„Wer knackt die 200?“, fragt die Schachtel. Wenn es um Einleitungen geht, knacke ich nicht mal die Eins.
Wie geht FLIP 7? FLIP 7 enthält Zahlenkarten von eins bis zwölf, die Eins einmal, die Zwölf zwölfmal. Und die Eins zählt einen Punkt, die Zwölf zwölf – falls ich denn Punkte gewinne. Sobald ich eine Zahlenkarte doppelt habe, scheide ich ohne Punkte aus der Runde aus.
Bin ich dran, darf ich mir von der reihum wechselnden Dealer:in entweder eine weitere Karte geben lassen. Oder ich steige aus und bekomme meine Punkte gutschreiben. Wer erfolgreich zockt und sogar sieben verschiedene Zahlenkarten sammelt, gewinnt 15 Bonuspunkte. 200 Punkte sind das Ziel.
Was passiert? FLIP 7 ist ein Glücksspiel, fast sogar ein reines Glücksspiel. Der zugrunde liegende Zock (Beute sichern? Oder immer mehr wollen – und eventuell scheitern?) wird wahrlich nicht zum ersten Mal spielerisch ausgetragen. Man kennt dieses CAN’T STOP-Prinzip spätestens seit … CAN’T STOP.
FLIP 7 bricht das Dilemma noch weiter herunter. Jetzt muss man nicht mal mehr würfeln und Zahlen kombinieren. Die Frage ist lediglich: Karte ja oder nein? Ob das Spaß macht, hängt zweifellos mit der Gruppe zusammen, die da gemeinsam am Tisch sitzt: ob alle bereit sind, sich so sehr dem Zufall zu überlassen. Ob sie Schadenfreude empfinden, wenn andere zu gierig sind oder Pech haben. Und ob sie den Frust wegstecken können, falls sie schon nach zwei, drei Karten raus sind, womöglich auch mehrfach hintereinander.
In seiner Einfachheit ist FLIP 7 gut gemacht. Man kann sich einbilden, nach Wahrscheinlichkeiten zu entscheiden. Oft genug kommen die Zahlenwerte dann leider entgegen der Wahrscheinlichkeit, was bei vielen den Ehrgeiz auslöst, es nächstes Mal besser hinzukriegen – obwohl man ja nahezu keine Eigenleistung erbringt, also im eigentlichen Sinne auch nichts „hinkriegt“. FLIP 7 zu spielen, ist wie am Geldspielautomaten zu stehen und darauf zu hoffen, dass man den Jackpot knackt. Nur ohne Geldeinsatz. Und gemeinsam mit anderen, die genau dasselbe hoffen.
Was taugt es? Dass die wertvollsten Karten zugleich die häufigsten und damit auch die riskantesten Karten sind, ist clever ausgedacht. Und vor allem sind die wenigen Sonderkarten gut abgestimmt. Sie bewirken, dass sich niemand jemals sicher sein kann.
„Freeze“ beispielsweise darf ich gegen andere einsetzen, um sie aus der laufenden Runde rauszukicken. Punkte gibt es dann zwar trotzdem. Aber wenn jemand eine vielversprechende Auslage und womöglich die Karte „Second Chance“ hat (die einmalig eine tödliche Zahl abwehrt), dürfte es für die betroffene Person ärgerlich sein, in dieser Situation eingefroren zu werden. Dummerweise müsste ich „Freeze“ gegen mich selbst einsetzen, wenn ich der letzte verbliebene Spieler bin. Das tut dann doppelt weh.
Ähnlich zweischneidige Wirkung hat die Karte „Flip three“. Und mit Bonuskarten könnte ich rein theoretisch einen riesigen Punktesprung schaffen und aus nahezu aussichtsloser Position doch noch gewinnen. Was aber nur sehr selten geschehen wird, zumal die 15 Bonuspunkte für einen „Flip 7“ nicht allzu viel sind.
Abgeschlagene sind neben der extrem geringen Entscheidungstiefe ein Problem in FLIP 7. Es gibt immer wieder welche, die wiederholt schon bei ihrer zweiten oder dritten aufgedeckten Karte ausscheiden, und dann nicht mal wegen einer Elf oder Zwölf, sondern wegen einer Vier oder Fünf. Wenn man erst mal 60 oder 80 Punkte zurückliegt, ahnt man: Da ist nicht mehr viel zu holen.
In meinen regelmäßigen Spielerunden kommt FLIP 7 nicht besonders gut an und wird bestenfalls als lau empfunden. Und wenn ich merke, dass die anderen kein Feuer fangen, macht es mir auch gleich weniger Spaß.
In meinen gemischt zusammengesetzten öffentlichen Runden ist FLIP 7 dagegen oft stärker, spaßiger und viel emotionaler, als man es von diesem bisschen Spiel erwartet hätte. Hier kann jede:r mitspielen ohne Sorge vor zu vielen Regeln oder möglichen Blamagen. Wer verliert, muss sich nicht schämen. Man hat nichts falsch gemacht. Die Karten haben es falsch gemacht.
FLIP 7 ist kein Spiel, das ich aus eigenem Wunsch heraus besonders gerne spiele. Aber ich spiele es besonders gerne mit, wenn ich merke, dass die passende Runde beisammen ist. Und muss dann nicht so tun, als hätte ich Spaß. Sondern empfinde den Spaß.
***** reizvoll
FLIP 7 von Eric Olsen für drei bis angeblich 18 Spieler:innen, Kosmos.