helfen sehr, die Anleitung hat uns auch bei Detailfragen niemals im Stich gelassen.
SPELLBOOK ist mir sympathisch. Ich fürchte allerdings, es hat keine wirkliche Zielgruppe. Geübte Spieler:innen, die SPELLBOOK flüssig genug durchspielen können, dass es noch Spaß macht, nehmen in dem Spiel wenig Substanz wahr. Und weniger geübte Spieler:innen sind trotz der klaren Gliederung von den vielen Texten und Zauberfähigkeiten oft überfordert.


*** mäßig

SPELLBOOK von Phil Walker-Harding für eine:n bis vier Spieler:innen, Space Cowboys.

Donnerstag, 6. Juni 2024

Vor 20 Jahren (138): Wie ich die Welt sehe

Wie ich die Welt sehe: Cover

„Am Ende des Regenbogens findest du …“

Das würde man doch gerne erfahren, nicht zuletzt um potenzielle Wanderrouten zu planen. Und gleich folgt die Auflösung. Nämlich indem meine Mitspieler:innen verdeckt eine ihrer Begriffskarten vorschlagen, um die Textlücke bestmöglich zu schließen. Sobald sich alle entschieden haben, mische ich, decke auf und lese vor.

Also, was finde ich am Ende des Regenbogens? „Das vollkommene Glück“? „Osterbier vom Fass“? „Geblümte Tapete“? „Hundekekse“? „Deutsche Touristen“? Ich muss diejenige Antwort auswählen, von der ich meine, dass sie am besten passt. Wer gewählt wird, gewinnt einen Punkt und wird in der nächsten Runde Entscheider:in.

Und was heißt nun „am besten passt“? Das bestimme ich, denn es geht ja um meine Weltsicht. Und ich kann verraten, dass ich mich bei WIE ICH DIE WELT SEHE (vor Urs Hostettler bei Fata Morgana und Abacusspiele) nahezu immer für etwas entschieden habe, das ich lustig fand.


Wie ich die Welt sehe: Karten

Und ich fand vieles lustig. WIE ICH DIE WELT SEHE hat meinen Humor unglaublich gut getroffen. Viel mehr als andere Spiele, die lustig sein sollten. Wobei ich einräumen muss: Wir haben es meist nicht ganz so streng nach Regeln gespielt. Die sehen vor, dass jeder gewonnene Punkt die Zahl der Handkarten verringert. Wodurch es leider – mangels Auswahl – Runde für Runde ein bisschen weniger witzig wird.

In der passenden Gruppe hätte ich WIE ICH DIE WELT SEHE damals jeden Tag spielen können. Und ich habe es in allen verfügbaren Tageszeitungen bejubelt, so gut ich konnte. Heute wissen wir: Meine Medienmacht war zu gering. WIE ICH DIE WELT SEHE ist leider nicht mehr am Markt.

Dass Menschen irrigerweise andere Dinge lustig und andere Spiele toll finden als ich, habe ich schon häufiger bemerkt. Hinzu kommt: Humor altert. Auch weil die im Spiel vorkommenden Begriffe altern und damalige Prominente nicht mehr prominent sind. Das zeigte sich, als ich WIE ICH DIE WELT SEHE zuletzt gespielt habe – und das ist auch schon wieder ein paar Jahre her. Es war nicht mehr so brüllwitzig wie in meiner verklärten Erinnerung. Aber bestimmt waren die Mitspieler:innen schuld.

Übrigens hat WIE ICH DIE WELT SEHE (möglicherweise) einen neuen Mechanismus etabliert: In die Antwortkarten wurde immer auch eine Störkarte vom Stapel mit hineingemischt. Die man tunlichst nicht auswählen sollte. Heute – KRAZY WORDZ, BELRATTI, SO KLEEVER etc. – ist das gängig. Aber auf Anhieb fällt mir kein älteres Spiel als WIE ICH DIE WELT SEHE ein, in dem das auch schon so gehandhabt wurde. Ich lasse mich gerne eines Besseren belehren.

Und hier noch die 20 Jahre alte und unvergessene Antwort meines damaligen Mitspielers Ralph: „In der Not frisst der Teufel …“

„Fliegenfänger“!