Mittwoch, 21. August 2024

Harmonies

Harmonies: Cover

Um mit dem Fazit zu beginnen: Was HARMONIES angeht, befinde ich mich mit der mehrheitlichen Rezeption in Disharmonie.

Wie geht HARMONIES? Wir bauen Landschaften und siedeln Tiere darin an. Beides zählt Punkte.
Bin ich am Zug, muss ich eins von fünf ausliegenden Dreierpaketen Steine nehmen und auf meinem Tableau ablegen oder stapeln. Es gelten natürlich Legeregeln, die man sich thematisch sogar recht gut herleiten kann. Blaue Steine etwa sind Wasser, gehören auf die unterste Ebene meines Tableaus und dürfen nicht mit weiteren Steinen überdeckt werden. Braune und grüne Steine ergeben Bäume, wobei Braun unten und Grün oben platziert sein muss.
Zudem darf ich, sofern ich nicht schon vier Tierkarten habe, eine von fünf ausliegenden wählen. Jede dieser Karten bringt eine bestimmte Menge Tiermarker mit. Diese Marker setze ich in meine Landschaft, sobald ich dort bestimmte Farbformationen gebildet, also sozusagen den Lebensraum des Tiers geschaffen habe.

Harmonies: Landschaft

Der Bär beispielsweise möchte einen einzelnen grünen Stein angrenzend an je zwei gestapelte graue. Ist das erfüllt, darf ich einen Marker auf den grünen Stein setzen. Der ist damit besetzt. Kein zweiter Bär und auch kein anderes Tier passen mehr drauf. Für den nächsten Bären muss ich einen anderen grünen Stein neben graue Felsen setzen. Es dürfen aber immerhin dieselben Felsen sein wie zuvor.
Habe ich alle Marker einer Tierkarte in meiner Landschaft unterbringen können, lege ich die Karte ab. Sie blockiert nun keinen meiner vier Plätze mehr.
Punkte gibt es erst bei Spielende und für alle Tierkarten, von denen ich mindestens einen Marker entfernen konnte. Wobei mehr Marker natürlich mehr zählen und auch der Schwierigkeitsgrad der Karte eine Rolle spielt. Zusätzlich punktet meine Landschaft. Jede Steinsorte hat dabei ihre eigenen Regeln. Blau soll einen möglichst langen Fluss ergeben, rote zweistöckige Gebäude sollen an mindestens drei verschiedene Farben angrenzen. Und so weiter.

Was passiert? Obwohl die Regeln ziemlich schnell erklärt sind (und die Gestaltung der Tierkarten und beiliegende Übersichten das Verständnis sehr gut unterstützen), erweist sich HARMONIES als knobeliges und verkopftes, ja sogar komplexes Spiel. Ziemlich schnell macht man Fehler und baut ein Gebäude so, dass gar nicht mehr drei verschiedene Farben daneben passen. Oder platziert Felsen suboptimal und verhindert einen Doppelnutzen. Oder belegt voreilig Felder, ohne sich über die Nutzung des Hinterlandes Gedanken zu machen, was dazu führt, dass dort später weder Stein noch Tier sinnvoll untergebracht werden können.

Harmonies: Tierkarten

Wenn es gut läuft, sind die Züge andererseits sehr offensichtlich. Habe ich Tiere, die gelbe Steine erfordern, und ich kann gelbe Steine bekommen, dann nehme ich sie. Und liegt zufällig noch ein weiteres Tier in der Auslage, das ebenfalls auf Gelb abfährt, dann her damit!
HARMONIES ist wie so viele Puzzlespiele solistisch. In einer Partie zu zweit kann es für mich sinnvoll sein, meinem Gegenüber eine allzu wertvolle Portion Steine wegzuschnappen, selbst wenn ich sie kaum gebrauchen kann. In größerer Runde passiert so etwas eher zufällig: Da werden endlich nach langer Pause mal wieder grüne Steine gezogen – doch bevor ich an die Reihe komme, sind sie schon wieder weg, weil ich nicht der Einzige bin, der darauf gewartet hat.

Was taugt es? HARMONIES gehört in meinen Runden zu den beliebtesten Spielen. Manche Rückmeldungen sind regelrecht euphorisch, das Spiel trifft bei vielen einen Nerv. Ich denke, das liegt einerseits an der tollen Grafik und dem schönen Material. Andererseits erzeugt HARMONIES über die herausfordernde 3D-Puzzelei hinaus eine thematische Wirkung. Alles zusammen ist sehr stimmig und auch sehr ästhetisch.

Harmonies: Tierkarten

Die positiven Eigenschaften von HARMONIES bleiben mir nicht verborgen. Mein Verhältnis zu HARMONIES ist dennoch etwas abgekühlter. Man muss mich zwar nicht zwingen, mitzuspielen. Aber einen Wunsch, es wieder und wieder zu tun, verspüre ich nicht.
Einerseits entscheidet der Zufall, welche Steine und welche Tiere ich zur Auswahl habe. Manchmal fallen mir Punkte geradezu in den Schoß, manchmal will partout nichts zusammenpassen, und alles blockiert sich gegenseitig. Die Züge der Spieler:innen starten also unter ungleichen Voraussetzungen.
Andererseits hat der Spielzug selbst dann überhaupt nichts Zufälliges mehr. Je besser ich alles durchkalkuliere, desto besser schneide ich ab. HARMONIES kann sehr bestrafend sein, wenn ich Fehler mache oder die zwei erhofften roten Steine nicht mehr kommen. HARMONIES enthält wenig Zwischentöne.
Das gilt auch für den Mechanismus: Den steten Wechsel der Gegenpole „Mir widerfährt etwas“ und „Ich muss knallhart optimieren“ empfinde ich als nicht sonderlich spannend oder reizvoll. Es ist, als würde meine innere Beteiligung immer wieder an- und kurz darauf komplett ausgeschaltet werden. So entsteht bei mir kein Flow.


**** solide

HARMONIES von Johan Benvenuto für 1 bis 4 Spieler:innen, Libellud.

1 Kommentare:

René hat gesagt…

Jetzt wisst ma, warums nur auf der Auswahlliste ist 😉. Mir geht's da ähnlich. Würde Cascadia immer vorziehen.

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