Donnerstag, 2. März 2017
Oben und Unten
Das Spannende an OBEN UND UNTEN ist das Unten. Also braucht diese Rezension auch nichts oben.
Wie geht OBEN UND UNTEN? Wir sind Dorfgründer. Unter unserem Dorf befindet sich ein Höhlensystem. Um es zu erkunden, senden wir Dorfbewohner aus. Der linke Nachbar liest dann im „Buch der Begegnungen“ eine zufällige von 150 kurzen Geschichten vor, die in einer Entscheidungssituation endet.
Beispielsweise trifft man unter Tage jemanden, dem man helfen, den man ignorieren oder den man ausrauben kann. Man entscheidet nach Moral und Weltanschauung – und nicht zuletzt nach den Fähigkeiten der entsandten Leute. Denn jede Entscheidung verlangt eine bestimmte Würfelprobe. Und kann ich den für den Überfall geforderten Wert von 7 nicht erreichen, sollte ich mich wohl besser fürs Helfen oder Ignorieren entscheiden. Anschließend bestimmen die Würfel, welche Belohnung oder Bestrafung ich erhalte. Ich darf meine Personen freiwillig verletzen, um mein Proben-Ergebnis zu verbessern.
Als Alternative zum Erkunden darf ich für Geld Häuser bauen, die mir bestimmte Errungenschaften, Fähigkeiten oder Waren bringen. Oder ich darf weitere Dorfbewohner kaufen. Egal, welche Aktion ich wähle: Alle Beteiligten sind hinterher erschöpft. Im nächsten Durchgang stehen mir nur so viele Personen wieder zur Verfügung, wie ich Schlafplätze in meinen Häusern habe. Zusätzlich kann ich Personen mit Wein aufpäppeln und Verletzte mit Tränken.
Punkte gibt es am Schluss 1. für Häuser. Wer eine Weile spart, kann sich solche leisten, die einen fetten Bonus für bestimmte Besitztümer ausschütten. 2. zählt der Ruf ein paar Punkte: Hat man sich in der Höhle ehrenhaft oder unehrenhaft verhalten? Und 3. punkten angehäufte Waren. Je mehr unterschiedliche Waren ich besitze, desto mehr Punkte kann ich pro Ware erzielen.
Was passiert? Man rennt in die Höhle und lässt sich überraschen, was passiert. Klar, das müsste man nicht unbedingt. Aber dies ist die Option, die am meisten Spaß verspricht. Die kleinen Geschichten unter Tage üben eine Anziehungskraft aus, obwohl sie gar nicht mal unbedingt besonders gut erzählt sind.
Ganz nebenbei sind sie eine ziemliche Lotterie: Ich kann mit einem starken Trupp nach unten gehen, aber in eine Geschichte geraten, die gar keinen starken Trupp erfordert, und anschließend sind trotzdem alle müde, ohne viel erreicht zu haben. Ich kann auch miserabel würfeln und hinterher mit komplett leeren Händen dastehen.
Tja, Abenteuer sind nun mal unberechenbar. Aber es ärgert, wenn das Spiel zugleich eine gewisse Optimierung erfordert: Ich will mehr und stärkere Personen, gleichzeitig brauche ich dann auch mehr Betten. Ich will die Häuser, die Waren bringen. Und ich will irgendwann ein Haus, das richtig Punkte zählt. Und um das zu erreichen, muss ich planen können.
Was taugt es? Ich habe lange mit mir gerungen, ob ich das in Summe nun „reizvoll“ oder „solide“ nennen soll. Einerseits: Das Spiel verströmt ungewöhnlichen Charme. Es sieht niedlich aus. Wer es sieht, will es spielen. Dass kleine Abenteuer vorgelesen werden, ist eine entzückende Komponente. Die damit verbundenen Überraschungen erlebe ich als reizvoll. OBEN UND UNTEN ist ein Kennerspiel, das neue und originelle Wege geht.
Andererseits: Indem OBEN UND UNTEN Aufbauspiel und Abenteuerspiel zugleich sein will, ist es nichts von beiden so richtig. Der Abrechnungsmechanismus für Waren suggeriert mehr Einflussmöglichkeiten als tatsächlich vorhanden. Ob ich die wertvolleren Plätze der Warenskala überhaupt bestücken kann, ist schlichtweg Glückssache.
Auch die Begegnungen sind nicht so toll und spannend, wie sie vielleicht sein könnten. Bei 150 Geschichten, von denen man in einer Vierer-Partie durchaus mal 20 abhandeln kann, kommt es zwangsläufig bald zu Wiederholungen. Leider ist auch nicht viel Lektorat erkennbar, so dass man immer wieder auch Fehler findet. Und schließlich verpuffen viele der Auflösungen einfach. Der Spieler entscheidet sich für eine der Optionen, würfelt, und statt einer kurzen Fortsetzung seiner Geschichte kriegt er nur noch zu hören: „2 Münzen, Fisch“. Ende.
Auch in Details hätte man nach meinem Gefühl noch einiges herauskitzeln können: 1. Der Warenhandel ist nicht gut ins Spiel integriert. 2. Der Unterschied zwischen Trank und Wein und ihr korrekter Einsatz sind beim Erklären immer wieder eine große Klippe. Die Regelungen sind unintuitiv. 3. Einige Geschichten verwirren, indem sie im Falle des Misserfolgs ausführlich erklären, warum ein Spieler die Höhlenkarte nicht gewinnt. Allerdings gewinnt man Höhlenkarten nach Misserfolgen ja sowieso nicht. 4. Im letzten Durchgang kann man seine Leute gnadenlos verheizen, ihr Gesundheitszustand ist dann egal.
Kurz gesagt: OBEN UND UNTEN ist für meine Begriffe nicht ausgereift. Aber auch als Rohdiamant ist es doch immerhin schon so gut, dass erstaunlich viel Wiederspielreiz entsteht.
OBEN UND UNTEN von Ryan Laukat für zwei bis vier Spieler, Schwerkraft.
Wie geht OBEN UND UNTEN? Wir sind Dorfgründer. Unter unserem Dorf befindet sich ein Höhlensystem. Um es zu erkunden, senden wir Dorfbewohner aus. Der linke Nachbar liest dann im „Buch der Begegnungen“ eine zufällige von 150 kurzen Geschichten vor, die in einer Entscheidungssituation endet.
Beispielsweise trifft man unter Tage jemanden, dem man helfen, den man ignorieren oder den man ausrauben kann. Man entscheidet nach Moral und Weltanschauung – und nicht zuletzt nach den Fähigkeiten der entsandten Leute. Denn jede Entscheidung verlangt eine bestimmte Würfelprobe. Und kann ich den für den Überfall geforderten Wert von 7 nicht erreichen, sollte ich mich wohl besser fürs Helfen oder Ignorieren entscheiden. Anschließend bestimmen die Würfel, welche Belohnung oder Bestrafung ich erhalte. Ich darf meine Personen freiwillig verletzen, um mein Proben-Ergebnis zu verbessern.
Als Alternative zum Erkunden darf ich für Geld Häuser bauen, die mir bestimmte Errungenschaften, Fähigkeiten oder Waren bringen. Oder ich darf weitere Dorfbewohner kaufen. Egal, welche Aktion ich wähle: Alle Beteiligten sind hinterher erschöpft. Im nächsten Durchgang stehen mir nur so viele Personen wieder zur Verfügung, wie ich Schlafplätze in meinen Häusern habe. Zusätzlich kann ich Personen mit Wein aufpäppeln und Verletzte mit Tränken.
Punkte gibt es am Schluss 1. für Häuser. Wer eine Weile spart, kann sich solche leisten, die einen fetten Bonus für bestimmte Besitztümer ausschütten. 2. zählt der Ruf ein paar Punkte: Hat man sich in der Höhle ehrenhaft oder unehrenhaft verhalten? Und 3. punkten angehäufte Waren. Je mehr unterschiedliche Waren ich besitze, desto mehr Punkte kann ich pro Ware erzielen.
Was passiert? Man rennt in die Höhle und lässt sich überraschen, was passiert. Klar, das müsste man nicht unbedingt. Aber dies ist die Option, die am meisten Spaß verspricht. Die kleinen Geschichten unter Tage üben eine Anziehungskraft aus, obwohl sie gar nicht mal unbedingt besonders gut erzählt sind.
Ganz nebenbei sind sie eine ziemliche Lotterie: Ich kann mit einem starken Trupp nach unten gehen, aber in eine Geschichte geraten, die gar keinen starken Trupp erfordert, und anschließend sind trotzdem alle müde, ohne viel erreicht zu haben. Ich kann auch miserabel würfeln und hinterher mit komplett leeren Händen dastehen.
Tja, Abenteuer sind nun mal unberechenbar. Aber es ärgert, wenn das Spiel zugleich eine gewisse Optimierung erfordert: Ich will mehr und stärkere Personen, gleichzeitig brauche ich dann auch mehr Betten. Ich will die Häuser, die Waren bringen. Und ich will irgendwann ein Haus, das richtig Punkte zählt. Und um das zu erreichen, muss ich planen können.
Was taugt es? Ich habe lange mit mir gerungen, ob ich das in Summe nun „reizvoll“ oder „solide“ nennen soll. Einerseits: Das Spiel verströmt ungewöhnlichen Charme. Es sieht niedlich aus. Wer es sieht, will es spielen. Dass kleine Abenteuer vorgelesen werden, ist eine entzückende Komponente. Die damit verbundenen Überraschungen erlebe ich als reizvoll. OBEN UND UNTEN ist ein Kennerspiel, das neue und originelle Wege geht.
Andererseits: Indem OBEN UND UNTEN Aufbauspiel und Abenteuerspiel zugleich sein will, ist es nichts von beiden so richtig. Der Abrechnungsmechanismus für Waren suggeriert mehr Einflussmöglichkeiten als tatsächlich vorhanden. Ob ich die wertvolleren Plätze der Warenskala überhaupt bestücken kann, ist schlichtweg Glückssache.
Auch die Begegnungen sind nicht so toll und spannend, wie sie vielleicht sein könnten. Bei 150 Geschichten, von denen man in einer Vierer-Partie durchaus mal 20 abhandeln kann, kommt es zwangsläufig bald zu Wiederholungen. Leider ist auch nicht viel Lektorat erkennbar, so dass man immer wieder auch Fehler findet. Und schließlich verpuffen viele der Auflösungen einfach. Der Spieler entscheidet sich für eine der Optionen, würfelt, und statt einer kurzen Fortsetzung seiner Geschichte kriegt er nur noch zu hören: „2 Münzen, Fisch“. Ende.
Auch in Details hätte man nach meinem Gefühl noch einiges herauskitzeln können: 1. Der Warenhandel ist nicht gut ins Spiel integriert. 2. Der Unterschied zwischen Trank und Wein und ihr korrekter Einsatz sind beim Erklären immer wieder eine große Klippe. Die Regelungen sind unintuitiv. 3. Einige Geschichten verwirren, indem sie im Falle des Misserfolgs ausführlich erklären, warum ein Spieler die Höhlenkarte nicht gewinnt. Allerdings gewinnt man Höhlenkarten nach Misserfolgen ja sowieso nicht. 4. Im letzten Durchgang kann man seine Leute gnadenlos verheizen, ihr Gesundheitszustand ist dann egal.
Kurz gesagt: OBEN UND UNTEN ist für meine Begriffe nicht ausgereift. Aber auch als Rohdiamant ist es doch immerhin schon so gut, dass erstaunlich viel Wiederspielreiz entsteht.
OBEN UND UNTEN von Ryan Laukat für zwei bis vier Spieler, Schwerkraft.
Label:
***** reizvoll
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