Als oller Spiele-Veteran neigt man dazu, den Themenbezug in Spielen mit Städtenamen leichtfertig zu unterschätzen. Nun lese ich aber auf der Packung von YOKOHAMA, wie sich die Geschichte Yokohamas einst abgespielt hat: Zu Beginn der Meiji-Ära wetteiferten tüchtige Händler darum, Aufträge zu erfüllen, fremde Technologien zu erlernen, Geschäfte und Warenhäuser zu bauen, um auf diese Weise den größtmöglichen Ruhm zu erlangen. Und was soll man sagen: Genau so ist es im Spiel! Ungelogen!
Wie geht YOKOHAMA? Okay, eins wurde in der offiziellen Schachtel-Chronik unterschlagen: die Assistenten. Jeder Spieler besitzt anfangs acht, es sollten schleunigst mehr werden. Ein Spielzug besteht darin, zunächst bis zu drei Assistenten in Stadtvierteln zu platzieren. Anschließend versetzt man seine Direktor-Figur. Der Direktor darf nur durch Viertel mit eigenen Assistenten wandeln. Er darf nicht bei einem fremden Direktor anhalten, höchstens durchspazieren, aber das kostet dann 1 Yen an den Gegner.
Am Zielort führt der Spieler eine Aktion aus. Ihre Art ist abhängig von der Art des Stadtviertels. Und ihre Stärke ist abhängig von der Anzahl eigener Figuren vor Ort. Anschließend werden alle eigenen Assistenten von diesem Feld abgeräumt und müssen zurück in den eigenen Vorrat.
Welche Aktionen gibt es? Waren nehmen, Waren tauschen, Aufträge nehmen, Technologien kaufen, Figuren kaufen, Dinge gegen Punkte eintauschen. Technologien bringen Spezialfähigkeiten für den Rest des Spiels. Und zusätzliche Figuren sind nicht nur Assistenten, sondern auch Gebäude, die – sofern später irgendwo gebaut – die Stärke in diesem Viertel permanent erhöhen und nebenbei Punkte zählen. Wie überhaupt sehr vieles in YOKOHAMA Punkte zählt und vieles miteinander verzahnt ist.
Was passiert? Für Optimierer ist YOKOHAMA ein Paradies. Es gibt sehr viele Kleinigkeiten, die man in seine Überlegungen einbeziehen könnte. Die Spielrunde darf sich glücklich schätzen, wenn niemand am Tisch dies tut. Ansonsten werden insbesondere Viererpartien zäh.
Der stärkste Mechanismus ist aus meiner Sicht, wie die Assistenten über Bewegung und Aktionsstärke bestimmen. Einerseits will ich die Assistenten verstreuen, um manövrierfähig zu sein. Andererseits will ich sie häufen, denn wirklich lohnenswerte Aktionen gibt es erst ab der vierten Figur.
Gebiete aufzufüllen ist vor allem am Anfang des Spiels ein Drahtseilakt. Man hat noch wenig Material und bindet viele Steine, die man gleichzeitig auch anderswo bräuchte. Und wenn dann noch im falschen Moment ein fremder Direktor ins angepeilte Gebiet latscht, ist das ganz schön ärgerlich. Die Assistenten sind für diesmal unerreichbar und weiterhin gebunden, und ein Ausweichzug muss her.
Was taugt es? Der Bewegungsmechanismus wird häufig mit ISTANBUL verglichen. Tatsächlich fühlt er sich ähnlich an, hat aber eine zusätzliche Dimension, indem es auch darum geht, wie stark man in einem Gebiet vertreten ist.
Zusätzliche Schnörkel hat YOKOHAMA auch an anderen Stellen. Rund um den Assistenten-Mechanismus sind jede Menge Punkte-Generatoren gebaut. Die Elemente greifen gut ineinander, sind aber nichts, was mich zu einer Partie YOKOHAMA verlockt, sondern einfach nur mal wieder eine alternative Mixtur dessen, was man schon in vielen anderen Spielen gesehen hat.
Spielerisch interessant finde ich indes, dass auch beim Punkten Assistenten verloren gehen. Will ich beispielsweise markieren, dass ich eins von drei übergeordneten Spielzielen erreicht habe (zum Beispiel indem ich sieben Tee besitze), muss ich das mit einem Assistenten tun.
YOKOHAMA hat fünf verschiedene Ende-Bedingungen. Ich sehe das einerseits als Beleg dafür, dass sehr viele Einzelelemente in das Spiel hineingebastelt wurden und dabei kein starker gemeinsamer Nenner entstanden ist. Andererseits fordert die Vielfalt auch heraus, verschiedene Wege zu gehen und sich mal auf dies, mal auf jenes zu konzentrieren.
Für mich persönlich ist dieses Ausprobieren aber bereits abgeschlossen. Ich bin nicht gespannt darauf, in späteren Partien noch ein paar mehr Punkte aus YOKOHAMA herauszukitzeln. Nur mit dem Assistenten-Mechanismus würde ich mich gerne weiterbeschäftigen, allerdings lieber mit weniger Beiwerk.
**** solide
YOKOHAMA von Hisashi Hayashi für zwei bis vier Spieler, dlp games.
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