Mittwoch, 8. Januar 2025

Vor 20 Jahren (145): Louis XIV

Louis XIV: Cover

Folgendes Fax erreichte im Januar 2006 die Stuttgarter Zeitung und in Weiterleitung kurz darauf auch mich:

„Aufgrund einer überschwänglichen Empfehlung in Ihrer Zeitung habe ich das Spiel „Louis Quatorze“ [sic] gekauft. (…) Zu viert haben wir’s kürzlich angepackt und saßen eines langen Abends zunehmend ratlos vor einer schwer verständlichen, äußerst umfangreichen, umständlichen Gebrauchsanweisung. Keine Ränke, durch Bestechung kaum wenig zu erreichen [sic], irgendwann ging das Spielgeld aus, dann die Wappen, die man zum Gewinnen braucht. Zäh schleppte sich das Spiel voran, zu einem mühsamen Ende. Wir kamen zu dem Ergebnis, daß derjenige, der den Artikel geschrieben hat, niemals das Spiel ausprobiert und lediglich die Herstellerinformationen abgeschrieben hat. Und es ist keine Ränke, wenn ich der Redaktion vorschlage, dass dieser Journalist dazu verdonnert werden sollte, selbst einmal den Louis IX [sic] auszuprobieren.“

Wer schon mal Texte von mir gelesen hat, erkennt den offensichtlichsten Fehler des Schreibens sofort: Es ist „überschwänglich“. – Okay, tatsächlich hielt ich LOUIS XIV (Rüdiger Dorn bei alea) für ein gutes Spiel. Allerdings finde ich in meinem Artikel nach 14 Zeilen gröbster Spielbeschreibung an Wertung nur Folgendes: „Die Raffinesse dieses Ränkespiels überzeugte auch die Juroren des Deutschen Spielepreises: „Louis XIV“ ist der aktuelle Titelträger.“

Die Empfehlung ergab sich im Wesentlichen daraus, dass ich LOUIS XIV für diesen Artikel mit Spieletipps zu Weihnachten 2005 überhaupt ausgewählt hatte: als eines von sieben Spielen und bezeichnet als „Spiel für Experten“. Die Viererrunde, die an LOUIS XIV gescheitert war, bestand offenbar nicht aus Expert:innen. Dass ihnen Spielgeld und Wappen ausgingen, deutete stark auf Regelfehler hin.

Meine Antwort ist nicht archiviert. Vermutlich habe ich noch mal auf die Wahl zum Deutschen Spielepreis hingewiesen, die immerhin zeigt, dass nicht nur ich das Spiel für besonders gut hielt. Möglicherweise habe ich sogar angeboten, mich bei Regelfragen zu kontaktieren. Und ganz sicher habe ich die Unterstellung zurückgewiesen, LOUIS XIV gar nicht aus eigener Erfahrung zu kennen. Es war damals eines meiner meistgespielten Spiele.

Eine Antwort erhielt ich nie. Vom Redakteur der Stuttgarter Zeitung bekam ich immerhin das Lob, ich hätte die Angelegenheit mit viel Fingerspitzengefühl geregelt. Bei mir blieb trotzdem ein schlechter Beigeschmack. Obwohl ich der Meinung gewesen war, mich in Tageszeitungen mit Freakspielen betont zurückzuhalten, hielt ich mich fortan noch mehr zurück. Erst recht in Artikeln, die vor Weihnachten erschienen.

Klar, man kann argumentieren: Wenn wir den Menschen immer nur das ans Herz legen, was ihren Erwartungen und Einstellungen entspricht, erweitern wir nicht ihren Horizont und verfestigen das Vorurteil, Spielen sei Gurkenkram.

Und tatsächlich bin ich nicht Kritiker geworden, um den Menschen die siebzehnte MONOPOLY-Variante zu empfehlen. Aber eben auch nicht, um sie an LOUIS XIV scheitern zu lassen. Das Problem: Die Besonderheiten eines rein mechanisch interessanten Spiels wie LOUIS XIV lassen sich für ein Tageszeitungspublikum schwerlich in 14 Zeilen erklären. Deshalb bin ich in meiner Beschreibung stärker aufs Thema ausgewichen und habe offenbar falsche Erwartungen geweckt.

Ich bin durchaus dafür, in Tageszeitungen Spiele wie PANDEMIC LEGACY oder E-MISSION oder WEIMAR vorzustellen (allesamt komplexer und regelintensiver, aber eben auch thematischer als LOUIS XIV). Um zu zeigen: Das kann Brettspiel! Aber so etwas funktioniert nicht als 14-zeiliger Spiele-Tipp. Sondern nur mit genügend Raum für eine gründliche Einordnung.

Wie sehr mich die Zuschrift damals aufschreckte, erkenne ich daran, dass bis heute meine erste Assoziation zu LOUIS XIV genau dieser Vorfall ist, während ich die Mechanismen des Spiels nur noch schemenhaft in Erinnerung habe. Ich sollte mich wohl selbst dazu verdonnern, LOUIS XIV mal wieder auszuprobieren.


  • Vor 20 Jahren (144): Akaba

1 Kommentare:

Kai Frederic hat gesagt…

Ich fand das Spiel damals auch grauenhaft. Ich fand es nicht zu schwer, aber es war schwierig das Spielgeschehen zu beeinflussen. Ich denke es war zu damals zu abstrakt für mich (und das bezieht sich nicht auf das Spielthema, sondern die Verknüpfung der Mechaniken). Bei dem Spiel hab ich damals das überschwängliche Lob nie verstanden. Und es hat sogar nachhaltig meine Meinung über den Deutschen Spielepreis gestört. Vermutlich habe ich damals erkannt, dass Expertenspiele nicht meinen Spielegeschmack treffen - ich probiere sie dennoch immer wieder aus. Ich denke ich hab Spaß mich in Expertenspiele einzuarbeiten, aber ich möchte sie in der Regel nicht vertiefen. Die Tatsache, dass über das Spiel schon nach einem Jahr niemand mehr gesprochen hat, hab ich aber als Bestätigung meiner Meinung gesehen.

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