Mittwoch, 27. April 2016
Dynasties
Ich finde: Wenn ich schon mal ein sehr aktuelles Spiel rezensiere, muss ich auch keine Einleitung schreiben. (Ääähm ... was natürlich nicht bedeutet, dass ich bei weniger aktuellen Spielen eine schreiben müsste.)
Wie geht DYNASTIES? Mal wieder zählen am Ende die Mehrheiten. Diesmal in vier Ländern. Weitere Punkte zählt es, in allen (bis zu drei) Kronenstädten eines Landes zu sein sowie Auftragskarten zu erfüllen. – Gähn? Nein! Der Weg dorthin ist nicht so herkömmlich:
Es geht 1. um Ressourcen- und Kartenmanagement. Waren in fünf Farben stehen für verschiedene Aktionen. Mit weißen Steinen setze ich zum Beispiel eine Frau in eine Spielplanstadt. In Mailand kostet das einen weißen Stein, in Berlin drei. Schwarz ist die Farbe der Männer. Und mit blauen Steinen lassen sich Sonderaktionen auslösen. Welche und zu welchem Preis, wird jede Runde ausgelost.
Gelbe Steine funktionieren mal wie weiße, mal wie schwarze, mal wie blaue, bieten aber (fast) keine Wahlmöglichkeit. Sondern meine Karte gibt vor, was ich mit Gelb tun darf. Beispielsweise darf ich für einen gelben Stein nach Brest (statt für zwei schwarze oder drei weiße). Aber es muss dann eben Brest sein.
Jede Karte bietet mindestens drei Möglichkeiten. Also etwa: Gehe für einen gelben Stein nach Brest. Oder mache irgendeine Aktion mit schwarzen Steinen. Oder gehe auf ein Schiff. Auf Schiffen gibt es Warennachschub, und wir kommen zu ...
2. dem Teilmechanismus, der immer dann ausgelöst wird, wenn zwei fremdfarbige Figuren zusammenkommen. Bin ich auf einem Schiff, und ein anderer Spieler setzt sich dazu, teilt er die (maximal fünf) Waren in zwei Portionen, und ich darf zuerst eine davon wählen.
Kommen Frau und Mann in derselben Stadt zusammen, würfelt der Besitzer der schwächeren Figur (je nach Stadt ist das mal der Mann, mal die Frau) drei Mitgiftwürfel (deren Symbole zeigen, welche Geschenke es gibt), teilt sie in zwei Portionen, und der Stärkere wählt zuerst.
Was passiert? Um DYNASTIES zu erklären, brauche ich 30 Minuten. Wenn alle das Spiel beherrschen, dauert eine Partie zu viert erstaunlicherweise nicht viel länger als eine Stunde. Trotz der vielen Details ist alles sehr logisch und grafisch herleitbar. Und vor allem fokussiert DYNASTIES die Spieler auf Ziele. Es wird keine Zeit auf Nebenschauplätzen verplempert.
Von Beginn an habe ich schon Orts-Aufträge. Beispielsweise soll eine Figur nach London, eine nach Wien. Damit kann ich mir theoretisch Zeit lassen. Allerdings sind die Plätze in den beiden Städten vermutlich irgendwann besetzt. Und ich kann immer nur zwei unerledigte Aufträge mit in den nächsten Durchgang nehmen. Und weil ich punktegierig bin, ziehe ich gerne noch mehr Aufträge. Aber dann muss ich auch welche schaffen.
Um erfolgreich zu sein, muss ich aus wenig Material viel herausholen. Viele Waren zu horten, macht mich zwar flexibler, aber ich kann es mir nicht erlauben, allzu viele meiner insgesamt 15 Spielzüge für Beschaffung zu opfern.
Schon zu Beginn eines Durchgangs muss ich meine vier oder fünf Handkarten durchplanen und festlegen, welche ich ganz sicher für welche Aktion verwenden muss und welche ich, je nach Situation, flexibel einsetzen kann. Und falls mir Waren fehlen, muss ich mir überlegen, wo ich sie herbekomme.
Dieser Ablauf ist mit vielen Spannungsmomenten durchsetzt: Wenn ich Waren aus dem Beutel ziehen darf: Welche erwische ich? Wenn ich verdeckte Plättchen oder neue Aufträge erhalte: Passen sie? Kommt mir jemand in meinen Zielstädten zuvor? Schnappt mir jemand eine blaue Aktion weg? Kommt jemand zu mir aufs Schiff und löst endlich die Warenverteilung aus?
Was taugt es? DYNASTIES bewegt sich in der Gewichtsklasse Kennerspiel / Expertenspiel. Für ein Spiel dieser Art hat es einen auffallend hohen Glücksanteil und erinnert mich in dieser Hinsicht an PANTHEON. Man kann bei einer Hochzeit ganz offensichtlich drei Mal etwas Tolles und drei Mal großen Mist erwürfeln. Weniger offensichtlich als das Würfelschicksal kann aber auch eine einseitige Kartenhand einen Spieler extrem limitieren. Und schließlich ist man in DYNASTIES sehr abhängig von anderen: Wer blockiert – möglicherweise völlig unabsichtlich – meine Auftragsstadt? Wer heiratet wann wen – und wen nicht? Wer geht auf welches Schiff?
Lange allein auf einem Schiff herumzustehen, ist definitiv nachteilig. Lange unverheiratet zu sein, finde ich weniger schlimm. Denn Ledige bekommen nach den ersten beiden (von drei) Durchgängen Punkte. Allerdings gehen sie nach Durchgang zwei ins Kloster (und somit vom Brett), außer man zahlt eine rosa Ware, womit auch deren Haupteinsatz erwähnt wäre.
Das Echo auf DYNASTIES ist in meinen Spielerunden gemischt. Manche Spieler waren nach den Partien frustriert, fühlten sich in ihren Möglichkeiten zu sehr beschnitten. Nach meinem Empfinden überwiegen klar die Stärken. Gemessen an der Regelmenge ist der Glücksanteil zwar erstaunlich, gemessen an der Spieldauer aber völlig okay. DYNASTIES ist keines dieser Spiele, bei denen ich mir gepflegt einen Haufen Waren hinlege, in Ruhe mein Reich aufbaue und jederzeit alles machen kann. Die beschränkte Aktionszahl setzt mich sofort unter Strom. Ich verfolge permanent kurzfristige und langfristige Ziele, ich muss Prioritäten setzen, ich muss managen. Diese Aufgabenstellung empfinde ich als reizvoll.
Auf der anderen Seite: Ja, es ist mal wieder ein Mangelspiel. Ja, es ist mal wieder Optimieren. Und: Ja, DYNASTIES ist sicherlich nicht total innovativ, sondern ein Mix aus Bekanntem. Aber eben ein gut verdichteter, harmonischer Mix mit einem entscheidenden Spritzer mehr Emotion und mehr Interaktion als üblich.
DYNASTIES von Matthias Cramer für drei bis fünf Spieler, Hans im Glück.
Wie geht DYNASTIES? Mal wieder zählen am Ende die Mehrheiten. Diesmal in vier Ländern. Weitere Punkte zählt es, in allen (bis zu drei) Kronenstädten eines Landes zu sein sowie Auftragskarten zu erfüllen. – Gähn? Nein! Der Weg dorthin ist nicht so herkömmlich:
Es geht 1. um Ressourcen- und Kartenmanagement. Waren in fünf Farben stehen für verschiedene Aktionen. Mit weißen Steinen setze ich zum Beispiel eine Frau in eine Spielplanstadt. In Mailand kostet das einen weißen Stein, in Berlin drei. Schwarz ist die Farbe der Männer. Und mit blauen Steinen lassen sich Sonderaktionen auslösen. Welche und zu welchem Preis, wird jede Runde ausgelost.
Gelbe Steine funktionieren mal wie weiße, mal wie schwarze, mal wie blaue, bieten aber (fast) keine Wahlmöglichkeit. Sondern meine Karte gibt vor, was ich mit Gelb tun darf. Beispielsweise darf ich für einen gelben Stein nach Brest (statt für zwei schwarze oder drei weiße). Aber es muss dann eben Brest sein.
Jede Karte bietet mindestens drei Möglichkeiten. Also etwa: Gehe für einen gelben Stein nach Brest. Oder mache irgendeine Aktion mit schwarzen Steinen. Oder gehe auf ein Schiff. Auf Schiffen gibt es Warennachschub, und wir kommen zu ...
2. dem Teilmechanismus, der immer dann ausgelöst wird, wenn zwei fremdfarbige Figuren zusammenkommen. Bin ich auf einem Schiff, und ein anderer Spieler setzt sich dazu, teilt er die (maximal fünf) Waren in zwei Portionen, und ich darf zuerst eine davon wählen.
Kommen Frau und Mann in derselben Stadt zusammen, würfelt der Besitzer der schwächeren Figur (je nach Stadt ist das mal der Mann, mal die Frau) drei Mitgiftwürfel (deren Symbole zeigen, welche Geschenke es gibt), teilt sie in zwei Portionen, und der Stärkere wählt zuerst.
Was passiert? Um DYNASTIES zu erklären, brauche ich 30 Minuten. Wenn alle das Spiel beherrschen, dauert eine Partie zu viert erstaunlicherweise nicht viel länger als eine Stunde. Trotz der vielen Details ist alles sehr logisch und grafisch herleitbar. Und vor allem fokussiert DYNASTIES die Spieler auf Ziele. Es wird keine Zeit auf Nebenschauplätzen verplempert.
Von Beginn an habe ich schon Orts-Aufträge. Beispielsweise soll eine Figur nach London, eine nach Wien. Damit kann ich mir theoretisch Zeit lassen. Allerdings sind die Plätze in den beiden Städten vermutlich irgendwann besetzt. Und ich kann immer nur zwei unerledigte Aufträge mit in den nächsten Durchgang nehmen. Und weil ich punktegierig bin, ziehe ich gerne noch mehr Aufträge. Aber dann muss ich auch welche schaffen.
Um erfolgreich zu sein, muss ich aus wenig Material viel herausholen. Viele Waren zu horten, macht mich zwar flexibler, aber ich kann es mir nicht erlauben, allzu viele meiner insgesamt 15 Spielzüge für Beschaffung zu opfern.
Schon zu Beginn eines Durchgangs muss ich meine vier oder fünf Handkarten durchplanen und festlegen, welche ich ganz sicher für welche Aktion verwenden muss und welche ich, je nach Situation, flexibel einsetzen kann. Und falls mir Waren fehlen, muss ich mir überlegen, wo ich sie herbekomme.
Dieser Ablauf ist mit vielen Spannungsmomenten durchsetzt: Wenn ich Waren aus dem Beutel ziehen darf: Welche erwische ich? Wenn ich verdeckte Plättchen oder neue Aufträge erhalte: Passen sie? Kommt mir jemand in meinen Zielstädten zuvor? Schnappt mir jemand eine blaue Aktion weg? Kommt jemand zu mir aufs Schiff und löst endlich die Warenverteilung aus?
Was taugt es? DYNASTIES bewegt sich in der Gewichtsklasse Kennerspiel / Expertenspiel. Für ein Spiel dieser Art hat es einen auffallend hohen Glücksanteil und erinnert mich in dieser Hinsicht an PANTHEON. Man kann bei einer Hochzeit ganz offensichtlich drei Mal etwas Tolles und drei Mal großen Mist erwürfeln. Weniger offensichtlich als das Würfelschicksal kann aber auch eine einseitige Kartenhand einen Spieler extrem limitieren. Und schließlich ist man in DYNASTIES sehr abhängig von anderen: Wer blockiert – möglicherweise völlig unabsichtlich – meine Auftragsstadt? Wer heiratet wann wen – und wen nicht? Wer geht auf welches Schiff?
Lange allein auf einem Schiff herumzustehen, ist definitiv nachteilig. Lange unverheiratet zu sein, finde ich weniger schlimm. Denn Ledige bekommen nach den ersten beiden (von drei) Durchgängen Punkte. Allerdings gehen sie nach Durchgang zwei ins Kloster (und somit vom Brett), außer man zahlt eine rosa Ware, womit auch deren Haupteinsatz erwähnt wäre.
Das Echo auf DYNASTIES ist in meinen Spielerunden gemischt. Manche Spieler waren nach den Partien frustriert, fühlten sich in ihren Möglichkeiten zu sehr beschnitten. Nach meinem Empfinden überwiegen klar die Stärken. Gemessen an der Regelmenge ist der Glücksanteil zwar erstaunlich, gemessen an der Spieldauer aber völlig okay. DYNASTIES ist keines dieser Spiele, bei denen ich mir gepflegt einen Haufen Waren hinlege, in Ruhe mein Reich aufbaue und jederzeit alles machen kann. Die beschränkte Aktionszahl setzt mich sofort unter Strom. Ich verfolge permanent kurzfristige und langfristige Ziele, ich muss Prioritäten setzen, ich muss managen. Diese Aufgabenstellung empfinde ich als reizvoll.
Auf der anderen Seite: Ja, es ist mal wieder ein Mangelspiel. Ja, es ist mal wieder Optimieren. Und: Ja, DYNASTIES ist sicherlich nicht total innovativ, sondern ein Mix aus Bekanntem. Aber eben ein gut verdichteter, harmonischer Mix mit einem entscheidenden Spritzer mehr Emotion und mehr Interaktion als üblich.
DYNASTIES von Matthias Cramer für drei bis fünf Spieler, Hans im Glück.
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***** reizvoll
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3 Kommentare:
Ist das eine neue Schriftart bzw. -farbe?
Das Lesen ist ziemlich anstrengend, weil mir alles zu flackern scheint.
Thomas
Ich habe nichts umgestellt, allerdings verändert Blogger / Google gerne mal von sich aus irgendwelche Einstellungen.
klasse Spiel, ich vermute wird Kennerspiel des Jahres!
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