Donnerstag, 23. August 2012

Die Speicherstadt - Kaispeicher

Als ich anfing, Spielerezensionen zu schreiben, dachte ich, unter 2000 Zeichen sei das gar nicht zu machen. Doch die Wirklichkeit an Tageszeitungen ist eine andere. Und inzwischen beschreibe ich Spiele auch locker in weniger als 500 Zeichen. (Zum Vergleich: Dieser Text hat 4000.)
Manchmal, nachdem ich alles fein heruntergekürzt und dabei um jeden Buchstaben gerungen habe, heißt es plötzlich: „Ach, schreiben Sie doch noch mal zehn Zeilen mehr.“ Und dann stehe ich wie der Ochs vorm Berg. Nach meinem Empfinden steckt alles Unverzichtbare in dem Text drin. Jetzt also noch mal ganz von vorn beginnen und den Erzählbogen dabei etwas weiter schlagen? Oder zehn Zeilen mit Verzichtbarem ersinnen und unauffällig dazwischenfüllen?
Ich stelle mir vor, das Erfinden von Erweiterungen könnte so ähnlich ablaufen. Aber Stefan Feld steht dabei augenscheinlich nicht wie der Ochs vorm Berg. Zwischen die 50 Handelskarten des Grundspiels füllt er stolze 50 weitere. Und sie wirken nicht einmal wie etwas Verzichtbares, sondern schlagen den Erzählbogen weiter.

Was ändert KAISPEICHER? Man stelle sich vor: Zu den 50 Handelskarten des... ach nee, das hatten wir ja schon. Also gut: Die Erweiterung enthält auch Metallmünzen statt Pappmünzen, pro Person einen weiteren Arbeiter und neun zusätzliche Warensteine, je drei in drei neuen Sorten.
Die neuen Karten werden mit den alten zusammengemischt. Zusätzlich zu der bisherigen Auslage werden in jeder Runde gleich viele Karten oberhalb des Spielplans drapiert und gleichzeitig mit den anderen versteigert: Wer eine dieser Karten möchte, stellt sein Männchen drauf. Sie ist damit exklusiv für ihn reserviert. Sämtliche Reservierungen werden in der Reihenfolge der eingesetzten Figuren angeordnet. Der Kaufpreis entspricht (für den Ersten) der Anzahl der insgesamt reservierten Karten und reduziert sich für jeden Späteren um eins.
Die neuen Karten zeigen teilweise das, was wir schon kennen (Waren, Aufträge, Schiffe, Händler, Feuerwehrmänner). Zusätzliche strategische Elemente bringen Karten, die bestimmte Errungenschaften belohnen (ein Punkt pro Feuerwehrmann; bei einem Brand doppelte Punktzahl; ein Punkt pro Punktegebäude etc.), und zusätzliche taktische Elemente bringen Karten, die sich auf die Mitspieler auswirken (jemandem eine Ware klauen; zwei Figuren vertauschen; zweimal aussetzen dürfen etc.).

Was passiert? DIE SPEICHERSTADT verläuft abwechslungsreicher. Es gibt häufiger Gründe für hohe Gebote. Weil man pro Runde nun standardmäßig zwei Münzen statt einer erhält, ist das Geld auch nicht ganz so knapp.
Abhängig von den Zufällen der Kartenauslage und der Mitspielerzahl habe ich sehr unterschiedliche Verläufe erlebt, teilweise erschienen sie mir auch unrund. In einer Partie zu fünft kostet eine reservierte Karte bis zu sechs Geld. Dadurch kann es vorkommen, dass sehr viele Waren verklappt werden und kaum Aufträge gelingen. In einer Partie zu dritt kostet eine reservierte Karte höchstens vier Geld. Liegt der letzte entscheidende Feuerwehrmann oberhalb des Spielplans, weiß der Startspieler, was er zu tun hat. Insbesondere wenn Brand Nummer drei spät kommt, können einem hier viele Punkte in den Schoß fallen.
Solche Extreme sind das Einzige, was mir am KAISPEICHER nicht gefällt. Um zu viele Verklappungen zu vermeiden, möchte ich auch nicht unbedingt mehr zu fünft spielen.

Was taugt es? Trotz der längeren Spieldauer würde ich DIE SPEICHERSTADT nur noch mit der Erweiterung kombinieren. Sogar wenn Neulinge dabei sind. Das Grundspiel fand ich auf Dauer etwas schematisch, und dieser Kritikpunkt ist nun eliminiert. Großes Plus von DIE SPEICHERSTADT sind weiterhin der Schauplatz und die damit verbundenen Kartenmotive. Hamburg kann ich viel mehr feiern als zum hundertsten Mal den Orient oder die Antike oder Fantasy.

KAISPEICHER (Erweiterung zu DIE SPEICHERSTADT) von Stefan Feld für zwei bis fünf Spieler, eggertspiele.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Sie schummeln Herr Bartsch!
In Zeile 21 des Textes (Titel nicht mitgezählt) haben Sie ein "sie" zuviel eingefügt. Das gibt einen Abzug von drei Zeichen/Punkte.
Sind es jetzt 3997?

Udo Bartsch hat gesagt…

Danke für den Hinweis. Aber da ist gar kein doppeltes "sie". Sollte ich etwa schon wieder geschummelt haben?

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