Sonntag, 15. September 2013

Vor 20 Jahren (9): Illuminati

Gewisse Spiele liegen mir gar nicht. Insbesondere solche, bei denen es darauf ankommt, die Mitspieler zu manipulieren und unbemerkt für die eigenen Zwecke einzuspannen. Keine Ahnung, was da in meinem Gehirn falsch gepolt ist: Aber genau das, was anderen Spielern so unheimlich viel Vergnügen bereitet, macht mir leider überhaupt keinen Spaß. Ich habe Skrupel.

Es gibt sogar Spezialisten, die jedes Spiel auf diese Weise interpretieren: Sie finden es absolut legitim, unsichere und noch mit den Regeln kämpfende Anfänger in ihrer ersten Partie durch gezieltes Reinreden unter Druck zu setzen und ihnen „Tipps“ unterzujubeln. Natürlich nur solche Tipps, die die armen Würstchen gegen andere Spieler instrumentalisieren. – Wenn ich so etwas erlebe, denke ich: Wie armselig ist das denn? Solche Spieler landen bei mir ganz schnell auf der „Danke, nicht noch einmal“-Liste.

Illuminaten sind leider schwer zu fotografieren.

Dank einem inzwischen riesigen Pool, kann ich da zum Glück wählerischer sein als früher. Aber natürlich kann ich auch heute nicht verhindern, dass ich Spiele spielen muss, die mir gegen den Strich gehen. Vor mehr als 20 Jahren war ILLUMINATI so eins. Irgendwer besaß das damals, und weil die anderen ganz heiß darauf waren, ILLUMINATI zu spielen, musste ich eben auch.
Meine Erinnerungen sind relativ verschwommen, die Verdrängungsmechanismen haben ganze Arbeit geleistet. Ich weiß im Grunde nur noch, dass ich mich sehr darüber gewundert habe, wie verlogen sich meine Freunde plötzlich verhalten, wenn sie in eine Situation geraten, wo sie das dürfen.
Ganz offensichtlich bin ich ein Weichei. Denn bei realistischer Betrachtung muss ich zugeben, dass man in einem Illuminatenspiel natürlich nicht ehrlich und mit offenen Karten spielt. Weltherrschaft wurde bislang selten durch Fairplay erreicht. Wir spielen nicht die Bahnhofsmission. Wir spielen die Gesellschaft der Assassinen, die Jünger Cthulus, die Bayrischen Illuminati, die Gnome von Zürich... und wie sie sonst noch alle hießen.


Apropos Gnom: Einen Mitspieler hatten wir dabei, der fünf, sechs Jahre jünger war als wir anderen. Diesen Altersunterschied kriegte er auch manchmal zu spüren. Ich erinnere mich, wie er zu Beginn einer ILLUMINATI-Partie im Schachteldeckel fein säuberlich sämtliche Geldchips sortierte. Das war eine Menge Arbeit. Damit man die Chips verdeckt halten konnte, waren sie nämlich trotz unterschiedlicher Werte nur einseitig geprägt und ansonsten identisch. Und nachdem unser Nachwuchstalent fertig war mit seiner Sortiererei, kommentierte einer von uns Großen anerkennend: „Das ist der Ordnungstrieb...“ – um noch im selben Atemzug die Schachtel komplett durchzuschütteln und zu ergänzen: „... und das ist der Destruktionstrieb.“


Ich war das selbstverständlich nicht. Und allein die Tatsache, dass ich diesen lange zurückliegenden Vorfall nicht vergessen habe, dürfte veranschaulichen, wie sehr ungeeignet ich zartes Seelchen für Spiele wie ILLUMINATI bin.
Damals hatte ich übrigens noch mehrere zu Aggressionsausbrüchen neigende Mitspieler. Einer war dabei, der aus Frust gerne mal seine Karten an die Wand pfefferte. Aber davon erzähle ich ein anderes Mal. War ja auch bei einem anderen Spiel. Und wie bereits erwähnt, muss ich mir meinen Stoff ohnehin sehr gut einteilen.

Teil 8: Papua
Teil 10: Maestro

2 Kommentare:

Andreas und Björn Kalies hat gesagt…

Illuminati begleitet mich leider auch schon mein ganzes Spielerleben lang. Vor ewigen Zeiten habe ich die uralte schwarz-weiss Fassung gespielt (die Karten sind jedenfalls in meiner Erinnung alle schwarz-weiss gewesen) - und die Partie musste auf dem Boden gespielt werden. Gefühlte Tage später war das Spiel zu Ende. Durch eigene Dummheit, habe ich dann Illuminati 2k, dass Sammelkartenspiel als Schnäppchen erworben und 2-3x gespielt. Seit dem ist es nur noch das "Kopfschmerzspiel" - denn wenn jeder Spieler 3 Gruppen ausliegen hat, beginnen die Kopfschmerzen, bei der Wahl einer vernünftigen Aktion. Und zu guter Letzt kam noch eine Mitspielerin meiner Arbeitsgruppe an und fragte, ob ich ihr Illuminati erklären könnte - sie fand das Cover so toll und hatte sich dann das Spiel gekauft und nicht verstanden. Nach der Erlärpartie wusste ich, dass ich kein weiteres Illuminati mehr brauche (sie übrigens auch).
Der Hammer ist allerdings, dass in meiner 2k-Ausgabe von vor 2001 eine Karte Terrorakt dabei war, die das World-Trade-Center zeigte, wie ein Flugzeug (oder waren es auch schon 2?) in die Türme flog! So, jetzt beginnt die Paranoia richtig....

Peer hat gesagt…

Illuminati hatten wir auch ab und an gespielt. Meine Lieblingsanekdote: Wir spielten immer (wenn wir es mal spielten - 3-4x vielleicht?) mit der "Schummeln"-Variante. Eine Partie endete, als einer der Spieler verkündete: "Und damit habe ich gewonnen!" Wir packten ein.
Dann gestand er: OK, ich habe gelogen, aber ich schätze ich hab jetzt wirklich gewonnen, oder?

Das ergibt eine interessante Regelfrage, denn Schummeln war nach der Variante nur erlaubt, wenn die Schummelei rückgängig gemacht werden konnte - ginbg ja nicht mehr, Spiel war eingepckt. Regulärer Spielsieg?

Kommentar veröffentlichen

Aufklärung über den Datenschutz
Wenn Sie einen Kommentar abgeben, werden Ihre eingegebenen Formulardaten (und unter Umständen auch weitere personenbezogene Daten, wie beispielsweise Ihre IP-Adresse) an den Google-Server übermittelt. Mit dem Absenden Ihres Kommentars erklären Sie sich mit der Aufzeichnung Ihrer angegebenen Daten einverstanden. Auf Wunsch können Sie Ihre Kommentare wieder löschen lassen. Bitte beachten Sie unsere darüber hinaus geltenden Datenschutzbestimmungen sowie die Datenschutzerklärung von Google.