Dienstag, 5. Juli 2016
Viticulture – Essential Edition
Meine wenigen verbliebenen Leser dürften sich mittlerweile an fehlende Einleitungen gewöhnt haben. Deshalb muss ich auch gar nicht weiter begründen, warum die Einleitung schon wieder fehlt.
Wie geht VITICULTURE?
Wir stellen Wein her und verkaufen ihn. Das erfordert Arbeitereinsatz. Besonderheiten dabei: 1. Jedes Spieljahr ist zweigeteilt. Zunächst dürfen die Arbeiter nur auf den Sommer-, später die verbliebenen Arbeiter nur auf den Winter-Aktionsfeldern eingesetzt werden. 2. Jeder besitzt einen dicken Onkel, der auf besetzte Felder spazieren darf.
VITICULTURE ist außerdem kartengesteuert. Rebenkarten pflanzt man auf Felder. Durch die Ernte-Aktion bringen sie Trauben, durch Weiterverarbeitung entsteht Wein. Welche Weinsorten ich in welcher Menge gegen wie viele Punkte eintauschen darf, bestimmen meine Auftragskarten. Und Besucherkarten erlauben lukrative Extra-Aktionen.
Was passiert? Die Karten bringen einen erheblichen Glücksanteil ins Spiel. Passen meine Aufträge nicht zu meinen Reben oder passen die Fähigkeiten meiner Besucher nicht zur Spielsituation, muss ich ärgerlicherweise zusätzliche Züge aufs Ziehen von weiteren Karten verwenden. Oder die Karten blockieren meine Hand. In beiden Fällen verliere ich Tempo und blicke neidvoll zum Kollegen Mitspieler, bei dem es perfekt zu flutschen scheint.
Die Karten üben zugleich aber den Hauptreiz in VITICULTURE aus: Ich hoffe, das Passende zu ziehen, um im richtigen Moment die richtige Karte hinblättern zu können. Und ziehe ich nicht das Optimale, versuche ich zumindest, das Bestmögliche herauszuholen und gute Bedingungen für sinnvollen Karteneinsatz zu schaffen.
Auch das Figurenmanagement fordert heraus. Der erste Arbeiter an jedem Ort erhält einen attraktiven Bonus (darf beispielsweise zwei Besucherkarten statt einer ausspielen oder ein Gebäude mit Rabatt bauen). Folglich will ich an vielen Orten der Erste sein. Gleichzeitig darf ich zwingend notwendige Aktionen nicht versäumen. Ist ein Ort komplett belegt und ich bin nicht dabei, kostet mich das viel Zeit.
Und schließlich ist VITICULTURE ein thematisches Spiel. Der Prozess der Weinherstellung wird nachvollziehbar transformiert. Ich wünschte, der Weg von der Rebe zum Verkauf würde noch häufiger durchlaufen werden. Ich habe Partien erlebt, in denen jemand nur zwei Aufträge erledigen musste. 13 oder 14 der erforderlichen 20 Punkte hatte er auf andere Weise gesammelt.
Klar, das ist auch ein Beleg dafür, dass es in VITICULTURE nicht nur den einen Weg gibt. Außerdem sind die unterwegs verdienten Zusatzpunkte durchaus irgendwie thematisch verankert. Beispielsweise muss man Trauben abgeben oder wird dafür belohnt, dass man bestimmte Ausbauten besitzt. Trotzdem fühlt es für mich unstimmig an, wenn man einen Großteil seiner Punkte schon damit gewinnen kann, dass man nur so tut, als würde man Wein herstellen wollen.
Was taugt es? VITICULTURE ist nicht das große Aufbauspiel, für das man es aufgrund seiner äußeren Gestalt halten könnte. Eine disziplinierte Vierer-Runde benötigt keine 90 Minuten für eine Partie.
VITICULTURE ist ein überwiegend taktisches und weniger strategisches Spiel. Man muss letztendlich so spielen, wie es einem die Karten nahe legen. Es gibt deshalb wenig Geheimwissen, und schon der (spielerfahrene) Anfänger überblickt seine Möglichkeiten.
Der Reiz des Kartenmanagements zieht mich in die Partie. Ich spiele gerne mit. Allerdings wird sich VITICULTURE für mich nicht als Dauerbrenner etablieren. Dazu bleibt es zu leichtgewichtig an der Oberfläche.
VITICULTURE – ESSENTIAL EDITION von Jamey Stegmaier, Alan Stone und Morten Monrad Pedersen für einen bis sechs Spieler, Feuerland.
Wie geht VITICULTURE?
Wir stellen Wein her und verkaufen ihn. Das erfordert Arbeitereinsatz. Besonderheiten dabei: 1. Jedes Spieljahr ist zweigeteilt. Zunächst dürfen die Arbeiter nur auf den Sommer-, später die verbliebenen Arbeiter nur auf den Winter-Aktionsfeldern eingesetzt werden. 2. Jeder besitzt einen dicken Onkel, der auf besetzte Felder spazieren darf.
VITICULTURE ist außerdem kartengesteuert. Rebenkarten pflanzt man auf Felder. Durch die Ernte-Aktion bringen sie Trauben, durch Weiterverarbeitung entsteht Wein. Welche Weinsorten ich in welcher Menge gegen wie viele Punkte eintauschen darf, bestimmen meine Auftragskarten. Und Besucherkarten erlauben lukrative Extra-Aktionen.
Was passiert? Die Karten bringen einen erheblichen Glücksanteil ins Spiel. Passen meine Aufträge nicht zu meinen Reben oder passen die Fähigkeiten meiner Besucher nicht zur Spielsituation, muss ich ärgerlicherweise zusätzliche Züge aufs Ziehen von weiteren Karten verwenden. Oder die Karten blockieren meine Hand. In beiden Fällen verliere ich Tempo und blicke neidvoll zum Kollegen Mitspieler, bei dem es perfekt zu flutschen scheint.
Die Karten üben zugleich aber den Hauptreiz in VITICULTURE aus: Ich hoffe, das Passende zu ziehen, um im richtigen Moment die richtige Karte hinblättern zu können. Und ziehe ich nicht das Optimale, versuche ich zumindest, das Bestmögliche herauszuholen und gute Bedingungen für sinnvollen Karteneinsatz zu schaffen.
Auch das Figurenmanagement fordert heraus. Der erste Arbeiter an jedem Ort erhält einen attraktiven Bonus (darf beispielsweise zwei Besucherkarten statt einer ausspielen oder ein Gebäude mit Rabatt bauen). Folglich will ich an vielen Orten der Erste sein. Gleichzeitig darf ich zwingend notwendige Aktionen nicht versäumen. Ist ein Ort komplett belegt und ich bin nicht dabei, kostet mich das viel Zeit.
Und schließlich ist VITICULTURE ein thematisches Spiel. Der Prozess der Weinherstellung wird nachvollziehbar transformiert. Ich wünschte, der Weg von der Rebe zum Verkauf würde noch häufiger durchlaufen werden. Ich habe Partien erlebt, in denen jemand nur zwei Aufträge erledigen musste. 13 oder 14 der erforderlichen 20 Punkte hatte er auf andere Weise gesammelt.
Klar, das ist auch ein Beleg dafür, dass es in VITICULTURE nicht nur den einen Weg gibt. Außerdem sind die unterwegs verdienten Zusatzpunkte durchaus irgendwie thematisch verankert. Beispielsweise muss man Trauben abgeben oder wird dafür belohnt, dass man bestimmte Ausbauten besitzt. Trotzdem fühlt es für mich unstimmig an, wenn man einen Großteil seiner Punkte schon damit gewinnen kann, dass man nur so tut, als würde man Wein herstellen wollen.
Was taugt es? VITICULTURE ist nicht das große Aufbauspiel, für das man es aufgrund seiner äußeren Gestalt halten könnte. Eine disziplinierte Vierer-Runde benötigt keine 90 Minuten für eine Partie.
VITICULTURE ist ein überwiegend taktisches und weniger strategisches Spiel. Man muss letztendlich so spielen, wie es einem die Karten nahe legen. Es gibt deshalb wenig Geheimwissen, und schon der (spielerfahrene) Anfänger überblickt seine Möglichkeiten.
Der Reiz des Kartenmanagements zieht mich in die Partie. Ich spiele gerne mit. Allerdings wird sich VITICULTURE für mich nicht als Dauerbrenner etablieren. Dazu bleibt es zu leichtgewichtig an der Oberfläche.
VITICULTURE – ESSENTIAL EDITION von Jamey Stegmaier, Alan Stone und Morten Monrad Pedersen für einen bis sechs Spieler, Feuerland.
Label:
**** solide
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
6 Kommentare:
Die Essential Edition ist bei mir leider durchgefallen. Da spiele ich lieber Viticulture mit der Tuscany Erweiterung der vier Jahreszeiten. Die bringt mehr Möglichkeiten, auch bei unpassenden Karten noch irgendwie Siegpunkte zu generieren.
Die Essential Edition bringt neue, von Uwe Rosenberg überarbeitete Karten mit. Besonders in 6er-Runde ist mir übel aufgestossen, dass man mal eben mit einer Karte 5 Punkte machen kann und das nur, weil die Mitspieler schon alle Arbeiter im Spiel haben oder eben die angebotene Bonusaktion nicht verfallen lassen wollen, wenn schon der Nachbar zugreift. Will ich 5 Punkte per Weinanbau machen, brauche ich schon etliche Runden. Oder eben nur eine passende Karte. Das passt nicht. Für soviel Kartenglück bietet mir das Spiel ansonsten dann auch zu wenig. Schade.
Schön, dass es hier wieder mehr zu lesen gibt! :)
Wie gut spielt sich Viticulture eigentlich mit 5 oder sogar 6 Spielern? Gute Sechsspielerspiele sind wirklich selten, insofern wäre das für mich ein echter Mehrwert - und dass Neulinge gut mitspielen können, ist in dem Fall ein weiterer Bonus (bei 5-6 Spielern ist normal immer einer neu).
SpaceTrucker
Ich habe es mit maximal 5 Personen gespielt, und da ging es immer noch halbwegs flott. Dass einer, wie von ravn beschrieben, im 6er-Spiel 5 Punkte mit nur einer Karte macht, möchte ich lieber nicht erleben.
Die Spielreihenfolge geht nicht reihum sondern eben kreuz und quer je nach eigener Wahl der Aufstehposition pro Spielrunde. Das erfordert aufmerksame Mitspieler. Wenn du ein sehr Kartenglück lastiges Spiel suchst und magst, dann greif zu - auch in großer Runde.
Danke euch für die Meinungen!
Wenn es lediglich die Karten sind, dann lässt sich das Problem ja möglicherweise damit beheben, ein paar der schlimmsten Exemplare vorher auszusortieren (?).
Mit dem Kartenglück ist das so eine Sache: Grundsätzlich muss sich (für mich) gutes Spielen schon lohnen. Ein sehr guter Spieler muss aber für mich nicht unbedingt immer 99,x% Siegchance gegen einen schwachen Spieler haben (wie in vielen anspruchsvollen Spielen ohne nennenswertes Glück - Schach, Go, Terra Mystica, Agricola mit Draft,...). Gerade bei den etwas kürzeren, lockereren Spielen tut es der Runde ganz gut, wenn auch ein paar der etwas schwächeren Spieler mal gewinnen können. Zu dem Punkt, an dem gut Spielen garkeine Rolle mehr spielt, darf es natürlich auch nicht kommen, dann fühlt sich das Ganze beliebig und das eigene Handeln sinnlos an (ausgenommen mal rein erzählerische, thematische Spiele).
SpaceTrucker
Um das Kartenglück ein wenig zu reduzieren, spielen wir es so: Immer wenn ich 1 oder mehrere Karten ziehen darf, darf ich genau 1 Karte mehr ziehen, und muß dann 1 Karte wieder abwerfen.
Ansonsten: Schönes Spiel.
Kommentar veröffentlichen
Aufklärung über den Datenschutz
Wenn Sie einen Kommentar abgeben, werden Ihre eingegebenen Formulardaten (und unter Umständen auch weitere personenbezogene Daten, wie beispielsweise Ihre IP-Adresse) an den Google-Server übermittelt. Mit dem Absenden Ihres Kommentars erklären Sie sich mit der Aufzeichnung Ihrer angegebenen Daten einverstanden. Auf Wunsch können Sie Ihre Kommentare wieder löschen lassen. Bitte beachten Sie unsere darüber hinaus geltenden Datenschutzbestimmungen sowie die Datenschutzerklärung von Google.