Mittwoch, 19. Dezember 2018

Roll for Adventure

Dass Spiele selbstverständlich Kulturgüter sind, erkennt man auch daran, dass sich aus Spielen immer wieder Erkenntnisse für die Realität ableiten lassen. In diesem Fall: Das Böse stirbt nie! Obwohl man glaubt, sämtliche Monster eliminiert zu haben, sind im nächsten Spiel alle wieder da.

Wie geht ROLL FOR ADVENTURE? Wir Helden gegen die Monster. Wer am Zug ist, wirft alle Würfel, die er gerade besitzt, und platziert anschließend einen oder mehrere mit derselben Augenzahl auf einem Gebiet. Die übrigen Würfel werden erneut geworfen und eingesetzt und immer so weiter, bis man entweder keine Würfel mehr hat oder Würfel auf dem „Strudel der Erinnerung“ setzt.
In drei Gebieten lassen sich Edelsteine gewinnen. Was gut ist, denn eine vor Partiebeginn festgelegte Anzahl Edelsteine zu erwerben, ist das Ziel. Welche Augenzahlen eingesetzt werden dürfen und wie viele Würfel nötig sind, ist in jedem Gebiet ein bisschen anders geregelt.
Und natürlich gibt es auch in der schönen Würfelwelt das Böse. Nach jedem Spielerzug kommt eine Monsterkarte ins Spiel. Das Monster fügt entweder einem der Gebiete Schaden zu, und sobald ein Gebiet zerstört ist, haben die Spieler verloren. Oder es schubst einen oder mehrere Spielerwürfel in den „Strudel des Vergessens“, woraus sie erst wieder befreit werden, sobald sich im Strudel der Erinnerung eine Augensumme von mindestens zehn angesammelt hat.


Was passiert? Erst bei Abschluss einer Edelstein-Mission gibt es die Würfel zurück, was bedeutet, dass die Spieler zwischenzeitlich weniger Würfel zur Verfügung haben und nutzen dürfen. Und das wiederum bedeutet, dass man sich besser auf wenige Projekte fokussiert, um diese auch rasch zu beenden.
Würfel können auch eingesetzt werden, um Monster zu eliminieren – was dringend geboten ist, da bereits vorhandene Monster durch neu auftauchende abermals aktiviert werden können. Und beachten sollte man schließlich, dass sich nicht zu viele Würfel im bösen Strudel ansammeln. Falls die Gruppe den Würfelrücklauf nicht organisiert oder wegen Würfelpech nicht hinkriegt, kann eine Partie ganz plötzlich in eine unaufhaltsame Niederlage abrutschen.
Da sitzen wir also und würfeln und beraten uns gegenseitig: „Nein, setz’ lieber da!“, „Ich bin dafür, dass …“, „Achtung, wir müssen …!“ Wir hoffen auf einen passenden Wurf, damit ein Edelstein erobert wird und fünf blockierte Würfel zurückkommen. Und wir hoffen, dass das unbesiegbare Obermonster, das nach jedem Auftauchen in den Stapel zurückgemischt wird, nicht zu häufig kommt und nicht ausgerechnet dasjenige Gebiet angreift, das ohnehin schon kurz vor dem Exitus steht. ROLL FOR ADVENTURE baut Spannung und ein gutes Gruppengefühl auf.


Was taugt es? Mir gefällt einiges an ROLL FOR ADVENTURE. Das beginnt mit der guten Idee, ein Würfeleinsetzspiel kooperativ zu gestalten. Auch Thema und Gestaltung passen. Und dass es auch aufs Würfel-Management ankommt und nicht bloß darauf, bestimmte Zahlen zu erzielen, gibt dem Spiel etwas Tiefe.
ROLL FOR ADVENTURE hat zudem viele Variationsmöglichkeiten: Drei zusätzliche Monster-Sorten könnten ins Spiel kommen, zu jedem der vier Orte existiert noch eine Alternative, es gibt zehn Helden-Charaktere mit Spezialeigenschaften. Dass nicht alle gleichermaßen stark sind, ist für mich kein Manko. Als Würfelspiel hat ROLL FOR ADVENTURE sowieso mit Glück zu tun. Ob mir mein Held gefällt, ist dann eben ein weiterer Faktor.
Was mich hindert, ROLL FOR ADVENTURE so richtig abzufeiern, ist meine Beobachtung, dass ich bei aller Variation doch immer denselben Stiefel runterspiele. Klar, in Details ist es jedes Mal etwas anders (andere Heldeneigenschaften, andere Gebietseigenschaften). Doch keine Variante erfordert, die generelle Marschroute zu verändern. Erfahrene Spieler werden in ROLL FOR ADVENTURE recht bald nichts Neues mehr entdecken und die Partien planvoll abarbeiten. Reizvolle Abwägungen gibt es dann nur noch, wenn es nicht so läuft, und man Risiken einschätzen oder Prioritäten festlegen muss.
Bei einer Partie mit genügend hohem Schwierigkeitsgrad wäre ich trotzdem wieder dabei. Einfach nur, um mich bei lockerem Gewürfel der Spannung und dem Schicksal hinzugeben: Packen wir das noch oder packen wir es nicht mehr? Und weil der Kampf gegen das Böse – siehe oben – ja sowieso niemals endet.


**** solide

ROLL FOR ADVENTURE von Matthew Dunstan und Brett J. Gilbert für zwei bis vier Spieler, Kosmos.

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