Dienstag, 7. Mai 2013
Dicht dran
Jeder hat so seine Traumata: Ich jedenfalls fühle mich bei der Kartenauslage von DICHT DRAN sofort an einen Stuhlkreis erinnert. Das ist eine Sozialform im Unterricht, bei der man viel besser miteinander ins Gespräch kommt als in der frontalen Sitzordnung. Theoretisch.
Praktisch besteht das Problem, dass der doofe Lehrer sowieso nur über Sachen quatschen will, die mit Unterricht zu tun haben. Und deshalb finden Schüler Stuhlkreise einfach nur lästig.
Was viele nicht wissen (weil ich ja nicht so bekloppt bin, es einfach auszuplaudern): Ich war mal Lehrer. Und um Lehrer zu werden, habe ich natürlich auch ein Referendariat gemacht. Das Schönste damals waren die Unterrichtsbesuche. Dort konnte man unter Beweis stellen, wie sehr man es pädagogisch drauf hatte. Mit meinen Stuhlkreisen war ich ganz weit vorn.
Wie geht DICHT DRAN? So, Leute, jetzt machen wir erst mal einen Kartenkreis! Sechs Zahlenkarten mit Werten zwischen 1 und 100 liegen so, dass sie total gut miteinander ins Gespräch kommen. Eine Karte wird in die Mitte geschoben und ist nun die „Zielkarte“ (im Bild die 100). Jeder Spieler wählt eine der anfangs acht Karten aus seiner Hand; alle decken simultan auf. Wer am dichtesten an der 100 ist, gewinnt die darauf abgebildeten Knallschoten als Pluspunkte und ersetzt die 100 durch die eigene Karte.
Für alle anderen geht es nun nur noch darum, wessen Kartenwert in die „Lücke“ passt. Im Beispiel liegt die Lücke zwischen 41 und 89, also den ehemaligen Nachbarn der in die Mitte geschobenen „Zielkarte“. Wer die Lücke nicht getroffen hat, muss zur Strafe so viele Karten nachziehen, wie seine gespielte Karte Schoten zeigt. Hat jemand sein Blatt komplett runtergespielt, zählen alle auf der Hand verbliebenen Schoten minus.
Was passiert? Man spielt mitnichten bloß eine Karte und guckt, was passiert, sondern darf sich durchaus Gedanken dazu machen: Spekuliere ich auf die Zielkarte oder bleibe ich sicherheitshalber in der Lücke? Besitze ich eine 95, ist die Chance, der 100 am nächsten zu kommen, gar nicht so schlecht. Bin ich jedoch nicht der Glückliche, verfehle ich die Lücke und muss eklige drei Karten nachziehen.
Da immer die im Uhrzeigersinn nächste Karte zur Zielkarte wird (im Beispiel würde die Gewinnerkarte aus der Mitte herausrutschen und die 41 hinein), kann man in etwa abschätzen, in welchen Zahlenbereichen sich künftige Lücken befinden, und passende Karten aufbewahren.
Zweifelsohne ist aber auch viel Glück im Spiel. Manchmal verliert man, obwohl man nur einen Punkt vom Zielwert entfernt ist (bei Gleichstand gewinnt die höhere Karte), manchmal gewinnt man völlig überraschend trotz 25 Punkten Abstand. Das allerdings sorgt auch immer wieder für ein großes Hallo am Tisch.
Was taugt es? Das Spielgefühl von DICHT DRAN erinnert an 6 NIMMT! Was durchaus als Kompliment aufgefasst werden kann. Bliebe allerdings zu klären, ob DICHT DRAN an 6 NIMMT! womöglich zu dicht dran ist. Das wiederum finde ich nicht. Schließlich geht es nicht nur um Minuspunktvermeidung. Der Reiz von DICHT DRAN liegt im Zocken: Kann ich Pluspunkte kriegen oder halte ich den Ball lieber flach?
DICHT DRAN ist ein weiterer gelungener Vertreter des Genres flotter, vergnüglicher Spiele mit verdeckten Kartengeboten. Man macht mit diesem Spiel nichts falsch. Allerdings ist DICHT DRAN wahrlich nicht das erste Spiel seiner Gattung. Und es kann zu Situationen kommen, wo es im Spielgebälk etwas knarrt. Liegt der Zielwert zu oft im Bereich der Lücke, verläuft der Zock schon weniger spannend. Und gegen Rundenende schränken sich die Wahlmöglichkeiten naturgemäß ein. Passt die letzte Karte nicht in die Lücke, muss nachgezogen werden. Fortan regiert ausschließlich das Schicksal: Passt die nachgezogene Karte in die nächste Lücke? - Falls nein: Zeigt sie womöglich drei Schoten und man muss nun gleich drei Karten nachziehen? - Falls ja: Ist etwa genau jetzt Schluss und man hat sich soeben eine Hucke voller Minuspunkte aufgeladen? - Falls wieder ja: Das ist ein Thema, über das ich gerne reden würde. Stuhlkreis!
DICHT DRAN von Reinhard Staupe für drei bis fünf Spieler, NSV.
Praktisch besteht das Problem, dass der doofe Lehrer sowieso nur über Sachen quatschen will, die mit Unterricht zu tun haben. Und deshalb finden Schüler Stuhlkreise einfach nur lästig.
Was viele nicht wissen (weil ich ja nicht so bekloppt bin, es einfach auszuplaudern): Ich war mal Lehrer. Und um Lehrer zu werden, habe ich natürlich auch ein Referendariat gemacht. Das Schönste damals waren die Unterrichtsbesuche. Dort konnte man unter Beweis stellen, wie sehr man es pädagogisch drauf hatte. Mit meinen Stuhlkreisen war ich ganz weit vorn.
Wie geht DICHT DRAN? So, Leute, jetzt machen wir erst mal einen Kartenkreis! Sechs Zahlenkarten mit Werten zwischen 1 und 100 liegen so, dass sie total gut miteinander ins Gespräch kommen. Eine Karte wird in die Mitte geschoben und ist nun die „Zielkarte“ (im Bild die 100). Jeder Spieler wählt eine der anfangs acht Karten aus seiner Hand; alle decken simultan auf. Wer am dichtesten an der 100 ist, gewinnt die darauf abgebildeten Knallschoten als Pluspunkte und ersetzt die 100 durch die eigene Karte.
Für alle anderen geht es nun nur noch darum, wessen Kartenwert in die „Lücke“ passt. Im Beispiel liegt die Lücke zwischen 41 und 89, also den ehemaligen Nachbarn der in die Mitte geschobenen „Zielkarte“. Wer die Lücke nicht getroffen hat, muss zur Strafe so viele Karten nachziehen, wie seine gespielte Karte Schoten zeigt. Hat jemand sein Blatt komplett runtergespielt, zählen alle auf der Hand verbliebenen Schoten minus.
Was passiert? Man spielt mitnichten bloß eine Karte und guckt, was passiert, sondern darf sich durchaus Gedanken dazu machen: Spekuliere ich auf die Zielkarte oder bleibe ich sicherheitshalber in der Lücke? Besitze ich eine 95, ist die Chance, der 100 am nächsten zu kommen, gar nicht so schlecht. Bin ich jedoch nicht der Glückliche, verfehle ich die Lücke und muss eklige drei Karten nachziehen.
Da immer die im Uhrzeigersinn nächste Karte zur Zielkarte wird (im Beispiel würde die Gewinnerkarte aus der Mitte herausrutschen und die 41 hinein), kann man in etwa abschätzen, in welchen Zahlenbereichen sich künftige Lücken befinden, und passende Karten aufbewahren.
Zweifelsohne ist aber auch viel Glück im Spiel. Manchmal verliert man, obwohl man nur einen Punkt vom Zielwert entfernt ist (bei Gleichstand gewinnt die höhere Karte), manchmal gewinnt man völlig überraschend trotz 25 Punkten Abstand. Das allerdings sorgt auch immer wieder für ein großes Hallo am Tisch.
Was taugt es? Das Spielgefühl von DICHT DRAN erinnert an 6 NIMMT! Was durchaus als Kompliment aufgefasst werden kann. Bliebe allerdings zu klären, ob DICHT DRAN an 6 NIMMT! womöglich zu dicht dran ist. Das wiederum finde ich nicht. Schließlich geht es nicht nur um Minuspunktvermeidung. Der Reiz von DICHT DRAN liegt im Zocken: Kann ich Pluspunkte kriegen oder halte ich den Ball lieber flach?
DICHT DRAN ist ein weiterer gelungener Vertreter des Genres flotter, vergnüglicher Spiele mit verdeckten Kartengeboten. Man macht mit diesem Spiel nichts falsch. Allerdings ist DICHT DRAN wahrlich nicht das erste Spiel seiner Gattung. Und es kann zu Situationen kommen, wo es im Spielgebälk etwas knarrt. Liegt der Zielwert zu oft im Bereich der Lücke, verläuft der Zock schon weniger spannend. Und gegen Rundenende schränken sich die Wahlmöglichkeiten naturgemäß ein. Passt die letzte Karte nicht in die Lücke, muss nachgezogen werden. Fortan regiert ausschließlich das Schicksal: Passt die nachgezogene Karte in die nächste Lücke? - Falls nein: Zeigt sie womöglich drei Schoten und man muss nun gleich drei Karten nachziehen? - Falls ja: Ist etwa genau jetzt Schluss und man hat sich soeben eine Hucke voller Minuspunkte aufgeladen? - Falls wieder ja: Das ist ein Thema, über das ich gerne reden würde. Stuhlkreis!
DICHT DRAN von Reinhard Staupe für drei bis fünf Spieler, NSV.
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