Ich bin übrigens kein Fan von effektheischenden Ausrufezeichen im Spieletitel! Was soll das!
Wie geht CHALLENGERS? Wir spielen ein Turnier! Bei acht Personen tritt jede einmal gegen jede an! Bei weniger Personen treten manche (oder gar alle) mehrfach gegeneinander an! Jedenfalls spielt jede:r sieben Partien! Oder sogar acht, denn die beiden Punktbesten erreichen das Finale und spielen noch einmal gegeneinander! Wer das Finale gewinnt, gewinnt CHALLENGERS!
Die Partien tragen wir mit Karten aus. Parallel. Bei CHALLENGERS laufen kleine Zwei-Personen-Spiele nebeneinander. Anfangs besitzen alle dieselben sechs Karten. Vor jedem Duell darf ich mein Deck um bis zu zwei Karten erweitern: Dazu ziehe ich fünf Karten von einem der drei Nachziehstapel, und entweder behalte ich davon schon zwei. Oder ich behalte weniger, dann darf ich noch ein zweites Mal ziehen.
Ich darf Karten aus meinem Deck entsorgen, und der Rest geschieht nun automatisch: Ich mische mein Blatt, und es kommt, wie es kommt: Wer am Zug ist, muss solange Karten von seinem Stapel aufdecken, bis die Summe der Kartenwerte mindestens die Stärke der letztgespielten Karte des Gegenübers erreicht.
Beispielsweise liegt da ein Champion (4), und ich decke erst ein Talent (2), dann einen Neuling (1) und dann einen Hund (3) auf: geschafft! Es hätte auch ohne das Talent geklappt, ich habe also eine Karte verschwendet, aber das ist dann eben Pech. Der Campion meines Gegenübers kommt nun auf dessen Ablage-„Bank“, und mein Gegenüber deckt solange auf, bis mein Hund besiegt ist, woraufhin Talent, Neuling und Hund auf meine Bank müssen.
Passt eine Karte nicht mehr auf meine Bank, habe ich verloren. Ebenso, wenn ich die letztgespielte Karte meines Gegenübers nicht mehr übertreffen kann. Wer gewinnt, erhält eine Trophäe, die zufällig mehr oder weniger Punkte zählt. Später im Spiel gewonnene Trophäen sind wertvoller.
Was passiert? Eine überfüllte Bank ist häufig der Grund für Niederlagen, was erstens ein Argument fürs Entsorgen ist und zweitens den Kartenerwerb beeinflusst. Karten mit gleichem Namen benötigen nur einen Bankplatz, weshalb ich versuche, wenig verschiedene Karten in mein Deck aufzunehmen. Zweifellos ist auch das wieder Glückssache, denn Voraussetzung, um gleiche Karten zu nehmen, ist nun mal, gleiche Karten zu ziehen.
Sobald man die Karten besser kennt, wählt man noch nach anderen Kriterien: Die meisten Karten haben neben Zahlenwerten auch Effekte. Beispielsweise können sie mir Deckkontrolle bringen: Der Navigator lässt mich die obersten beiden Karten meines Stapels ansehen und eine davon unter mein Deck legen. – Perfekt, wenn das nun die Rettungsschwimmerin wäre, denn die zählt 6 statt 4, falls sie meine letzte oder vorletzte Karte ist. Ja nach Gestaltung meines Decks kann so auch die Aufdeckphase mehr werden als reines Aufdecken.
Der Deckbau- und der Strategie-Aspekt sind trotzdem nicht das Außergewöhnliche in CHALLENGERS; höchstens insofern, dass sie außergewöhnlich einfach ablaufen. Zum besonderen Spiel wird CHALLENGERS durch das Turnier. Auch in großer Runde sind alle immer beteiligt; es gibt keine nennenswerten Wartezeiten. Wir wechseln unsere Sitzplätze. Wir treffen auf Gegner:innen, deren Deck wir nicht kennen und deren Karteneffekte uns vielleicht überraschen.
Es entsteht ein Partygefühl, ohne dass man Partyspiel-übliche Dinge tut; alle kommen mit allen in direkten Kontakt. Und es entsteht eine Turnier-Dramaturgie: Manche Decks beginnen stark, gewinnen die ersten Partien und kippen irgendwann. Seriensieger:innen verlieren ausgerechnet gegen zuvor Sieglose. Und selbst ein eher mieses Deck kann gegen ein mutmaßlich besseres gewinnen, denn: Es ist nun mal Glück dabei.
Was taugt es? CHALLENGERS ist mehr als ein Spiel, nämlich ein Spieleturnier, ein Kartenspiel mit Event-Charakter. Es bietet viel direkte Interaktion und eine andere Art, ein analoges Spiel miteinander zu erleben. Es erschafft etwas Neues. Das ist gut. Aber besser noch ist: Es erschafft etwas Neues, das sehr gut unterhält und viel Spaß macht.
… Was allerdings längst nicht alle meine Mitspieler:innen unterschreiben würden. Dass man seine Karten einfach nur durchmischt und dann eine nach der anderen aufdeckt, lässt bei manchen das Gefühl von Belanglosigkeit entstehen. Manche sind auch gefrustet, wenn andere viel tollere Karten nachrüsten konnten, während sie selbst vermeintlichen Murks zur Auswahl bekamen.
Wer CHALLENGERS häufiger spielt und die Karten genauer kennt, hat schon merkliche Vorteile. Aber CHALLENGERS ist eben kein Deckbau-Spiel, das zwangsläufig gewinnt, wer tiefer einsteigt. Der Glücksfaktor passt sehr gut zum Charakter des Spiels. Der Erfolg und damit auch der eigene Anteil am Erfolg sind hier Nebensache, weil man gemeinsam etwas erlebt.
Am liebsten spiele ich CHALLENGERS in großer Runde und mit einer geraden Mitspieler:innenzahl. Das ist aber kein Muss, denn bei ungerader Zahl kommt ein Bot zum Einsatz, dessen Spielstärke sich überraschend gut justieren lässt. Und die Großgruppe ist ebenso kein Muss, CHALLENGERS funktioniert auch mit halber Besetzung. Allerdings setzt sich mit vielen Teilnehmer:innen schneller Party-Stimmung durch, während in kleinerem Kreis dann doch mehr aufs Ergebnis geachtet wird.
****** außerordentlich
CHALLENGERS! von Johannes Krenner und Markus Slawitscheck für eine:n bis acht Spieler:innen, 1 More Time Games / Z-Man Games.
4 Kommentare:
Du meinst vermutlich eine gerade Spieleranzahl. Eine gerade Mitspieleranzahl führt zu einer ungeraden Spieleranzahl.
Stimmt. So wäre es gemeint gewesen.
Hallo Udo,
wie schätztst du den Wiederspielreiz auf Dauer ein?
Ich weiß nicht, ab wann für dich der "Wiederspielreiz" beginnt. Ich habe derzeit 14 Partien hinter mir und bin neugierig auf weitere.
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