Ich sag’s gleich: Ich bin ein MAH-JONGG-Banause. Ich habe das Spiel zwei Mal in meinem Leben gespielt, dabei nur die rudimentärsten Grundsätze begriffen und diese mittlerweile auch schon wieder vergessen. Denn: Meine Partien sind bereits 20 Jahre her – und somit ein klarer Fall für diese Kolumne, die extra dafür geschaffen wurde, uralte Geschichten wie diese aufzukochen.
Mein Lernerfolg bei MAH-JONGG lässt sich wie folgt zusammenfassen: Die spinnen, die MAH-JONGG-Spieler! – Na gut, das ist vielleicht ein bisschen hart. Sagen wir mal, sie sind seltsam. Etwa ähnlich seltsam wie wir Brettspieler, und wir sind ja bekanntlich schon ziemlich seltsam.
In meinem jetzigen Leben treffe ich alle 14 Tage auf eine kleine MAH-JONGG-Enklave in Form eines Seniorentrupps, der seit einigen Monaten zum Brettspiele-Treff an der Uni kommt. Unter lauter 18- bis 28-Jährigen fallen diese Spieler dadurch auf, dass sie noch viel älter sind als ich, sich immer an demselben winzigen Tisch abseits des restlichen Geschehens verschanzen, ausschließlich MAH-JONGG spielen und mit niemandem Kontakt aufnehmen.
Auf Nachfrage hat einer mir erklärt, sie kämen, um Werbung für ihre Sache zu machen und junge Menschen für MAH-JONGG zu begeistern. Denn letztendlich zögen wir alle, sie und ich, ja an demselben Strang. – Ah ja?! Tun wir das? Wenn ich mir vorstelle, das Uni-Spielen wäre ein Parteitag beispielsweise der Grünen, und die SPD baute dort in einer Ecke ihr Tischlein auf und erklärte, sie wollten hier ein paar Leute abwerben, nichts für ungut, es ginge beiden Parteien doch um dasselbe, nämlich um Politik, frage ich mich, wie die Grünen als Gastgeber in einer solchen Situation wohl reagiert hätten... Aber ich schweife in die irrelevante Gegenwart ab.
Vor 20 Jahren war ich noch nicht der mit zahlreichen Mitspielern gesegnete, vollkommen übersättigte 24/7-Brettspiel-Nerd von heute, sondern lediglich auf einem viel versprechenden Weg dorthin. Damals nahm ich noch alles mit, was sich mir an Spielmöglichkeiten bot. Und als es hieß: „Hey, lass uns mal MAH-JONGG spielen, das ist ganz toll, und ich habe da einen Koffer mit Spielsteinen, aber keine Mitspieler“ war ich natürlich dabei!
Und zwei andere waren auch dabei. Und wir mühten uns ab. Es war nicht so einfach, denn die Gastgeberin bestand auf der strengen Einhaltung gewisser Riten. Dass die Steine zu einer speziell geformten Mauer geschichtet werden mussten, war für uns Deutsche absolut nachzuvollziehen. Allerdings war auch der Ablauf, wie man diese Mauer zu bauen hatte, exakt festgelegt. An einer ganz bestimmten Stelle musste angefangen, an einer ganz bestimmten Stelle aufgehört werden. Ich meine mich zu erinnern, dass sogar festgelegt war, welche Hand man benutzen durfte.
Vielleicht waren das auch spirituelle Phantasieregeln. Jedenfalls verbrachten wir an diesem Tag mehr Zeit mit dem Einstudieren irgendwelcher spielbegleitender Formalia als mit dem Spiel selbst. Das wiederum hatte das Problem, dass es anscheinend unendlich viele Rufe gab, um die Partie zu gewinnen, die der Erklärerin geläufig waren, uns Novizen aber nicht. Okay, sie hatte uns eine doppelseitige Kopie überreicht, auf der die wichtigsten Sonderregeln aufgelistet waren. Aber während wir noch mit der akkuraten Ausführung sämtlicher Rituale zu kämpfen hatten, war an Spielstrategie nicht zu denken.
Ich nahm den Eindruck mit, MAH-JONGG sei eine Art hyperkompliziertes ROMMÉ, und der Versuch einer Durchdringung ließe ähnlich wie bei SCHACH keinen Raum mehr für andere Spiele. Also war das nichts für mich.
Ist MAH-JONGG tatsächlich so? – Fast möchte ich mich mal an den Seniorentisch setzen, um das zu überprüfen. Aber nur fast. Noch lieber bewahre ich mir meine Vorurteile.
- Vor 20 Jahren (18): Café International
- Vor 20 Jahren (20): Indiscretion
6 Kommentare:
Naja, sooo schlimm muss Mah Yongg gar nicht sein:
Wir hatten es damals vor 20 Jahren ziemlich häufig gespielt - in der gleichen Gruppe, die sonst u. a. KREML und TITAN mochte und regelmäßig auf den Tisch kriegte. Die mögliche Vielfalt an Spezialregeln von MAH YONGG erfordert allerdings eine sehr präzise Abgrenzung eines Hausregel-Sets, damit es nicht ständig im laufenden Spiel Regeldiskussionen gibt - das ist natürlich zugegebenermaßen etwas nerdig. Spannend bei uns vielleicht: die gleiche Runde wurde etwas später unser regelmäßiger DOPPELKOPF-Kreis - und das gilt ja anerkanntermaßen als das deutsche Kartenspiel mit der größten Variationsbreite an möglichen nerdigen Hausregeln...
Nun ja. Liebe Grüße,
Maddin
MAH JONGG ist ein chinesisches Spiel mit Steinen.
Die oben abgebildete Karte ist eine von TICHU und das hat, außer der Symbolik, wirklich nichts mit Mah Jongg zu tun.
Bitte nichts verwechseln...
Jörg
Die abgebildete Karte ist der "Mah Jong" aus dem Spiel Tichu.
Ja das stimmt schon.
Ich wollte nur klarstellen dass TIchu nix mit dem Spiel Mah Jongg zu tun hat...
Vor 20 Jahren spielten wir auch mal gerne Mah Jongg, seit ein paar Jahren aber viel lieber Tichu.
Verspielt Grüße
Jörg
@Anonym: "Die oben abgebildete Karte ist eine von TICHU und das hat, außer der Symbolik, wirklich nichts mit Mah Jongg zu tun."
Genau darin liegt ja der Witz des Bildes ... ;)
Ich habe in meiner späten Jugend - o.k. das passt dann eher in die Rubrik "vor 30 Jahren" - in einem China Restaurant gejobbt.
Hier wurden an den Wochenenden Mah-Jongg gespielt.
Da wechselten in einer Mittagspause dann auch gern mal 4.000 DM den Besitzer ...
Ich erinnere mich daran, dass Mah-Jongg mir wie eine Mischung aus Rommé und Canasta vorgekommen ist.
Die Regeln empfand ich weniger Kompliziert (wenn man Rommé und Canasta kennt), als vielmehr die Krux als Westeuropäer die zusammengehörigen Symbole erst einmal kennen zu lernen.
Im chinesischen kommen zu den "Reihen/Spielfarben" immer weider auch männlich/weibliche Pärchen vor.
Off Topic:
Pai Gow wurde übrigens ähnlich gern im China-Restaurant gespielt.
Bei den Spielsteinen handelt es sich um chinesische Dominosteine. Die Pärchenbildung und eine gewisse Hierarchie erinnern an Baccara.
Ciao und viele Grüße aus dem hohen Norden
Heiko
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