Im April 1997 endete mein Referendariat. Ich war nun Lehrer – hatte aber nur mittelmäßig viel Lust dazu. Der Grund waren nicht die Schüler, auch nicht die Eltern, im Gegenteil, die erlebte ich überwiegend als sehr wohlwollend. Der Grund war das verkorkste System Schule, mit dem ich mich schwer identifizieren konnte und dessen Teil ich nicht unbedingt werden wollte.
Dies ist nicht der Platz für eine bildungspolitische Diskussion, auch wenn ich der Meinung bin, dass allgemein viel zu wenig über Bildungspolitik diskutiert wird. Im Rahmen dieser Serie ist als Zwischenfazit lediglich festzuhalten: Ich drängte 1997 nicht voller Freude und Vehemenz ins Berufsleben, sondern beschäftigte mich erst einmal mit Dingen, die mir Spaß machten.
So kam ich auch auf die Idee, Spielrezensionen zu schreiben. Und das war gar nicht mal so abwegig, schließlich hatte ich schon immer gern geschrieben und schon immer viel gespielt. Nur hatte ich vor meiner Göttinger Zeit wenig Zugriff auf aktuelle Spiele gehabt. Das war nun anders, und nachdem ich obendrein jemanden kennenlernte, der ebenfalls Spiele rezensierte, kam mir die Sache, die ich zuvor für ein ganz großes Ding gehalten hatte, plötzlich machbar vor.
Vor 20 Jahren allerdings gab es ein erhebliches Hindernis, das es dank Internet heute nicht mehr gibt: Man musste ein Medium finden, das die Rezensionen veröffentlicht. Ich versuchte es zunächst bei Tageszeitungen, na ja, um genau zu sein: bei exakt einer. Der schickte ich eine Rezension, von der ich diffus ahnte, dass sie für eine Tageszeitung eigentlich viel zu detailliert war, nämlich schlappe 1,5 spielbox-Seiten lang.
Aber nachdem ich mich dem System Schule nicht anpassen wollte, galt dies natürlich auch für das System Tageszeitung! Wenn ich schon rezensiere, so meine rebellische Grundhaltung, dann doch nicht in Form eines inhaltsleeren Info-Happens. Sondern gründlich. Und wenn sie das nicht wollen, will ich auch nicht. Basta! Ganz im Sinne einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung bekam ich niemals Antwort und sah meine Rezensenten-Karriere bereits als beendet an. Da allerdings fand sich überraschend ein Weg …
Ein Mitspieler hatte Kontakte zur Spielerei und reichte dort meine Rezension zu MISSISSIPPI QUEEN ein. Ich schrieb meinen Text im Mai, im August kam dann endlich das Heft. Hurra, ich war Rezensent! Einziger Schönheitsfehler: Unter meinem Artikel stand eine Note, die ich etwas zu positiv fand und die nicht meine war. Ich hatte MISSISSIPPI QUEEN gar keine Note gegeben (System Schule und so), aber in der Spielerei gehörten Noten nun mal dazu, und irgendwer hatte aus meinem Artikel offenbar eine „2-“ herausgelesen und drunter gesetzt.
Wahrscheinlich konnte man mich auch gar nicht fragen. Ich hatte zu dem Zeitpunkt noch mit niemandem aus der Redaktion gesprochen, und bestimmt hatte ich es auch nicht für nötig gehalten, meine Telefonnummer zu übermitteln.
Auf Dauer war es wohl nicht optimal, Rezensionen über Mittelsmänner zu verbreiten. Ich musste es doch selber in die Hand nehmen. Aber immerhin: Nachdem ich unter dem Eindruck meiner rieeesigen Mühen, eine Tageszeitung zu akquirieren, schon aufgegeben hatte, stachelte mich die Veröffentlichung meiner ersten Rezension an, es weiter zu probieren. Deshalb bin ich der Spielerei sehr dankbar. Und noch viel dankbarer bin ich meinem Mittelsmann.
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