Wieso, weshalb, warum? Wer nicht fragt, bleibt dumm. - So hat es uns in Kindheitstagen die Sesamstraße eingebläut, und es schien eine tragfähige Strategie fürs gesamte Leben zu sein.
Worauf einen allerdings niemand vorbereitet hat: Spätestens mit den ersten grauen Haaren zieht die Masche nicht mehr. Immer häufiger erwarten nun andere von einem, dass man auf all ihre lästigen Fragen überzeugende Antworten liefert.
Ausgangssituation diesmal: HAVANNA. Alles scheint zu stimmen. Ein feiner Kartenmechanismus, knackig-kurze Spieldauer, atmosphärische Grafiken, opulente Materialausstattung... Doch anscheinend stimmt es nicht. Weder mich, noch irgendeinen meiner Mitspieler hat HAVANNA nachhaltig berührt. Wieso, weshalb, warum?
Wie geht HAVANNA? Mit verschiedenfarbigen Baustoffen, Geld und Arbeitern errichten die Spieler Gebäude. Je kostspieliger das Objekt, desto mehr Punkte zählt es. Wer zuerst eine bestimmte Punktesumme erreicht, gewinnt.
Motor des Spiels sind pro Spieler 13 nummerierte Aktionskarten. Je höher die Zahl, desto stärker die Karte. Immer zwei seiner Karten darf ein Spieler pro Runde nutzen. Ihre beiden Nummern (die kleinere als Zehnerstelle, die größere als Einerstelle) bestimmen über die Spielerreihenfolge. Die Kombination 0/9 kommt früher dran als 3/6, die wiederum vor 4/4 zieht. Von Runde zu Runde darf man nur eine der Aktionskarten austauschen, die andere bleibt liegen und gilt erneut.
Die meisten Karten bewirken, dass man entweder Ressourcen aus der Bank bekommt oder einem Mitspieler Ressourcen wegnimmt. Meistens treffen solche Angriffe die Spieler mit den höheren Zahlenkombinationen.
Was passiert? Jenseits des Kartenmechanismus besitzt HAVANNA keine interessanten Elemente. Ressourcen zu horten und gemäß vorgegebener Baukosten in Siegpunkte umzuwandeln, ist inzwischen sattsam bekannt.
Insbesondere zu viert leistet der Kartenmechanismus nicht das, was man sich wünscht: Steuerung. In Vollbesetzung fühlt sich HAVANNA willkürlich an: Das angepeilte Haus baut ein anderer, die Rohstoffe bleiben ungenutzt liegen, eine Runde später werden sie weggeklaut... Für den einen läuft es, für den anderen nicht.
Zu zweit und zu dritt ist HAVANNA berechenbarer und auch befriedigender. Der Kartenmechanismus zeigt sein Potenzial. Doch eins ändert sich nicht: Mit ziemlich viel Material wird ziemlich wenig gespielt. Nachdem sich die Spieler für ihre Kartenkombination entschieden haben, ist fast der gesamte Rest nur noch Auswertung und Abwicklung.
Was taugt es? Der Reiz von HAVANNA steckt im Kartenmechanismus. Alles andere macht optisch viel her und verleiht HAVANNA einen Anschein von Brettspiel. Spielerisch wird dieses Versprechen aber nicht eingelöst. Der Grad unserer spielerischen Aktiviertheit entspricht dem eines Kartenspieles. Man hätte mehr erwartet und wundert sich nach der Partie, dass das schon alles gewesen sein soll.
Wieso, weshalb, warum? Ist eben so. Und jetzt ab ins Bett!
HAVANNA von Reinhard Staupe für zwei bis vier Spieler, eggertspiele.
Freitag, 3. September 2010
Havanna
Label:
*** mäßig