Donnerstag, 13. März 2025

Vor 20 Jahren (147): Zug um Zug Europa

Zug um Zug Europa: Cover

Unter Marketinggesichtspunkten hatte das Spiel des Jahres 2004 ZUG UM ZUG von Alan Moon einen Nachteil: Es ließ sich schlecht erweitern. Gleichzeitig hatte ZUG UM ZUG einen großen Vorteil: Es ließ sich schlecht erweitern. Um auch mal auf anderen Spielplänen statt immer nur Nordamerika spielen zu können, mussten die Fans ganz neue Ausgaben mit ganz neuem Material kaufen.

Und es funktionierte.

Blendend.

Zumal ZUG UM ZUG vergleichsweise einfach gehalten ist, während die späteren Versionen oft ein paar Regeln draufsatteln und dadurch für Menschen, die das Spielprinzip schon kennen, neue Reize bieten. Bei mir und im Falle von ZUG UM ZUG EUROPA war es jedenfalls so. Nachdem es ZUG UM ZUG EUROPA gab, spielte ich fast nur noch dieses und fast überhaupt nicht mehr ZUG UM ZUG.

An ZUG UM ZUG EUROPA gefällt mir vor allem besser, dass es nicht so sehr auf das Bauen langer Strecken ankommt. Genau genommen gibt es kaum lange Strecken, die jemand bauen könnte. Auch besser: Bis auf den Startauftrag klaffen die Punktwerte der Aufträge nicht mehr so arg auseinander. Und: die Bahnhöfe als Notfallplan, um Strecken zu überbrücken, die man nicht selbst bebaut hat.

Die anderen Änderungen (dass manche Streckenabschnitte Joker kosten und dass jeder Tunnelbau ein Zockerspiel im Spiel initiiert) finde ich zumindest nicht negativ. Vielleicht sollen sie Anreize setzen, um nicht dauernd vom Stapel zu ziehen, sondern häufiger gezielt Karten aus der Auslage zu wählen, gegebenenfalls auch mal einen Joker. Falls das stimmt, prallte das an meiner Runde, mit der ich damals ZUG UM ZUG EUROPA hauptsächlich und auch wirklich sehr häufig spielte, ab: Wir haben trotzdem bevorzugt vom Stapel gezogen. Könnte ja sein, dass man mit Glück einen Joker ergattert. Es zeigte sich auch immer wieder: Kaum nahm man mal aus der Auslage, war man prompt der Depp. Weil dann nämlich der Joker aufgedeckt wurde, den man gezogen hätte ... hätte man gezogen.

Der Reiz von ZUG UM ZUG und auch ZUG UM ZUG EUROPA beruht auf der Komposition sehr klarer Mechanismen. Ich sammle Farbkarten. Aber nicht aus Selbstzweck oder für Mehrheiten. Sondern mit den Karten errichte ich Zuglinien auf einem Spielbrett. Und wozu braucht man Eisenbahnen? Um Städte zu verbinden. Dass lange Strecken belohnt werden und dass ich Aufträge erfüllen soll, ergibt sich folgerichtig.

Die Reduktion ist der große Trumpf des Spiels: Es kostet nicht noch zusätzlich Geld, die Linien zu bauen. Ich benötige keine Baurechte. Ich muss nicht kompliziert irgendwas reservieren. Und ich muss eine Linie auch nicht immer weiter fortsetzen. Ich lege Farbkarten und bebaue entsprechend viele gleichfarbige Felder. Fertig.

Das Kartennehmen ist genauso einfach. Ich nehme sie einfach. Aus der Auslage oder vom Stapel. Sie werden nicht versteigert, ich muss nicht dafür bezahlen, es kostet einfach nur meinen Zug. Die Karten selbst kommen ohne jeden Schnickschnack aus: Es gibt unterschiedliche Farben, es gibt Joker. Mehr nicht. Und für jede Farbe gibt es auf dem Spielplan unterschiedliche Stellen, um sie einzusetzen. Welche Karte welche Möglichkeiten bietet, ist glasklar.

Kaum jemand kämpft bei ZUG UM ZUG mit den Regeln. Die Unkompliziertheit bewirkt, dass der Fokus der Spieler:innen statt auf den Mechanismen auf dem Spielgeschehen liegt: Bekomme ich die erhoffte Karte? Kann ich meine Serie rechtzeitig ausspielen? Schaffe ich alle Aufträge? Wäre es verwegen, noch neue zu ziehen? Die Spannung ist deshalb so groß, weil nichts Unnötiges davon ablenkt.


0 Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Aufklärung über den Datenschutz
Wenn Sie einen Kommentar abgeben, werden Ihre eingegebenen Formulardaten (und unter Umständen auch weitere personenbezogene Daten, wie beispielsweise Ihre IP-Adresse) an den Google-Server übermittelt. Mit dem Absenden Ihres Kommentars erklären Sie sich mit der Aufzeichnung Ihrer angegebenen Daten einverstanden. Auf Wunsch können Sie Ihre Kommentare wieder löschen lassen. Bitte beachten Sie unsere darüber hinaus geltenden Datenschutzbestimmungen sowie die Datenschutzerklärung von Google.