„Als Sternensucher reitet ihr durch die Lüfte“, erzählt die Anleitung, „und wetteifert darum, wer das Licht in die Welt zurückbringen kann.“ – Wer da „Häh?“ denkt, denkt falsch. Richtig ist die Gedankenkette: „Stern“, „hell“, „aha!“ Und schon wäre ganz nebenbei geklärt, warum das Spiel STELLA heißt, obwohl gar keine Stella vorkommt.
Wie geht STELLA? 15 vieldeutige Bildkarten, wie wir sie aus DIXIT kennen, liegen in einem 3-mal-5-Raster aus. In jeder der vier Runden wird ein Oberbegriff ausgelost, beispielsweise „Relikt“ oder „Intelligenz“ oder „Fremder“. Alle betrachten die Karten und kreuzen auf ihrem geheimen Tableau, welches dasselbe 3-mal-5-Raster aufweist, alle Karten an, von denen sie meinen, dass sie zu dem Begriff passen.
Reihum offenbart dann jede:r eine der gewählten Karten – in der Hoffnung, dass noch andere dieselbe Karte angekreuzt haben. Falls ja, erhalten alle Beteiligten Punkte und sogar noch einen Bonuspunkt, falls nur exakt zwei Personen diese Karte gewählt haben. Falls nein, ist man raus und gewinnt in dieser Runde keine Punkte mehr.
Was passiert? Man muss sich die Bilder gut anschauen. Jenseits des Hauptmotivs sind viele Kleinigkeiten zu finden. Vielleicht liegt etwas Reliktartiges auf der Fensterbank, vielleicht könnte ein Lichtstrahl auf Intelligenz hindeuten. Um solche Details nicht zu verpassen, verlässt man üblicherweise seinen Sitzplatz und stellt sich an der Kopfseite des Tisches auf.
Wie immer bei Spielen aus der DIXIT-Welt ist es am Ende Interpretationssache, und wie immer sollte man es mit dem Hineindeuten nicht übertreiben. Erstens weil man – siehe oben – frühzeitig aus der laufenden Runde ausscheiden kann, wenn man in einer Karte als Einzige:r ein Relikt erkannt zu haben meint. Zweitens weil die Person mit den meisten angekreuzten Karten Punktabzüge kassiert, wenn auch nur eine einzige Karte dabei ist, die von keiner anderen Person gewählt wurde.
So besteht jede Runde STELLA aus zwei sehr unterschiedlichen Phasen: zunächst die Bildbetrachtung gepaart mit der Risikoabwägung, wie weit man sich aus dem Fenster lehnen möchte: Wären fünf Kreuze schon zu viel? Oder kann man auf sechs, gar sieben gehen? Eigentlich sind in fast allen Bildern im weitesten Sinne irgendwelche Relikte. Aber wenn die anderen das enger sehen, ist es blöd.
Und dann folgt die Auswertung. Welches der von mir gewählten Bilder ist das offensichtlichste? Das nenne ich zuerst. Dumm nur, wenn das schon weg ist. Und das vermeintlich zweitbeste auch. Mist, wieso habe ich überhaupt wieder so viel angekreuzt?! Plötzlich kommen mir meine Bildinterpretationen ziemlich absurd vor. Aber irgendwas muss ich jetzt nennen – hopp oder top. Das ist spannend. Diese Phase löst oft auch Gespräche aus: Häh? Wieso habt ihr das angekreuzt? Wo ist denn da ein „Fremder“? Und wie kann es sein, dass niemandem die klare Intelligenz des von mir gewählten Bildes aufgefallen ist? Mangelnde Intelligenz womöglich?
Was taugt es? STELLA kombiniert DIXIT mit dem Wertungsmechanismus, der mir zuerst in WIR SIND SCHWANGER begegnet ist. Es ist zugänglicher als DIXIT, weil man nicht kreativ sein muss. Andererseits bleibt es dadurch auch oberflächlicher, wie eine seichtere Party-Variante von DIXIT.
Die Punktestände klaffen oft weit auseinander. Mit Glück hat man eine Super-Runde, mit Pech scheidet man schon bei der ersten Nennung aus. Der Wertung gelingt es nur mäßig, einen Wettbewerb zu initiieren. Und sie ist nicht intuitiv.
Die Strafenregelung für die Spieler:in mit den meisten Kreuzen bleibt manchen Teilnehmer:innen lange schleierhaft. Dass Ausgeschiedene nicht komplett ausgeschieden sind, sondern als passive Punktelieferant:innen für andere weiter konzentriert bleiben müssen, hat in meinen Runden zu etlichen Spielfehlern geführt. Wenn man schon raus ist, will man wenigstens frei reden dürfen. Darf es aber noch nicht: Und so deckt irgendwer sein Kärtchen für alle sichtbar auf oder – noch schlimmer – wischt die Kreuze frustriert ab und ruiniert die Runde.
Auch die Anleitung halte ich nicht für optimal. Indem sie unbedingt ihre krude Sternengeschichte transportieren will, macht sie unnötig viele Worte und redet mit verwirrenden Begriffen um den Kern des Spiels herum.
Trotz dieser Probleme halte ich STELLA für eine gelungene DIXIT-Variante. Kreuze machen kann jede:r, der Spielspaß ist leicht und ohne Hemmschwellen erfahrbar, nur für die Auswertung muss eben mindestens eine regelfeste Person am Tisch sein.
**** solide
STELLA von Gérald Cattiaux und Jean-Louis Roubira für drei bis sechs Spieler:innen, Libellud.
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