Mittwoch, 15. August 2012

Fortuna

Oft sind es ausgerechnet die blödesten Fehler, die einem leider erst auffallen, wenn es zu spät ist. Beispielsweise wäre es viel besser gewesen, mein Blog „Nonsens für niemanden“ zu nennen. Nicht etwa, weil ich Zweifel habe, die angestrebten Millionen jemals zu erreichen... na gut, das auch. Aber vor allem, weil es journalistische Freiheiten eröffnet, die man sonst nicht hat.
Schlau benannt ist dagegen FORTUNA: Wie soll man einem Spiel noch seine Glückslastigkeit ankreiden, wenn diese bereits im Titel offensiv angekündigt wird? Dem ernsthaften Rezensenten sind die Hände gebunden. Lediglich eine kleine Außenseiter-Kolumne namens NONSENS FÜR NIEMANDEN könnte unbeirrt herumnörgeln.

Wie geht FORTUNA? Wir wollen nach Rom. Das sind 15 Schritte. Jeder Schritt zählt am Schluss einen Punkt. Und wer nicht mindestens bis Feld zehn vordringt, scheidet aus. Weitere Punkte können Privilegienkarten einbringen. Sie besagen zum Beispiel, dass jedes errichtete Gebäude zwei Punkte zählt oder jedes übrig behaltene Getreide einen.
Vorwärts geht es, indem man bestimmte Aufgaben erfüllt. Sechs verschiedene gibt es. Eine pro Runde muss man erledigen, und im Regelfall beinhaltet dies Abgaben: beispielsweise einen oder zwei Wein, um dafür ein oder zwei Felder Richtung Rom vorzurücken. Die erfüllte Aufgabe ist für den Rest der Runde gesperrt. Der Startspieler hat also (theoretisch) die größte Auswahl. Eingeschränkt wird die Wahl allerdings durch ein Würfelwurf. Er gibt vor, welche Aufgaben zur Verfügung stehen. Würfle ich eine Vier, muss ich zwischen den Aufgaben eins bis vier wählen.
Das Interessante an FORTUNA ist nun aber, wie ich überhaupt Wein, Getreide, Gebäude und all das bekomme. Hierzu gibt es zwölf verschiedene Aktionen. Jede wird durch eine bestimmte Aktionskarte initiiert. Drei der zwölf hat jeder vor sich ausliegen. Eine davon nutzt er und muss sie anschließend einem anderen Spieler geben. Gleichzeitig nimmt er diesem Spieler eine seiner Karten weg. Das zwingt nicht nur zu der Überlegung: Welche der drei Aktionen ist die beste? Sondern auch: Welche will ich demnächst machen? Und: Welche soll ein anderer Spieler nicht machen?

Was passiert? FORTUNA bietet zahlreiche taktische Möglichkeiten. Man will viele Rohstoffe haben, weil man so für alle möglichen Abgaben flexibel bleibt. Man will aber auch viel Geld, weil das über die Spielerreihenfolge entscheidet. Und natürlich will man gezielt das sammeln, was die vorhandenen Privilegienkarten belohnen. Weil nicht alles gleichzeitig geht, muss man Entscheidungen treffen.
Privilegienkarten gibt es immer dann, wenn man sich einer Aufgabe annimmt, die mindestens eine Runde lang von niemandem erfüllt wurde. Mit Markern wird dies angezeigt, und im Regelfall betrifft es die Aufgaben mit den hohen Würfelzahlen. Nicht etwa weil sie so wahnsinnig viel schwieriger wären als die niedrigen Aufgaben, sondern weil nicht ständig Vieren, Fünfen oder gar Sechsen erzielt werden.

Was taugt es? Im richtigen Moment (das heißt: ich kann eine Aufgabe erfüllen und es liegen Marker drauf) die passende Zahl zu würfeln, ist bei FORTUNA sehr wichtig. Mit Privilegienkarten lassen sich wesentlich größere Punkteunterschiede erzielen als beim Marsch nach Rom. Privilegien entscheiden die Partie, und über Privilegien entscheidet der Würfel. Vor allem früh erworbene Privilegien sind wertvoll, weil man nun noch viel Zeit hat, die passenden Ressourcen anzuhäufen.
In keiner meiner Partien ist jemand ausgeschieden, weil er nicht in Rom mindestens Feld zehn erreichte. Wenn tatsächlich mal jemand Gefahr lief, dann war es ein Habenichts, der sowieso auf dem letzten Platz lag. Der durch die Zehntes-Feld-Regel angedeutete Konflikt, Sachen entweder zu horten oder sie für schnelle Schritte rauszuhauen, bleibt ein theoretischer.
Die ungewöhnlich löchrige Spielanleitung könnte ich an dieser Stelle auch noch runterputzen, aber ich komme lieber auf das große Plus von FORTUNA zu sprechen: Das ist der originelle Aktionsmechanismus. Und der dürfte gerne leicht variiert noch mal in einem anderen Spiel aufgegriffen werden, denn in FORTUNA verkauft er sich unter Wert.

FORTUNA von Michael Rieneck und Stefan Stadler für zwei bis vier Spieler, HUCH! & friends.

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