Montag, 20. Januar 2025

Kathmandu

Kathmandu: Cover

Ich werde oft gefragt: Wer spielte die Flöte in Cat Stevens Song „Katmandu“? Weil ich es weiß.

Wie geht KATHMANDU? Wir machen ein Wettrennen mit Yaks. Entscheidend ist nicht allein der Zieleinlauf, sondern eine Punktwertung.
Das Rennen führt durch verschiedene Landschaften. Wir punkten (unter anderem), indem wir schnell vorankommen. Und wertvolle Waren erwerben (wofür wir Münzen brauchen, und das Yak muss in einer Stadt zum Stehen kommen). Und in Klöstern vorbeischauen (Halt im Kloster erforderlich). Und die Landschaftsarten in einer bestimmten Reihenfolge abklappern: Jede:r mischt zu Beginn einen Stapel Landschaftsplättchen und dreht das oberste um, das beispielsweise Steppe zeigt. Sobald das Yak in einer Steppe stehenbleibt, ist dieser Teilauftrag abgearbeitet, und das nächste Plättchen kommt an die Reihe.

Kathmandu: Parcours

Voran geht’s mit Würfeln. Sechs verschiedenfarbige stehen mir pro Runde zur Verfügung, drei davon setze ich für drei Yak-Bewegungen ein. Bin ich mit meiner Würfelauswahl unzufrieden, darf ich einen Würfel beiseitelegen und den Rest noch einmal würfeln. Was Chance und Risiko zugleich ist. Chance: Mein neuer Wurf könnte besser sein. Risiko: Je weniger Würfel mir verbleiben, desto geringer meine Möglichkeiten.
Der Würfel sollte mit Zahl und Farbe passen. Die Zahl bestimmt die Zugweite meines Yaks. Ich will nicht zu früh stoppen, nicht an meinem angepeilten Zielort vorbeilaufen, nicht gegen ein Gebirge oder den Spielplanrand prallen (gibt Strafe). Und ich will mir einen guten Ausgangspunkt für den nächsten Zug sichern. Denn während eines Zuges biegen die störrischen Yaks nicht ab. Das Manövrieren ist anspruchsvoll.

Kathmandu: Tableau

Die Würfelfarbe bestimmt, welche Ressource ich bekomme. Zum Beispiel bringt mir ein orangefarbener Würfel eine Münze, ein grauer Würfel einen Kompass. Alles kann man gebrauchen, manches häufiger, manches dringender.
Und als hätte man nicht genug zu tun, will man unterwegs auch noch Ausrüstungskarten (für hilfreiche Sondereffekte) und Tierkarten (zählen Punkte) erwerben. Beide kosten jeweils eine vorgegebene Ressource, und es gibt sie nur in bestimmten (stets wechselnden) Gebietsarten. Und auch ihr Erwerb ist ein Wettlauf: Was weg ist, ist weg.

Was passiert? Während meines Zuges muss ich also Diverses unter einen Hut bringen. Will ich in zwei Schritten in einem Kloster landen und muss dafür abbiegen, ist klar, welche Augenzahlen ich brauche. Hoffentlich würfle ich die, und im Bestfall taugen sogar noch die Würfelfarben, und ich sacke hilfreiche Ressourcen ein.

Kathmandu: Ausrüstung

Aber auch die rasch wechselnden Gegebenheiten kann ich nicht außer Acht lassen. Ich will durchaus einige der bei Rundenbeginn neu ausgelegten Karten abgreifen. Schon allein, damit die anderen sie nicht bekommen. Und wenn die Karten nicht gerade dort angeboten werden, wo ich sowieso hinmöchte, verleitet mich das zu Umwegen.
Und ich muss mit meinen Ressourcen haushalten. Laufe ich gegen die Windrichtung, muss ich einen Kompass abgeben. Kann ich das nicht, setzt es eine Strafe. Also will ich schnell aus dem Gegenwind wieder heraus. Und so weiter und so fort.

Was taugt es? KATHMANDU enthält ganz sicher nicht zu wenige Dilemmata. Die sehr vielen Elemente machen KATHMANDU allerdings auch hakelig. Immer wieder muss ich während einer Partie Spieler:innen an Kleinigkeiten erinnern. Man vergisst, für den Gegenwind zu bezahlen. Oder für die Überquerung eines Grenzstreifens. Oder beides. Man vergisst auch, die Ressource der Würfelfarbe zu nehmen oder übersieht, dass man irgendwo hingezogen ist, wo es eine Karte zu kaufen gäbe.
Der an sich simple Zug, das Yak entsprechend der Augenzahl in eine Richtung zu versetzen, zieht manchmal einiges an Verwaltung nach sich. Und man vergisst Dinge, weil das Spiel rein mechanisch und nicht etwa thematisch zusammenhängt. Und weil die Gestaltung das Spiel nicht immer gut unterstützt.
Insbesondere der Gegenwind, der offiziell auch gar nicht so heißt (sondern „Richtung der roten Kompassnadel“), wird oft übersehen, weil es antiintuitiv ist, zahlen zu müssen, während man in die hervorgehobene Himmelsrichtung läuft. Eher würde man eine Strafe erwarten, sobald man gegen die Pfeilrichtung unterwegs ist.
KATHMANDU benötigt viel Tischfläche. Das Spiel ist sehr wertig produziert, es enthält Ablagetafeln aus dicker Pappe für Materialien, die meiner Meinung nach gar keine Ablagetafeln benötigen, sowie Double-Layer-Boards für Dinge, die normalerweise nicht zu verrutschen drohen. Mir soll das egal sein, wenn die Kundschaft es so liebt. Nur wirkt dieser Luxus unverhältnismäßig, wenn gleichzeitig spielrelevante Elemente wie die Grenzstreifen den Praxistest nicht bestehen. Angeblich sollen sie sich prima zwischen die Tableaus klemmen lassen, tatsächlich verrutschen sie aber während der Partie und kippen um.

Kathmandu: Tiere

Auch jenseits der Umsetzung wirkt KATHMANDU auf mich nicht ganz ausgereift. Für mein Empfinden sind Mechaniken enthalten, die das Spiel nur umfangreicher, nicht aber besser machen. Die Sturmfront, die die Spieler:innen verfolgt, kann ein belangloses laues Lüftchen sein. Bei Tierkarten und Landkarten, die wir unterwegs sammeln sollen, erschließt sich mir nicht der spielerische Mehrwert.
Zu einer Partie würde ich dennoch nie nein sagen. Denn vieles ist auch gut: Der Würfelmechanismus und der Nachwürfelmechanismus und die schwerfällige Yakbewegung sind pfiffig. Nicht zuletzt durch das Würfeln wird KATHMANDU nie langweilig. Man hat immer Ziele und Nöte, man hat immer was zu tun. Unterhaltsam ist es definitiv.


**** solide

KATHMANDU von Stefan Feld für zwei bis vier Spieler:innen, Queen Games.

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