Freitag, 11. Mai 2012

Turmbauer

Als erfahrener Rezensent weiß man, welche Spiele viele Klicks bringen werden. Solche nämlich, die schon ein bisschen in den Freakbereich hineinragen, gleichzeitig aber auch nicht zu freakig sind. „Kennerspiele“ nennt man sie.
TURMBAUER ist sicherlich kein Kennerspiel. Dass es trotzdem hier rezensiert wird, beweist eindrucksvoll, dass REZENSIONEN FÜR MILLIONEN längst nicht so eklig kommerziell ist, wie von der Allgemeinheit angenommen wird. REZENSIONEN FÜR MILLIONEN hat auch ein Herz für die großen Verlage, die in der Masse der Kleinen unterzugehen drohen.

Wie geht TURMBAUER? Wir bauen einen Turm und klettern währenddessen mit unserer Figur nach oben. Die Figur darf pro Schritt nur eine Stufe auf- oder absteigen und nur über neutrale oder Felder der eigenen Farbe gehen. Das Spiel endet, wenn alle Teile verbaut sind oder der Turm einstürzt. Normalerweise gewinnt, wer am höchsten steht. Außer er hat den Einsturz verursacht.
Damit es schön wacklig wird (allerdings bricht der Turm trotzdem fast nie zusammen), dürfen nur die in der ersten Runde gebauten Teile den Tisch berühren. Danach wird ausschließlich Holzklotz auf Holzklotz gestapelt. Außerdem sucht man sich sein Bauteil nicht frei aus. Der Würfel bestimmt zwei Formen, unter denen man wählt.

Was passiert? Das Hantieren mit den schönen Teilen und das entstehende interessante Bauwerk machen Spaß. Um TURMBAUER sympathisch zu finden, ist das bereits die halbe Miete. Die dramaturgischen Schwächen des Spiels fallen oft gar nicht auf. Die Kletterei verläuft nämlich nicht immer spannend. Einige Spieler sind früh abgeschlagen und holen das auch nicht mehr auf. Wer spät an die Reihe kommt, ist hier besonders gefährdet. Dass ein richtig schönes Wettrennen in Gang kommt, ist nach meiner Erfahrung selten.
Eine Bauregel versucht, dies zu reparieren. Sie besagt, dass niemandem sein letztes Bewegungsfeld zugemauert werden darf. Das hilft jedoch nur teilweise. Denn was nützt es, wenn ein Bewegungsfeld frei bleibt, es aber von hier aus nicht mehr weitergeht? Mehrfach erlebte ich Situationen wie diese: Die anderen Spieler sind bereits drei Etagen höher und ein armer Tropf steht auf einem Plateau unterhalb und guckt zu. Am skurrilsten aber war eine Partie, in der nach zwei Dritteln niemand mehr klettern konnte und pflichtschuldig nur noch weitergebaut wurde, um zu gucken, ob der Turm zusammenbricht.

Was taugt es? TURMBAUER sieht schöner aus, als es sich spielt. Das Laufspiel kommt oft nur so mittelmäßig in Gang. Und die Bauregeln könnten intuitiver sein. Es ergeben sich Diskussionen, was erlaubt ist und was nicht. Für mein Empfinden sind die zwei Komponenten in TURMBAUER nicht stimmig verwoben.
Nicht alle Mitspieler teilen diese kritische Sichtweise. Viele finden allein schon den Aufforderungs-Charakter des Spieles toll, und die möglichen Spitzfindigkeiten interessieren sie nicht. Ich beobachte, dass Teilnehmer meiner öffentlichen Spielerunden Spaß mit TURMBAUER haben, und ich werde ihnen das ganz gewiss nicht ausreden. Aus meiner Sicht funktioniert TURMBAUER allerdings nur, solange man das Bauen wichtiger nimmt als das Klettern.

TURMBAUER von Matt Mette für zwei bis vier Spieler, Kosmos.

1 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

"Mäßig" halte ich noch für viel zu stark gelobt. In meinen Augen ist das Spiel nicht fertig zu Ende gedacht, zäh und limitierend, neigt dazu, sich aufzuhängen (wie in der Rezi beschrieben) und ist damit absoluter Schrott.

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