UBONGO (von Grzegorz Rejchtman bei Kosmos) ist eines der wenigen Spiele, die auch ohne die Auszeichnung „Spiel des Jahres“ zum Longseller wurden. Ich vermute, dass UBONGO sogar bekannter und verbreiteter ist als das 2005er Spiel des Jahres NIAGARA.
Also eine Fehlentscheidung, nicht UBONGO zu wählen? Nun ja, erstens ist es hinterher immer leicht, es vorher gewusst zu haben. Zweitens geht es bei der Wahl eines Titelträgers auch gar nicht darum, dasjenige Spiel herauszufiltern, welches die besten Verkaufszahlen erreichen wird. Sonst könnte man sich die Sache sehr erleichtern und jedes Jahr einfach irgendein MONOPOLY-Dingens küren. Nein, es geht eben auch um Kriterien wie Schöpfungshöhe und Originalität, Handhabung und Thema, Optik und Material.
Ich war 2005 beim Auswahlprozess nicht dabei, deshalb kann ich munter drauflos spekulieren: Woran lag’s vielleicht?
UBONGO hat eine ziemliche Schwäche. Die Wertungsphase läuft chaotisch ab. Figuren kippen um, Edelsteine fliegen durch die Gegend, es gibt Streit, wer wann hätte ziehen und nehmen sollen. Ich weiß nicht, wie viele Menschen das Edelstein-Grabbeln tatsächlich regelkonform spielen können. Dass dies stattfinden soll, noch während die Sanduhr läuft, ist meines Erachtens eine Design-Fehlentscheidung.
Auch die thematische Einbettung von UBONGO ist fragwürdig. Die Grafik versammelt irgendwelche Afrika-Klischees, deren Bezug zum Spiel nicht erkennbar ist. Und Grund Nummer drei, warum UBONGO nicht gewählt (und nicht mal nominiert!) (und nicht mal empfohlen!) worden ist, mag – wie gesagt: ich spekuliere! – die Neigung sein, das allzu Einfache abzuwerten.
Diese Neigung nehme ich nicht nur bei Kritiker:innen wahr – inklusive mir selbst, wie ich leider zugeben muss. Auch bei Spieler:innen beobachte ich das. Viele tun sich leichter damit, kompliziertere Spiele gut zu finden. Und das gilt nicht nur für Vielspieler:innen. Auch Normalos überraschen mich am Ende eines Spielenachmittags immer wieder, indem sie das Spiel, das sie mit Ach und Krach und mit viel Hilfe gerade so über die Bühne bringen konnten, besser bewerten als eins, das sie nach meiner Wahrnehmung gut verstanden und mit sichtbarem Spaß genossen hatten.
Gewiss gilt das nicht für alle Spieler:innen, aber doch für genügend viele, dass es mir als Muster auffällt: Einem Vergnügen, das man einfach so empfindet, ohne es sich mühevoll erarbeitet zu haben, misstrauen manche. Es ist offenbar gefühlt ein zu billiges Vergnügen. „Nichts Richtiges“.
UBONGO ist dieses sehr einfache Vergnügen. Das Spiel folgt einer einzigen großen Idee: Hier hast du drei oder vier Puzzleteile. Bau damit, so schnell du kannst, dein Raster voll! Und weil das der Kern von UBONGO ist und nicht die Auswertungsphase, stören sich beim Spielen vermutlich gar nicht so viele Leute daran, wenn das Edelsteingegrabbel weniger toll ist.
Ich bin mir nicht sicher, ob ich UBONGO bereits 2005 gegenüber NIAGARA vorgezogen habe. Aber ein paar Jahre später war ich definitiv soweit. Denn NIAGARA beisitze ich schon lange nicht mehr, UBONGO noch immer.
- Vor 20 Jahren (145): LOUIS XIV
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