Montag, 29. Juni 2015
AquaSphere
Das Mittelalter mag ätzend langweilig sein, aber wenigstens findet man sich dort zurecht. Man hinterfragt nicht, weshalb man der Kirche spenden muss, warum Burgen einen kompletten Mauerring brauchen oder Diebe im Stadtteil unbeliebt sind. Es ist eben so. Fertig.
Und klar: Tiefseestation ist ein mal ein anderes Thema und... öhm, neue Themen sind natürlich höchst wünschenswert, aber jetzt noch mal bitte für Doofe: Was bringen diese U-Boote?! Um welche Kristalle geht es hier?! Und was scheren uns Oktopoden?!
Wie geht AQUASPHERE? Eigentlich hat das Spiel gar kein Thema. Jedenfalls kein thematisches Thema. Das Thema von AQUASPHERE ist vielmehr: Limitierung.
Theoretisch wollen wir viele Siegpunkte, aber die Skala ist gespickt mit Schranken, die man nur überschreiten darf, wenn man einen Kristall abgibt. Also wollen wir Kristalle, aber man darf nur zwei besitzen. Und Zahlungsmittel (Uhren) brauchen wir auch ständig, dürfen aber nur vier haben. Und nicht mal unsere Arbeiter (Bots) dürfen wir einsetzen, wo wir wollen. Jeder Bot ist für einen bestimmten Verwendungszweck vorprogrammiert. Was anderes kann er dann nicht. Und natürlich darf ich maximal zwei vorprogrammierte Bots besitzen, ist ja klar.
Selbst die Freude über eine Mehrheit kann in AQUASPHERE begrenzt sein. Der Spielplan hat sechs Sektoren. In jedem Sektor sind sieben verschiedene Aktionen möglich. Um einen Bot abzusetzen, muss ich zunächst mit meinem Wissenschaftler dorthin laufen (kostet Uhren). Dann macht der Bot seine Aktion und übernimmt zugleich die Kontrolle des Sektors und verdrängt den bisherigen Chef. Wer am Ende eines Durchgangs die meisten Sektoren kontrolliert, gewinnt Mehrheitspunkte. Allerdings verursachen kriminelle Randgruppen (Oktopoden) in einem Sektor Punktabzüge. Viele Viertel zu besitzen, kann also viele Abzüge bedeuten.
Gewiss kann man einen Polizei-Bot auf die Oktopoden loslassen und aufräumen (wie viele Oktopoden man eliminieren darf, ist – natürlich – limitiert). Doch je sauberer mein Viertel, desto attraktiver wird es für Übernahmen.
Was passiert? Man liest die (übrigens gar nicht sonderlich komplizierten) Regeln oder kriegt sie erklärt und denkt: Häh?! Im Mittelalter hätte man eine intuitive Vorstellung davon, was ein Plan sein könnte. Bei AQUASPHERE kommt man sich vor wie ein Analphabet.
Versuch einer Annäherung: Da es um Punkte geht, könnte es vielleicht ganz gut sein, irgendwas zu tun, das Punkte bringt. Also will ich meine Bots auf viele Stationen verstreuen. Schnell stelle ich fest, dass das viele Uhren kostet. Außerdem nerven die Oktopoden. Und schon entsteht der Plan, einen Uhrmacher-Bot und einen Oktopodenkiller zu programmieren und ins Spiel zu bringen. Ohne auf die genauen Mechanismen eingehen zu wollen, kostet die Umsetzung dieses Plans einen Spieler schon mindestens einen halben der vier Durchgänge.
Als Anfänger spielt man tendenziell eine planlose Mischstrategie. Die Punktwertung belohnt jedoch Spezialisierung. Um mich überhaupt spezialisieren zu können, sollte ich mein Labor erweitern (das erhöht meine Limits und ich darf nun beispielsweise mehr Kristalle horten oder mehr Oktopoden erschlagen) und muss vor allem meine Züge sehr zielgerichtet im Voraus planen. Das geht. Aber es hat auch Grenzen, da AQUASPHERE ziemlich interaktiv und konfrontativ verläuft. Man verdrängt einander, man schnappt sich gegenseitig Ressourcen weg.
Was taugt es? Wenn man erst mal verstanden hat, was das Spiel von einem will, ist AQUASPHERE herausfordernd. Die einzelnen Aktionen gehen schnell. Auch die Verwaltungsarbeit hält nicht lange auf. Für Anfänger ist die zwar durchdachte, aber extrem klein geratene Grafik allerdings eine Stolperfalle.
Das zunächst so eng wirkende System bietet doch einige Möglichkeiten, um das Spiel zu gestalten. Man kann einer selbst gewählten Marschroute folgen, und der Weg zum Erfolg muss nicht immer derselbe sein. Allerdings bleibt AQUASPHERE immer auf der Ebene des Konstruierten. Es fehlt der Charme einer Welt. Es fehlt eine Geschichte, an der man sich entlang bewegt.
Spielreiz entsteht für meine Begriffe durch positive, konstruktive Emotionen. Ich will sammeln, aufbauen, mich entwickeln. Das Spiel soll mir das Gefühl vermitteln, dass ich darf und kann. AQUASPHERE aber sagt mir oft: Du kannst nicht, du darfst nicht.
Und da es Spiele gibt, die sowohl ein taktisch interessantes Gerüst als auch dazu eine starke Geschichte oder ein gutes Spielgefühl bieten (oder sogar beides), ist AQUASPHERE für mich nicht erste Wahl.
AQUASPHERE von Stefan Feld für zwei bis vier Spieler, Hall Games / Pegasus Spiele.
Und klar: Tiefseestation ist ein mal ein anderes Thema und... öhm, neue Themen sind natürlich höchst wünschenswert, aber jetzt noch mal bitte für Doofe: Was bringen diese U-Boote?! Um welche Kristalle geht es hier?! Und was scheren uns Oktopoden?!
Wie geht AQUASPHERE? Eigentlich hat das Spiel gar kein Thema. Jedenfalls kein thematisches Thema. Das Thema von AQUASPHERE ist vielmehr: Limitierung.
Theoretisch wollen wir viele Siegpunkte, aber die Skala ist gespickt mit Schranken, die man nur überschreiten darf, wenn man einen Kristall abgibt. Also wollen wir Kristalle, aber man darf nur zwei besitzen. Und Zahlungsmittel (Uhren) brauchen wir auch ständig, dürfen aber nur vier haben. Und nicht mal unsere Arbeiter (Bots) dürfen wir einsetzen, wo wir wollen. Jeder Bot ist für einen bestimmten Verwendungszweck vorprogrammiert. Was anderes kann er dann nicht. Und natürlich darf ich maximal zwei vorprogrammierte Bots besitzen, ist ja klar.
Selbst die Freude über eine Mehrheit kann in AQUASPHERE begrenzt sein. Der Spielplan hat sechs Sektoren. In jedem Sektor sind sieben verschiedene Aktionen möglich. Um einen Bot abzusetzen, muss ich zunächst mit meinem Wissenschaftler dorthin laufen (kostet Uhren). Dann macht der Bot seine Aktion und übernimmt zugleich die Kontrolle des Sektors und verdrängt den bisherigen Chef. Wer am Ende eines Durchgangs die meisten Sektoren kontrolliert, gewinnt Mehrheitspunkte. Allerdings verursachen kriminelle Randgruppen (Oktopoden) in einem Sektor Punktabzüge. Viele Viertel zu besitzen, kann also viele Abzüge bedeuten.
Gewiss kann man einen Polizei-Bot auf die Oktopoden loslassen und aufräumen (wie viele Oktopoden man eliminieren darf, ist – natürlich – limitiert). Doch je sauberer mein Viertel, desto attraktiver wird es für Übernahmen.
Was passiert? Man liest die (übrigens gar nicht sonderlich komplizierten) Regeln oder kriegt sie erklärt und denkt: Häh?! Im Mittelalter hätte man eine intuitive Vorstellung davon, was ein Plan sein könnte. Bei AQUASPHERE kommt man sich vor wie ein Analphabet.
Versuch einer Annäherung: Da es um Punkte geht, könnte es vielleicht ganz gut sein, irgendwas zu tun, das Punkte bringt. Also will ich meine Bots auf viele Stationen verstreuen. Schnell stelle ich fest, dass das viele Uhren kostet. Außerdem nerven die Oktopoden. Und schon entsteht der Plan, einen Uhrmacher-Bot und einen Oktopodenkiller zu programmieren und ins Spiel zu bringen. Ohne auf die genauen Mechanismen eingehen zu wollen, kostet die Umsetzung dieses Plans einen Spieler schon mindestens einen halben der vier Durchgänge.
Als Anfänger spielt man tendenziell eine planlose Mischstrategie. Die Punktwertung belohnt jedoch Spezialisierung. Um mich überhaupt spezialisieren zu können, sollte ich mein Labor erweitern (das erhöht meine Limits und ich darf nun beispielsweise mehr Kristalle horten oder mehr Oktopoden erschlagen) und muss vor allem meine Züge sehr zielgerichtet im Voraus planen. Das geht. Aber es hat auch Grenzen, da AQUASPHERE ziemlich interaktiv und konfrontativ verläuft. Man verdrängt einander, man schnappt sich gegenseitig Ressourcen weg.
Was taugt es? Wenn man erst mal verstanden hat, was das Spiel von einem will, ist AQUASPHERE herausfordernd. Die einzelnen Aktionen gehen schnell. Auch die Verwaltungsarbeit hält nicht lange auf. Für Anfänger ist die zwar durchdachte, aber extrem klein geratene Grafik allerdings eine Stolperfalle.
Das zunächst so eng wirkende System bietet doch einige Möglichkeiten, um das Spiel zu gestalten. Man kann einer selbst gewählten Marschroute folgen, und der Weg zum Erfolg muss nicht immer derselbe sein. Allerdings bleibt AQUASPHERE immer auf der Ebene des Konstruierten. Es fehlt der Charme einer Welt. Es fehlt eine Geschichte, an der man sich entlang bewegt.
Spielreiz entsteht für meine Begriffe durch positive, konstruktive Emotionen. Ich will sammeln, aufbauen, mich entwickeln. Das Spiel soll mir das Gefühl vermitteln, dass ich darf und kann. AQUASPHERE aber sagt mir oft: Du kannst nicht, du darfst nicht.
Und da es Spiele gibt, die sowohl ein taktisch interessantes Gerüst als auch dazu eine starke Geschichte oder ein gutes Spielgefühl bieten (oder sogar beides), ist AQUASPHERE für mich nicht erste Wahl.
AQUASPHERE von Stefan Feld für zwei bis vier Spieler, Hall Games / Pegasus Spiele.
Label:
**** solide
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8 Kommentare:
Der Text klingt eiegentlich eher nach "mäßig" als noch "solide". War wohl knapp?
Ich empfinde Aquasphere nach inzwischen fünf Partien als arg spröde. Das Thema bleibt auf der Ebene der Spielmechaniken stecken. Die Mitspieler sorgen für soviel Chaos, dass ich nur vorausplanen kann, wenn ich die interaktiven Spielelemente meide oder es schaffe, die letzten Züge einer Spielrunde alleine durchzuführen. In meinen Partien waren nur die erfolgreich, die ihr Labor frühzeitig ausgebaut haben, um Aktionen zu maximieren. Blöd nur, wenn der Laborausbau erst arg spät in der aktuellen Spielrunde möglich ist. Weiterhin faszinierend, weil ich irgendwann mal das Spiel beherrschen möchte, anstatt mich durch eine Partie treiben zu lassen, aber eine spröde Angelegenheit bleibt es trotzdem - mehr Optimierarbeit als spielerisches Vergnügen.
Würdet ihr AquaSphere als spröder oder anstrengender bezeichnen als die anderen Schwergewichte von Stefan Feld (etwa Trajan)?
SpaceTrucker
Anstrengender als Trajan nicht, spröder schon.
Bei Aquasphere kann jeder genau die selben Aktionen machen. Da kann man seinen Mitspielern keine Aktions-Möglichkeiten wegschnappen. Nur die Ausgangsvoraussetzungen sind verschieden, weil die Startpunkte anders sind und damit der erste vorprogrammierte Bot. Damit fällt ein erhebliches Spannungselement weg, weil sich das Spiel letztendlich aufs perfekte Timing der möglichen Aktionen minimiert. Bora Bora gefällt mir da wesentlich besser, weil es mehr Spielspannung aufbaut.
Das stimmt so nicht. Oktopoden, Karten und Laborausbauten liegen nunmal begrenzt an oder in den Sektoren aus. Wenn ein anderer Mitspieler "meine" Aktion vor mir ausführt, dann sollte ich mir wohl besser was anderes einfallen lassen.
Stimmt. War zu plakativ formuliert. Streiche "jeder kann genau die selbe Aktion machen" und ergänze durch "... , aber eventuell nicht da und nicht so effektiv, wie geplant. Was wieder das Timing für mich zu sehr in den Mittelpunkt rückt. "
Was kann man denn von einem so spröden und anstrengenden Typen, wie mir, sonst auch erwarten ;o)
Liebe Grüße
Stefan mit der Polyester-Duschhaube
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