Donnerstag, 27. Oktober 2016

Trauer um Herbert Heller


Ich hatte mir die Stofftasche mit Spielen schon über die Schulter gehängt und öffnete die Wohnungstür. Gerade wollte ich zu meiner Spielerunde aufbrechen ... da klingelte das Telefon. Ich drehte wieder um und nahm noch ab. Es war November 1997. Der Anruf – das kann man wohl ohne Übertreibung sagen – veränderte mein Leben.

Herbert Heller war am Apparat. Ich hatte ihm zuvor eine Rezension des Spiels FIRESIDE FOOTBALL geschickt. Einfach so per Post, unangekündigt und ohne allzu große Hoffnung, denn die Fairplay, deren Chefredakteur Herbert war, nahm so gut wie nie Texte fremder Autoren. Diesmal aber taten sie’s, und ich konnte es kaum glauben. Ich durfte eine Rezension in meiner Lieblings-Zeitschrift veröffentlichen!

Es blieb nicht bei diesem einen Artikel. Ich wurde kurz darauf sogar regelmäßiger Autor der Fairplay. Herbert unterstützte das. Ich nehme an, ihm gefiel mein Schreibstil. Was, wenn es stimmen sollte, irgendwie logisch wäre. Denn ich wiederum mochte die Schreibe von Herbert. Sehr wahrscheinlich hatte ich mich sogar an ihm orientiert. Herberts Artikel hatten mir gezeigt, was spielejournalistisch möglich war – wenn man es anders machte als die meisten anderen.

Herbert war in seinen Texten ungewöhnlich kritisch. Ein Kommentar war bei Herbert ein Kommentar, kein neutrales Einerseits-Andererseits. Herbert traute sich, anderen Menschen aus der Spieleszene die Meinung zu sagen. Auch den Mächtigen, an die sich sonst niemand heranwagte. Herbert hatte Überzeugungen und keine Angst, damit anzuecken. Er selber war nie auf Macht oder Einfluss aus und damit absolut unabhängig. Er machte keine Politik, er machte nur eine gute Zeitschrift.

Trotzdem waren Herberts Texte nicht böse oder unfair. Herbert schrieb unterhaltsam und amüsant, mit viel Selbstironie und großer Ehrlichkeit. Seine Texte spiegelten sein Wesen. Herbert war ein äußerst warmherziger und bemerkenswert freundlicher Mensch.

Auch als ich nicht mehr für die Fairplay schrieb, gab es keine Messe in Essen, an der ich mich nicht mehrmals zu einem Plausch mit Herbert am Fairplay-Stand eingefunden hätte. Und viele Kollegen, Autoren, Verleger hielten es genauso. Herbert war ein sehr beliebter Gesprächspartner, er zog andere Menschen an, bei ihm fühlte man sich angenommen.

Zuletzt tauchte Herbert leider immer seltener und kürzer in Essen auf, schließlich gar nicht mehr. Er war krank. Am vergangenen Freitag ist er gestorben. Diese Nachricht hat mich sehr traurig gemacht.

Mach’s weiterhin gut, Herbert! Meine Gedanken sind bei dir.

4 Kommentare:

Unknown hat gesagt…

Als ich in den 90er Jahren regelmäßiger Essenbesucher war, war für mich ein Besuch am Fairplaystand Pflicht. Ebenso Pflicht war es, dass ich immer Flensburger Bier mit hatte. Und so kam es, dass mindestens eine Flasche Bier lang gefachsimpelt wurde. Jedes Jahr, wenn Essen ist denke ich mit Wehmut an diese Zeit zurück. Herbert, ich hätte so gern nochmal mit dir eine Flasche Bier getrunken. Ich bin sehr traurig. Dein Flensburger Jung. Michael

Frank Kersten hat gesagt…

Lieber Udo - vielen Dank für deine passenden Worte. Herbert und ich waren Spielkameraden im wahrsten Sinne des Wortes. Vor meiner Zeit bei Fairplay, während und auch danach in unserem geliebten Online-Rollenspiel. Herbert war einer der wenigen Menschen, auf die ich in unserer fast 30-jährigen Bekanntschaft und Freundschaft niemals sauer sein musste. Von seiner Gelassenheit konnte ich mir so manche Scheibe abschneiden und bin dankbar dafür. Ich werde Herbert vermissen - als Freund, als Spielgefährten und ganz besonders als den guten Menschen, der er war. Farewell mein Lieber.

Unknown hat gesagt…

2016 war bisher kein gutes Jahr für "unsere" Generation. Auch wenn wir uns nicht persönlich kannten, so habe ich Herbert doch schätzen gelernt
Mein herzliches Beileid

Anonym hat gesagt…

Für mich war Herbert seit meiner Entdeckung der Fairplay 1996 auf vielen Spielbesuchen immer für einen Smalltalk offen. Ich habe seine Einsichten und seine Art sehr genossen. Ich hoffe Du hast das nächste Level geschafft. Ich werde dich in Erinnerung behalten.
B. Naegele

Kommentar veröffentlichen

Aufklärung über den Datenschutz
Wenn Sie einen Kommentar abgeben, werden Ihre eingegebenen Formulardaten (und unter Umständen auch weitere personenbezogene Daten, wie beispielsweise Ihre IP-Adresse) an den Google-Server übermittelt. Mit dem Absenden Ihres Kommentars erklären Sie sich mit der Aufzeichnung Ihrer angegebenen Daten einverstanden. Auf Wunsch können Sie Ihre Kommentare wieder löschen lassen. Bitte beachten Sie unsere darüber hinaus geltenden Datenschutzbestimmungen sowie die Datenschutzerklärung von Google.