Samstag, 11. September 2010

Samarkand

Ich glaube nicht, dass außerhalb der Spieler-Szene ein sonderliches Bedürfnis nach Eisenbahnspielen besteht. Und ich glaube, die Queen Games-Redaktion glaubt das auch nicht. Äußerst raffiniert wurde SAMARKAND deshalb in ein orientalisches Mäntelchen gesteckt. Statt Gleise zu bauen, setzen wir Kamele. Statt Aktienanteile an Gesellschaften zu erwerben, heiraten wir in Familien ein. Statt um das meiste Geld geht es um... äh, das meiste Geld. Nein, das muss man auch nicht ändern. Ein sonderliches Bedürfnis nach Geld besteht schließlich immer.

Wie geht SAMARKAND? SAMARKAND spielt auf einer Landkarte, die in mehr als 120 Felder aufgeteilt ist. Auf 33 dieser Felder ist eine Ware abgebildet, und zu jeder Ware existiert eine entsprechende Warenkarte. Anfangs besitzt jeder Spieler zwei solcher Karten, im Spielverlauf werden es mehr. Bei vier Personen maximal sieben.
In der Schlusswertung bringt es besonders viel Geld, wenn Kamele der Familien, in die man eingeheiratet hat, auf Warenfeldern platziert sind, deren Karten man besitzt. Um überhaupt Kamele einer Farbe setzen zu dürfen, muss man in die entsprechende Familie einheiraten. Das kostet Geld und einen kompletten Zug. Aber es bringt auch zusätzliche Warenkarten inklusive der Möglichkeit, unliebsame bereits vorhandene Karten wieder abzuwerfen.
Alle anderen möglichen Spielzüge sind denkbar einfach: Man setzt bis zu zwei Kamele einer eigenen Familie angrenzend an bereits vorhandene Kamele. Ein angepeiltes Ziel sind dabei die Warenfelder. Ein anderes die Begegnung mit fremdfarbigen Kamelen. Solch eine Fusion bringt erstens Bargeld als Mitgift für weitere Heiraten. Zweitens steuern die Fusionen das Spielende.

Was passiert? SAMARKAND ist spannend. In die wichtigsten Familien heiraten immer zwei Spieler ein und das schürt Konflikte: Verbrät mein Kompagnon die wertvollen Kamele für Verbindungen in völlig falsche Richtungen? Gelingt es mir, zwei Familien zu vereinigen, bevor es wer anders tut? Und lohnt sich noch eine weitere Heirat oder ist das Spiel gleich vorbei?
Je häufiger ich SAMARKAND gespielt habe, desto deutlicher stellte sich jedoch das Gefühl ein, dass man sich um viele Dinge völlig unnötig sorgt. Die Karten entscheiden und dazu noch das Glück, ob die Aktionen der Mitspieler einem weiterhelfen oder nicht. Natürlich kann man missliebige Karten auch wieder abstoßen. Aber das ist jedes Mal mit einer weiteren Heirat verbunden, die Geld und einen Spielzug kostet. Und ob man überhaupt bessere Karten nachzieht, ist ungewiss. Wer früh im Spiel ein brauchbares Blatt beisammen hat, ist auf jeden Fall besser dran.

Was taugt es? SAMARKAND geht erstaunlich schnell. Ohne Erklärung und den vergleichsweise aufwändigen Aufbau lässt es sich eine Partie in einer halben Stunde absolvieren. Das muss kein Manko sein, im Gegenteil. Man könnte ja sofort eine Revanche nachschieben. Doch dieser Wunsch wurde auffallend selten geäußert.
Nach meinem Verständnis versucht SAMARKAND, ein Familienspiel zu sein. Während Optik und Spieldauer da bestens passen, sprechen Wertung und Abläufe eher eine Spielerspiel-Sprache. Und vielleicht deshalb gefällt SAMARKAND allen nur ein bisschen.

SAMARKAND von David V. H. Peters und Harry Wu für zwei bis fünf Spieler, Queen Games.

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