Donnerstag, 5. Mai 2011

Als ich noch kein Spieler war (20): Kreml

Das Auftauchen von ausgerechnet KREML in einer Serie namens „Als ich noch kein Spieler war“ wirkt möglicherweise widersprüchlich. Und in der Tat: Hier endet die Serie. KREML war mein Einstieg in die „Szene“.

In einer WG hatte ich eine Mitarbeiterin des legendären hannoverschen Spieleladens kennen gelernt. Sie brachte ab und zu Spiele zum Testen mit nach Hause. Unter anderem KREML und kurz darauf auch CIVILIZATION. Diese Spiele waren für mich das Tor zu einer ganz neuen Welt. Mir wurde klar, dass ich die ersten 19 Jahre meines Lebens weitgehend verplempert hatte. Ich begriff: Wer die wirklichen Schätze entdecken will, darf nicht in den großen Kaufhäusern gucken. Man benötigt Insider-Kenntnisse. Die ganze Angelegenheit besitzt höchst wissenschaftlichen Charakter.

Zu meinem Glück ließen sich die enormen Wissenslücken schließen. Zu diesem herrlichen Zweck gab es jene wundervollen Zeitschriften, die sich ausschließlich mit Spielen beschäftigten. Ich abonnierte die Spielbox und die Fairplay. Die Fairplay-Artikel lernte ich quasi auswendig, und wenn ein Spiel hier schlecht besprochen wurde, wollte ich es schon gar nicht mehr selber erproben.

Während ich früher noch alles gespielt hatte, was mir so auf den Tisch kam, wurde ich jetzt immer wählerischer. Man könnte sagen, ich wurde zum Gourmet. Man könnte aber ebenfalls sagen und mit genau demselben Recht, ich wurde zu dem griesgrämigen verbitterten Spielenörgler, der ich heute nun mal bin und der inzwischen sogar sein eigenes Blog braucht, um in aller Öffentlichkeit noch weiter nörgeln zu können.

Und das alles wegen KREML.

KREML war so dermaßen viel cooler als sonstige Spiele, weil es so witzig war, so anders, so politisch unkorrekt. Die Grafiken waren frecher, die Texte waren frecher, und die Schachtel sah wunderbar handgemacht aus und hob sich damit von diesem professionellen Kommerzkram ab, den man als junger Mensch ja mehr oder weniger total ablehnte. Insbesondere als junger Mensch im Umfeld von WGs.

Und KREML erzählte Geschichten. RISIKO oder PLAYBOSS leisteten das nicht, es sei denn man hätte mit seiner Welteroberung oder der geschickt einkassierten Versicherungsprämie prahlen wollen. Nein, das kam nicht annähernd so gut rüber, schon gar nicht im alternativen Umfeld. Doch Attentate ausführen, Trauermärsche pfeifen, imperialistische Spione überführen... liebe Genossinnen und Genossen, das war endlich echtes Spielen!

  • Was war: Als ich noch kein Spieler war (19): Diplomacy
  • So ging es los: Als ich noch kein Spieler war (1): Jag und schlag


Und wer wissen will, was sich anschließt, nachdem ich jetzt Spieler war: Einen Rückblick auf meine Zeit als Fairplay-Leser und später –Autor habe ich 2007 im Fairplay-Blog veröffentlicht (Teil 1 befindet sich ganz unten auf der Seite):
http://fairplay-online.blogspot.com/search/label/Zur%C3%BCckgebl%C3%A4ttert

1 Kommentare:

Maddin hat gesagt…

Moin Udo!

Zugegebenermaßen ein sehr, sehr angemessener letzter Eintrag in diese Rubrik - wenn auch extrem schade, dass sie damit enden muss.
In der WG, in der ich seinerzeit verkehrte, wurden außer KREML auch noch regelmäßig TITAN, MAH YONGG und DOPPELKOPF gespielt. Bis irgendwann dann nur noch letzteres übrig blieb. Aber das ist - auch bei mir - eine andere Geschichte...

Danke für die nostalgischen Erinnerungen!

Maddin =:-)

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