Zurück zu den Ursprüngen, zurück zum Mississippi. Hatte ich schon mal erwähnt, dass ich meine erste Rezension zu MISSISSIPPI QUEEN geschrieben habe? Ja, natürlich, ich erwähnte das. Wer nun hofft, dass sich damit für mich ein Kreis schließt und ich das Rezensieren endlich bleiben lasse, hofft …
vergebens.
Wie geht RIVERBOAT? RIVERBOAT ist nicht übermäßig kompliziert. Trotzdem fiele es mir nicht leicht, an dieser Stelle eine Regelzusammenfassung zu geben, ohne dass es in eine Auflistung zahlreicher Details ausufert. Die fünf Spielphasen, die im Laufe der Partie je viermal durchlaufen werden, lassen nur grob eine Spielgeschichte erkennen: Wir bauen Ackerfrüchte an, ernten und verladen sie auf Schiffe.
Damit es nicht verwirrend wird (die Spieler haben zum Glück die gute Symbolik der Spielmaterialien vor Augen), nur wenige Details: Mit Plättchen belegen die Spieler ihre Ackerflächen. Es ist vorteilhaft, gleiche Früchte benachbart zueinander zu legen und Farbflächen auf dem Spielplan komplett zu bebauen. Neunmal im Spiel werden Früchte geerntet, jedes Mal nur eine Sorte. Es ist gut, viele gleiche auf einmal ernten zu können, weil man dann hochwertige Schiffe beladen darf und schöne Belohnungen kassiert. Und so außerdem die Figuren zurückerhält, die ungeerntete Felder bewachen müssen, aber eigentlich gebraucht werden, um neues Land zu erschließen, auf das später wiederum Plättchen gelegt werden sollen.
An allen Ecken und Enden gibt es Punkte: wenn man Plättchen auf bestimmte Weise anordnet, wenn man bestimmte Schiffe belädt, wenn man Aufträge ergattert und wertet, wenn man Figuren „nach New Orleans schickt“ (was sich positiv auf die Schlusswertung auswirkt, aber negativ auf den Figurenvorrat während des Spiels) und so weiter.
Was passiert? Die einzelnen Phasen wirken wie Spiele im Spiel. Zwar beziehen sie sich aufeinander, indem eine spätere Phase Dinge belohnt, die man in einer früheren Phase aufgebaut hat. Was aber fehlt, ist das Gefühl einer inhaltlichen Folgerichtigkeit. Man folgt einem Ablaufplan, aber nicht einer inneren Logik.
RIVERBOAT ist stark verzahnt. Beispielsweise bringen die beladenen Schiffe nicht nur ihre Sofortbelohnung. Sie können auch in der Schlusswertung punkten. Ob sie das tun, hängt von einer gelben Figur namens „Hafenmeister“ ab. Alle Schiffe, die ich bekomme, lege ich nacheinander an meinen Kai. Der Hafenmeister läuft den Kai entlang. Jedes Schiff, das er bis Spielende erreicht, bringt noch mal Punkte. Ist mein Hafenmeister weiter gelaufen als seine Berufskollegen der anderen Spieler, zählt das extra viel.
So ist auch der Hafenmeister ein weiteres Spiel im Spiel. Und durchaus eine interessante Herausforderung für Frickler. Offen bleibt jedoch, was der Hafenmeister mit dem Ablauf Anbauen – Ernten – Abfahren zu tun haben soll. RIVERBOAT wirkt kalkuliert verwoben, um auf diese Weise Komplexität zu erzeugen.
Was taugt es? RIVERBOAT eröffnet verschiedene Schauplätze und versieht diese Schauplätze mit – für sich gesehen – interessanten Mechanismen, fügt diese Schauplätze aber nicht bruchlos zusammen. Weil RIVERBOAT keinen Kern erkennen lässt, bleibt das Gefühl, bei allen Elementen nicht in die Tiefe zu dringen. Sammle Punkte hier, sammle Punkte da: Genauso wie sich die Punkte addieren, addieren sich in RIVERBOAT die Mechanismen. Auch wenn interessante Mechanismen darunter sind: RIVERBOAT wirkt konstruiert und deshalb rein mechanisch.
Einige der verwendeten Mechanismen erinnern an HEAVEN & ALE. Und unbestritten erzählt auch HEAVEN & ALE keine überzeugende Spielgeschichte. Der Unterschied zwischen beiden Spielen liegt anderswo: HEAVEN & ALE ist fokussiert. Der Kern ist das Legespiel. Alles darum herum ist so konzipiert und so weit abgeschliffen, dass es dieses Legespiel weiter vertieft. RIVERBOAT ist ein Von-allem-ein-bisschen-Spiel mit insgesamt zu viel, aber nichts so richtig.
*** mäßig
RIVERBOAT von Michael Kiesling für zwei bis vier Spieler, Lookout Spiele.
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