Donnerstag, 14. August 2014
Praetor
Als mir auf der Spielwarenmesse ZUG UM ZUG vorgestellt wurde, dachte ich: „Wow! Absolut hitverdächtig! Will ich unbedingt spielen!“ Das war 2004. Und aufgrund dieses einen einzigen Glückstreffers habe ich lange geglaubt, ich sei der Mann mit dem richtigen Riecher, wenn nicht sogar der Ludoprophet höchstpersönlich.
In den Folgejahren jedoch geriet meine Wahrsagerkarriere zunehmend in Schieflage. Ich will hier nicht sämtliche Falschprognosen aufzählen; die aktuellste genügt: Als ich mir 2014 in Nürnberg PRAETOR zeigen ließ, schoss mir als Eingebung durch den Kopf: „Hey, das könnte was sein...!“
Wie geht PRAETOR? Wir bauen Gebäude und erhalten Punkte dafür. Für den Bau benötigen wir Rohstoffe. Die bekommen wir durch das Einsetzen von Arbeitern. Nahezu jedes errichtete Bauwerk schafft (ähnlich CAYLUS) einen neuen Einsetz-Ort. Einen Arbeiter einzusetzen kostet eine Gebühr an den Besitzer der Immobilie.
Als Arbeiter dienen kleine Würfelchen mit Punktwerten von eins bis sechs. Je höher der Punktwert, desto größer der Ertrag. Beispielsweise bekommt ein 4er-Arbeiter im Steinbruch vier Steine. Nach Abschluss des Einsetzreigens gewinnen die meisten Arbeiter Erfahrung. Das heißt: Ihr Wert wird um eins erhöht. Erreicht ein Arbeiter den Wert sechs, versetzt ihn dies in den Ruhestand. Er wird mit einer Punkte-Gratifikation verabschiedet, und das war’s dann für ihn.
Sämtliche aktive Arbeiter und Rentner müssen in jeder Runde entlohnt werden. Um an das nötige Bargeld zu kommen, muss man ab und zu Baustoffe auf dem Markt verkaufen.
Was passiert? Anders als in CAYLUS bilden die Gebäude keine Schlange, sondern werden in beliebiger Ausrichtung irgendwo an die bestehende Auslage angelegt. Relevant sind dabei einzig und allein die kleinen Mosaike in den Ecken der Gebäudeplättchen. Kombiniert man gleiche Mosaike, zählt dies Extrapunkte. Spielwitz ergibt sich daraus allerdings nicht. Eventuell kauft man mal Gebäude B statt A, weil B zufällig bei den Mosaiken besonders gut passt. Ansonsten stellen die Mosaike nur eine Behinderung dar, indem sie die Spieler dazu anhalten, die gesamte Auslage abzusuchen, um irgendwo eventuell noch ein Pünktchen mehr herauszuschlagen – was aber lächerlich ist angesichts der Summen, die man bei PRAETOR sonst noch verdienen kann.
Mehrere Gebäude schütten exorbitant viele Punkte aus. Der „Tempel des Merkur“ bringt zwei Punkte pro vorrätigen schwarzen oder weißen Baustein. Es kann locker vorkommen, dass ein gewiefter Lagerist 20 solcher Bausteine hortet. Mit einem Besuch des Tempels zischt er ab wie eine Rakete. Kommt der Tempel früh ins Spiel, kann er diverse Male besucht werden, und die Punkterakete zündet den Turbo. – Was nicht heißen soll, dass dieser Tempel immer alles entscheidet. Er ist nicht die einzige Punkteschleuder im Spiel und somit nur ein Beispiel.
Alles in allem ergeben sich in PRAETOR zwei Probleme: 1. Es existiert zu wenig Druck, die Rohstoffe auszugeben. Horten lohnt sich oft. 2. Bestimmte Gebäude zu bauen, ist eine Vorlage für die Konkurrenz. Beide Faktoren gemeinsam können PRAETOR ausbremsen.
Zu allem Überfluss entsteht auch kein spannender Konflikt aus der Idee der alternden Arbeiter. Es lohnt sich nicht, auf eine starke Einsatzmöglichkeit zu verzichten, um zu verhindern, dass ein Arbeiter ins Rentenalter eintritt. Denn worauf will man warten? Mehr als eine Aktion mit dem Faktor fünf kann ein 5er-Arbeiter sowieso nicht ausführen. Und Rentner zu haben, ist letztendlich nicht mal besonders schlimm, da zwei ins Spiel kommende Gebäude erlauben, Rentner als Arbeiter mit dem Faktor sechs einzusetzen. (Was diese Gebäude übrigens sehr begehrt und deren Besitzer reich macht.)
Was taugt es? PRAETOR soll irgendwas mit Rom zu tun haben, hat es aber nicht. Es entpuppt sich als biederes, geradezu seelenloses Aufaddieren von Siegpunkten, als das x-te Sammeln und Tauschen von Rohstoffen – zusätzlich garniert mit seltsamen Unwuchten und redaktionellen Mängeln: billiges und mengenmäßig nicht ausreichendes Spielmaterial, verbesserungsfähige Grafiken, unpräzise Regeln.
Ich ziehe die Konsequenzen und stelle mein Prophetenamt zur Verfügung.
PRAETOR von Andrei Novac für zwei bis fünf Spieler, NSKN Games / Heidelberger Spieleverlag.
In den Folgejahren jedoch geriet meine Wahrsagerkarriere zunehmend in Schieflage. Ich will hier nicht sämtliche Falschprognosen aufzählen; die aktuellste genügt: Als ich mir 2014 in Nürnberg PRAETOR zeigen ließ, schoss mir als Eingebung durch den Kopf: „Hey, das könnte was sein...!“
Wie geht PRAETOR? Wir bauen Gebäude und erhalten Punkte dafür. Für den Bau benötigen wir Rohstoffe. Die bekommen wir durch das Einsetzen von Arbeitern. Nahezu jedes errichtete Bauwerk schafft (ähnlich CAYLUS) einen neuen Einsetz-Ort. Einen Arbeiter einzusetzen kostet eine Gebühr an den Besitzer der Immobilie.
Als Arbeiter dienen kleine Würfelchen mit Punktwerten von eins bis sechs. Je höher der Punktwert, desto größer der Ertrag. Beispielsweise bekommt ein 4er-Arbeiter im Steinbruch vier Steine. Nach Abschluss des Einsetzreigens gewinnen die meisten Arbeiter Erfahrung. Das heißt: Ihr Wert wird um eins erhöht. Erreicht ein Arbeiter den Wert sechs, versetzt ihn dies in den Ruhestand. Er wird mit einer Punkte-Gratifikation verabschiedet, und das war’s dann für ihn.
Sämtliche aktive Arbeiter und Rentner müssen in jeder Runde entlohnt werden. Um an das nötige Bargeld zu kommen, muss man ab und zu Baustoffe auf dem Markt verkaufen.
Was passiert? Anders als in CAYLUS bilden die Gebäude keine Schlange, sondern werden in beliebiger Ausrichtung irgendwo an die bestehende Auslage angelegt. Relevant sind dabei einzig und allein die kleinen Mosaike in den Ecken der Gebäudeplättchen. Kombiniert man gleiche Mosaike, zählt dies Extrapunkte. Spielwitz ergibt sich daraus allerdings nicht. Eventuell kauft man mal Gebäude B statt A, weil B zufällig bei den Mosaiken besonders gut passt. Ansonsten stellen die Mosaike nur eine Behinderung dar, indem sie die Spieler dazu anhalten, die gesamte Auslage abzusuchen, um irgendwo eventuell noch ein Pünktchen mehr herauszuschlagen – was aber lächerlich ist angesichts der Summen, die man bei PRAETOR sonst noch verdienen kann.
Mehrere Gebäude schütten exorbitant viele Punkte aus. Der „Tempel des Merkur“ bringt zwei Punkte pro vorrätigen schwarzen oder weißen Baustein. Es kann locker vorkommen, dass ein gewiefter Lagerist 20 solcher Bausteine hortet. Mit einem Besuch des Tempels zischt er ab wie eine Rakete. Kommt der Tempel früh ins Spiel, kann er diverse Male besucht werden, und die Punkterakete zündet den Turbo. – Was nicht heißen soll, dass dieser Tempel immer alles entscheidet. Er ist nicht die einzige Punkteschleuder im Spiel und somit nur ein Beispiel.
Alles in allem ergeben sich in PRAETOR zwei Probleme: 1. Es existiert zu wenig Druck, die Rohstoffe auszugeben. Horten lohnt sich oft. 2. Bestimmte Gebäude zu bauen, ist eine Vorlage für die Konkurrenz. Beide Faktoren gemeinsam können PRAETOR ausbremsen.
Zu allem Überfluss entsteht auch kein spannender Konflikt aus der Idee der alternden Arbeiter. Es lohnt sich nicht, auf eine starke Einsatzmöglichkeit zu verzichten, um zu verhindern, dass ein Arbeiter ins Rentenalter eintritt. Denn worauf will man warten? Mehr als eine Aktion mit dem Faktor fünf kann ein 5er-Arbeiter sowieso nicht ausführen. Und Rentner zu haben, ist letztendlich nicht mal besonders schlimm, da zwei ins Spiel kommende Gebäude erlauben, Rentner als Arbeiter mit dem Faktor sechs einzusetzen. (Was diese Gebäude übrigens sehr begehrt und deren Besitzer reich macht.)
Was taugt es? PRAETOR soll irgendwas mit Rom zu tun haben, hat es aber nicht. Es entpuppt sich als biederes, geradezu seelenloses Aufaddieren von Siegpunkten, als das x-te Sammeln und Tauschen von Rohstoffen – zusätzlich garniert mit seltsamen Unwuchten und redaktionellen Mängeln: billiges und mengenmäßig nicht ausreichendes Spielmaterial, verbesserungsfähige Grafiken, unpräzise Regeln.
Ich ziehe die Konsequenzen und stelle mein Prophetenamt zur Verfügung.
PRAETOR von Andrei Novac für zwei bis fünf Spieler, NSKN Games / Heidelberger Spieleverlag.
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** misslungen
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1 Kommentare:
Auf dem Spielewahnsinn in Herne 2014 habe ich Preator das erste Mal spielen können. Klang zunächst interessant, war spielerisch aber eher Standardkost, während der Alterungsmechanismus nicht wirklich zum Tragen kam. Gebäude bauen, Rohstoffe sammeln und wieder eintauschen ... gähn! Kein Wunder, dass es noch nicht mal ein halbes Jahr später schon für unter 20 Euro verramscht wird.
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