Montag, 17. Februar 2025

Die drei Kolosse

Die drei Kolosse: Cover

Hah, ich werde hier auf keinen Fall meine supertolle Einleitung spoilern!

Wie geht DIE DREI KOLOSSE? Im fiktiven Örtchen Nottheim geschehen merkwürdige Dinge rund um drei riesige Steinskulpturen, genannt die „Kolosse“. Wir – in der Rolle von Wissenschaftler:innen – wurden herbeigerufen, um den Fall zu untersuchen und aufzuklären.
DIE DREI KOLOSSE ist ein Rätselspiel mit ausgeprägtem Hörspiel- und auch Videoanteil. Es bindet uns ein, indem wir immer mal wieder Dialoge mit verteilten Rollen vorlesen müssen. Sind wir nicht exakt fünf Personen, muss jemand dabei mehrere Rollen übernehmen bzw. kriegt keine ab. Nicht so schlimm.
Das Spiel enthält 18 verschlossene Briefumschläge, die auf bestimmte Stichworte oder sonstige Anweisungen hin geöffnet werden dürfen. Drin befindet sich sehr viel und sehr vielfältiges Material: Zeitungsschnipsel, Prospekte, Bieruntersetzer, Broschüren, Fotos, Polizeiakten, Buchseiten, Karten, Tabellen und so weiter und so weiter. Das alles müssen wir sichten, um die Rätsel zu lösen und so die Geschichte voranzutreiben.
Nach drei Kapiteln, die jeweils etwa zwei Stunden dauern und nicht am Stück gespielt werden müssen, sind alle Rätsel gelöst und der Fall aufgeklärt.

Was passiert? Mehr als viele andere Escape-Spiele erzählt DIE DREI KOLOSSE eine Geschichte und mehr als in vielen anderen Escape-Spielen sind wir Teil dieser Geschichte. Die professionell gemachten und mit Bildern unterlegten Hörspiele schaffen viel Atmosphäre.
Es macht Spaß, sich das anzuhören, weil die Geschichte mit Humor und Augenzwinkern erzählt wird. Wie sehr man eintaucht und sich gefangen nehmen lässt, ist sicherlich von Gruppe zu Gruppe unterschiedlich. Mir wurde es, je weiter DIE DREI KOLOSSE voranschritt, zu lang. Viele Dialoge verlangsamen das Tempo und bringen die Geschichte nicht weiter. Vor allem wird die Geschichte für mein Empfinden immer abstruser. Nachdem alles zunächst so professionell wirkt, hätte ich auch beim Storytelling ein hohes Niveau erwartet. Das hat sich nicht erfüllt.

Die drei Kolosse: Umschläge

Sehr positiv fällt hingegen das mit spürbarer Liebe zum Detail gestaltete Material auf. In DIE DREI KOLOSSE steckt offenbar viel Handarbeit. Zettel beispielsweise hat, damit wir sie zerknickt vorfinden, extra irgendjemand zerknickt. Die Vielfalt der Materialien ist beeindruckend. Hier und da sind kleine Gags eingebaut. Die Arbeitszeit, die Autor und Verlag in dieses Spiel gesteckt haben, muss enorm gewesen sein.

Was taugt es? Diese Liebe und Hingabe, die man beim Spielen wahrnimmt, wertet das Spiel auch auf. Man mag es deshalb ein bisschen mehr. Oder möchte es zumindest mehr mögen. Wenn ich aber rückblickend in mich hineinhorche, ob ich einen potenziellen zweiten Teil spielen wollte, lautete die Antwort trotzdem nein. Leider nein.
Noch mehr als an den Längen und der für mich unbefriedigenden Story-Entwicklung liegt das an den Rätseln. Keines davon hat bei mir diesen schönen Aha-Moment auslösen können, der entsteht, wenn man merkt, wie der Groschen langsam fällt.
Viele Rätsel sind eher Fleißaufgaben. Ich empfand es beispielsweise als lästig, in dem Wust von Material, der sich irgendwann vor uns auftürmt, noch einmal alte Dokumente suchen und dann durchforsten zu müssen, weil plötzlich und zusammenhangslos der vierte Buchstabe des Vornamens einer Nebenfigur gefragt ist.
Die Rätsel liegen nach meinem Empfinden fast immer ein kleines Stück daneben, was den Schwierigkeitsgrad, die Klarheit der Aufgabenstellung und das richtige Maß an Hilfestellung angeht. Deswegen sind sie weniger befriedigend oder gar begeisternd als in anderen Rätselspielen.


*** mäßig

DIE DREI KOLOSSE von Johannes Lorenzen für zwei bis sechs Spieler:innen, PD-Verlag.

Donnerstag, 13. Februar 2025

Humanity

Humanity: Cover

Um 9:17 Uhr am Morgen des 15. Juli 2073 landen die Schiffe des Humanity-Programms auf Titan. So behauptet es der Schachteltext. Und ich gelobe: Wenn das tatsächlich so eintritt, spendiere ich postwendend um 9:18 Uhr eine Einleitung!

Wie geht HUMANITY? In HUMANITY sind wir schon auf Titan (das ist ein Mond des Saturn) und bauen unsere Basis auf. Logischerweise arbeitet die Menschheit auch im Jahr 2073 noch gegeneinander, folglich entstehen konkurrierende Basen. Und es ist ebenfalls klar, dass es um Punkte geht. Wozu sonst haben wir uns auf diesen irre langen Weg gemacht?
HUMANITY ist ein Figureneinsetzspiel. In jedem Zug benutze ich eine meiner bis zu drei aktiven Figuren. Sie kann entweder auf meiner Basis bleiben und dort Rohstoffe produzieren. Oder ich investiere Rohstoffe und kaufe ein weiteres Modul für meine Basis. Dazu muss ich die Figur ans zentrale Rundtableau stellen, genau an den Ort, wo das erworbene Plättchen liegt.

Humanity: Spielplan

Das ist deshalb von Bedeutung, weil die Figuren nicht automatisch bei Rundenende zurückkehren. Abhängig davon, welche und wie viele Module wir kaufen, dreht sich der Gelenkarm des Tableaus bei Rundenende mehr oder weniger weit. Alle Figuren, an denen er vorbeifährt, dürfen zurück. Um meine Figur schnell zurückzubekommen, möchte ich also tendenziell Module kaufen, die nah am Dreharm liegen. Nur ist eben nicht gesagt, dass das die Module sind, die mir weiterhelfen. Oder dass ich sie bezahlen kann. Oder dass man sie mir lässt.
Die Module bringen andere und bessere Rohstoffe. Oder sie zählen Punkte, wofür ich die Module in einer bestimmten farblichen Anordnung bauen muss. In HUMANITY gibt es zwei Sorten Punkte: neben den „echten“ Siegpunkten zusätzlich solche („Forschungspunkte“), die zunächst nur meinen Marker auf einer Skala vorantreiben. Am Ende jeder der drei Runden wird die Position aller Marker (wie weit bin ich insgesamt gelaufen und wie viele Personen habe ich hinter mir gelassen?) in Siegpunkte umgerechnet, und alle Marker starten wieder bei Null.
Zugleich konkurrieren wir um das schnelle Erfüllen von in jeder Partie anderen Zielen: Ich soll mindestens drei lila Module haben oder fünf Module in einer waagerechten Reihe oder auf meinen Plättchen sollen sich vier Methan- oder Bioplastik-Symbole befinden.

Was passiert? HUMANITY enthält einige Wettlaufelemente: Ich will den anderen bestimmte Plättchen wegschnappen, ich will Ziele zuerst erreichen. Hilfreich wäre da eine Einschätzung, was die Konkurrenz aktuell so kann.

Humanity: Basis

Jedoch: Wer wie viele Rohstoffe besitzt, wird ähnlich wie in DIE SIEDLER VON CATAN – DAS KARTENSPIEL (bzw. CATAN – DAS DUELL) auf den Plättchenrändern von Produktionsmodulen angezeigt. Erhalte ich einen Eis-Rohstoff, drehe ich das Eis-Produktions-Modul um 90 Grad, und es zeigt nun eine Ressource mehr an. Die Produktionsmodule verteilen sich relativ beliebig über meine gesamte Basis. Den Überblick über meine Rohstoffe zu behalten, ist umständlich. Will ich auch noch die Vorräte der Konkurrenz abchecken, muss ich lange herumsuchen.
Der klar interessanteste Kniff des Spiels ist das Figurenmanagement. Setze ich eine Figur ein, um ein Plättchen zu kaufen, zahle ich nebst Rohstoffen auch mit der Ressource Zeit. Muss ich eine oder gar mehrere Runden auf die Figur verzichten, gehen mir mögliche Aktionen durch die Lappen. Ob sich das lohnt, ist eine spannende Abwägung.

Was taugt es? Einerseits ist HUMANITY strategisch. Die Anordnung meiner Module konzipiere ich wegen der Ziele mit langfristigem Plan. Kommt eine Figur vom zentralen Tableau zu mir zurück, muss ich sie vorausschauend platzieren, denn genau an diese Stelle müsste ich später das Modul bauen, falls ich diese Figur für einen Kauf entsende. Spielfehler werden spürbar bestraft.
Andererseits ist vieles auch Zufall. Wer die Ziele zuerst erfüllen kann, ist teilweise Glückssache. Es kann schlichtweg davon abhängen, wann die benötigten Teile ins Spiel kommen und wer dann den ersten Zugriff hat. (Kleine Einschränkung: Ja, ähnlich der längsten Handelsstraße in CATAN können einem die erworbenen Ziel-Urkunden wieder abgejagt werden. Aber: Wer sie zuerst hat, ist erst mal im Vorteil.)
Trotz Gemecker würde ich HUMANITY nicht als misslungen bezeichnen. Die Elemente greifen gut ineinander, der Figureneinsatz wird durch die zeitverzögerte Rückholung auf interessante Weise variiert.
Allerdings bringt diese kleine Neuerung nun auch nicht so viel Zusatzreiz, dass es mich zu weiteren Partien verlockt. Der Spielablauf ist gleichförmig, die Handhabung umständlich. HUMANITY fühlt sich überwiegend sattsam bekannt an. Es bietet zwar einiges für den Kopf, aber wenig für Herz und Bauch.

Humanity: Experimente

Die nüchterne, blasse Gestaltung unterstützt das Spiel nicht gut. Sie passt lediglich gut zum nüchternen, blassen Spiel. HUMANITY ist längst nicht so aufregend, wie es uns die Hintergrundgeschichte samt beiliegendem Büchlein mit fiktionaler Story und historischen Informationen suggerieren möchte. Die Rohstoffe heißen zwar mal nicht Holz und Stein, sondern Insekten und Bioplastik; mechanisch aber knüpft nichts an die Sci-Fi-Spielgeschichte an.
Warum bei einem so durchschnittlichen und so wenig thematischen Spiel so viel Aufwand betrieben wird, um es mit aufwendig gemachtem Beibuch besonders thematisch erscheinen zu lassen, ist mir ein Rätsel.


*** mäßig

HUMANITY von Yoann Levet für zwei bis vier Spieler:innen, MM-Spiele.

Sonntag, 9. Februar 2025

Vor 20 Jahren (146): Ubongo

Ubongo: Cover

UBONGO (von Grzegorz Rejchtman bei Kosmos) ist eines der wenigen Spiele, die auch ohne die Auszeichnung „Spiel des Jahres“ zum Longseller wurden. Ich vermute, dass UBONGO sogar bekannter und verbreiteter ist als das 2005er Spiel des Jahres NIAGARA.

Also eine Fehlentscheidung, nicht UBONGO zu wählen? Nun ja, erstens ist es hinterher immer leicht, es vorher gewusst zu haben. Zweitens geht es bei der Wahl eines Titelträgers auch gar nicht darum, dasjenige Spiel herauszufiltern, welches die besten Verkaufszahlen erreichen wird. Sonst könnte man sich die Sache sehr erleichtern und jedes Jahr einfach irgendein MONOPOLY-Dingens küren. Nein, es geht eben auch um Kriterien wie Schöpfungshöhe und Originalität, Handhabung und Thema, Optik und Material.

Ich war 2005 beim Auswahlprozess nicht dabei, deshalb kann ich munter drauflos spekulieren: Woran lag’s vielleicht?

UBONGO hat eine ziemliche Schwäche. Die Wertungsphase läuft chaotisch ab. Figuren kippen um, Edelsteine fliegen durch die Gegend, es gibt Streit, wer wann hätte ziehen und nehmen sollen. Ich weiß nicht, wie viele Menschen das Edelstein-Grabbeln tatsächlich regelkonform spielen können. Dass dies stattfinden soll, noch während die Sanduhr läuft, ist meines Erachtens eine Design-Fehlentscheidung.

Auch die thematische Einbettung von UBONGO ist fragwürdig. Die Grafik versammelt irgendwelche Afrika-Klischees, deren Bezug zum Spiel nicht erkennbar ist. Und Grund Nummer drei, warum UBONGO nicht gewählt (und nicht mal nominiert!) (und nicht mal empfohlen!) worden ist, mag – wie gesagt: ich spekuliere! – die Neigung sein, das allzu Einfache abzuwerten.

Diese Neigung nehme ich nicht nur bei Kritiker:innen wahr – inklusive mir selbst, wie ich leider zugeben muss. Auch bei Spieler:innen beobachte ich das. Viele tun sich leichter damit, kompliziertere Spiele gut zu finden. Und das gilt nicht nur für Vielspieler:innen. Auch Normalos überraschen mich am Ende eines Spielenachmittags immer wieder, indem sie das Spiel, das sie mit Ach und Krach und mit viel Hilfe gerade so über die Bühne bringen konnten, besser bewerten als eins, das sie nach meiner Wahrnehmung gut verstanden und mit sichtbarem Spaß genossen hatten.

Gewiss gilt das nicht für alle Spieler:innen, aber doch für genügend viele, dass es mir als Muster auffällt: Einem Vergnügen, das man einfach so empfindet, ohne es sich mühevoll erarbeitet zu haben, misstrauen manche. Es ist offenbar gefühlt ein zu billiges Vergnügen. „Nichts Richtiges“.

UBONGO ist dieses sehr einfache Vergnügen. Das Spiel folgt einer einzigen großen Idee: Hier hast du drei oder vier Puzzleteile. Bau damit, so schnell du kannst, dein Raster voll! Und weil das der Kern von UBONGO ist und nicht die Auswertungsphase, stören sich beim Spielen vermutlich gar nicht so viele Leute daran, wenn das Edelsteingegrabbel weniger toll ist.

Ich bin mir nicht sicher, ob ich UBONGO bereits 2005 gegenüber NIAGARA vorgezogen habe. Aber ein paar Jahre später war ich definitiv soweit. Denn NIAGARA beisitze ich schon lange nicht mehr, UBONGO noch immer.


Mittwoch, 5. Februar 2025

Fairy Ring

Fairy Ring: Cover

Bekanntlich erfüllen Feen ja Wünsche. Doch offenbar hat sich keine meiner Leser:innen eine Einleitung gewünscht. Schade. (Merke ich mir dann auch für die Folgewochen!)

Wie geht FAIRY RING? Wir bauen aus Karten einen Pilzwald. Mit jeder Karte, die ich in meinen Waldabschnitt lege, beginne ich entweder einen weiteren Pilz. Oder ich erhöhe einen Pilz derselben Farbe. Unsere Pilze bilden einen Rundparcours, der mit jedem weiteren Pilz ein Feld länger wird. Und meine gelegte Karte bestimmt ebenso, um wie viele Pilze meine Fee auf diesem Parcours im Uhrzeigersinn weiterfliegt.
Lande ich mit meiner Figur auf einem meiner Pilze, erhalte ich Mana (ein anderes Wort für Punkte). Wie viel, hängt vom jeweiligen Pilz ab. Der gelbe Pilz schüttet so viel Mana aus, wie ich Pilze in meinem Wald habe. Multipliziert mit der Höhe dieses gelben Pilzes. Der rote Pilz bringt Mana entsprechend der Flugweite meiner Fee. Ebenso multipliziert mit der Höhe des Pilzes. Und so weiter.
Lande ich auf einem gegnerischen Pilz, kassiert diese Gegner:in das Manaeinkommen. Besitze ich allerdings einen Pilz derselben Farbe, kassiere ich auch für meinen Pilz, so als ob meine Fee dort gelandet wäre.


Fairy Ring: Situation

Was passiert? Je länger der Parcours wird, desto mehr Schritte benötigt die Fee, um nach einer Umrundung wieder zu meinen Pilzen zurückzukehren. Ich kann also längst nicht jedes Mal in meinem Waldviertel landen. Lande ich anderswo, will ich das gezielt so tun, dass ich mindestens genauso viel, im Bestfall sogar mehr verdiene als die Pilzbesitzer:in. Na gut, notfalls auch ein bisschen weniger, Hauptsache irgendwas. Und wenn das nicht geht, peile ich einen der Pilze an, die nur beim Drüberfliegen Einkommen ausschütten, nicht aber beim Landen. Dann bekommt wenigstens niemand was.
Das kann ich allerdings nur so halb steuern. Erstens ist meine Kartenauswahl limitiert. Wir starten pro Durchgang mit sieben Karten, davon wählen wir eine, geben den Rest an die Nachbar:in weiter. Klassisches Draften also. Und die Pilzfarbe, die ich am liebsten hätte, gewährt mir vielleicht nicht die Zugweite, die mir am besten gefiele.
Zweitens wählen wir zwar alle gleichzeitig, führen die Züge aber nacheinander aus. Bin ich nicht gerade Startspieler, kann es sein, dass der von mir angepeilte vier Felder entfernte Pilz, plötzlich fünf Felder entfernt ist, weil jemand noch einen weiteren Pilz davorgebaut hat. Und mit meinen vier Schritten lande ich dann so gar nicht da, wo ich es gehofft hatte.
Sitze ich hinten, führt diese Ungewissheit dazu, dass ich meine Karten spekulativer wähle. Vielleicht nehme ich gleich eine mit fünf Schritten, weil doch bestimmt irgendwer dazwischenpilzt. Oder gar eine mit sechs?
Noch kniffliger werden die Abwägungen, spielen wir mit Zielkarten. Um viele Extrapunkte zu gewinnen, soll ich jetzt bis Spielende zwei Pilze der Höhe vier bauen oder sieben verschiedene Pilze. Drei Ziele sind gleichzeitig im Spiel. Bei den gerade mal 13 Karten, die mein Pilzwald groß wird, erledigen sich diese Vorhaben nicht nebenbei, sondern nur wenn ich mich darauf konzentriere – und schon gibt es neben der Feenreichweite und der Einkommensstärke meiner Pilze noch ein drittes Kriterium, das ich beachten möchte.


Fairy Ring: Karten

Was taugt es? Bei allem, was es abzuwägen gibt: FAIRY RING ist ein einfaches und schnelles Spiel. Man kann Glück haben, man kann reinfallen. Pläne gehen auf oder leider nicht. Man kann nett oder böse spielen. Manche Spieler:innen gönnen gar nichts. Anderen ist es nicht so wichtig, ob andere mehr verdienen. So kann FAIRY RING durchaus aufgrund von Unachtsamkeit oder Königsmacherei entschieden werden, was angesichts von Spieltiefe und Spieldauer nicht allzu negativ ins Gewicht fällt.
Das Material unterstützt sehr gut den Draftmechanismus für Menschen, denen so etwas zum ersten Mal begegnet. Die Gestaltung ist herzallerliebst. Nur die weitgehend transparenten Feen sind weniger gelungen. Sie werden häufiger verwechselt. Und plane ich versehentlich mit einer Fee, die gar nicht meine ist, kommt selten etwas Gutes dabei heraus.
FAIRY RING ist spannend. Es gibt Erfolgsmomente, es gibt Zockmomente, es gibt Verzockt-Momente. Gemeinsam einen Rundkurs zu bauen und ihn gleichzeitig zu durchlaufen, finde ich originell. FAIRY RING ist ein grundsolides Spiel, bei dem vieles stimmt.
Für „reizvoll“ reicht es am Ende trotzdem nicht ganz. Gemessen an Material- und Regelaufwand sind die Partien arg kurz. Bei mir bleibt da nicht das Gefühl, dass mich beim nächsten Mal etwas anderes erwarten wird, oder dass es da noch etwas gibt, was ich ausprobieren möchte. Sondern es werden dieselben paar Züge sein, in denen ich dasselbe versuche. Gäbe es die Wertung „nett“, ich schriebe „nett“.


**** solide

FAIRY RING von Laurence Grenier und Fabien Tanguy für zwei bis vier Spieler:innen, Repos Production.

Freitag, 31. Januar 2025

Gern gespielt im Januar 2025

7 EMPIRES: Staaten werden von Geheimbünden mit unklaren Absichten gesteuert? Lässt sich durch 7 EMPIRES so nicht bestätigen. Wer aus purem Eigeninteresse welchen Staat lenkt, ist immer top transparent.

DUNE IMPERIUM UPRISING: So soll ein Wurmfortsatz sein.

ENDEAVOR – DIE TIEFSEE: Auch kooperatief.

SETI: Es ist nie verkehrt, schon mal mögliche Fluchtwege von der Erde zu erkunden. Hoffentlich haben die anderen Planeten kein Zustrombegrenzungsgesetz.

BOMB BUSTERS: Natürlich braucht die Welt immer mehr BOMB BUSTERS-Missionen. Noch mehr Fieslinge, die Bomben bauen, braucht sie allerdings nicht. Ein schrecklicher Widerspruch.




UND AM LIEBSTEN GESPIELT IM JANUAR:

DORFROMANTIK SAKURA: Manchmal geht es tatsächlich in Erfüllung, wenn blühende Landschaften versprochen werden.





Dienstag, 28. Januar 2025

Galileo Galilei

Galileo Galilei: Cover

Galileo Galilei soll gesagt haben: „Und sie bewegt sich doch!“ Ich hingegen mache von meinem Recht zu schweigen Gebrauch.

Wie geht GALILEO GALILEI? Wir beobachten Himmelskörper und Konstellationen … wenn man es thematisch ausdrücken will. Spielmechanisch gesehen ähnelt der Vorgang mehr einem Kauf: Für das Beobachten bezahle ich mit Würfelaugen. Ein Himmelskörper benötigt mindestens zwei verschiedenfarbige Würfel, für eine Konstellation genügt eine Würfelfarbe.
Die Würfel in GALILEO GALILEI werden übrigens nie geworfen. Sie sind lediglich Anzeiger, die Werte von eins bis sechs annehmen. Im Grunde verhalten sich die gelben, roten und blauen Würfel wie Geld dreier verschiedener Währungen. Maximal vier Würfel darf ich gleichzeitig besitzen.
Das Beobachten einer Konstellation zählt ein paar Punkte und schaltet mir einen Vorteil frei. Das Beobachten eines Himmelskörpers zählt mehr Punkte und bringt mir außerdem die Karte, auf der der Himmelskörper abgebildet ist. Mit ihr verlängere ich meine „Bibliothek“. Unter diesem Oberbegriff firmieren vier Laufskalen. Mit Buchmarkern will ich dort vorwärtsziehen. Auf den meisten Feldern sind Symbole zu sehen. Bei Erreichen erhalte ich den entsprechenden Vorteil.

Galileo Galilei: Tableau

Aktionen löse ich auf meinem Tableau aus. Dort befindet sich eine Art Rondell mit nur fünf Feldern. Mein Teleskop muss ich um eines bis drei Felder weiterdrehen. Dann führe ich die beiden auf dem erreichten Feld angegebenen Aktionen aus. Eine dieser Aktionen ist fest auf dem Tableau aufgedruckt, sie gehört unveränderlich zu diesem Feld. Ein bewegliches Plättchen zeigt die zweite Aktion. Das Plättchen wird nach Benutzung in einen Reservebereich geschoben, wodurch ein anderes aus diesem Reservebereich wieder ins Rondell rutscht.
Eine der aufgedruckten Aktionen ist dazu da, Plättchen aufzuwerten. Die Rückseiten zeigen jeweils stärkere Versionen der Startaktionen. Ansonsten liefern Aktionen neue Würfel oder werten Würfel um eine oder mehrere Augenzahlen auf. Sie initiieren die Sternbeobachtungen, erlauben Schritte mit den Büchern und so weiter.

Was passiert? GALILEO GELILEI ist ein Wettrennen. Sobald eine bestimmte Menge Sterne wegbeobachtet wurde, geht das Spiel in seine finale Phase. Also muss ich sehr effektiv spielen. Wenn mir eine Aktion erlaubt, alle meine gelben Würfel um zwei Stufen zu erhöhen, bringt es mehr, nicht nur einen, sondern drei gelbe Würfel zu besitzen. Und obwohl ich es generell erstrebenswert finde, meine Plättchen aufzuwerten: In einer späteren Phase des Spiels ist das eher Zeitverschwendung. Jeder einzelne Zug sollte mich maximal voranbringen.

Galileo Galilei: Spielplan

Ein Wettrennen ist das Spiel auch deshalb, weil beobachtete Himmelskörper nun mal weg sind, und ich mir etwas Neues mit meinen Würfeln überlegen muss, falls ich genau denselben Stern auch beobachten wollte. Obendrein liefern wir uns ein Wettrennen, wer bestimmte Zielvorgaben zuerst erreicht.
Aktionen sind oft schnell abgehandelt, GALILEO GALILEI hat einen flotten Spielrhythmus. Ausnahme sind die Situationen, in denen jemand einen Kettenzug ausgelöst hat, der vielleicht noch weitere Kettenzüge auslöst. Dies geschieht meistens durch das Voranschreiten auf den mit Symbolen gespickten Bibliothekspfaden.
GALILEO GELILEI ist insgesamt ein gradliniges Spiel, allerdings gibt es einen gewollten Bruch: die Inquisition. Das Beobachten der wertvolleren Himmelskörper und Konstellationen macht mich verdächtig. Ich erhalte eine Inquisitorfigur, die ich auf dem Startpunkt einer vier Felder langen Laufskala im Keller meines Observatoriums platzieren muss. Die ersten drei Felder sind mies, erst das vierte Feld ist positiv.
Für die Schlusswertung wäre es verheerend, Inquisitoren auf dem ersten Feld stehenzulassen. Allerdings ist auch das Vorwärtsziehen dieser Schergen nicht ungefährlich, denn es löst eine Zwischenwertung meines Kellers aus, und solange noch nicht sehr viele Inquisitoren auf dem letzten Feld angekommen sind, ist diese Wertung negativ. Da man es fast unweigerlich mit der Inquisition zu tun bekommt, braucht man also einen Plan, wie man an die Symbole herankommt, um die unliebsamen Besucher im Keller weiterzuschubsen, und im Bestfall gleich ordentlich viele auf einmal.

Was taugt es? GALILEO GALILEI hat einen interessanten Enginebuilder-Mechanismus. Ich versuche, mein Rondell möglichst effektiv werden zu lassen. Knifflig wird dies vor allem dadurch, dass Aktionsplättchen, die ich besonders häufig nutze, auch besonders häufig in die Reserve rutschen und damit erst mal nicht zur Verfügung stehen.

Galileo Galilei: Universität

Ich rücke auf Skalen vor, ich schalte Wertungen frei, ich bekomme dauernd irgendwelche Belohnungen. GALILEO GALILEI ist ein konstruktives Spiel. Mit Ausnahme der Inquisitoren natürlich. Hier fällt man vielleicht in der ersten Partie herein, weil man die mögliche Negativ-Spirale unterschätzt. Auf Dauer konnte ich in diesem Mechanismus jedoch keinen Zusatzreiz erkennen. Inquisitoren sind ein Faktor, den man einkalkulieren muss. Aber ab der zweiten Partie kalkuliert man ihn ein und kommt meistens auch damit zurecht.
Grafisch erzählt das Spiel eine tolle Geschichte mit Teleskopen, Sternen, Gelehrten und einer Universität. Die Mechanismen lösen das nicht ein. Wir geben Würfel ab, um Sterne zu bekommen, und dann sind sie nicht mehr am Firmament. Es fühlt sich an wie eine Shoppingtour. Ich greife ab, was sich mir bietet. Die Sterne werden abgearbeitet.
In meinen Runden kommt GALILEO GALILEI überwiegend gut an. Was ich nicht ganz nachvollziehen kann. Ich werde GALILEO GALILEI vermutlich nicht mehr oft spielen, da mich das Spiel inzwischen eher langweilt. Der Partieverlauf ist ziemlich erwartbar, vielleicht kann ich beim nächsten Mal ein bisschen besser optimieren, aber es ist wenig da, woran ich mich reiben könnte, was mich reinzieht, was mich verlockt. Vom Inquisitions-Mechanismus hätte ich mir diese Reibung versprochen. Aber auch der überrascht nur beim Erstkontakt.
Definitiv gut gefällt mir, dass GALILEI GALILEO mit recht wenigen und logischen Prinzipien auskommt. Es gibt keine Sonderfälle, die Symbolik ist auch sehr klar. Einmal gespielt, hat man die Regeln drauf. Mechanisch ist GALILEO GALILEI sehr elegant.


**** solide

GALILEO GALILEI von Tomáš Holek für eine:n bis vier Spieler:innen, Frosted Games / Pink Troubadour.

Freitag, 24. Januar 2025

Perfect Words

Perfect Words: Cover

Der Spieltitel legt die Latte dermaßen hoch, dass ich sie mit einer Einleitung nur reißen könnte.

Wie geht PERFECT WORDS? Wir spielen ein kooperatives Wort-Assoziationsspiel. Bin ich am Zug, muss ich eine von zehn ausliegenden Wortkarten wählen und sie ans gemeinsame Raster anlegen. Nach und nach entsteht ein Kreuzworträtsel.
Sobald zwei Karten senkrecht oder waagerecht benachbart liegen, wird davor ein Pfeilplättchen mit einer Zahl platziert. So deutet nun (siehe Bildbeispiel) Pfeil Nummer eins auf die Begriffe „Sänger:in“ und „Polizei“, Pfeil zwei deutet auf „Polizei“ und „Werkzeug“ und so weiter. Zu diesen Wortgruppen müssen wir später Oberbegriffe finden. Sofern noch Platz ist, dürfen wir Wortreihen hinter dem Pfeil auch noch verlängern.

Perfect Words: Kreuzworträtsel

Haben wir Pfeil zehn gelegt, geht PERFECT WORDS in die nächste Phase: Jede:r notiert Oberbegriffe für die Wortgruppen eins bis zehn, wobei wir uns natürlich nicht absprechen dürfen. Bei Nummer eins würde ich sicherlich „Sting“ aufschreiben, bei zwei „Schlagstock“.
Je besser wir übereinstimmen, desto mehr Punkte gewinnen wir. Ein Tabelle sagt uns, wie hoch unsere Leistung einzuschätzen ist.

Was passiert? Mit PERFECT WORDS habe ich sehr unterschiedliche Spielverläufe erlebt. Die Meinungen hinterher gingen von „viel zu leicht“ bis „komplett unmöglich“. Erfolgreich ist eine Gruppe dann, wenn beim Kartenlegen auf naheliegende Assoziationen gesetzt wird, damit viele denselben Gedanken haben. Was in einer homogenen Gruppe deutlich leichter klappt als in einer altersunterschiedlichen fremden Runde.
Voraussetzung ist auch, dass man die verfügbaren Wortkarten und das vorhandene Raster in Ruhe analysiert und nicht einfach spontan irgendwas greift und anlegt. Und zweifellos gehört auch das Glück dazu, dass sich mit den angebotenen Wortkarten etwas anfangen lässt. Den Schwierigkeitsgrad können wir vorab justieren, indem wir viele oder wenige der vermeintlichen leichteren Begriffe einmischen.


Perfect Words: Begriffe

Was taugt es? Wir sind geistig gefordert. Auch wenn ich nicht am Zug bin, sollte ich über die Wortkarten und ihre mögliche Verwendung nachdenken und sollte mir potenzielle Oberbegriffe überlegen, um womöglich eine der Wortreihen durch ihre Verlängerung noch zu präzisieren.
PERFECT WORDS macht Spaß, wir erschaffen etwas gemeinsam, nämlich unser eigenes Kreuzworträtsel. Und Erfolgserlebnisse in der Gruppe sind ja sowieso stets motivierend.
Trotzdem muss sich PERFECT WORDS mit ähnlichen Spielen messen lassen, von denen es in jüngster Zeit einige gab. In diesem Fall denke ich vor allem an SO KLEEVER, das – mit Ausnahme der Kartenhalter, die die Karten nicht richtig halten – eleganter und ausgereifter ist.
Der Schwerpunkt von SO KLEEVER ist das Raten. Das gemeinsame Diskutieren und Abwägen ist wesentlich lebendiger, als Lösungen – wie in PERFECT WORDS – still auf einen Zettel zu schreiben. Die Lösungsphase in SO KLEEVER hat obendrein einen Puzzle-Charakter, es geht über das reine Assoziieren hinaus. Zudem können Rätsel in SO KLEEVER nicht nur mit naheliegenden, sondern auch mit originelleren Assoziationen erfolgreich sein.
PERFECT WORDS legt den Fokus auf die Bauphase, auf das gemeinsame Konstruieren des Rätsels. Der Hauptteil von PERFECT WORDS ist also eine Phase, in der wir uns schweigend verständigen müssen, wo jede:r für sich grübelt und Wartezeiten entstehen. PERFECT WORDS ist ein ruhiges, konzentriertes Spiel.


**** solide

PERFECT WORDS von Paul-Henri Argiot für zwei bis sechs Spieler:innen, Piatnik.

Montag, 20. Januar 2025

Kathmandu

Kathmandu: Cover

Ich werde oft gefragt: Wer spielte die Flöte in Cat Stevens Song „Katmandu“? Weil ich es weiß.

Wie geht KATHMANDU? Wir machen ein Wettrennen mit Yaks. Entscheidend ist nicht allein der Zieleinlauf, sondern eine Punktwertung.
Das Rennen führt durch verschiedene Landschaften. Wir punkten (unter anderem), indem wir schnell vorankommen. Und wertvolle Waren erwerben (wofür wir Münzen brauchen, und das Yak muss in einer Stadt zum Stehen kommen). Und in Klöstern vorbeischauen (Halt im Kloster erforderlich). Und die Landschaftsarten in einer bestimmten Reihenfolge abklappern: Jede:r mischt zu Beginn einen Stapel Landschaftsplättchen und dreht das oberste um, das beispielsweise Steppe zeigt. Sobald das Yak in einer Steppe stehenbleibt, ist dieser Teilauftrag abgearbeitet, und das nächste Plättchen kommt an die Reihe.

Kathmandu: Parcours

Voran geht’s mit Würfeln. Sechs verschiedenfarbige stehen mir pro Runde zur Verfügung, drei davon setze ich für drei Yak-Bewegungen ein. Bin ich mit meiner Würfelauswahl unzufrieden, darf ich einen Würfel beiseitelegen und den Rest noch einmal würfeln. Was Chance und Risiko zugleich ist. Chance: Mein neuer Wurf könnte besser sein. Risiko: Je weniger Würfel mir verbleiben, desto geringer meine Möglichkeiten.
Der Würfel sollte mit Zahl und Farbe passen. Die Zahl bestimmt die Zugweite meines Yaks. Ich will nicht zu früh stoppen, nicht an meinem angepeilten Zielort vorbeilaufen, nicht gegen ein Gebirge oder den Spielplanrand prallen (gibt Strafe). Und ich will mir einen guten Ausgangspunkt für den nächsten Zug sichern. Denn während eines Zuges biegen die störrischen Yaks nicht ab. Das Manövrieren ist anspruchsvoll.

Kathmandu: Tableau

Die Würfelfarbe bestimmt, welche Ressource ich bekomme. Zum Beispiel bringt mir ein orangefarbener Würfel eine Münze, ein grauer Würfel einen Kompass. Alles kann man gebrauchen, manches häufiger, manches dringender.
Und als hätte man nicht genug zu tun, will man unterwegs auch noch Ausrüstungskarten (für hilfreiche Sondereffekte) und Tierkarten (zählen Punkte) erwerben. Beide kosten jeweils eine vorgegebene Ressource, und es gibt sie nur in bestimmten (stets wechselnden) Gebietsarten. Und auch ihr Erwerb ist ein Wettlauf: Was weg ist, ist weg.

Was passiert? Während meines Zuges muss ich also Diverses unter einen Hut bringen. Will ich in zwei Schritten in einem Kloster landen und muss dafür abbiegen, ist klar, welche Augenzahlen ich brauche. Hoffentlich würfle ich die, und im Bestfall taugen sogar noch die Würfelfarben, und ich sacke hilfreiche Ressourcen ein.

Kathmandu: Ausrüstung

Aber auch die rasch wechselnden Gegebenheiten kann ich nicht außer Acht lassen. Ich will durchaus einige der bei Rundenbeginn neu ausgelegten Karten abgreifen. Schon allein, damit die anderen sie nicht bekommen. Und wenn die Karten nicht gerade dort angeboten werden, wo ich sowieso hinmöchte, verleitet mich das zu Umwegen.
Und ich muss mit meinen Ressourcen haushalten. Laufe ich gegen die Windrichtung, muss ich einen Kompass abgeben. Kann ich das nicht, setzt es eine Strafe. Also will ich schnell aus dem Gegenwind wieder heraus. Und so weiter und so fort.

Was taugt es? KATHMANDU enthält ganz sicher nicht zu wenige Dilemmata. Die sehr vielen Elemente machen KATHMANDU allerdings auch hakelig. Immer wieder muss ich während einer Partie Spieler:innen an Kleinigkeiten erinnern. Man vergisst, für den Gegenwind zu bezahlen. Oder für die Überquerung eines Grenzstreifens. Oder beides. Man vergisst auch, die Ressource der Würfelfarbe zu nehmen oder übersieht, dass man irgendwo hingezogen ist, wo es eine Karte zu kaufen gäbe.
Der an sich simple Zug, das Yak entsprechend der Augenzahl in eine Richtung zu versetzen, zieht manchmal einiges an Verwaltung nach sich. Und man vergisst Dinge, weil das Spiel rein mechanisch und nicht etwa thematisch zusammenhängt. Und weil die Gestaltung das Spiel nicht immer gut unterstützt.
Insbesondere der Gegenwind, der offiziell auch gar nicht so heißt (sondern „Richtung der roten Kompassnadel“), wird oft übersehen, weil es antiintuitiv ist, zahlen zu müssen, während man in die hervorgehobene Himmelsrichtung läuft. Eher würde man eine Strafe erwarten, sobald man gegen die Pfeilrichtung unterwegs ist.
KATHMANDU benötigt viel Tischfläche. Das Spiel ist sehr wertig produziert, es enthält Ablagetafeln aus dicker Pappe für Materialien, die meiner Meinung nach gar keine Ablagetafeln benötigen, sowie Double-Layer-Boards für Dinge, die normalerweise nicht zu verrutschen drohen. Mir soll das egal sein, wenn die Kundschaft es so liebt. Nur wirkt dieser Luxus unverhältnismäßig, wenn gleichzeitig spielrelevante Elemente wie die Grenzstreifen den Praxistest nicht bestehen. Angeblich sollen sie sich prima zwischen die Tableaus klemmen lassen, tatsächlich verrutschen sie aber während der Partie und kippen um.

Kathmandu: Tiere

Auch jenseits der Umsetzung wirkt KATHMANDU auf mich nicht ganz ausgereift. Für mein Empfinden sind Mechaniken enthalten, die das Spiel nur umfangreicher, nicht aber besser machen. Die Sturmfront, die die Spieler:innen verfolgt, kann ein belangloses laues Lüftchen sein. Bei Tierkarten und Landkarten, die wir unterwegs sammeln sollen, erschließt sich mir nicht der spielerische Mehrwert.
Zu einer Partie würde ich dennoch nie nein sagen. Denn vieles ist auch gut: Der Würfelmechanismus und der Nachwürfelmechanismus und die schwerfällige Yakbewegung sind pfiffig. Nicht zuletzt durch das Würfeln wird KATHMANDU nie langweilig. Man hat immer Ziele und Nöte, man hat immer was zu tun. Unterhaltsam ist es definitiv.


**** solide

KATHMANDU von Stefan Feld für zwei bis vier Spieler:innen, Queen Games.

Samstag, 11. Januar 2025

Medical Mysteries: New York

Medical Mysteries New York: Cover

Mittlerweile traurige Normalität: Der Wochenend-Notdienst war überlastet und konnte für diese Einleitung nichts mehr tun.

Wie geht MEDICAL MYSTERIES? Wir sind ein Krankenhausteam und behandeln medizinische Notfälle. Zum Beispiel kommt (im Tutorial) die 53-jährige Luana Kapule in unsere Klinik. Sie klagt über starke Schmerzen und gibt an, bei der Gartenarbeit möglicherweise einen Hitzschlag erlitten zu haben.
Wie bei allen anderen Patient:innen auch – in der NEW YORK-Box gibt es vier weitere – ist unsere wichtigste Aufgabe, das Überleben von Luana Kapule zu sichern. Darüber hinaus sollen wir sie möglichst gut erstversorgen, die Ursachen ihrer Schmerzen herausfinden, die nötigen Maßnahmen ergreifen und die idealen Medikamente verabreichen.
Eine „Zustands-Karte“ zeigt uns, welche Aktionen erlaubt sind. Beispielsweise „Gespräch“, „Urinanalyse“, „Großes Blutbild“, „Ultraschall“, „Antibiotika“, Morphin-Infusion“ und so weiter. Jede Maßnahme führt zu einem Buchstaben-Code, unter dem wir in einem 20-seitigen Heftchen und auf Storykarten nachlesen, was wir erfahren oder bewirkt haben.

Medical Mysteries New York: Tutorial

Nach jeweils drei Aktionen sind im Krankenhaus zwei Stunden vergangen, und wir müssen wieder per Buchstabencode nachsehen, ob sich der generelle Zustand der Patientin verändert hat oder ob neue Wendungen eingetreten sind. Eventuell stehen uns nun andere Maßnahmen zur Verfügung. Oder Maßnahmen bringen ein anderes Ergebnis als noch früher am Tag.
Nach zwölf Aktionen sollten wir unsere Behandlung abschließen und schreiben stichpunktartig ein Protokoll über unsere Erkenntnisse und Empfehlungen. Als Rückmeldung erhalten wir einen Punkte-Score. Unabhängig davon gilt eine Partie als gewonnen, wenn die Patient:innen überleben.

Was passiert? Je nach medizinischer Vorbildung der Spieler:innen kann MEDICAL MYSTERIES lese- und damit arbeitsintensiv sein. Das Spiel enthält fünf doppelseitige Informationsbögen zu Themen wie „Medikamente“, „Blut“, „Tests“, „Herzgesundheit“, „Gehirngesundheit“, „Gynäkologie“. Nicht alles braucht man für jede Partie; man muss filtern.

Medical Mysteries New York: Infotexte

Die Texte vereinfachen die Materie für Spielzwecke natürlich sehr, dennoch stecken sie unweigerlich voller Fachbegriffe. Einiges weiß man möglicherweise auch aus eigener Erfahrung; spezielle Nebenwirkungen oder Gegenanzeigen von Medikamenten gehören aber eher nicht zum Allgemeinwissen. Bevor man irgendwelche weitreichenden Entscheidungen trifft, sollte man sich grundlegend informieren oder zumindest absichern.
Obwohl die Spielhandlung nur aus Lesen, Vorlesen und Diskutieren besteht und das Material nur aus Textkarten und Textblättern mit ein paar Bildern, ist die Immersion enorm. Die fiktiven Patient:innen wirken echt, wir denken uns in ihren Alltag und ihre Verhaltensweisen hinein, wir agieren mit dem Spiel wie mit einem realen Menschen.
Entsprechend hoch ist die Spannung, ob wir mit unseren Maßnahmen richtig liegen, ob wir helfen können, ob wir alles entdeckt haben und sich der Zustand unserer Patient:innen verbessert. Obwohl wir (meistens) alle Zeit der Welt haben, um uns zu besprechen und unsere Entscheidungen zu treffen, überträgt sich der Zeitdruck einer Notaufnahme auch auf uns. MEDICAL MYSTERIES fühlt sich an wie ein Kampf gegen die Uhr. Und wie der Kampf um das Leben unserer Patient:innen.

Was taugt es? Was den Grad der Immersion und auch was wesentliche Spielprinzipien angeht, erinnert mich MEDICAL MYSTERIES an DETECTIVE. Nur eben, dass wir keinen Kriminalfall, sondern einen Krankheitsfall lösen.
Kriminalfälle im Spiel haben den Vorteil, intuitiver zu sein. Um als Ermittler:in die richtigen Schlüsse zu ziehen, benötigt man weniger Vorwissen. Was vielleicht auch daran liegt, dass wir durch Krimikonsum gut trainiert sind. (Und was ich, wenn es denn stimmt, gesellschaftlich bemerkenswert finde: Wir wissen tatsächlich mehr über Verbrechen als über Medizin!?)

Medical Mysteries New York: Patient:innen

MEDICAL MYSTERIES ist also allein schon von seinem Thema her ein spezielleres Spiel als Krimi- oder Rätselspiele. Es wirft zudem die Frage auf, ob man das darf: mit Krankheit spielen. Die persönlichen Hemmschwellen sind da gewiss unterschiedlich.
Ich habe keine Bedenken. MEDICAL MYSTERIES behandelt das Thema seriös, respektvoll und – soweit ich das beurteilen kann – fundiert. Zur Angemessenheit gehört auch, dass wir nicht viele Gelegenheiten bekommen, um Fehlentscheidungen auszubügeln, erst recht keine krassen Fehlentscheidungen. Und natürlich: Es sind keine kreativen Lösungen gefragt. Wir folgen einem vorgegebenen Skript.
Zur hohen Immersion kommt die hohe Originalität. Das Terrain ist spielerisch längst nicht so plattgetrampelt wie Krimi oder Escaperoom. Ich habe jeden einzelnen Fall gerne gespielt und möchte auch weitere Fälle unbedingt spielen. Weshalb ich auch MEDICAL MYSTERIES: MIAMI FLATLINE längst abgeschlossen habe … hiervon allerdings etwas weniger begeistert war.
Es ist sicher nicht leicht, alle Fälle so anzulegen, dass sie für jede Spielegruppe genau passen oder speziell Udo Bartsch gefallen. Und es ist mir auch klar, dass MEDICAL MYSTERIES witzlos wäre, kämen die Patient:innen mit allzu simplen und immer gleichen Anliegen. Das Spiel soll ja einen Rätsel-Charakter haben.
Spielerisch haben sich für mich dennoch die etwas normaleren Fälle besser angefühlt als die teilweise arg speziellen, die selbst ein reales Krankenhausteam vermutlich nicht so oft erlebt. Und solche spezielleren Fälle nehmen in der MIAMI-Box noch größeren Raum ein. Deshalb bin ich nun etwas im Zweifel, ob sich die Reihe zum Dauerbrenner entwickeln kann oder ob das Potenzial schon ausgeschöpft ist.


***** reizvoll

MEDICAL MYSTERIES: NEW YORK von Nicholas Cravotta und Rebecca Bleau für eine:n bis vier Spieler:innen, Kosmos.

Mittwoch, 8. Januar 2025

Vor 20 Jahren (145): Louis XIV

Louis XIV: Cover

Folgendes Fax erreichte im Januar 2006 die Stuttgarter Zeitung und in Weiterleitung kurz darauf auch mich:

„Aufgrund einer überschwänglichen Empfehlung in Ihrer Zeitung habe ich das Spiel „Louis Quatorze“ [sic] gekauft. (…) Zu viert haben wir’s kürzlich angepackt und saßen eines langen Abends zunehmend ratlos vor einer schwer verständlichen, äußerst umfangreichen, umständlichen Gebrauchsanweisung. Keine Ränke, durch Bestechung kaum wenig zu erreichen [sic], irgendwann ging das Spielgeld aus, dann die Wappen, die man zum Gewinnen braucht. Zäh schleppte sich das Spiel voran, zu einem mühsamen Ende. Wir kamen zu dem Ergebnis, daß derjenige, der den Artikel geschrieben hat, niemals das Spiel ausprobiert und lediglich die Herstellerinformationen abgeschrieben hat. Und es ist keine Ränke, wenn ich der Redaktion vorschlage, dass dieser Journalist dazu verdonnert werden sollte, selbst einmal den Louis IX [sic] auszuprobieren.“

Wer schon mal Texte von mir gelesen hat, erkennt den offensichtlichsten Fehler des Schreibens sofort: Es ist „überschwänglich“. – Okay, tatsächlich hielt ich LOUIS XIV (Rüdiger Dorn bei alea) für ein gutes Spiel. Allerdings finde ich in meinem Artikel nach 14 Zeilen gröbster Spielbeschreibung an Wertung nur Folgendes: „Die Raffinesse dieses Ränkespiels überzeugte auch die Juroren des Deutschen Spielepreises: „Louis XIV“ ist der aktuelle Titelträger.“

Die Empfehlung ergab sich im Wesentlichen daraus, dass ich LOUIS XIV für diesen Artikel mit Spieletipps zu Weihnachten 2005 überhaupt ausgewählt hatte: als eines von sieben Spielen und bezeichnet als „Spiel für Experten“. Die Viererrunde, die an LOUIS XIV gescheitert war, bestand offenbar nicht aus Expert:innen. Dass ihnen Spielgeld und Wappen ausgingen, deutete stark auf Regelfehler hin.

Meine Antwort ist nicht archiviert. Vermutlich habe ich noch mal auf die Wahl zum Deutschen Spielepreis hingewiesen, die immerhin zeigt, dass nicht nur ich das Spiel für besonders gut hielt. Möglicherweise habe ich sogar angeboten, mich bei Regelfragen zu kontaktieren. Und ganz sicher habe ich die Unterstellung zurückgewiesen, LOUIS XIV gar nicht aus eigener Erfahrung zu kennen. Es war damals eines meiner meistgespielten Spiele.

Eine Antwort erhielt ich nie. Vom Redakteur der Stuttgarter Zeitung bekam ich immerhin das Lob, ich hätte die Angelegenheit mit viel Fingerspitzengefühl geregelt. Bei mir blieb trotzdem ein schlechter Beigeschmack. Obwohl ich der Meinung gewesen war, mich in Tageszeitungen mit Freakspielen betont zurückzuhalten, hielt ich mich fortan noch mehr zurück. Erst recht in Artikeln, die vor Weihnachten erschienen.

Klar, man kann argumentieren: Wenn wir den Menschen immer nur das ans Herz legen, was ihren Erwartungen und Einstellungen entspricht, erweitern wir nicht ihren Horizont und verfestigen das Vorurteil, Spielen sei Gurkenkram.

Und tatsächlich bin ich nicht Kritiker geworden, um den Menschen die siebzehnte MONOPOLY-Variante zu empfehlen. Aber eben auch nicht, um sie an LOUIS XIV scheitern zu lassen. Das Problem: Die Besonderheiten eines rein mechanisch interessanten Spiels wie LOUIS XIV lassen sich für ein Tageszeitungspublikum schwerlich in 14 Zeilen erklären. Deshalb bin ich in meiner Beschreibung stärker aufs Thema ausgewichen und habe offenbar falsche Erwartungen geweckt.

Ich bin durchaus dafür, in Tageszeitungen Spiele wie PANDEMIC LEGACY oder E-MISSION oder WEIMAR vorzustellen (allesamt komplexer und regelintensiver, aber eben auch thematischer als LOUIS XIV). Um zu zeigen: Das kann Brettspiel! Aber so etwas funktioniert nicht als 14-zeiliger Spiele-Tipp. Sondern nur mit genügend Raum für eine gründliche Einordnung.

Wie sehr mich die Zuschrift damals aufschreckte, erkenne ich daran, dass bis heute meine erste Assoziation zu LOUIS XIV genau dieser Vorfall ist, während ich die Mechanismen des Spiels nur noch schemenhaft in Erinnerung habe. Ich sollte mich wohl selbst dazu verdonnern, LOUIS XIV mal wieder auszuprobieren.


Samstag, 4. Januar 2025

Astrobienen

Astrobienen: Cover

Ach, im Weltall kann mich sowieso niemand hören.

Wie geht ASTROBIENEN? Wir sind Bienen im Weltraum und machen das, was Bienen dort typischerweise tun: Rohstoffe sammeln und damit Waben bauen. Die Waben sind sechseckförmige Plättchen, die ich angrenzend an mein Startteil lege. Rote Waben bringen einen Sofort-, blaue einen Dauer- und gelbe einen Endwertungseffekt, grüne Waben bringen mir ein gelegentliches Einkommen.
Ist mein Starttableau voll bebaut, erhalte ich eine Punktebelohnung. Ich kann weitere Anbauten installieren, und für jeden, den ich komplett befülle, gewinne ich ebenfalls Punkte. Jedes Bienenvolk hat etwas andere Voraussetzungen und Gegebenheiten.
ASTROBIENEN ist ein Figuren-Einsetzspiel. Ungewöhnlicherweise sind besetzte Felder aber nicht besetzt. Ich schubse die anwesende Biene einfach beiseite. Die rutscht dann auf ein anderes Feld oder fliegt nach Hause zurück und kann erneut eingesetzt werden. Und: Sie wird dabei um eine Stufe stärker. Bienen der höchsten Stufe 4 bekommen bei allen Aktionen einen erheblichen Bonus. Insbesondere sind sie die einzigen Bienen, mit denen ich überhaupt eine gelbe Wabe erwerben darf.

Astrobienen: Spielplan

Allerdings kehren die Vierer-Bienen nicht mehr zurück. Wird eine verdrängt, erhält sie noch eine kleine Belohnung und nimmt bei Spielende an einer Mehrheitenwertung teil. Ansonsten aber scheidet sie aus.
In ASTROBIENEN gibt es fünf Bereiche, um meine Bienen einzusetzen: Entweder fliege ich mit dem gemeinsamen Raumschiff, erforsche Planeten und gewinne Rohstoffe. Oder ich kaufe und baue eine Wabe. Oder ich ziehe Aktionskarten und suche mir eine davon aus. Oder ich hole mir neue Bienen aus dem Vorrat und / oder kaufe einen Anbau. Oder ich tausche Rohstoffe gegen andere Rohstoffe. Das ist nötig, um an die raren höherwertigen Rohstoffe Wachs und Honig heranzukommen, die ich zwingend für rote und gelbe Waben benötige. Überall gilt: Je stärker meine Biene, desto stärker ist ihre Aktion.


Astrobienen: Spielplan

Was passiert? ASTROBIENEN spielt sich sehr flüssig. Das liegt an der Klarheit der Elemente und sicherlich auch an ihrem Bekanntheitsgrad, denn so richtig neu ist das alles nicht. Dass wir uns schnell zurechtfinden, liegt zudem am gut gemachten Spielplan, auf dem alle Aktionen noch einmal beschrieben sind. Und daran, dass es keine Blockaden gibt. Aus Verdrängung erwächst hier etwas Positives.
Originellerweise werde ich sogar dann noch belohnt, wenn ich meine Rohstoffe nicht einlagern kann. Für jeden Baustoff, den ich wegen Platzmangel wegwerfen muss, gewinne ich einen Schritt auf einer Skala (die langfristig Punkte abwirft).
Allenfalls zwei Dinge in ASTROBIENEN sind hakelig: 1. Bei der Aktionskartenwahl bekommen Spieler:innen öfter mal drei oder gar vier Karten und dürfen nur eine behalten. Sich da für die beste zu entscheiden, kann eine Weile dauern, zumal alle Karten zweigeteilt sind und entweder eine besondere Aktion gewähren oder eine Punktewertung am Spielende (um die auszulösen, wird dann wieder eine Vierer-Biene gebraucht).
2. Meine Bienen werden zunächst immer stärker, meine Aktionen bringen immer mehr. Haben sich jedoch die ersten Vierer-Bienen verabschiedet, kann es sein, dass ich abrupt arg limitiert bin. Das sehe ich aber nicht als Problem des Spiels an, sondern als selbst eingebrocktes Dilemma, falls ich mich nicht rechtzeitig um Nachwuchs gekümmert habe.


Astrobienen: Tableau

Was taugt es? Die spannendsten Momente in ASTROBIENEN betreffen die Vierer-Bienen. Weil sie sehr mächtig sind, aber nach ihrem Einsatz verschwinden, kommt es darauf an, einen wirklich guten Zug für sie auf Lager zu haben. Das könnte zum Beispiel der Kauf einer gelben Endwertungs-Wabe sein. Was aber nur klappt, wenn ich mir als Zahlungsmittel rechtzeitig Honig besorgt habe.
Weil es ein Wettrennen auf die attraktivsten gelben Waben gibt, hoffe ich, im richtigen Moment mit einer Vierer-Biene losfliegen zu können. Wofür ich natürlich eine solche Biene haben muss. Generell möchte ich viele Vierer-Bienen generieren, deshalb freue ich mich, wenn ich in rascher Folge verdrängt werde. Das ist allerdings nicht so leicht zu bewerkstelligen. Ich muss mich dort hinstellen, wo sich die anderen kurz danach hinstellen werden. Nur kenne ich deren Pläne nicht so genau, und außerdem will ich nicht nur immer bloß im Weg rumstehen, sondern dort auch noch eine sinnvolle Aktion ausführen.
Habe ich mit einer Biene eine Aktion gewählt, die andere Spieler:innen aktuell nicht reizt, steht meine Figur da erst mal rum. ASTROBIENEN ist so konstruktiv, dass es auch hierfür eine Lösung gibt: Ich kann meine Bienen statt eines Einsetzzuges einfach zurückrufen; dann werden sie aufgewertet, und ich erhalte sogar ein Einkommen.

Astrobienen: Waben

Mir gefällt in ASTROBIENEN der elegante und spannende Spielablauf. Mechanisch originell finde ich ASTROBIENEN nicht, auch wenn der Figureneinsatz hier auf besonders konstruktive Art umgesetzt ist. Das Thema unterstützt das Spiel nicht; es rangiert irgendwo zwischen Gag und Trash.
Am wenigsten gefällt mir die für ein Spiel dieser Komplexität doch große Unwucht bei den Völkern, den Waben und den Karten. Die verschiedenen Bienenvölker empfinde ich nicht als ausgewogen, nicht einmal die Startvölker. Je nachdem, welche gelben Waben ausliegen, können sich für manche Spieler:innen tolle Synergien anbieten, für andere nicht. Manche roten Waben sind megastark, andere unattraktiv.
Und während die roten Waben immerhin nach und nach ins Spiel kommen und die nachrückende und potenziell supertolle Wabe vorübergehend erst mal besonders teuer ist, sind die Karten wie eine Lotterie. Ich habe erlebt, dass eine Aktionskarte dank günstiger Umstände einfach so fünf Punkte brachte (was grob vier bis fünf Prozent der Gesamtpunkte bei Spielende ausmacht; und ich könnte sogar einen Extremfall mit noch deutlich mehr Punkten konstruieren, den ich allerdings nicht erlebt habe). Andere Aktionskarten hingegen schmeißt man ab, um zum Trost einen Rohstoff der billigsten Sorte zu erhalten. So gut ASTROBIENEN auch fließt: Wenn zunehmend ein Beigeschmack bleibt, ebbt die Neugierde auf weitere Partien ab.


**** solide

ASTROBIENEN von Connie Vogelmann für eine:n bis fünf Spieler:innen, Feuerland.

Dienstag, 31. Dezember 2024

Gern gespielt im Dezember 2024

DER HERR DER RINGE – DUELL UM MITTELERDE: Gut und Böse spielen sich kein bisschen asymmetrisch. Könnte philosophisch gemeint sein.

AGENT AVENUE: Wo die Kuchenregel zur Hundekuchenregel wird.

NEULAND: „Wir saufen den Met / Bis keiner mehr steht“, sangen Torfrock. Deswegen müssen Wikingerfiguren auch umfallen.

BOMB BUSTERS: Dass es so viele Verrückte gibt, die die Welt bedrohen, münzt BOMB BUSTERS in einen tollen Vorteil um: 66 verschiedene Missionen!

DUNGEON DESIGNER: Hach, befreiend, mal selber einer dieser Verrückten zu sein!







UND AM LIEBSTEN GESPIELT IM DEZEMBER:

SETI: Wenn wir intelligente Lebensformen finden wollen, halte ich es für einen vielversprechenden Ansatz, nicht auf der Erde zu suchen.