Freitag, 17. Januar 2014

Concordia

Über Spielecover soll man sich nicht lustig machen. Wenn die Einleitung diesmal also leider aus Schweigen besteht, ist das nicht etwa meiner Faulheit geschuldet, sondern allein meiner Feinfühligkeit und meinem Taktgefühl.

Wie geht CONCORDIA? Wir sind antik und wohnen am Mittelmeer: Normalerweise bedeutet das, wir müssten Krieg führen. Aber in CONCORDIA dehnen wir uns einfach nur ganz friedlich aus. Trotzdem ist CONCORDIA kein Brettspiel gewordenes Pilates, denn besonders kommt es aufs Tempo an: Man will schneller sein als die anderen.
Am Ende zählt es Punkte, viele Kolonistenfiguren zu besitzen, in vielen Städten gebaut zu haben, in verschiedenen Regionen angesiedelt zu sein und viele verschiedene Waren produzieren zu können. Wie oft man jede dieser Kategorien wertet, hängt nun wieder davon ab, wie viele Karten mit zugeordneten Göttern man besitzt. Dieselben Karten steuern obendrein die Aktionen. CONCORDIA hat also einen Deckbuilding-Aspekt. Jeder startet mit denselben sieben Karten. Durch individuellen Zukauf entwickeln sich die Möglichkeiten und auch die Ziele auseinander.
Wer am Zug ist, spielt eine seiner Karten und führt sie aus. Der „Architekt“ beispielsweise erlaubt, mit eigenen Figuren zu marschieren und an den erreichten Orten Produktionsgebäude zu errichten (für Rohstoffe und Geld). Der „Präfekt“ lässt alle Gebäude einer Region Güter produzieren. Der „Senator“ gestattet, bis zu zwei Karten aus der Auslage zu kaufen (für Rohstoffe). Der „Tribun“ schaufelt alle ausgespielten Karten wieder auf die Hand.

Was passiert? Nur wer gut optimiert, wird bei CONCORDIA erfolgreich sein. Beispielsweise wäre es ineffektiv, den Senator für nur einen Kauf auszuspielen. Oder in der Architekten-Aktion nicht mehr als ein Haus zu bauen. Oder beim Ausspielen des Tribuns keine Nahrung und kein Werkzeug zu besitzen. Bei Abgabe dieser Kombination darf nämlich ein weiterer Kolonist eingesetzt werden.
Bei alldem wurschtelt niemand völlig autark vor sich hin. Wer später als andere in einer Stadt ankommt, muss für sein Haus erheblich mehr bezahlen. Und ob und wo man produzieren lässt, will gut abgewogen sein, schließlich profitieren oft andere Spieler mit. Hat jemand eine Region für sich allein, könnte es ertragreich sein, dort ein Abstauberhäuschen dazuzusetzen. Auch lohnt es sich mitzuverfolgen, auf welche Götterkarten die anderen Spieler abzielen. Niemandem sollte man zu viele einer Sorte überlassen.
Schließlich spielen noch Rhythmus und Timing eine Rolle. Der „Diplomat“ erlaubt, die zuletzt gespielte Personenkarte eines Mitspielers zu kopieren. Habe ich nur einen Architekten und den auch schon gespielt, liege ich also mit dem Diplomaten und einer vorbereiteten Rohstoffkombination auf der Lauer, in der Hoffnung, dass irgendjemand seinen Architekten zückt, an den ich mich galant anhänge.

Was taugt es? Die Aktionen selbst sind nicht sonderlich kompliziert. Oft lässt sich auch gut vorausplanen. Mit entscheidungsfrohen Mitspielern erreicht eine Partie CONCORDIA ein schönes Tempo. Wer die Neigung dazu hat, findet allerdings auch allerbesten Nährboden für lange Analysen. Ich wurde schon Zeuge (zum Glück nur als Beobachter) von Partien zu fünft, die volle drei Stunden verschlangen. (Schauder!)
Eine häufige Kritik meiner Mitspieler lautet, CONCORDIA fühle sich schwammig an. In der Tat bringt einen jede Aktion voran. Und wenn man für dieselben Rohstoffe entweder Häuser bauen oder Karten kaufen kann, lässt sich kaum sagen, was gerade das Bessere ist. Es gibt nicht richtig ein greifbares Ziel. Sondern das Ziel lautet: viel Umsatz. Viele Karten kaufen, viele Häuser bauen. Viel hilft viel. Zwar gewinnt nicht automatisch der mit den meisten Karten oder den meisten Häusern, aber er gehört zumindest zum engeren Favoritenkreis.
Besonders gefallen mir an CONCORDIA die vielen taktischen Entscheidungen: Zücke ich den Tribun, obwohl ich noch nicht mein gesamtes Blatt heruntergespielt habe? Produziere ich selber oder hoffe ich, dass ein anderer das für mich erledigt? Haue ich alle Rohstoffe raus oder macht mich das zu unflexibel? Das ist alles nicht grundsätzlich neu, aber doch so dicht verwoben und wegen des Verzichts auf Aggressionsmechaniken mit einem positiven Spielgefühl verbunden, dass ich jede Partie als spannend erlebe.

CONCORDIA von Mac Gerdts für zwei bis fünf Spieler, PD-Verlag.

2 Kommentare:

pascha64 hat gesagt…

friedliches ausgereiftes Topspiel!

Rodja Kleemann hat gesagt…

Hallo Udo,

ich finde Deine Rezension zu Concordia echt gelungen. Da Du einen guten und dennoch kurzweiligen Überblick über das Spiel gibst.

Demjenigen, der sich einen detaillierteren Überblick verschaffen will, darf ich hoffentlich an dieser Stelle, auf meinen Blog verweisen.

Aber zum Spiel: Obwohl ich Mac Gerdts für seine Meisterleistung der Erfindung bzw. Einführung des Rondells bewundere und seine Spiele deshalb sehr schätze, ist es ihm meiner Meinung nach gelungen, mit Concordia ein sehr abwechslungsreiches und sehr gut ausbalanciertes Spiel zu schaffen - eines das ohne militärische Komponente auskommt. Und doch kann es knüppelhart auf dem Spielbrett zugehen, da sich die Kosten für den Bau in den Städten je nach Handelsware massiv verteuern - das ist wahrlich nicht zu unterschätzen.

Einfach genial ist der Mechanismus, dass man durch den Erwerb der Karten nicht nur seine Aktionsmöglichkeiten erweitert, sondern auch obendrein festlegt, welche Entwicklungsleistungen besonders lukrativ sind.

Ein - für mich - rundherum gelungenes Spiel.

Beste Grüße

Rodja

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