Montag, 22. Juni 2015

Broom Service

Man sammelt im Laufe der Jahre so seine Erfahrungen. Und gerne lasse ich meine Leser daran teilhaben. Bitte sehr: 1. Montags tummeln sich mehr Leser auf dieser Seite als samstags. 2. Der November ist besucherstärker als der Juni. 3. Kenner- und Expertenspiele bekommen mehr Klicks als andere.
Das vorweg als Basiswissen. Nun der konkrete Fall: Die Vorausberechnung meines Besucherzählers erbringt zur Zeit eine erschreckende Prognose. REZENSIONEN FÜR MILLIONEN läuft Gefahr, im Juni 2015 weniger Besucher anzulocken als im Juni 2014. Das geht natürlich gar nicht! Kapitalistische Systeme – und REZENSIONEN FÜR MILLIONEN gehört an vorderster Front dazu – müssen wachsen, ansonsten sterben sie.
Dass Juni ist, kann ich nicht ändern. Aber immerhin ist Montag. Diesen Umstand muss ich bestmöglich nutzen. Um das Ruder noch irgendwie herumzureißen, wird die geplante Besprechung von MONOPOLY PADERBORN leider auf unbestimmte Zeit verschoben. Ich ziehe den Doppeljoker: Kennerspiel und nominiert!

Wie geht BROOM SERVICE? Grob gesagt: Wie WIE VERHEXT mit Spielbrett und feige sein dürfen.
Etwas genauer: Jeder hat zwei Spielfiguren, rennt damit durch die Gegend und liefert Tränke aus. Alle Spieler besitzen dieselben zehn Personen-Karten. Für jeden der sieben Durchgänge wählen sie davon vier.
Spiele ich eine meiner Karten, entscheide ich, ob dies „feige“ oder „mutig“ geschieht. „Feige“ bedeutet: Ich führe den auf der Karte beschriebenen Spielzug sofort aus. Es ist allerdings der schwächere Spielzug, verglichen mit der „mutigen“ Variante. Wer „mutig“ spielt, kann mehr, läuft aber Gefahr, gar nichts zu bekommen.
Jedes Ausspiel setzt einen Bedienreigen in Gang. Lege ich beispielsweise die Heidehexe, egal ob „feige“ oder „mutig“, müssen reihum alle Spieler (falls möglich) ebenfalls die Heidehexe spielen und „feige“ oder „mutig“ ansagen. Der letzte Mutige sticht die anderen Mutigen aus und bekommt die Aktion. Allerdings muss er als nächster ausspielen, was meist nicht so beliebt ist.
An Karten gibt es: drei Sammler, um Tränke und Zauberstäbe zu erhalten; vier Hexen, um die Figuren zu bewegen und am Zielort Tränke gegen Punkte zu verhökern; zwei Druiden, um an Ort und Stelle Tränke zu liefern; eine Wetterfee, um mit Zauberstäben Wolken wegzuhexen. Wolken versperren manche Gebiete. Außerdem zählen eliminierte Wolken am Schluss Extrapunkte.

Was passiert? Alle Spieler sind stets involviert. BROOM SERVICE ist durchgängig spannend und emotional: Gier oder Bescheidenheit? Zocken oder klein beigeben? Zückt der andere dieselbe Karte oder nicht? Zum Haareraufen, wenn man den Wurzelsammler feige gespielt hat, und dann stellt sich heraus, dass niemand sonst diese Karte gewählt hat.
Ein bisschen Berechung ist auch dabei: Man sieht ja, wo die anderen stehen und welche Tränke sie besitzen. Was in ihrem Köpfen vorgeht, weiß man trotzdem nicht – insbesondere wenn es eben nicht damit zusammenhängt, wo sie stehen und welche Tränke sie besitzen... grrr! BROOM SERVICE verzeiht zum Glück ein gewisses Maß an Fehlern. Fehler zu machen, gehört hier sowieso zum Prinzip.
Der Mehrwert gegenüber WIE VERHEXT steckt in drei Dingen: 1. Mehr Raum. „Sammeln – abgeben“ war der Rhythmus in WIE VERHEXT. Jetzt kommt eine Ausbreitungskomponente hinzu. Welche Richtung peile ich an? Wo ist schon alles angegrast? Wo liegen Wolken, die ich billig weghexen könnte? 2. Mehr Abwechslung: Jede Runde gilt ein Ereignis. Zwei Spielpläne stehen zur Auswahl. Mit mehreren Plättchensorten kann man dem Spiel noch diverse Details hinzufügen. 3. Mehr Bandbreite: Es fühlt sich jetzt auch mit weniger Spielern vollwertig an.
Der Nachteil: Insbesondere zu fünft kann BROOM SERVICE zäh werden. Und wenn es deutlich länger als eine Stunde dauert (schon erlebt), passt die Spieldauer nicht mehr zum Charakter des Spiels.
Ein Problem ist auch der Spielplan. Ich persönlich habe überhaupt keine Schwierigkeiten, musste aber oft beobachten, dass Mitspielern (trotz detaillierter Erklärung mit Beispielen) nicht klar war, zu welchem Turm sie liefern dürfen und zu welchem nicht.

Was taugt es? BROOM SERVICE nutzt den noch immer recht unverbrauchten Grundmechanismus von WIE VERHEXT auf neue Weise, vertieft das Spielprinzip und macht es auch für kleinere Mitspielerzahlen attraktiv.

BROOM SERVICE von Andreas Pelikan und Alexander Pfister für zwei bis fünf Spieler, alea.

5 Kommentare:

Hendrik hat gesagt…

Tolles Spiel mit extrem dämlichen Namen und blöder Schachtelgestaltung... würde ich mal so konstruktiv einwerfen.
Komisch auch, dass viele Rezensenten (ich auch) sagen, dass sie selbst keine Probleme mit der Spielplangestaltung hätten, aber viele der Mitspieler schon. Worum mag das wohl liegen?

Anonym hat gesagt…

Hurra! Es gibt wieder Einleitungen. Und gute auch noch dazu. Weiter so!
Jan

ravn hat gesagt…

Die Anleitung erklärt recht gut und anschaulich, wo Türme stehen und was diese Pfeile zu bedeuten haben und wo Grenzlinien sind. Bei einer Erklärung können solche Infos dann gerne mal als unwichtig eingestuft werden, was die gefühlte Unübersichtlichkeit der Mitspieler verstärkt. Selbst so erlebt.

Anonym hat gesagt…

der spielplan hätte ein wenig schöner/besser gestaltet werden können ( & auch ein wenig größer - platz genug dafür wäre in der box ) , der eigentliche name ( "broom service" ) ist einfach nur blöd - da hätte man wirklich was netteres finden können . das spiel an sich ist erfreulich gut - endlich einmal kein optimierungsspiel - wir spielen es zumeist zu zweit ( in unserer 4er spielerunde dauert es ein wenig lange , da wenn man wirklich in die tiefen des spieles eintauchen will/muß &/oder gewinnen will ist man gezwungen alle anderen spieler bzw. deren vorgehen mögl. gut "zu lesen" bzw. einzuschätzen ) . das grübeln hält sich so in grenzen & nur ein gegner läßt sich auch eher einschätzen . momentan spielen wir es mit allen zusätzlichen plättchen ( außer den zusätzl. wolkenplätt. ) das glück halt sich m. e. in grenzen - unbedarft spielen sollte man es nicht - es ist ein halt eher ein spiel für grübler . für uns ein bleibendes spiel . 5* von 6* ( dirk roesch , H )

pascha64 hat gesagt…

um das Kartenspiel Wie verhext ein Brett gebastelt. Bis auf das "Klauen" fast das gleiche Spiel.

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