Sonntag, 15. Januar 2023

Next Station London

Der ÖPNV ist besser als sein Ruf. Wäre meine Bahn verspätet gewesen, hätte ich beim Warten über eine Einleitung nachdenken können.

Wie geht NEXT STATION LONDON? Wir bauen Bahnstrecken. Jede:r konstruiert nach und nach vier Linien. Zu diesem Zweck sind vier verschiedenfarbige Buntstifte im Spiel, mit denen ich auf meinem Zettel Stationen verbinde. Ich beginne mit irgendeinem der Stifte, beispielsweise dem grünen. Das bedeutet, meine Linie beginnt am grünen Startpunkt. Andere Spieler:innen beginnen bei Rosa, Lila oder Blau.
Eine von elf Stations-Karten wird aufgedeckt und bestimmt, wohin alle Spieler:innen ihr Streckennetz erweitern dürfen. Zeigt die Karte ein Dreieck, darf ich eine Station mit Dreieck-Symbol anfahren. Das muss ich in gerader Linie tun. Außer in Stationen dürfen sich meine Farben nicht kreuzen.
Dann folgt die nächste Karte, und wieder darf ich meine Strecke an dem einen oder dem anderen Ende verlängern. Ein Durchgang dauert zwischen fünf und elf Karten. Das ist Zufall. Nach der fünften roten Karte ist Schluss, und wir tauschen die Stifte. Insgesamt werden vier Durchgänge gespielt, damit jede:r einmal mit jeder Farbe agiert.

Meine Punkte ermittele ich für jede der Farben durch eine Multiplikation aus angeschlossenen Bezirken und angeschlossenen Stationen in einem Bezirk. Das bedeutet, dass ich mich einerseits ausbreiten möchte, andererseits irgendwo auch gehäuft sein will. Neun Bezirke mit je einer Station zählen 9 x 1, also 9 Punkte. Sechs Bezirke inklusive einem, wo ich vier Stationen anschließen konnte, ist klar besser: 6 x 4.
Bonuspunkte zählen Stationen, die ich mit zwei oder sogar mehr Farben angebunden habe. Sowie besonders gekennzeichnete „Touristen-Stationen“, die ich so häufig wie möglich anbinden sollte. Weitere Ziele können optional hinzukommen.


Was passiert? Das Wertungsprinzip ist zunächst nicht sehr eingängig, was sicherlich auch daran liegt, dass man sich beim Malen unbewusst an der Streckenführung realer Liniennetze orientiert und viele verschiedene Punkte der Stadt anbinden möchte. Mit dieser Strategie fährt man in NEXT STATION LONDON aber nicht so gut.
Mit einer konkreteren Idee, was gut sein könnte, werden die Abwägungen spannender. Ich will natürlich Punkte eintüten. Aber ich will auch so bauen, dass ich später kommende Farben nicht blockiere. Und ich will flexibel bleiben und weiterhin möglichst alle Symbole verwerten können.
Die Zweifarbigkeit der Karten gibt mir gewisse Anhaltspunkte. Alle blauen Karten könnten gezogen werden, aber nur vielleicht. Alle roten Karten werden garantiert noch gezogen und ausgeführt. Und wenn der rote Kreis und das rote Fünfeck noch nicht an der Reihe waren, kann ich mich darauf verlassen, dass sie kommen. Nur weiß ich nicht, wann und in welcher Reihenfolge.


Was taugt es? In NEXT STATION LONDON spielt jede:r strikt für sich. Das Solospiel funktioniert deshalb genauso wie das Spiel mit mehreren Personen. Mehr Spaß macht es, gegen andere statt gegen den eigenen Highscore anzutreten, zumal die Punktestände verschiedener Partien nur halbwegs miteinander vergleichbar sind. Die zufällige Länge der Durchgänge macht einen großen Unterschied.
Obwohl die Durchgänge nur wenige Züge und damit auch nur wenige Entscheidungen beinhalten, sind es – bei allem Zufall, der im Spiel ist – relevante Entscheidungen. Oder zumindest relevante Spekulationen. Und der Ausgang von Spekulationen ist nun mal spannend: Klappt es wie erhofft oder kommt ausgerechnet die eine Karte, die es nicht sein darf?
Die Spielidee, dass ich auf meinem Plan nacheinander mit vier verschiedenen Farben agiere, löst interessante Überlegungen aus. Einerseits sollen sich die Linien nicht behindern. Andererseits zählt es Punkte, Stationen mehrfarbig zu erschließen. So will ich Distanz und Nähe zugleich.
NEXT STATION LONDON ist in meinem Ansehen von Partie zu Partie gewachsen. Natürlich wiederholen sich bestimmte Muster mit der Zeit. Ich werde aber trotzdem nicht müde, es zu spielen, denn NEXT STATION LONDON baut zuverlässig Spannung auf und bringt gemessen an Aufwand und Spieldauer die richtige Tiefe mit.


***** reizvoll

NEXT STATION LONDON von Matthew Dunstan für eine:n bis vier Spieler:innen, HCM Kinzel.

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